2006
Die heiligen Aufgaben von Vater und Mutter
März 2006


Die heiligen Aufgaben von Vater und Mutter

Was wir zu Hause tun und lehren, ist von Bedeutung. Anhand der Proklamation zur Familie möchte ich auf fünf Punkte eingehen, die der Geborgenheit und einem glücklichen Familienleben dienlich sind.

Als Mitglied des Kollegiums der Zwölf Apostel habe ich am Entwurf des Dokuments „Die Familie – eine Proklamation an die Welt“ mitgearbeitet. Es war für uns alle eine bedeutsame Erfahrung. Wenn wir als Führer der Kirche die Welt bereisen, sehen wir vieles, was sowohl innerhalb als auch außerhalb der Kirche geschieht. Vieles davon hat uns Sorge bereitet. Uns fiel auf, dass die Welt die Familie auf eine Weise definieren will, die Gottes ewigem Plan des Glücklichseins für seine Kinder entgegensteht.

Da das Thema in der Welt heftigst debattiert wurde, erkannten die Erste Präsidentschaft und das Kollegium der Zwölf Apostel, wie wichtig es ist, der Welt die offenbarte, wahre Rolle der Familie im ewigen Plan Gottes zu verkünden. Wir setzten uns im Rahmen des von Gott inspirierten Systems der Ratsgremien, die es in der Kirche selbst auf höchster Ebene gibt, zusammen und entwarfen eine Proklamation, die den Standpunkt des Herrn zur Familie auf unmissverständliche Weise zum Ausdruck bringen sollte.

Seit die Proklamation vor fast zehn Jahren herausgegeben worden ist, hat sich die prophetische Weitsicht immer wieder erneut bestätigt. Als Kirche richten wir unser Augenmerk mehr denn je darauf, die Familie zu unterstützen und zu stärken. Leider ist die Familie in aller Welt weiterhin das Ziel unerbittlicher Angriffe. Man muss nur Zeitung lesen oder den Fernseher einschalten, um zu sehen, wie offen und bösartig der Krieg gegen die Familie geführt wird. Die Orientierung der Geschlechter gerät durcheinander, und ihre Rollen werden verworfen. Gleichgeschlechtliche Ehen werden befürwortet, und das widerspricht direkt einem der größten Anliegen Gottes, dass nämlich seine Kinder zur Erde kommen sollen.

Die Familie ist nicht nur die Grundeinheit der Gesellschaft, sie ist die Grundeinheit in der Ewigkeit. Wir haben schon vor dem Erdendasein als Söhne und Töchter des himmlischen Vaters gelebt. Im großen vorirdischen Familienrat wurde der Plan unseres himmlischen Vaters für das ewige Glück und den Frieden seiner Kinder dargelegt. Wir erfuhren, dass wir auf die Erde kommen sollten, um in einer Familie zu leben, und durch die siegelnde Macht des Melchisedekischen Priestertums sollten wir auch in alle Ewigkeit als Familie zusammenbleiben können.

Es ist beängstigend mit anzusehen, wie heftig und offen die Familie in der heutigen Gesellschaft angegriffen wird. Die Proklamation spricht da eine klare Sprache:

„Wir verkünden, dass Gottes Gebot für seine Kinder, sich zu vermehren und die Erde zu bevölkern, noch immer in Kraft ist. Weiterhin verkünden wir, dass Gott geboten hat, dass die heilige Fortpflanzungskraft nur zwischen einem Mann und einer Frau angewandt werden darf, die rechtmäßig miteinander verheiratet sind. …

Das Kind hat ein Recht darauf, im Bund der Ehe geboren zu werden und in der Obhut eines Vaters und einer Mutter aufzuwachsen, die den Ehebund in völliger Treue einhalten. Ein glückliches Familienleben kann am ehesten erreicht werden, wenn die Lehren des Herrn Jesus Christus seine Grundlage sind.“1

Wir müssen standhaft sein, Brüder und Schwestern – in dieser Zeit, da der Widersacher anderen Lebensweisen Vorschub leistet, um die Ehe zwischen Mann und Frau zu ersetzen. Es täte allen Menschen auf der Welt gut, die gesamte Proklamation zu lesen.

