Fest wie ein Felsen
Die Glaubensgrundlage des Einzelnen, sofern sie fest in ewiger Wahrheit verankert ist, ermöglicht es jedem von uns, sich mit einer ewigen Perspektive dem Himmel zuzuwenden.
Als vor rund zwanzig Jahren in Mexiko-Stadt ein Tempel gebaut werden sollte, sahen sich die Architekten einem großen Problem gegenüber. Da Mexiko-Stadt über einem unterirdischen Wasserbecken liegt, setzen sich manche Gebäude und fangen mit der Zeit an, sich zu neigen. Der Bau eines Tempels erforderte also ein besonderes Fundament. Zweihunderteinundzwanzig große Stahlbetonpfeiler1 wurden über dreißig Meter tief in die Erde getrieben. An diesen Pfeilern wurden Stahlbänder befestigt und mit einer Vorrichtung verbunden, die wenn nötig so eingestellt werden kann, dass das Gebäude waagerecht bleibt.2 Mit diesem unsichtbaren, aber sicheren Fundament steht dieser Tempel heute fest und gerade.
Jedes Gebäude, jede Einrichtung und jeder Mensch braucht ein festes Fundament, um bestehen zu können. Lassen Sie uns unter diesem Aspekt das Fundament der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage betrachten. Wir wollen dann prüfen, inwiefern das stabile Fundament der Kirche die Glaubensgrundlage der einzelnen Mitglieder stärkt.
I. Das fundament der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage
Diese Kirche steht auf einem einzigartigen Fundament, fest verankert auf dem Felsen zeitloser Wahrheit. Brüder und Schwestern, die heilige Sache, in der wir uns engagieren, hat nicht 1820 im Staat New York begonnen. Sie hat nicht in Betlehem begonnen. Sie hat nicht im Garten von Eden begonnen. Das Fundament des immerwährenden Evangeliums war bereits vorhanden, ehe die Welt war.
Diese Tatsache wird in den heiligen Schriften wiederholt bekräftigt. Ich habe speziell die Schriftstellen studiert, die sich mit dem Teil der Ewigkeit befassen, der der Schöpfung voranging. Keine Angst, ich werde sie nicht alle zitieren. Aber ich füge einige dieser Zitate in den Anmerkungen zu meiner Botschaft, wie sie später veröffentlicht wird, bei. Diese nicht sichtbaren, zeitlosen Wahrheiten bilden „vorirdische Säulen“, auf denen das Fundament dieser Kirche ruht.
Der Erlösungsplan und die Möglichkeit eines Erbteils im Reich Gottes
Vor Grundlegung der Erde war der Erlösungsplan bereitet worden.3 Er umfasste die großartige Möglichkeit eines göttlichen Erbteils im Reich Gottes.4
Das Sühnopfer Jesu Christi
Im Mittelpunkt dieses Plans stand das Sühnopfer Jesu Christi. In vorirdischen Ratsversammlungen wurde Jesus Christus von seinem Vater vorherordiniert, für unsere Sünden zu sühnen und die Bande des physischen und geistigen Todes zu zerreißen.5 Jesus hat gesagt: „Ich [war] von der Grundlegung der Welt an bereitet, mein Volk zu erlösen … In mir sollen alle Menschen Leben haben, und das ewiglich, ja, die an meinen Namen glauben werden.“6 Später fügte Paulus dem hinzu, dass die Kirche „auf das Fundament der Apostel und Propheten gebaut“ und Jesus Christus der Schlussstein ist.7
Widerstand seitens des Widersachers
Noch bevor die Welt geschaffen war, stellte sich der Satan dem Herrn entgegen.8 Er und seine Anhänger haben immer gegen das heilige Werk des Erretters gekämpft und werden es auch weiterhin tun.
Die Vorherordinierung zum Priestertum und die Übertragung des Priestertums
Vor Grundlegung der Welt lebten wir alle als Geistkinder bei unserem Vater im Himmel. Unter uns wurden Edle und Große vorherordiniert, das Priestertum zu tragen.9 Abraham,10 Jeremia,11 Joseph Smith12 und andere13 wurden zu Propheten Gottes bestimmt. Vorhergesehen wurde auch, dass in diesem heiligen Werk das Blut von Propheten vergossen werden würde.14 Die Art der Übertragung des Priestertums sollte von den Vätern her kommen – „vom Anfang der Zeit her, ja, nämlich … vor den Grundlegungen der Erde“.15
Die Schwestern empfingen die Macht, Gott zu verherrlichen
Die Schwestern haben eine besondere Gabe empfangen. Sie wurden laut Aussage des Herrn befähigt, „sich zu mehren und die Erde zu füllen und die Verheißung zu erfüllen, die mein Vater vor der Grundlegung der Welt gegeben hat, und damit sie in den ewigen Welten Erhöhung haben können, damit sie Menschenseelen gebären können; denn hierin besteht das Werk meines Vaters weiter, damit er verherrlicht werde“.16 Ist das nicht beachtenswert: Wenn eine Mutter ein Kind zur Welt bringt und für es sorgt, dann trägt sie nicht nur dazu bei, dass die Erde dem Zweck ihrer Erschaffung gerecht wird,17 sondern sie verherrlicht auch Gott!
