Kapitel 7
Jesus heilt den Diener des Hauptmanns – Jesus erweckt den Sohn der Witwe aus Naïn von den Toten – Er preist Johannes den Täufer als mehr als einen Propheten – Eine Frau salbt Jesus die Füße, und er vergibt ihr die Sünden.
1 Nachdem Jesus alle seine Reden an diejenigen, die ihm zuhörten, beendet hatte, ging er nach Kafarnaum hinein.
2 Dort lag der Diener eines Hauptmanns, der diesem besonders lieb und teuer war, todkrank darnieder.
3 Weil nun der Hauptmann von Jesus gehört hatte, sandte er Älteste der Juden zu ihm mit der Bitte, er möge kommen und seinen Diener gesund machen.
4 Als diese zu Jesus kamen, baten sie ihn inständig mit den Worten: „Er verdient es, dass du ihm diese Bitte erfüllst;
5 denn er hat unser Volk lieb, und er ist es, der uns unsere Synagoge gebaut hat.“
6 Da machte sich Jesus mit ihnen auf den Weg. Als er aber nicht mehr weit von dem Haus entfernt war, sandte der Hauptmann Freunde aus und ließ ihm sagen: „Herr, bemühe dich nicht, denn ich bin es nicht wert, dass du unter mein Dach trittst.
7 Darum habe ich mich auch nicht für würdig gehalten, selbst zu dir zu kommen; sprich vielmehr nur ein Wort, so wird mein Diener gesund werden.
8 Denn auch ich bin ein Mensch, der Vorgesetzten untersteht, und habe Mannschaften unter mir; und wenn ich zu einem sage: ‚Geh!‘, so geht er, und zu einem anderen: ‚Komm!‘, so kommt er, und zu meinem Diener: ‚Tu das!‘, so tut erʼs.“
9 Als Jesus das hörte, verwunderte er sich über ihn und sagte zu der ihn begleitenden Menschenmenge gewandt: „Ich sage euch: Selbst in Israel habe ich solchen Glauben nicht gefunden!“
10 Als dann die Abgesandten in das Haus des Hauptmanns zurückkehrten, fanden sie den Diener von seiner Krankheit genesen.
11 Kurze Zeit darauf begab es sich, dass Jesus in eine Stadt namens Naïn ging, und mit ihm zogen seine Jünger und eine große Menschenschar.
12 Als er sich nun dem Stadttor näherte, da trug man gerade einen Toten heraus, den einzigen Sohn seiner Mutter, und diese war eine Witwe; und eine große Menschenmenge aus der Stadt gab ihr das Geleit.
13 Als der Herr sie sah, ging ihr Unglück ihm zu Herzen, und er sagte zu ihr: „Weine nicht!“
14 Dann trat er hinzu und fasste die Bahre an; da standen die Träger still, und er sprach: „Jüngling, ich sage dir: Stehe auf!“
15 Da setzte der Tote sich aufrecht hin und fing an zu reden; und Jesus gab ihn seiner Mutter wieder.
16 Da kam Furcht über alle, und sie priesen Gott und sagten: „Ein großer Prophet ist unter uns erstanden!“, und: „Gott hat sein Volk gnädig angesehen!“
17 Die Kunde davon aber verbreitete sich im ganzen jüdischen Land und in allen umliegenden Gegenden.
18 Auch dem Johannes erstatteten seine Jünger Bericht über dies alles. Da rief Johannes zwei von seinen Jüngern zu sich,
19 sandte sie zum Herrn und ließ ihn fragen: „Bist du es, der da kommen soll, oder sollen wir auf einen anderen warten?“
20 Als nun die Männer bei Jesus eintrafen, sagten sie: „Johannes der Täufer hat uns zu dir gesandt und lässt dich fragen: ‚Bist du es, der da kommen soll, oder sollen wir auf einen anderen warten?‘“
21 Jesus heilte in ebenjener Stunde viele von Krankheiten, von schmerzhaften Leiden und bösen Geistern und schenkte vielen Blinden das Augenlicht.
22 So gab er ihnen denn zur Antwort: „Geht hin und berichtet dem Johannes, was ihr hier gesehen und gehört habt: Blinde werden sehend, Lahme gehen, Aussätzige werden rein, Taube hören, Tote werden auferweckt. Armen wird das Evangelium verkündigt,
23 und selig ist, wer an mir nicht Anstoß nimmt.“
24 Als nun die Boten des Johannes wieder weggegangen waren, begann Jesus zu der Menschenmenge über Johannes zu reden: „Was wolltet ihr sehen, als ihr jüngst in die Wüste hinausgezogen seid? Etwa ein Schilfrohr, das vom Wind hin und her bewegt wird?