Die Angriffe des Widersachers auf die Familie

Die Angriffe auf die Familie untergraben auch den Wert des Lebens – vor allem des ungeborenen Lebens. Das Leben selbst wird banalisiert und schwankenden Launen unterworfen, wie es gerade bequem ist oder gesellschaftlich vertretbar scheint. Sie finden es wahrscheinlich genau wie ich Besorgnis erregend, dass zwischen 1950 und 1997 in 46 Industrieländern und neun Entwicklungsländern die Abtreibung entweder legalisiert oder deren Beschränkungen weitgehend aufgehoben worden sind. Jedes Jahr werden weltweit etwa 46 Millionen Abtreibungen vorgenommen. Es gibt sogar Schätzungen, nach denen ein Viertel aller Schwangerschaften vorsätzlich abgebrochen wird.

Zu viele Menschen halten die Ehe für eine Paarbeziehung zur Befriedigung der seelischen Bedürfnisse Erwachsener und nicht für eine Einrichtung, um Kinder großzuziehen. Kinder werden eher als Option denn als Segen betrachtet. Jährlich erleben ungefähr eine Million Kinder die Scheidung ihrer Eltern samt allen Folgen, und etwa ein Drittel aller Kinder in Amerika wird unehelich geboren. Fast alles läuft darauf hinaus, dass wir uns auf einer schlüpfrigen, schiefen Bahn immer weiter vom Plan Gottes für seine Kinder entfernen. Die Familie, einst als Grundfeste der Gesellschaft allgemein anerkannt, büßt ihre entscheidende Rolle ein.

Wenn Sie diese Vorgänge einmal kurz aus der Sicht des Teufels betrachten, dann ist es natürlich durchaus sinnvoll, die Familie zu bekämpfen. Wenn der Satan das Werk des Herrn zerrütten will, so wird er nicht den Weltvorrat an Erdnussbutter vergiften und so das Missionswerk der Kirche in die Knie zwingen. Er lässt keine Welle von Kehlkopfentzündungen ausbrechen, um den Tabernakelchor heimzusuchen, und er veranlasst auch kein Gesetz gegen Kartoffelsalat mit Würstchen. Wenn der Satan das Werk des Herrn wirklich zerrütten will, bringt er die Orientierung der Geschlechter durcheinander und bekämpft Gottes Plan für seine Kinder. Er versucht, zwischen Vater und Mutter einen Keil der Zwietracht zu treiben. Er stiftet Kinder zum Ungehorsam gegenüber ihren Eltern an. Er sorgt dafür, dass Familienabend und Familiengebet unbequem werden. Er flüstert uns ein, dass das gemeinsame Schriftstudium in der Familie sinnlos sei. Das genügt schon, denn der Satan weiß, dass der sicherste und wirksamste Weg, das Werk des Herrn zu zerrütten, darin besteht, dass er den familiären Zusammenhalt und die Heiligkeit des Zuhauses schwächt.

Schauen Sie nur, was er damit erreicht: Ein Ehepaar, das in der Ehe unglücklich ist, wird seine Kinder kaum angemessen im Evangelium unterweisen. Es wird sich den Grundsätzen des Evangeliums weniger verpflichtet fühlen. Einige entfernen sich von der Kirche. Teilnahmslosigkeit kann selbst aktive Mitglieder überkommen, sie vom Tempel fernhalten und ihre Fähigkeit mindern, ein guter Führer oder Lehrer zu sein, wodurch Unzählige nicht vom Geist berührt werden und sich das Werk des Herrn verlangsamt. Auch das Internet kann einen verderblichen Einfluss auf die Familie haben, wenn es nicht auf die rechte Weise genutzt wird. So wissen wir ohne Zweifel, dass Luzifer der Feind der Familie ist!

Wie Glück und Geborgenheit in der Familie zustande kommen

Was wir zu Hause und in der Familie tun und lehren, ist von entscheidender Bedeutung. Anhand der Proklamation möchte ich auf fünf Punkte eingehen, die der Geborgenheit und einem glücklichen Familienleben dienlich sind.