Kinder des Bundes
Die Kinder des Bundes wurden in der vorirdischen Welt bestimmt. Paulus hat gesagt: „In ihm [Jesus Christus] hat er [Gott Vater] uns erwählt vor der Erschaffung der Welt.“18
Segnungen, die auf Gehorsam gegenüber dem Gesetz basieren
Dann wurden Bedingungen festgelegt, die es uns ermöglichen, Segnungen von Gott zu empfangen – basierend auf Gehorsam gegenüber den Gesetzen, auf denen diese Segnungen beruhen.19
In den Letzten Tagen muss Heiliges offenbart werden
Eine weitere Säule sind die Offenbarungen, die für die Letzten Tage zurückbehalten worden sind. Der Herr beabsichtigt seit langem, zu offenbaren, „was seit der Schöpfung verborgen war“.20 Dazu gehören auch die Offenbarungen im Buch Mormon,21 ebenso die heiligen Handlungen und Bündnisse des heiligen Tempels.22 Der Herr hat zum Propheten Joseph Smith gesagt: „Denn es beliebt mir, meiner Kirche zu offenbaren, was von vor der Grundlegung der Welt an verborgen gehalten wurde und was die Ausschüttung in der Zeiten Fülle betrifft.“23
Die Erlösung der Toten
Der Herr hat offenbart, dass „die Verordnung der Taufe für die Toten … schon vor Grundlegung der Welt eingerichtet“ worden ist.24 So wurde auch denen, „die sterben, ohne das Evangelium zu kennen“, 25 die Errettung ermöglicht. Es wurde ein Bindeglied geschaffen, damit eine „gänzliche und vollständige und vollkommene Vereinigung und Verschmelzung der Ausschüttungen und Schlüssel und Mächte und Herrlichkeiten … stattfindet“.26
Brüder und Schwestern, diese nicht sichtbaren, aber sicheren Säulen waren bereits vorhanden, ehe die Welt war. Sie tragen das immerwährende Evangelium, das jetzt in seiner Fülle wiederhergestellt ist.27 Mit einem derartigen Fundament kann die Kirche nicht von ihrem Platz entfernt werden,28 sondern wird das ganze Millennium hindurch bestehen bleiben.29
II. Das fundament jedes einzelnen mitglieds der Kirche
So, wie Gebäude und Einrichtungen ein Fundament beziehungsweise eine Grundlage haben, hat auch jeder von uns eine Grundlage, auf die er seinen Glauben stützt. Einige sind schwach, andere sind stark. Wir können schwanken „wie eine Welle, die vom Wind im Meer hin und her getrieben wird“30 – wir können aber auch auf einem festen Fundament stehen und uns mit geistigen Stahlbändern verankern, fest verwurzelt und gestützt auf die zeitlosen Säulen des Evangeliums.31
Präsident Gordon B. Hinckley ist es ein Anliegen, dass unsere Neubekehrten in der Kirche durch einen Freund und eine Berufung gestützt und durch das gute Wort Gottes genährt werden.32 Wir singen oft das Lied „O fest wie ein Felsen ist, Vater, dein Wort. Du bist deines Volkes allmächtiger Hort.“33 Wenn wir das Wort Gottes, das uns nährt, empfangen, dann weiden wir uns an der Liebe des himmlischen Vaters.34
„Denkt daran, dass ihr euren Grund auf dem Fels eures Erlösers – und das ist Christus, der Sohn Gottes – legen müsst; damit, wenn der Teufel seine mächtigen Winde aussenden wird, … wenn … sein Hagel und sein mächtiger Sturm auf euch niederfallen, dies keine Macht über euch haben wird, euch in den Schlund des Elends und des endlosen Wehs hinabzuziehen, und zwar wegen des Felsens, auf den ihr gebaut seid, der eine sichere Grundlage ist.“35
Selbst ein festes Fundament schützt nicht vor den Problemen des Lebens. Ungeratene Kinder bereiten ihren Eltern Kummer. Einige zerrüttete Familien finden nicht wieder zusammen. Über sexuelle Desorientiertheit weiß niemand so recht Bescheid. Ehepaare bleiben, aus welchem Grund auch immer, kinderlos. Selbst in unserer Zeit gehen Schuldige und Schlechte wegen ihres Geldes straflos aus.36 Einiges scheint einfach nicht gerecht.37
Mit einem starken Fundament jedoch können wir, wenn wir Hilfe brauchen, den Himmel besser erreichen, selbst wenn wir uns Fragen gegenübersehen, die nicht leicht zu beantworten sind. Ein Dichter hat geschrieben:
Wer du bist – ich weiß es nicht,
doch eins ist mir bekannt:
Den Plejaden gabst du einst
ihr leuchtend Silberband.
