Kapitel 5
Grundsätze wahrer Umkehr
Wer den Preis zahlt, den wahre Umkehr verlangt, dem ist die Verheißung gewiss: Sie können wieder rein werden. Die Verzweiflung kann weggenommen werden. Der sanfte Friede der Vergebung fließt Ihnen zu.
Aus dem Leben von Ezra Taft Benson
In seiner ersten Ansprache bei der Generalkonferenz als Präsident der Kirche erklärte Präsident Ezra Taft Benson: „Als ich mich um Führung vom Herrn bemühte, wurden mir in Herz und Sinn die Worte des Herrn in diesen Letzten Tagen bestätigt: ‚Sprich nichts als nur Umkehr zu dieser Generation.‘ (LuB 6:9; 11:9.) Diese Botschaft war jedem Propheten der Letzten Tage ein Anliegen.“1
Bereits vor seiner Berufung als Präsident der Kirche betonte Präsident Benson die Umkehr. Sie gehörte zu den zentralen Botschaften während seines geistlichen Wirkens. George Albert Smith, der damals Präsident des Kollegiums der Zwölf Apostel war, hatte ihm dies nahegelegt. Präsident Smith schrieb in einem Brief, kurz nachdem Präsident Benson als Apostel berufen worden war: „Ihnen obliegt es von nun an, Mittel und Wege zu finden, wie Sie die Wahrheit verbreiten und den Menschen, denen Sie begegnen, mit so viel Güte wie möglich klarmachen können, dass Umkehr das einzige Patentrezept gegen die Missstände in der Welt darstellt.“2
Präsident Benson verkündete das Evangelium in aller Welt und kam diesem Auftrag treu nach. So sagte er: „Vorbeugen ist besser als heilen.“3 Er erklärte aber auch, dass wir alle umkehren müssen.4 Er betonte die „mächtige Wandlung“ im Herzen, die mit der Umkehr verbunden ist, (Alma 5:12-14) und erläuterte, welche Rolle der Heiland dabei spielt, eine solche Wandlung herbeizuführen:
„Der Herr wirkt von innen nach außen. Die Welt wirkt von außen nach innen. Die Welt will die Menschen aus den Elendsvierteln holen. Christus holt das Elend aus den Menschen, und dann lassen sie die Elendsviertel von alleine hinter sich. Die Welt will den Menschen formen, indem sie seine Umwelt ändert. Christus ändert den Menschen, und dieser ändert dann seine Umwelt. Die Welt möchte das Verhalten des Menschen formen, Christus aber kann das Wesen des Menschen ändern. …
Ja, Christus ändert den Menschen, und ein geänderter Mensch kann die Welt ändern.“5
Lehren von Ezra Taft Benson
1
Um wahrhaft umzukehren, müssen wir uns zuerst bewusst machen, dass der Evangeliumsplan der Plans des Glücklichseins ist
In der Regel bedeutet die Bezeichnung Mitglied der Kirche, dass der Name des Betreffenden in den Büchern der Kirche verzeichnet ist. …
Der Herr definiert jedoch auf ganz andere Weise, wer zu seinem Reich gehört. 1828 sagte er durch den Propheten Joseph Smith: „Siehe, dies ist meine Lehre: Wer auch immer umkehrt und zu mir kommt, der ist meine Kirche.“ (LuB 10:67; Hervorhebung hinzugefügt.) Für ihn, dessen Kirche dies ist, gehört zur Mitgliedschaft viel mehr, als lediglich als Mitglied eingetragen zu sein.
Daher möchte ich einige wichtige Kerngedanken ansprechen, die wir verstehen und umsetzen müssen, wenn wir wahrhaft umkehren und zum Herrn kommen wollen.
Eine der am häufigsten eingesetzten Täuschungen des Satans ist die Ansicht, dass die Gebote Gottes dazu da sind, unsere Freiheit und unser Glück einzuschränken. Insbesondere junge Leute betrachten die Maßstäbe des Herrn manchmal als Begrenzungen oder Ketten, die sie von den Betätigungen abhalten, die im Leben am angenehmsten erscheinen. Doch das ganze Gegenteil trifft zu. Der Evangeliumsplan ist der Plan, durch den der Mensch eine Fülle der Freude erlangen kann. Das ist der erste Kerngedanke, den ich hervorheben möchte. Die Grundsätze des Evangeliums sind Schritte und Richtlinien, durch die wir wahre Freude und wahres Glück finden können.