1. Eine volle, gleichwertige Partnerschaft. Ein Mann und eine Frau, die durch die Ehe verbunden sind, müssen als gleichwertige Partner zusammenarbeiten. Eine volle, gleichwertige Partnerschaft zwischen Mann und Frau bedeutet jedoch nicht, dass die Rollen der Geschlechter in Gottes großem Plan für seine Kinder identisch sind. Wie aus der Proklamation eindeutig hervorgeht, sind Mann und Frau einander auf geistiger Ebene ebenbürtig, sie sind jedoch mit verschiedenen, aber gleichermaßen wichtigen Aufgaben betraut. Diese Aufgabenbereiche ergänzen einander. Dem Mann ist die Treuhandschaft für die heiligen Handlungen des Priestertums übertragen. Der Frau überträgt Gott die Treuhandschaft, irdisches Leben zu geben und Kinder großzuziehen, das heißt, physische Körper für Gottes Geistkinder bereitzustellen und diese Kinder dahin zu führen, dass sie die Wahrheiten des Evangeliums kennen lernen. Diese heiligen Aufgabenbereiche sind beide gleich wichtig; irgendwelche falsche Vorstellungen von Herrschaft oder Unterwerfung haben damit überhaupt nichts zu tun. Jeder Aufgabenbereich ist für den geistigen Fortschritt aller Familienmitglieder unerlässlich, und zwar für Eltern und Kinder gleichermaßen.

Die Aufgabenverteilung in der Familie muss daher als Flechtwerk von Pflichten und Aufgaben, Liebe, Dienen und gegenseitiger Abhängigkeit aufgefasst werden. Der Mann, der seine Frau beherrschen will, der danach trachtet, ohne Rücksicht auf den Rat oder die Empfindungen seiner Frau unrechtmäßige Herrschaft auszuüben, versteht einfach nicht, dass so etwas dem Willen Gottes entgegengesetzt ist.

2. Der Vater. In der Proklamation heißt es: „Der Vater [präsidiert] in Liebe und Rechtschaffenheit über die Familie … und … [hat] die Pflicht …, dafür zu sorgen, dass die Familie alles hat, was sie zum Leben und für ihren Schutz braucht.“ Er unterweist seine Familie im Evangelium und ist gemäß dem Rat in Abschnitt 121 des Buches Lehre und Bündnisse (siehe Vers 34 bis 36) ein liebevoller Führer.

Der Vater vollzieht die heiligen Handlungen des Priestertums und gibt Priestertumssegen, darunter auch den Väterlichen Segen. Er betet allein und mit der Familie, und er betet für seine Familie. Er ist ein Beispiel an Respekt und Liebe für seine Partnerin in der Ewigkeit, die Mutter seiner Kinder. Er folgt in allem dem Beispiel des Erretters und strebt danach, seines Namens und seiner Segnungen würdig zu sein. Der Vater trachtet unablässig nach Führung durch den Heiligen Geist, damit er weiß, was er tun und was er sagen soll, und auch, was er nicht tun und nicht sagen soll. Er dient seiner Familie und der Kirche liebevoll und engagiert und bereitet seine Angehörigen durch sein Beispiel darauf vor zu dienen – vor allem seine Söhne, dass sie einmal würdig eine Mission erfüllen.

Gott und seine Propheten erwarten vom Vater nicht nur, dass er für seine Familie sorgt, sondern auch, dass er sie schützt. Die Welt, in der wir leben, steckt voller Gefahren aller Art. Der physische Schutz vor natürlichen oder vom Menschen geschaffenen Gefahren ist wichtig. Auch sittliche Gefahren lauern überall und bedrohen unsere Kinder schon von klein auf. Der Vater spielt eine entscheidende Rolle beim Schutz seiner Kinder vor solchen Fallen.

Wir wissen, dass die Aufgaben des Vaters sich nicht darauf beschränken, über seine Familie zu präsidieren, sie zu versorgen und sie zu schützen. Der Vater kann und soll Tag für Tag beim so wichtigen Umsorgen und der Festigung der Beziehung mitwirken, indem auch er die Kinder füttert, mit ihnen spielt, ihnen Geschichten erzählt, ihnen Liebe schenkt und sich an allem beteiligt, was das Familienleben eben ausmacht.

3. Die Mutter. Der Proklamation zufolge ist „die Mutter … in erster Linie für das Umsorgen und die Erziehung der Kinder zuständig“. Dieses Umsorgen bezieht sich auf elterliche Verhaltensweisen wie Wärme, Unterstützung, Aufbau und Festigung der Bindung sowie darauf, dass man die einzigartigen Fähigkeiten eines jeden Kindes erkennt und den Bedürfnissen der Kinder gerecht wird. Das Umsorgen eines Kindes an sich ist für dessen Entwicklung wichtiger als jede spezielle Methode oder Technik der Kindererziehung. Ich muss wohl kaum erwähnen, dass ein Kind am besten in der Geborgenheit einer stabilen Familie umsorgt werden kann.