25 Aber wozu seid ihr hinausgezogen? Wolltet ihr einen Mann in weichen Gewändern sehen? Siehe, die Leute, die prächtige Kleidung tragen und in Üppigkeit leben, sind in den Königspalästen zu finden.
26 Aber wozu seid ihr hinausgezogen? Wolltet ihr einen Propheten sehen? Ja, ich sage euch: Mehr noch als einen Propheten!
27 Dieser ist es, über den geschrieben steht: ‚Siehe, ich sende meinen Boten vor dir her, der deinen Weg vor dir her bereiten soll.‘
28 Ja, ich sage euch: Unter den von Frauen Geborenen gibt es keinen größeren Propheten als Johannes; aber der Kleinste im Reich Gottes ist größer als er.
29 Und das gesamte Volk, das ihn hörte, und auch die Zöllner sind dem Willen Gottes nachgekommen, indem sie sich mit der Taufe des Johannes taufen ließen;
30 aber die Pharisäer und die Gesetzeslehrer haben den Ratschluss Gottes für sich selbst verworfen, indem sie sich von ihm nicht taufen ließen.
31 Mit wem soll ich nun die Menschen dieser Generation vergleichen? Wem sind sie gleich?
32 Sie sind wie Kinder, die auf einem öffentlichen Platz sitzen und einander zurufen: ‚Wir haben für euch die Flöte gespielt, doch ihr habt nicht getanzt! Wir haben Klagelieder angestimmt, doch ihr habt nicht geweint!‘
33 Denn Johannes der Täufer ist gekommen, der kein Brot aß und keinen Wein trank; da sagt ihr: ‚Er ist von Sinnen!‘
34 Nun ist der Menschensohn gekommen, welcher isst und trinkt; da sagt ihr: ‚Seht, ein Fresser und Weintrinker, ein Freund von Zöllnern und Sündern!‘
35 Und doch ist die göttliche Weisheit gerechtfertigt worden von allen ihren Kindern.“
36 Es lud ihn aber einer von den Pharisäern ein, bei ihm zu speisen; er ging dann auch in das Haus des Pharisäers und nahm bei Tisch Platz.
37 Und siehe, eine Frau, die in der Stadt als Sünderin lebte und erfahren hatte, dass Jesus im Haus des Pharisäers zu Gast sei, brachte ein Alabasterfläschchen mit Salböl
38 und trat von hinten an seine Füße heran und weinte und begann, seine Füße mit ihren Tränen zu benetzen und sie mit ihrem Haupthaar zu trocknen; dann küsste sie seine Füße und salbte sie mit dem Myrrhenöl.
39 Als nun der Pharisäer, der ihn eingeladen hatte, das sah, dachte er bei sich: „Wenn dieser wirklich ein Prophet wäre, so müsste er wissen, wer und was für eine Frau das ist, die ihn da berührt, dass sie nämlich eine Sünderin ist.“
40 Da ergriff Jesus das Wort und sagte zu ihm: „Simon, ich habe dir etwas zu sagen.“ Jener erwiderte: „Meister, sprich!“
41 „Ein Geldverleiher hatte zwei Schuldner; der eine war ihm fünfhundert Denare schuldig, der andere fünfzig;
42 weil sie sie aber nicht zurückzahlen konnten, schenkte er beiden die Schuld. Wer von ihnen wird ihn nun am meisten lieben?“
43 Simon antwortete: „Ich denke derjenige, dem er das meiste geschenkt hat.“ Jesus erwiderte ihm: „Du hast richtig geurteilt.“
44 Zu der Frau gewandt sagte er dann zu Simon: „Siehst du diese Frau hier? Ich bin in dein Haus gekommen: Du hast mir kein Wasser für die Füße gegeben, sie aber hat mir die Füße mit ihren Tränen benetzt und sie mit ihrem Haar getrocknet.
45 Du hast mir keinen Kuss gegeben, sie aber hat, seitdem ich eingetreten bin, mir die Füße unaufhörlich geküsst.
46 Du hast mir das Haupt nicht mit Öl gesalbt, sie aber hat mir mit Myrrhenöl die Füße gesalbt.
47 Deshalb sage ich dir: Ihre vielen Sünden sind ihr vergeben, denn sie hat viel Liebe erwiesen; wem aber nur wenig vergeben wird, der erweist auch nur wenig Liebe.“
48 Dann sagte er zu ihr: „Deine Sünden sind dir vergeben!“
49 Da begannen die Tischgäste bei sich zu denken: „Wer ist dieser, dass er sogar Sünden vergibt?“
50 Er aber sagte zu der Frau: „Dein Glaube hat dich gerettet: Gehe hin in Frieden!“