Der Verfasser der Psalmen verstand diesen Kerngedanken. Deshalb rief er aus: „Wie lieb ist mir deine Weisung; … dein Gebot macht mich weiser als all meine Feinde; … dein Wort ist meinem Fuß eine Leuchte, ein Licht für meine Pfade. … Deine Vorschriften sind auf ewig mein Erbteil; denn sie sind die Freude meines Herzens.“ (Psalmen 119:97,98,105,111.)
Wenn wir wahrhaft umkehren und zum Herrn kommen möchten, damit wir Mitglieder seiner Kirche genannt werden können, müssen wir zuallererst diese ewige Wahrheit erkennen: Der Evangeliumsplan ist der Plan des Glücklichseins. Schlecht zu sein hat noch nie glücklich gemacht, tut es immer noch nicht und wird es auch nie [siehe Alma 41:10]. Wenn man die Gesetze Gottes übertritt, bringt das nur Elend, Gefangenschaft und Finsternis.6
2
Der Glaube an Jesus Christus geht wahrer Umkehr voraus
Beim zweiten Kerngedanken, den wir verstehen müssen, geht es um den Zusammenhang zwischen Umkehr und dem Glauben als Grundsatz. Umkehr ist der zweite Grundsatz des Evangeliums. Der erste Grundsatz des Evangeliums besagt, dass wir Glauben an den Herrn Jesus Christus brauchen. Weshalb ist das so? Warum muss der Glaube an den Herrn wahrer Umkehr vorangehen?
Diese Frage können wir nur beantworten, wenn wir etwas in Hinblick auf das Sühnopfer des Meisters verstehen. Lehi hat gesagt: „Kein Fleisch [kann] in der Gegenwart Gottes wohnen … außer durch die Verdienste und die Barmherzigkeit und die Gnade des heiligen Messias.“ (2 Nephi 2:8.) Selbst der gerechteste, rechtschaffenste Mensch kann sich nicht auf Grundlage seiner eigenen Verdienste retten, denn – wie der Apostel Paulus uns sagt – „alle haben gesündigt und die Herrlichkeit Gottes verloren“ (Römer 3:23).
Ohne das vollkommene, sündenfreie Leben des Heilands, das er freiwillig für uns hingegeben hat, könnte es keine Sündenvergebung geben.
Deshalb gehört zur Umkehr mehr, als einfach nur das Verhalten zu ändern. Viele Menschen legen große Willenskraft und Selbstdisziplin an den Tag, um schlechte Gewohnheiten und die Schwächen des Fleisches zu überwinden. Dennoch denken sie dabei nicht an den Herrn und lehnen ihn in manchen Fällen sogar ganz offen ab. Derlei – wenn auch positive – Verhaltensänderungen stellen keine wahre Umkehr dar.
Glaube an den Herrn Jesus Christus ist die Grundlage, auf der aufrichtige, wirksame Umkehr beruhen muss. Wenn wir uns wahrhaftig bemühen, Sünde abzulegen, müssen wir unseren Blick zuerst auf denjenigen richten, der der Urheber unserer Errettung ist.7
3
Zur Umkehr gehört eine mächtige Herzenswandlung
Der dritte wichtige Grundsatz, den wir als wahre Mitglieder der Kirche verstehen müssen, besagt, dass es bei der Umkehr nicht nur darum geht, sein Verhalten zu ändern, sondern auch eine Herzenswandlung zu erfahren.