Die Obsorge und Liebe der Mutter weckt im Kind bereits ganz am Anfang seines Erdendaseins die Erinnerung an die Liebe und Güte, die ihm im vorirdischen Dasein zuteil geworden sind. Weil unsere Mutter uns liebt, lernen wir – oder, genauer gesagt, erinnern wir uns daran –, dass auch Gott uns liebt.

In unserer heutigen, materialistisch gesinnten Welt wird man heftig dazu gedrängt, immer mehr Geld anzuhäufen und auszugeben. Leider führt dies dazu, dass verheiratete Mütter außer Haus arbeiten gehen, um für ein zweites Einkommen zu sorgen. Wenn Mann und Frau und die Kinder den Unterschied zwischen Grundbedürfnissen und materiellen Wünschen erkennen, verringern sie die finanziellen Belastungen der Familie und tragen dazu bei, dass die Mutter daheim bleiben kann. Die Entscheidung, außer Haus zu arbeiten, ist eine sehr schwierige, die gebeterfüllt getroffen werden muss, und zwar immer eingedenk des Rates, den die lebenden Propheten zu diesem komplexen Thema gegeben haben.

Präsident Gordon B. Hinckley vermittelt uns in seiner gewohnt feinfühligen und liebevollen Art folgende weise Sicht der Dinge:

„Allerdings [muss ich einräumen], … dass es einige Frauen gibt – tatsächlich sind es inzwischen sehr viele geworden –, die arbeiten müssen, um für ihre Familie zu sorgen. Ihnen sage ich: Tun Sie Ihr Bestes. Wenn Sie ganztags arbeiten, dann tun Sie das hoffentlich, um grundlegende Bedürfnisse zu decken, und nicht einfach nur, um sich ein besonders schönes Haus, ein teures Auto und anderen Luxus leisten zu können. Die größte Arbeit, die eine Mutter jemals tut, besteht darin, dass sie ihre Kinder umsorgt und unterweist, sie anspornt und ermutigt und sie in Rechtschaffenheit und Wahrheit erzieht. Darin kann sie niemand hinreichend ersetzen.

Es ist nahezu unmöglich, gleichzeitig ganztägig Hausfrau und Mutter und ganztägig berufstätig zu sein. Ich weiß, dass einige von Ihnen sich mit Entscheidungen dieser Art herumschlagen. Ich wiederhole noch einmal: Tun Sie Ihr Bestes.“2

Kleine Kinder zu versorgen, die auf die Mutter angewiesen und oft anstrengend sind, ist eine endlose, oft nervenaufreibende Arbeit. Als Mutter darf man nicht meinen, es sei unwesentlich, wie viel Zeit man mit den Kindern verbringt; glauben Sie also nicht, dass die Menge, die „Quantität“ an Zeit, nicht so wichtig sei wie die „Qualität“ der zusammen verbrachten Zeit. Die Qualität hängt direkt mit der Quantität zusammen, und die Mutter muss beides bieten, wenn sie ihre Kinder angemessen umsorgen will. Dazu muss sie ständig wachsam sein und konkurrierende Anforderungen gegeneinander abwägen. Das ist zweifellos sehr schwierig.

Präsident James E. Faust, Zweiter Ratgeber in der Ersten Präsidentschaft, gibt den folgenden weisen Rat:

„Den Frauen wird heutzutage von mancher Seite suggeriert, sie sollen alles haben, und zwar alles gleichzeitig – Geld, Reisen, einen Mann und Kinder, eine eigene berufliche Karriere in der Welt. …

Uns ist bewusst, dass es nicht immer möglich ist, alle Rollen der Reihe nach auszufüllen, aber die Frau hat doch die Möglichkeit, alles zu seiner Zeit gut zu machen und in ihrem Leben verschiedene Rollen auszufüllen. Eine Frau … kann im Lauf ihres Lebens mehrere Rollen nacheinander ausfüllen. Sie braucht nicht zu versuchen, alle Strophen ihres Liedes gleichzeitig zu singen.“3

