2003
Der Bürge eines besseren Bundes
September 2003


Botschaft von der Ersten Präsidentschaft

Der Bürge eines besseren Bundes

Der Apostel Paulus wusste, dass man umdenken muss, wenn man vom Alten Testament zum Neuen Testament übergeht. Diese Reise führt von der strikten Einhaltung des Buchstabens des Gesetzes, das Mose gelehrt hat, zur geistigen Führung durch den Heiligen Geist.

In seinem Brief an die Hebräer beschreibt Paulus dieses Umdenken: „Denn das Gesetz [des Mose] hat nicht zur Vollendung geführt und [hat nur] eine bessere Hoffnung… eingeführt, durch die wir Gott nahe kommen. … So ist Jesus auch zum Bürgen eines besseren Bundes geworden.“ (Hebräer 7:19,22; siehe auch Joseph-Smith-Übertragung Hebräer 7:19,20.)

Es ist wichtig, dass wir die schwierigen Lehren des Erretters – „[des] Bürgen eines besseren Bundes“ – studieren und begreifen und danach leben, damit unser christliches Verhalten uns auf eine viel höhere geistige Ebene bringt.

Der Bürge eines besseren Bundes

Was ist ein Bürge? Ein Bürge ist jemand, der für etwas Gewähr bietet, jemand, der für die Schuld eines anderen einsteht. Trifft dies nicht auch auf den Erretter zu?

Was ist ein Bund? Für uns ist ein Bund vor allem eine Vereinbarung mit Gott. Der Erretter ist also der Bürge eines besseren Bundes mit Gott.

Schwierigere Lehre

Das Neue Testament ist „ein besserer Bund“, weil allein die Absicht eines Menschen zu einem Teil bestimmt, ob ein bestimmtes Verhalten richtig oder falsch ist. Somit wird unsere Absicht, Böses zu tun, oder unser Wunsch, Gutes zu tun, bei der Betrachtung unserer Taten gesondert berücksichtigt. Es heißt, dass wir auch nach den Absichten unseres Herzens gerichtet werden (siehe LuB 88:109). Ein Beispiel dafür, dass man allein aufgrund seiner Absichten für schuldig befunden wird, finden wir in Matthäus:

„Ihr habt gehört, dass gesagt worden ist: Du sollst nicht die Ehe brechen.

Ich aber sage euch: Wer eine Frau auch nur lüstern ansieht, hat in seinem Herzen schon Ehebruch mit ihr begangen.“ (Matthäus 5:27,28.)

Dieser neue Bund ist eine schwierigere Lehre.

Wegen der Förmlichkeit und Härte, die in der Anwendung des alten englischen Common Law zum Ausdruck kam, wurde das Billigkeitsrecht entwickelt, um Gerechtigkeit zu schaffen. Eine der Maximen, die mir dabei am besten gefallen, lautet: „Billigkeit bedeutet, das zu tun, was getan werden muss.“ Das Neue Testament geht sogar noch einen Schritt weiter. Zum großen Teil werden wir nicht nur nach dem gerichtet, was wir getan haben, sondern nach dem, was wir in einer bestimmten Situation hätten tun sollen.

Ein höheres Gesetz

Was dieses höhere Gesetz des Neuen Testaments bedeutet, finden wir vor allem in der Bergpredigt. Hier lehrt Jesus, dass sein Gesetz fordert, dass wir Auseinandersetzungen beilegen, ehe wir zu ihm kommen:

„Wenn du deine Opfergabe zum Altar bringst und dir dabei einfällt, dass dein Bruder etwas gegen dich hat, so lass deine Gabe dort vor dem Altar liegen; geh und versöhne dich zuerst mit deinem Bruder, dann komm und opfere deine Gabe.“(Matthäus 5:23,24.)

Ein weiteres Beispiel für die schwierigere Lehre ist die folgende Schriftstelle, in der das Schwören ganz verboten wird:

„Ihr habt gehört, dass zu den Alten gesagt worden ist: Du sollst keinen Meineid schwören, und: Du sollst halten, was du dem Herrn geschworen hast.

Ich aber sage euch: Schwört überhaupt nicht…

Euer Ja sei ein Ja, euer Nein ein Nein; alles andere stammt vom Bösen.“ (Matthäus 5:33,34,37.)

Darauf folgt eine weitere schwierige Lehre des Neuen Testaments:

„Leistet dem, der euch etwas Böses antut, keinen Widerstand, sondern wenn dich einer auf die rechte Wange schlägt, dann halt ihm auch die andere hin.

Und wenn dich einer vor Gericht bringen will, um dir das Hemd wegzunehmen, dann lass ihm auch den Mantel. …

Ihr habt gehört, dass gesagt worden ist: Du sollst deinen Nächsten lieben und deinen Feind hassen.