Nachdem König Benjamin seine denkwürdige Ansprache im Land Zarahemla gehalten hatte, rief das ganze Volk wie mit einer Stimme, dass es seinen Worten glaube. Es wusste mit Sicherheit, dass die Verheißungen ihres Königs in Bezug auf die Erlösung wahr waren, denn es sagte: „[Der] Geist des Herrn, des Allmächtigen, [hat] in uns, oder in unserem Herzen, eine mächtige Wandlung bewirkt …, sodass wir [beachten Sie das] keine Neigung mehr haben, Böses zu tun, sondern ständig Gutes zu tun.“ (Mosia 5:2.)8
Kann das Herz eines Menschen eine Wandlung erfahren? Selbstverständlich! Im herrlichen Missionswerk der Kirche geschieht das täglich. Es ist eines der häufigsten Wunder Christi in unserer Zeit. Falls dies bei Ihnen noch nicht eingetreten ist, bemühen Sie sich darum!
Der Herr hat zu Nikodemus gesagt: „Wenn jemand nicht von neuem geboren wird, kann er das Reich Gottes nicht sehen.“ (Johannes 3:3.) …
Alma hat gesagt: „Und der Herr sprach zu mir: Wundere dich nicht, dass die ganze Menschheit, ja, Männer und Frauen, alle Nationen, Geschlechter, Sprachen und Völker von neuem geboren werden müssen; ja, geboren aus Gott, aus ihrem fleischlichen und gefallenen Zustand umgewandelt in einen Zustand der Rechtschaffenheit, durch Gott erlöst, und indem sie seine Söhne und Töchter werden;
und so werden sie neue Geschöpfe; und wenn sie dies nicht tun, können sie das Reich Gottes keinesfalls ererben.“ (Mosia 27:25-26.) …
Im vierten Kapitel des Buches Alma wird eine Zeit in der nephitischen Geschichte beschrieben, als die Kirche anfing, „in ihrem Fortschritt zu stocken“ (Alma 4:10). Alma stellte sich dieser Herausforderung. Er gab sein Amt als oberster Richter in der Regierung auf und konzentrierte sich ganz auf seine Aufgabe als Hoher Priester (siehe Alma 4:20).
Er bedrängte das Volk „mit reinem Zeugnis“ (Alma 4:19). Im fünften Kapitel des Buches Alma stellt er dann mehr als 40 wichtige Fragen. Gerade heraus fragte er die Mitglieder der Kirche: „Ich frage euch, meine Brüder in der Kirche: Seid ihr geistig aus Gott geboren? Habt ihr sein Abbild in euren Gesichtsausdruck aufgenommen? Habt ihr diese mächtige Wandlung in eurem Herzen erlebt?“ (Alma 5:14.)
Er fragt weiter: „Wenn ihr eine Herzenswandlung erlebt habt und wenn euch so zumute gewesen ist, als solltet ihr den Gesang der erlösenden Liebe singen, so frage ich euch: Ist euch auch jetzt danach zumute?“ (Alma 5:26.)
Würde die Kirche in der heutigen Zeit nicht viel schneller voranschreiten, wenn es immer mehr Menschen gäbe, die geistig von neuem geboren sind? Können Sie sich vorstellen, was dies in unseren Familien bewirken würde? Können Sie sich vorstellen, was geschehen würde, wenn es noch mehr Exemplare des Buches Mormon gäbe und noch mehr Missionare, die wissen, wie man es verwendet, und die aus Gott geboren wurden? Wenn dies geschieht, bringen wir die reiche Ernte an Seelen ein, die der Herr verheißen hat. Weil Alma aus Gott geboren war, konnte er als Missionar das Wort so weitergeben, dass viele andere auch aus Gott geboren wurden (siehe Alma 36:23-26).9
Wenn wir diese mächtige Wandlung erlebt haben, die allein durch den Glauben an Jesus Christus und das Einwirken des Geistes auf uns zustande gebracht wird, ist das so, als ob wir ein neuer Mensch geworden wären. Deshalb wird diese Wandlung auch oft mit einer Neugeburt verglichen. Tausende von Ihnen haben diese Wandlung erlebt. Sie haben ein Leben voller Sünde – manchmal tief verwurzelter, widerwärtiger Sünde – hinter sich gelassen und sind rein geworden, weil Sie das Blut Christi angewandt haben. Sie haben keine Neigung mehr, Ihre alten Fehler zu wiederholen. Sie sind wirklich ein neuer Mensch geworden. Das ist mit einer Herzenswandlung gemeint.10
4
Gottgewollte Traurigkeit führt zu wahrer Umkehr
Der vierte Kerngedanke, den ich hervorheben möchte, wird in den heiligen Schriften als „gottgewollte Traurigkeit“ für unsere Sünden bezeichnet. Es ist nichts Ungewöhnliches, dass ein Mensch Reue empfindet, wenn er etwas Falsches getan hat. Das rührt manchmal daher, dass er sich selbst oder Menschen, die er liebt, großen Kummer bereitet und sie in Not gebracht hat, manchmal aber auch daher, dass er ertappt und für sein Vergehen bestraft wird. Solche weltlichen Gefühle haben nichts mit gottgewollter Traurigkeit zu tun. …
Kurz vor der Vernichtung der Nephiten sagte Mormon über sein Volk: „Ihr Trauern diente nicht der Umkehr wegen der Güte Gottes, sondern es war vielmehr das Trauern der Verdammten, weil der Herr es ihnen nicht immer zuließ, in der Sünde Glücklichsein zu finden.
