2022
Das Weihnachtsgeschenk, das ich nicht hergeben wollte
Dezember 2022


„Das Weihnachtsgeschenk, das ich nicht hergeben wollte“, Liahona, Dezember 2022

Stimmen von Heiligen der Letzten Tage

Das Weihnachtsgeschenk, das ich nicht hergeben wollte

Der Mann wollte uns wahrscheinlich gar nicht sehen – wir beschlossen aber, trotzdem ein Geschenk abzugeben.

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Eimer voller Popcorn

Während meiner Mission in North Carolina besuchten wir einen Mann, der zuerst einen netten Eindruck machte, dann aber vehement die Ansicht vertrat, das Buch Mormon sei unwahr. Auch der Kirche gegenüber war er negativ eingestellt. Unsere Unterweisung lief einfach nicht gut. Wir sprachen ein Schlussgebet und gingen.

Eine Zeit lang hegte ich gegenüber diesem Mann einen Groll, den ein Missionar eigentlich gar nicht haben sollte, aber irgendwann vergaß ich ihn. Doch dann kam Weihnachten.

Mitglieder der Kirche hatten uns zwei Rieseneimer Popcorn mit Weihnachtsgewürzen geschenkt. Als wir von dem ersten naschten, dachten wir an den Mann, den wir besucht hatten.

Wir hielten uns vor Augen, dass er ganz allein lebte, und warfen einen Blick auf unseren zweiten Popcorn-Eimer. Sicher würde sich dieser Mann darüber freuen, aber seine negative Einstellung war uns halt in unguter Erinnerung. Wahrscheinlich besuchte er sowieso irgendwelche Verwandte und würde uns, selbst wenn er zuhause wäre, wohl nicht sehen wollen. Außerdem war dies unser Popcorn.

Das Gefühl, das uns zunächst beschlichen hatte, ging jedoch nicht weg. Ohne weitere faule Ausreden beschlossen wir, ihm unseren zweiten Eimer Popcorn zu schenken.

Nach der Kirche am Sonntag fuhren wir bei ihm vorbei und klopften. Ich wollte fast schon wieder gehen, aber da öffnete sich die Tür.

„Frohe Weihnachten!“, riefen wir. Der Mann strahlte übers ganze Gesicht und bat uns hinein.

„Wir haben ein Geschenk für Sie, Bruder“, sagten wir. Dann gaben wir ihm den großen Eimer voll Popcorn. Er strahlte noch mehr und ließ uns auf seiner Couch Platz nehmen. Als wir uns unterhielten, wurde mir klar, dass ich selten zuvor jemanden gesehen hatte, der so glücklich wirkte.

Wir erfuhren, dass er keine Verwandtschaft in der Nähe hatte. Er hatte vorgehabt, Weihnachten allein zu verbringen. Die Geschenke, die ich unter seinem kleinen Weihnachtsbaum sah, stellten sich als leere Kartons heraus, die er zur Dekoration mit Geschenkpapier umwickelt hatte.

„Ich dachte, es würde sich keiner für mich interessieren“, meinte er. „Ich hätte nicht erwartet, dieses Jahr ein Geschenk zu bekommen.“

Beim Weggehen verspürte ich überströmende Freude. Ich hatte diesen Mann gar nicht gemocht, doch jetzt verspürte ich aufrichtige Liebe zu ihm.

An Weihnachten geht es nicht um dich oder mich. Es geht um Jesus Christus, das größte aller Geschenke, und darum, andere an seiner Liebe teilhaben zu lassen. Wenn wir andere lieben und ihnen helfen, empfinden wir Freude, denn der Vater im Himmel freut sich über unseren Entschluss, seinem Sohn nachzufolgen.