4. Grundsätze für Ehe und Familie. In der Proklamation heißt es: „Erfolgreiche Ehen und Familien gründen und sichern ihren Bestand auf den Prinzipien Glaube, Gebet, Umkehr, Vergebungsbereitschaft, gegenseitige Achtung, Liebe, Mitgefühl, Arbeit und sinnvolle Freizeitgestaltung.“ Die Eltern müssen sich bemühen, eine liebevolle, ewige Beziehung zu ihren Kindern aufzubauen. Tadel und Zurechtweisung sind sicher manchmal notwendig. Doch muss dies feinfühlig und mit überzeugender Rede geschehen, und die Eltern sollen dem Kind danach vermehrte Liebe erweisen, damit das Kind nicht meint, die Eltern seien seine Feinde (siehe LuB 121:43).4

Ebenso verheerend kann es sein, wenn Eltern ihren Kindern gegenüber zu großzügig und nachgiebig sind und ihnen in allem freie Hand lassen. Die Eltern müssen Grenzen setzen, und zwar entsprechend der Wichtigkeit der jeweiligen Sache und dem Charakter und der Reife des Kindes. Machen Sie dem Kind den Zweck der Regeln verständlich, und maßregeln Sie es stets konsequent, wenn Regeln verletzt werden. Es ist auch wichtig, dass Sie das Kind loben, wenn es etwas richtig gemacht hat. Diese Gratwanderung erfordert all Ihre Phantasie und Geduld, aber sie lohnt sich. Kinder, die durch die konsequente Durchsetzung wichtiger Regeln ihre Grenzen kennen, sind oft besser in der Schule, besitzen mehr Selbstbeherrschung und sind eher gewillt, die Gesetze des Landes zu befolgen.5

Die Eltern müssen dem Kind die Möglichkeit geben, Entscheidungen zu treffen, und bereit sein, manche Regeln anzupassen, um es so auf die Gegebenheiten der wirklichen Welt vorzubereiten.6 Dazu müssen die Eltern zuhören, und zwar wirklich dem zuhören, was ihre Kinder sagen. Sie müssen wissen, was jedem Kind wichtig ist. Ich habe das vor Jahren von einer unserer Töchter gelernt. Sie war damals erst vier oder fünf. Sie kam ganz aufgeregt ins Zimmer. Ich las gerade die Zeitung, und sie wollte mir etwas für sie sehr Wichtiges sagen. Ich antwortete: „Ja, hmm.“ Plötzlich riss sie mir mit ihren zwei kleinen Händchen die Zeitung aus der Hand. Sie nahm mein Gesicht in die Hände, sodass sie mir direkt in die Augen sehen konnte. So erteilte eine kleine 4- oder 5-Jährige ihrem Vater eine wichtige Lektion. „Papa, du hörst mir nicht zu!“ Und sie hatte Recht.

5. Der Familienrat. Wie Sie von mir wohl ganz richtig erwarten, halte ich den Familienrat für eines der besten Instrumente für uns Eltern. Ich kann gar nicht genug betonen, wie wichtig er dabei ist, die Herausforderungen, denen die Familie gegenübersteht, abzuschätzen und ihnen zu begegnen. Als eine Familie einmal bemerkte, dass plötzlich ungewöhnlich viel gestritten wurde, wurde ein Familienrat einberufen, bei dem die Situation zur Sprache kam. Erst Vater und dann Mutter legten dar, was sie beobachtet hatten, und fragten die Kinder, wie sie darüber dachten. Dadurch fanden sie heraus, dass nach dem Auszug der beiden ältesten Kinder – eines hatte geheiratet, das andere war aufs College gegangen – den beiden nunmehr ältesten, die noch daheim geblieben waren, unabsichtlich eine ganz unfair große Last an Aufgaben zugefallen war, sodass sie langsam ärgerlich wurden. Nachdem sie nun gemeinsam beraten und gehört hatten, was ihre Kinder empfanden, verteilten sie die Aufgaben unter den Kindern gerechter, und ein Großteil der Frustration und Spannungen in der Familie löste sich auf.7