Und sie kamen nicht mit reuigem Herzen und zerknirschtem Geist zu Jesus, sondern sie fluchten Gott und wünschten zu sterben. Und doch wollten sie mit dem Schwert um ihr Leben kämpfen.“ (Mormon 2:13,14.)
In der östlichen Hemisphäre wirkte der Apostel Paulus unter den Menschen in Korinth. Als ihm von ernsten Schwierigkeiten unter den Heiligen, unter anderem Unzucht (siehe 1 Korinther 5:1), berichtet wurde, schrieb Paulus einen Brief, in dem er sie scharf zurechtwies. Die Menschen nahmen ihn im rechten Geiste auf und die Probleme wurden offensichtlich aus der Welt geschafft, denn in seinem zweiten Brief schrieb Paulus: „Jetzt freue ich mich, nicht weil ihr traurig geworden seid, sondern weil die Traurigkeit euch zur Sinnesänderung geführt hat. Denn es war eine gottgewollte Traurigkeit. …
Die gottgewollte Traurigkeit verursacht nämlich Sinnesänderung zum Heil, die nicht bereut zu werden braucht; die weltliche Traurigkeit aber führt zum Tod.“ (2 Korinther 7:9,10.)
In diesen beiden Schriftstellen wird gottgewollte Traurigkeit als eine Art von Traurigkeit definiert, die uns zur Umkehr führt.
Gottgewollte Traurigkeit ist eine Gabe des Geistes. Sie ist die Erkenntnis in unserem Innersten, dass wir mit unserem Verhalten unseren Vater und Gott betrübt haben. Sie ist das deutliche und schmerzliche Bewusstsein, dass der Erretter, der keine Sünde kannte, ja, der Größte von allen, wegen unseres Verhaltens Qual und Leid ertragen musste. Wegen unserer Sünden blutete er aus jeder Pore. Diese ganz reale seelische und geistige Pein ist gemeint, wenn in den heiligen Schriften von einem reuigen Herzen und einem zerknirschten Geist die Rede ist (siehe 3 Nephi 9:20; Moroni 6:2; LuB 20:37; 59:8; Psalmen 34:18; 51:17; Jesaja 57:15). Solch eine Geisteshaltung ist zwingend erforderlich für wahre Umkehr.11
5
Der Vater im Himmel und Jesus Christus wünschen sich inständig, dass wir uns ändern, und sie helfen uns dabei
Als Nächstes möchte ich folgenden Grundsatz besprechen: Niemand wünscht sich inständiger, dass wir uns ändern, als Gottvater und der Heiland. Im Buch Offenbarung finden wir eine eindringliche und tief gehende Aussage des Heilands: „Ich stehe vor der Tür und klopfe an. Wer meine Stimme hört und die Tür öffnet, bei dem werde ich eintreten.“ (Offenbarung 3:20.) Beachten Sie, dass er nicht sagt: „Ich stehe vor der Tür und warte darauf, dass ihr anklopft.“ Er ruft uns, winkt uns zu, bittet uns, einfach unser Herz zu öffnen und ihn einzulassen.