Ich aber sage euch: Liebt eure Feinde und betet für die, die euch verfolgen.“ (Matthäus 5:39,40,43,44.)

Im Neuen Testament lehrt der Erretter eine neue und höhere Form des Betens. Sie ist absolut einfach und unkompliziert.

„Wenn ihr betet, sollt ihr nicht plappern wie die Heiden, die meinen, sie werden nur erhört, wenn sie viele Worte machen.

Macht es nicht wie sie; denn euer Vater weiß, was ihr braucht, noch ehe ihr ihn bittet.

So sollt ihr beten: Unser Vater im Himmel, dein Name werde geheiligt,

dein Reich komme, dein Wille geschehe wie im Himmel, so auf der Erde.

Gib uns heute das Brot, das wir brauchen.

Und erlass uns unsere Schulden, wie auch wir sie unseren Schuldnern erlassen haben.

Und führe uns nicht in Versuchung, sondern rette uns vor dem Bösen. Denn dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit in Ewigkeit. Amen.“ (Matthäus 6:7-13 einschließlich der Fußnote zu 6:13.)

Außerdem lehrt uns der Erretter im Neuen Testament, dass wir unsere guten Taten auf noch bessere Weise tun sollen, nämlich im Verborgenen:

„Wenn du Almosen gibst, soll deine linke Hand nicht wissen, was deine rechte tut.

Dein Almosen soll verborgen bleiben, und dein Vater, der auch das Verborgene sieht, wird es dir vergelten.“ (Matthäus 6:3,4.)

Aber die größte Herausforderung, die schwierigste Lehre, ist wiederum in der Bergpredigt zu finden: „Ihr sollt also vollkommen sein, wie es auch euer himmlischer Vater ist.“ (Matthäus 5:48.)

Als „Mittler des neues Bundes“ (siehe Hebräer 9:15) führte der Erretter auch ein höheres Gesetz im Hinblick auf die Ehe ein. Als einige Pharisäer zu ihm kamen und fragten: „Darf ein Mann seine Frau aus der Ehe entlassen?“ (Markus 10:2), antwortete er:

„Am Anfang der Schöpfung… hat Gott sie als Mann und Frau geschaffen.

Darum wird der Mann Vater und Mutter verlassen und sich an seine Frau binden,

und die zwei werden ein Fleisch sein. Sie sind also nicht mehr zwei, sondern eins.

Was aber Gott verbunden hat, das darf der Mensch nicht trennen.“ (Markus 10:6-9 einschließlich der Fußnote zu 10:7.)

Eine gewaltige Aufgabe

Jesus forderte die Menschen auf, das strikte, mechanische „Du sollst nicht“ des Gesetzes des Mose – das für die geistig unreifen Israeliten damals notwendig war – durch den Geist des „besseren Bundes“ abzulösen. Wie sollte das geschehen? Die Zeit war nur kurz. Der Erretter hatte nur drei Jahre. Wie sollte er anfangen? Offensichtlich musste er mit den Aposteln und der kleinen Schar von Jüngern beginnen, die um ihn waren und später die Aufgabe bekommen sollten, sein Werk weiterzuführen.

Präsident J. Reuben Clark jun. (1871– 1961), Ratgeber in der Ersten Präsidentschaft, beschreibt diese Herausforderung wie folgt: „Zu dieser Aufgabe gehörte, das jahrhundertealte mosaische Gesetz der Juden aufzuheben, es praktisch außer Kraft zu setzen und das Evangelium Christi an seine Stelle zu setzen.“1

Selbst für seine Apostel war das schwer zu verstehen. Thomas ist ein Beispiel dafür, dass sie vieles nicht begriffen. Thomas hatte den Erretter mehrmals über seinen Tod und seine Auferstehung sprechen hören. Doch als Thomas gesagt wurde, dass der auferstandene Christus lebe, sagte er: „Wenn ich nicht die Male der Nägel an seinen Händen sehe und wenn ich meinen Finger nicht in die Male der Nägel und meine Hand nicht in seine Seite lege, glaube ich nicht.“ (Johannes 20:25.) Man kann Thomas wohl verzeihen, da ein so erhabenes Ereignis nie zuvor stattgefunden hatte.

Die Art und Weise, wie Petrus zu dem bedeutenden Grundsatz bekehrt wurde, dass sich das Evangelium Jesu Christi an jeden Menschen richtet, ist ein weiteres Beispiel dafür, dass sie nur langsam begriffen. Er war ein Augenzeuge gewesen, wie er in 2 Petrus erklärt: „Denn wir sind nicht irgendwelchen klug ausgedachten Geschichten gefolgt, als wir euch die machtvolle Ankunft Jesu Christi, unseres Herrn, verkündeten, sondern wir waren Augenzeugen seiner Macht und Größe.“ (1:16.) Augenzeuge wovon? Er war Augenzeuge all dessen, was der Erretter während seines Wirkens tat.