Hast Winde, die uns wild umwehn
auf ihren Weg gebracht.
Errichtest zwischen Tag und Nacht
die Wand voll Farbenpracht.
Die Blumen bringst zum Blühen du,
und schufst der Sterne Schein.
Verbargst in tiefer Minen Schacht
gar selt’nen Edelstein.
Als wundersamstes Werk von dir
im Plan, den du gewebt,
hast du dem Menschen ins Herz gelegt,
dass er zum Himmel strebt.38
Auch wenn wir nicht alles wissen,39 wissen wir doch, dass Gott lebt und uns liebt.40 Ausgehend von diesem festen Fundament können wir uns himmelwärts wenden und Kraft finden, um die schweren Lasten des Lebens tragen zu können.
Ich habe beispielsweise Hochachtung vor jenen besonderen Seelen, die den Herausforderungen der Elternschaft mit unerschütterlichem Vertrauen in den Schöpfer begegnen. Einem Ehepaar, das meiner Frau und mir nahe steht, wurde kürzlich ein Sohn geboren. Dieses Kind wies gleich mehrere Anomalien auf, die praktisch jeden Bereich seines kleinen Körpers in Mitleidenschaft zogen. Schon in der ersten Lebenswoche musste das Baby zweimal operiert werden. Weitere Operationen sind geplant. Als ich mit den Eltern des Kindes sprach, fragten sie nicht: „Warum passiert uns das?“ Sie erklärten vielmehr: „Wir wissen, dass dieses Kind für uns bestimmt ist. Gott hat uns dieses besondere Kind anvertraut. Wir werden es lieben und für es sorgen, so gut wir nur können.“ Dem Herrn sei Dank für solche Eltern!
Vor kurzem starb der Mann einer Frau, mit der wir befreundet sind, plötzlich und unvermutet. Ihre Schwester schrieb über sie: „Wenn sie die Jahre und die gerade zurückliegenden Tage Revue passieren lässt, ist sie von Ehrfurcht ergriffen, wenn sie die besonderen Fähigkeiten und Erfahrungen erkennt, die ein liebevoller Vater ihr hat zuteil werden lassen. Man hätte es damals als Zufall ansehen können, aber all das hat sie in besonderer Weise darauf vorbereitet, diesen schmerzlichen Verlust jetzt erfolgreich bewältigen zu können. Statt sich verlassen zu fühlen und verbittert zu sein, fühlt sie sich getröstet und geborgen … Sie sagte zu mir: ‚Wenn ich sehe, wie der himmlische Vater alles für meine gegenwärtige Lage vorbereitet und geplant hat, wie kann ich dann Angst vor der Zukunft haben? Gewiss sorgt er heute für alles, was ich brauchen werde, um den ungewissen Zeiten, die vor mir liegen, begegnen zu können.‘“41
Ich erhielt einen unvergesslichen Brief von einem Missionar. Er schrieb: „Ich weiß noch immer nicht genau, warum ich gerade während der Zeit, als ich dem Herrn auf Mission diente, mit meiner Krebserkrankung besonders zu kämpfen hatte, aber ich kann ehrlich und aufrichtig sagen, dass ich dem himmlischen Vater in seiner Barmherzigkeit ewig dankbar dafür bin, dass ich diese Erfahrung machen darf. Es vergeht kein Tag“, fuhr er fort, „da ich nicht an die Zeit zurückdenke, wo ich im Krankenhaus lag und mich einer Chemotherapie unterziehen musste oder wieder einmal unter Schmerzen nach einer Operation litt … Es vergeht kein Tag, ohne dass ich an die Zeit denke, die ich damit verbracht habe, die heiligen Schriften zu studieren, besonders das Buch Mormon, und wo ich mich nicht an das überwältigende Gefühl des Trostes und des Friedens erinnere, das ich empfand. Ich denke oft an die Nächte, als ich zu Bett ging und dem himmlischen Vater meine Seele ausschüttete und ihm dafür dankte, dass er mein Leben bewahrt hatte.“Und dann teilte mir der Missionar diese wunderbare Nachricht mit: „Ich bin diese Woche wieder beim Arzt gewesen, und … er konnte in meinem Körper keinerlei Anzeichen irgendeiner Krankheit feststellen.“42 Ich liebe solche glaubenstreuen Missionare!
Wie fest ist unser Fundament? Das Fundament dieser Kirche wurde gelegt, lange bevor diese Welt war. Es ist stark. Es ist wahr. Es ist ewig. Die Glaubensgrundlage des Einzelnen, sofern sie fest in ewiger Wahrheit verankert ist, ermöglicht es jedem von uns, sich mit einer ewigen Perspektive dem Himmel zuzuwenden.43 Ein solcher Glaube verleiht Hoffnung, wo es keine Hoffnung gibt. Er schenkt uns hier Freude und nach dieser Erdenzeit ewiges Leben. Das bezeuge ich im Namen Jesu Christi. Amen.