2002
Aus einem einzigen Samenkorn
Mai 2002


Aus einem einzigen Samenkorn

Zu einem der entmutigendsten Abschnitte meiner Mission gehörten die vier Monate, die ich in Tulancingo, Mexiko, verbrachte. Die Arbeit war schwer. Tag für Tag gingen mein Mitarbeiter und ich viele Stunden lang von Tür zu Tür und niemand war interessiert.

Schließlich fanden wir zwei Männer, die sich unsere Botschaft anhörten. Ich war begeistert, denn ich spürte, dass diese Männer von großem Wert für den kleinen Zweig in Tulancingo sein würden. Aber als sich dann beide gegen die Taufe entschieden, war ich völlig verzweifelt.

Ungefähr zu dieser Zeit kam ein zwölfjähriges Mädchen nach Tulancingo, um eine Familie im Zweig zu besuchen. Sie begann sich für die Kirche zu interessieren und nahm das Evangelium bereitwillig an. Kurze Zeit später gab ihr ihr Vater die Erlaubnis, sich taufen zu lassen.

Aber diese Taufe minderte meine Enttäuschung über die beiden Männer kaum. Ich hatte gehofft, dass sie beim Aufbau der Kirche in diesem Gebiet mithelfen würden. Da das Mädchen so jung und das einzige Mitglied in seiner Familie war, fragte ich mich, ob es aktiv bleiben würde. Es verließ Tulancingo kurz nach seiner Taufe und ich verlor die Verbindung zu ihm. Tatsächlich vergaß ich es völlig.

Seit meiner Mission sind nun über 35 Jahre vergangen und vor kurzem erhielt ich überraschend den folgenden Brief:

Lieber Bruder Cooper,

Ich heiße J. Jovita Pérez Acosta. Ich wurde am 1. Dezember 1965 in Tulancingo getauft. Ich wollte Ihnen schon immer von Herzen gern dafür danken, dass Sie das Evangelium in mein Leben gebracht haben.

Ich war 12 Jahre alt und verbrachte den Sommer in Tulancingo, als Sie mich das Evangelium lehrten. Ich kann mich noch deutlich an den Tag erinnern, an dem ich die Geschichte von Joseph Smith hörte. Ich spürte, dass sie wahr ist, und am selben Abend kniete ich mich zum ersten Mal hin und betete, so wie Sie es mich gelehrt hatten. Bei dieser Gelegenheit lernte ich, wie ich mit dem himmlischen Vater sprechen kann.

Meine Mutter war wegen meiner Taufe wütend auf meinen Vater und ich wurde in ein katholisches Internat geschickt. Es gab in der Gegend überhaupt keine Mitglieder der Kirche. Ich hatte nicht einmal ein Buch Mormon. Aber ich fuhr fort zu beten und der Same, den Sie mir ins Herz gepflanzt hatten, begann zu keimen.

Eines Tages, als ich meine religiöse Situation überdachte, spürte ich, dass der himmlische Vater mit mir nicht zufrieden war. Ich war verwirrt. Ich sagte ihm, ich wolle zu seiner Kirche gehören. Ich bat ihn, mir zu helfen, ihm eine gute Tochter zu sein. Kurze Zeit später fühlte ich mich gedrängt, an die Schule der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage in Mexiko City zu schreiben, um dort um Aufnahme zu bitten. Ich wurde angenommen. Von da an begann mein Zeugnis sich zu entwickeln.

Sieben Jahre später schlossen sich meine drei Schwestern der Kirche an und sie kamen auch an die Schule der Kirche. Unsere Mutter schickte uns den Sommer über in ihre Kirche, aber wir lasen in den heiligen Schriften und fingen an, den Familienabend abzuhalten. Zehn Jahre nach meiner Taufe ließen meine Mutter und mein jüngster Bruder sich taufen. Ein Jahr später ließ sich mein Vater taufen. Wir waren die erste Familie in unserer Stadt und allen Orten ringsum, die der Kirche angehörte. Das nächstgelegene Gemeindehaus war vier Stunden entfernt. Meine Eltern reisten alle zwei Wochen dorthin, um zu den Versammlungen der Kirche zu gehen.

Ich wurde damals sehr krank und wohnte für ein paar Monate bei meinen Eltern. Wir hielten jede Woche den Familienabend ab. Meine Mutter lud fast die ganze Nachbarschaft ein und ungefähr 30 Leute kamen.

Eines Tages rief ich das Missionsbüro in Mexiko-Stadt an, um darum zu bitten, dass Missionare geschickt würden. So wurde der erste Zweig in der ganzen Region gegründet. Mein Vater war Zweigpräsident und meine Mutter FHV-Leiterin. Jetzt gibt es auch in den anderen Städten viele Zweige, aus denen zwei Distrikte gebildet wurden.

Meine jüngste Schwester bekehrte den Mann, mit dem sie nun verheiratet ist, und beide gingen auf Mission. Er dient jetzt als Bischof in Ciudad Juárez. Die beiden haben fünf Kinder, und zwei meiner Neffen und eine Nichte sind auch auf Mission gegangen. Mein ältester Sohn kam letztes Jahr von Mission zurück und meine Tochter dient gerade in Washington, D.C. Mein jüngster Sohn wird uns im kommenden Monat verlassen, um in Mexiko eine Mission zu erfüllen.

Alles in allem haben meine Eltern 26 Enkelkinder, die der Kirche angehören. Sie können also sehen, dass eins der kleinen Samenkörner, die Sie vor vielen Jahren gepflanzt haben, zu einem Baum geworden ist, der Früchte trägt und Samen für neue Bäume spendet. Ist das nicht herrlich? Als mein ältester Sohn auf Mission ging, sagte ich ihm, alles, was er tun müsse, sei, mit Liebe Samen im Weinberg des Herrn zu streuen. Vielleicht würde er den Baum niemals wachsen und Früchte tragen sehen, aber der Herr dafür schon.

Das Evangelium macht mich sehr glücklich, ich wüsste nicht, wie mein Leben ohne es aussehen würde. Ich weiß, dass Jesus Christus mein Erlöser ist und dass sein Werk vorwärts gehen und die Familien auf der ganzen Erde segnen wird.

Ihre Schwester im Glauben

Jovita Pérez

Ich war von Freude erfüllt, als ich diesen Brief las. Mir ist nun klar, dass vielleicht das Wichtigste, was ich auf Mission erreicht habe, damals fast bedeutungslos erschien.

Missionare sind sich selten der vollen Auswirkungen ihrer Arbeit bewusst. Aber wenn wir unser Bestes geben, ohne uns immer fragend um die Auswirkungen zu sorgen, werden wir wahre Freude darin finden, anderen vom Evangelium zu erzählen.

Rex Eugene Cooper gehört zur Gemeinde Highland 4 im Pfahl Highland Utah Ost.