Nachdem Christus am Jakobsbrunnen der Samariterin begegnet war, hatte Petrus gesehen, dass der Erretter die Samariter willkommen hieß, die doch von den Juden verachtet wurden (siehe Johannes 4). Aber als Petrus eine Vision schaute und die Stimme des Herrn sagen hörte: „Was Gott für rein erklärt, nenne du nicht unrein!“ (Apostelgeschichte 10:15), war er sehr verwirrt. Als Petrus schließlich von dieser Anweisung vollständig überzeugt war und eine geistige Bestätigung erlangt hatte, „begann [er] zu reden und sagte: Wahrhaftig, jetzt begreife ich, dass Gott nicht auf die Person sieht, sondern dass ihm in jedem Volk willkommen ist, wer ihn fürchtet und tut, was recht ist.“ (Apostelgeschichte 10:34,35.)

Schließlich verstanden die Apostel den „besseren Bund“ und nahmen ihn an. Wir sind dankbar für ihre tiefgründigen Aussagen als „Augenzeugen seiner Macht und Größe“. Sie sind Teil der Grundlage unseres Glaubens an das höhere Gesetz, das der Erretter gelehrt hat.

Es ist so aufbauend, das Zeugnis der Apostel zu lesen, dass Jesus wirklich der Messias ist. Auch ihr Zeugnis ist ein „Bürge eines besseren Bundes“. Nach der bedeutenden Predigt über das Brot des Lebens, in der der Erretter denen, die von den Broten und den Fischen satt geworden waren, erklärte, er und seine Lehre seien das Brot des Lebens, berichtet Johannes beispielsweise:

„Daraufhin zogen sich viele Jünger zurück und wanderten nicht mehr mit ihm umher.

Da fragte Jesus die Zwölf: Wollt auch ihr weggehen?

Simon Petrus antwortete ihm: Herr, zu wem sollen wir gehen? Du hast Worte des ewigen Lebens.

Wir sind zum Glauben gekommen und haben erkannt: Du bist der Heilige Gottes.“ (Johannes 6:66-69.)

Aber die Wunder, die der Erretter wirkte, und das Zeugnis derer, die sahen und hörten, überzeugten längst nicht jeden. Vielleicht deshalb, weil ein Zeugnis eine sehr persönliche geistige Überzeugung ist.

Die Herausforderung, vor der wir heute stehen

Das Neue Testament ist ein „besserer Bund“, weil so vieles der Absicht unseres Herzens und unseres Sinnes und den Eingebungen des Heiligen Geistes überlassen bleibt. Diese Läuterung der Seele festigt unser Zeugnis von Jesus Christus. Wenn Herz und Sinn nicht von der Macht des Heiligen Geistes berührt werden, erlangen wir kein Zeugnis.

Mögen wir die schwierigen Lehren, die der Erretter im Neuen Testament lehrt, studieren, begreifen und danach leben, damit unser christliches Verhalten uns auf eine viel höhere geistige Ebene bringt.

Für Die Heimlehrer

Bereiten Sie sich gebeterfüllt vor und präsentieren Sie dann diese Botschaft anhand einer Unterrichtsmethode, bei der Ihre Zuhörer einbezogen werden. Im Folgenden finden Sie einige Beispiele dazu:

  1. Bitten Sie die Familie, Gebote zu nennen, die ihrer Meinung nach am schwersten zu halten sind. Lesen Sie ein paar der schwierigeren und höheren Lehren vor, von denen Präsident Faust spricht, und besprechen Sie, warum es schwierig sein kann, danach zu leben. Lesen und besprechen Sie die beiden letzten Abschnitte. Geben Sie Zeugnis von der Lehre des Erretters im Neuen Testament.

  2. Zeigen Sie eine Bibel und bitten Sie die Familie, ihre Gedanken und Gefühle zum Neuen und zum Alten Testament zu äußern. Fragen Sie sie, was ihrer Meinung nach der Unterschied zwischen diesen beiden Büchern ist. Lesen Sie die ersten drei Abschnitte der Botschaft. Erzählen Sie, was Präsident Faust darüber sagt, warum das Neue Testament ein „besserer Bund“ ist. Zeigen Sie ein Bild von Jesus Christus und erklären Sie, wie dankbar Sie für das Neue Testament sind.

Anmerkung

  1. Why the King James Version, 1956, Seite 51.