2011
Zeichen des Geistes
Juni 2011


Aus dem Missionsfeld

Zeichen des Geistes

Auf meiner Mission in der Dominikanischen Republik war ich gerade in ein neues Gebiet versetzt worden, das den Ruf hatte, dass man dort nur schwer Menschen fand, die zuhören wollten. Als ich dort ankam, gab es nur einen Mann, der sich für die Kirche interessierte. Er hieß Oriviades. Er hatte die Versammlungen schon besucht, aber da er taub war und sich nur mit Gebärdensprache verständigen konnte, hatten die Missionare ihn nicht unterweisen können.

Eines Tages beschlossen mein Mitarbeiter und ich, zu fasten und um ein Wunder zu beten, das es uns ermöglichte, uns mit Oriviades zu verständigen. Wir vereinbarten einen Termin, an dem auch ein Angehöriger dabei sein konnte, der für uns dolmetschte, denn weder mein Mitarbeiter noch ich beherrschten die Gebärdensprache.

Als wir bei Oriviades eintrafen, war jedoch niemand von seiner Familie da. Als Oriviades kurz hinausging, um einen Stuhl zu holen, nutzten mein Mitarbeiter und ich die Gelegenheit, und wir beteten um Führung durch den Geist. Noch ehe wir das Gebet zu Ende gesprochen hatten, spürte ich die Gegenwart des Heiligen Geistes.

Oriviades machte einige Gebärden, aber wir konnten ihn nicht verstehen. Wir lächelten ihn nur an. Fragend schauten mein Mitarbeiter und ich uns an. Was sollten wir jetzt machen? Wir beschlossen, ihm einfach einen neuen Termin aufzuschreiben, in der Hoffnung, dass beim nächsten Mal ein Dolmetscher dabei war. Doch plötzlich hatten wir beide das starke Gefühl, dass wir bleiben und einen Versuch machen sollten. „Versuchen wir es wenigstens – der Heilige Geist wird uns dabei helfen“, sagte ich zu meinem Mitarbeiter.

Wir gingen die erste Lektion durch, indem wir Zeichnungen anfertigten und mit den Händen einfache Zeichen machten. Nach und nach verstanden wir Oriviadesʼ Gebärden und konnten ihm mit Gebärden antworten. Er schien uns gut zu verstehen.

Wir hatten das Gefühl, dass wir Zeugnis geben sollten. Wir zeigten ihm ein Bild von der ersten Vision, und ich schrieb auf ein Blatt: „Ich weiß, dass dies wahr ist.“

Oriviades erwiderte mit Gebärden: „Ich weiß, dass es wahr ist – Gott hat es mir gesagt. Ich habe gebetet und weiß, dass es wahr ist.“

Als mein Mitarbeiter und ich uns verabschiedeten, hatten wir Tränen in den Augen. Ich wusste, dass Gott es uns ermöglicht hatte, diesem Mann vom wiederhergestellten Evangelium Zeugnis zu geben, und dass der Heilige Geist ihm unsere Botschaft ins Herz getragen hatte (siehe 2 Nephi 33:1). Ich erkannte, dass wir uns nicht perfekt oder beredt ausdrücken müssen, um anderen das Evangelium nahezubringen – manchmal müssen wir sogar überhaupt nicht reden.

Es ist unglaublich, wie etwas so Einfaches wie Fasten, Beten und Glaube mächtige Wunder bewirken kann – für uns und für diejenigen, denen wir dienen.

Illustration von DILLEEN MARSH