Mir ist bewusst, dass es so viele verschiedene Formen des Familienrats gibt, wie es verschiedene Familien gibt. Der Familienrat kann aus einem Elternteil und einem Kind bestehen, aus beiden Elternteilen und mehreren Kindern, nur aus den Eltern oder auch nur aus den Geschwistern usw. Ungeachtet der Größe oder der Zusammensetzung des Familienrats ist das wirklich Wichtige daran liebevolle Ermutigung, eine Atmosphäre, die ein zwangloses und offenes Gespräch ermöglicht, und die Bereitschaft, jede ehrliche Meinung der am Rat Beteiligten – und die Einflüsterungen des Heiligen Geistes – anzuhören.8

Wie man Streit beilegt

Falls jemand von Ihnen daheim mit Streitigkeiten zu kämpfen hat – das lässt sich ändern. Sprechen Sie mit Ihrer Familie. Bitten Sie sie um Hilfe. Sagen Sie, dass Sie den Hang zu Streitereien bei sich zu Hause nicht länger dulden wollen, und besprechen Sie, was jeder tun kann, um Zwietracht vorzubeugen. Präsident Marion G. Romney (1897–1988), Erster Ratgeber in der Ersten Präsidentschaft, hat gesagt:

„Ich bin mir sicher: Wenn die Eltern daheim gebeterfüllt und regelmäßig im Buch Mormon lesen, und zwar für sich allein und zusammen mit den Kindern, dann durchdringt der Geist dieses Buches ihr Haus und alle, die darin wohnen. Die Ehrfurcht wird zunehmen, und alle werden einander mehr achten und aufeinander mehr Rücksicht nehmen. Die Neigung zu streiten schwindet.“9

Denken Sie daran, dass auch im Gebet große Kraft liegt. Ich empfehle jedem, das persönliche Gebet sowie das Familiengebet zu pflegen, die ja für den Aufbau einer stabilen Familie unerlässlich sind. Aber ich möchte noch etwas anderes unterstreichen. Ich frage mich, ob wohl viele von Ihnen, den Eltern und Ehepaaren, den wichtigen Augenblick verstreichen lassen, wenn Sie sich am Ende des Tages zusammen hinknien, nur Sie beide, einander an den Händen halten und ein Gebet sprechen? Wenn dies aus Ihrem Tagesablauf verschwunden ist, möchte ich Sie bitten, es umgehend wieder einzuführen und heute Abend damit zu beginnen.

Mein Rat an alle Eltern ist ganz einfach: Besorgen Sie sich ein Exemplar der Proklamation zur Familie. Lesen Sie es und streben Sie danach, Ihre Ehe und Ihre Familie nach diesen inspirierten, vom Herrn offenbarten Anweisungen auszurichten. Geben Sie dann Ihr Bestes und seien Sie so gut, wie Sie nur können. Gott wird Sie über Ihre eigene Kraft hinaus stärken, wenn Sie täglich bestrebt sind, die heiligste Aufgabe, die er seinen Kindern auf der Erde übertragen hat, zu erfüllen. Hören Sie auf die Stimme des Geistes und den Rat der lebenden Propheten. Seien Sie guten Mutes. Gott hat Sie nicht zur Erde gesandt, auf dass Sie hier versagen, und Ihre elterlichen Bemühungen werden erst dann als Misserfolg gewertet, wenn Sie aufgeben.

Möge der himmlische Vater einen jeden von Ihnen segnen. Gott lebt. Wir sind seine Kinder. Jesus Christus ist unser Herr und Erretter. Sie lieben uns und möchten, dass wir glaubenstreu und glücklich sind.

Nach einer Ansprache bei einer Andacht an der Brigham-Young-Universität am 19. August 2003.

Anmerkungen

  1. Liahona, Oktober 2004, Seite 49

  2. „Die Frauen der Kirche“, Der Stern, Januar 1997, Seite 66

  3. „A Message to My Granddaughters: Becoming ‚Great Women‘“, Ensign, September 1986, Seite 18f.

  4. Siehe Craig H. Hart, „Three Essential Parenting Principles“, BYU Magazine, Frühling 2003, Seite 58

  5. Siehe „Three Essential Parenting Principles“, Seite 59

  6. Siehe „Three Essential Parenting Principles“, Seite 59

  7. Siehe M. Russell Ballard, Counseling with Our Councils, 1997, Seite 154

  8. Siehe Counseling with Our Councils, Seite 157

  9. The Book of Mormon“, Ensign, Mai 1980, Seite 67