In Moronis großartiger Predigt über Glauben wird dieser Grundsatz sogar noch besser erklärt. Der Herr hat zu ihm gesagt: „Wenn Menschen zu mir kommen, so zeige ich ihnen ihre Schwäche. Ich gebe den Menschen Schwäche, damit sie demütig seien; und meine Gnade ist ausreichend für alle Menschen.“ Es kommt nicht darauf an, woran es uns mangelt oder welche Schwäche oder Unzulänglichkeit wir haben. Die Gaben und Mächte des Herrn reichen aus, um sie alle zu überwinden.
Moroni fährt mit diesen Worten des Herrn fort: „Meine Gnade ist ausreichend für alle Menschen, die sich vor mir demütigen; denn wenn sie sich vor mir demütigen und Glauben an mich haben, dann werde ich Schwaches für sie stark werden lassen.“ (Ether 12:27; Hervorhebung hinzugefügt.)
Welch eine Verheißung vom Herrn! Der Ausgangspunkt unserer Schwierigkeiten selbst kann sich verändern. Es kann eine Stärke und eine Quelle der Kraft daraus geformt werden. Diese Verheißung wird in vielen anderen Schriftstellen auf die eine oder andere Weise wiederholt. Jesaja hat gesagt: „Er gibt dem Müden Kraft, dem Kraftlosen verleiht er große Stärke.“ (Jesaja 40:29.) Paulus bekam vom Herrn gesagt: „Meine Gnade genügt dir, denn sie erweist ihre Kraft in der Schwachheit.“ (2 Korinther 12:9.) Im Buch Lehre und Bündnisse heißt es: „Wer unter meiner Macht erzittert, wird stark gemacht werden und wird Früchte des Lobes und der Weisheit hervorbringen.“ (LuB 52:17; siehe auch 1 Nephi 17:3; 2 Nephi 3:13; LuB 1:28; 133:58,59.)12
Der Satan wendet bei denjenigen, die er zur Sünde verführt hat, eine wirksame Methode an: Er redet ihnen nämlich ein, sie seien zum Beten nicht würdig. Er wird auch Ihnen einreden, der Vater im Himmel habe so wenig Gefallen an Ihnen, dass er Ihr Beten nicht erhören würde. Das ist eine Lüge, die er verbreitet, um uns zu täuschen. Sünde hat große Macht. Wenn wir uns von der Sünde befreien wollen, vor allem von einer schwerwiegenden, brauchen wir die Hilfe einer Macht, die größer ist als wir.
Niemand wünscht sich mehr als der himmlische Vater, dass Sie der Sünde entfliehen. Wenden Sie sich an ihn. Bekennen Sie Ihre Sünde, sagen Sie, dass Sie sich schämen und schuldig fühlen, und bitten Sie ihn dann um Hilfe. Er hat die Macht, Ihnen zum Triumph zu verhelfen.13
Brüder und Schwestern, wir müssen unsere Sünden in demütiger und reuiger Umkehr dem Herrn vorlegen. Wir müssen ihn anflehen, dass er uns die Kraft gibt, unsere Sünden zu überwinden. Die Verheißungen sind gewiss. Er wird uns zu Hilfe kommen. Wir werden die Kraft finden, uns zu ändern.14
6
Wir dürfen in unseren Bemühungen, mehr wie Jesus Christus zu werden, nicht die Hoffnung verlieren
Als sechsten und letzten Punkt in Verbindung mit der Umkehr möchte ich anführen, dass wir darauf achten müssen, dass wir uns in unseren Bestrebungen, immer mehr wie Gott zu werden, nicht entmutigen lassen und nicht die Hoffnung verlieren. Man braucht ein ganzes Leben, um so zu werden wie Christus, und meistens wachsen und ändern wir uns nur langsam, fast unmerklich. In den heiligen Schriften finden wir bemerkenswerte Berichte über Menschen, deren Leben sich in einem Augenblick dramatisch verändert hat: Alma der Jüngere, Paulus auf dem Weg nach Damaskus, Enos, der bis in die tiefe Nacht betete, oder König Lamoni. Solche erstaunlichen Beispiele dafür, wie sich sogar tief in Sünde verstrickte Menschen ändern konnten, vermitteln Zuversicht, dass das Sühnopfer auch diejenigen erreichen kann, die zutiefst verzweifelt sind.
Man muss jedoch vorsichtig sein, wenn man über diese bemerkenswerten Beispiele spricht. Zwar haben sie sich wirklich zugetragen und sind sehr beeindruckend, dennoch sind sie eher die Ausnahme als die Regel. Auf jeden Paulus, auf jeden Enos und auf jeden König Lamoni kommen Hunderte und Tausende, für die sich die Umkehr weit weniger dramatisch, sondern viel unmerklicher gestaltet. Tag um Tag nahen sie sich dem Herrn, und merken dabei kaum, dass sie Gott immer ähnlicher werden. Sie führen ein ruhiges Leben voller Güte, Dienst am Nächsten und Selbstverpflichtung. Sie sind wie die Lamaniten, über die der Herr gesagt hat, sie seien „mit Feuer und mit dem Heiligen Geist getauft worden, und sie wussten es nicht“ (3 Nephi 9:20; Hervorhebung hinzugefügt).
Wir dürfen die Hoffnung nicht verlieren. Hoffnung ist ein Anker für die Menschenseelen. Der Satan will, dass wir diesen Anker wegwerfen. So kann er uns entmutigen und zum Aufgeben bringen. Aber wir dürfen die Hoffnung nicht verlieren. Der Herr freut sich über jedes Bemühen, selbst über die kleinen alltäglichen Anstrengungen, durch die wir ihm ähnlicher werden wollen. Auch wenn uns vielleicht klar ist, dass wir noch einen langen Weg bis zur Vollkommenheit vor uns haben, dürfen wir die Hoffnung nicht aufgeben.15
Wer den Preis zahlt, den wahre Umkehr verlangt, dem ist die Verheißung gewiss: Sie können wieder rein werden. Die Verzweiflung kann weggenommen werden. Der sanfte Friede der Vergebung fließt Ihnen zu.
Was der Herr durch Jesaja hat sagen lassen, gilt mit Gewissheit: „Kommt her, wir wollen sehen, wer von uns Recht hat, spricht der Herr. Wären eure Sünden auch rot wie Scharlach, sie sollen weiß werden wie Schnee. Wären sie rot wie Purpur, sie sollen weiß werden wie Wolle.“ (Jesaja 1:18.)
In unserer Evangeliumszeit hat der Herr ähnlich deutliche Worte gefunden und gesagt: „Siehe, wer von seinen Sünden umgekehrt ist, dem ist vergeben, und ich, der Herr, denke nicht mehr an sie.“ (LuB 58:42.)16
Ich hoffe, dass wir nicht in der Vergangenheit leben. Wer in der Vergangenheit lebt, hat nicht sehr viel Zukunft. Oft neigen wir dazu, unsere Verluste und Entscheidungen, die wir getroffen haben und von denen wir rückblickend meinen, dass sie wahrscheinlich falsch waren, zu beklagen. Oft neigen wir dazu, uns aufgrund äußerer Umstände schlecht zu fühlen, weil wir meinen, sie wären besser, wenn wir andere Entscheidungen getroffen hätten. Wir können aus vergangenen Erfahrungen Nutzen ziehen. Verbringen wir jedoch nicht unsere Zeit damit, uns über Entscheidungen Gedanken zu machen, die wir getroffen haben, oder über Fehler, die wir gemacht haben. Leben wir doch in der Gegenwart und in der Zukunft.17
Meine lieben Brüder und Schwestern, vergessen wir diese sechs Grundsätze nicht in unserem Bemühen, Mitglieder der Kirche Christi zu werden – Mitglieder in dem Sinne, wie Jesus dieses Wort gebraucht, Mitglieder, die umgekehrt und zu ihm gekommen sind. Erstens: Das Evangelium ist des Herrn Plan des Glücklichseins und Umkehr soll uns Freude bringen. Zweitens: Wahre Umkehr gründet auf Glauben an den Herrn Jesus Christus und entspringt daraus. Es gibt keinen anderen Weg. Drittens: Zu wahrer Umkehr gehört eine Herzenswandlung und nicht lediglich eine Verhaltensänderung. Viertens: Diese mächtige Wandlung im Herzen geht mit gottgewollter Traurigkeit darüber einher, dass wir gesündigt haben. Das ist mit einem reuigen Herzen und einem zerknirschten Geist gemeint. Fünftens: Gottes Gaben reichen aus, um uns zu helfen, alle Sünden und Schwäche zu überwinden, wenn wir nur Hilfe bei ihm suchen. Zu guter Letzt dürfen wir nicht vergessen, dass mit der Umkehr meistens keine dramatischen Veränderungen einhergehen, sondern dass man eher Stück für Stück beständig darauf hinarbeitet, wie Gott zu werden.
Wenn wir uns bemühen, diese Grundsätze zu einem Teil unseres Lebens zu machen und sie täglich anzuwenden, werden wir in der Kirche Jesu Christi mehr sein als nur ein eingetragenes Mitglied. Als wahre Mitglieder haben wir ein Anrecht auf die Verheißung des Herrn: „Wer auch immer von meiner Kirche ist und in meiner Kirche bis ans Ende ausharrt, den werde ich auf meinen Felsen gründen, und die Pforten der Hölle werden ihn nicht überwältigen.“ (LuB 10:69.)
Ich bete darum, dass ein jeder von uns diese Verheißung erlangen möge.18
Anregungen für Studium und Unterricht
Fragen
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Präsident Benson zufolge müssen wir, um wahrhaft umzukehren, zunächst erkennen, dass der Evangeliumsplan der Plan des Glücklichseins ist und dass schlecht zu sein uns nie glücklich machen wird (Abschnitt 1). Warum ist diese Erkenntnis ausschlaggebend für die Umkehr?
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Warum ist eine Verhaltensänderung nicht ausreichend, wenn wir uns bemühen, umzukehren? (Siehe Abschnitt 2.) Warum müssen wir wohl auf Jesus Christus blicken, um wahrhaft umzukehren?
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Inwiefern haben Sie schon einmal eine „mächtige Wandlung im Herzen“ erlebt, wie sie in Abschnitt 3 beschrieben wird? Wie können wir anderen helfen, dass auch bei ihnen diese Wandlung eintritt?
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Inwiefern unterscheidet sich „gottgewollte Traurigkeit“ von der Reue, die einige Menschen empfinden, wenn sie etwas falsch gemacht haben? (Siehe Abschnitt 4.) Wie können Eltern oder der Bischof die Ausführungen in Abschnitt 4 verwenden, um jemandem zu helfen, der umkehren muss?
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Befassen Sie sich noch einmal mit Abschnitt 5. Welche Aussagen finden Sie besonders tröstlich? Warum spenden Ihnen diese Aussagen Trost?
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Präsident Benson hat von der Macht des Sühnopfers des Heilands Zeugnis gegeben und gesagt: „Wir dürfen die Hoffnung nicht verlieren.“ (Abschnitt 6.) Befassen Sie sich noch einmal mit Abschnitt 6. Welche Wahrheiten im Zusammenhang mit dem Sühnopfer machen Ihnen Hoffnung?
Einschlägige Schriftstellen
Lukas 15:11-32; Mosia 4:10-12; 26:30,31; Alma 34:17,18; 3 Nephi 27:19,20; LuB 18:10-16; 19:15-19
Unterrichtshilfe
„Es muss Ihnen vor allem darum gehen, den anderen zu helfen, das Evangelium zu lernen, und nicht darum, selbst eine eindrucksvolle Präsentation zu geben. Dazu müssen Sie den Lernenden die Gelegenheit verschaffen, voneinander zu lernen.“ (Lehren, die größte Berufung, Seite 64.)