2022
Immer an ihn denken
April 2022


„Immer an ihn denken“, Liahona, April 2022

Immer an ihn denken

Je mehr wir an den Herrn denken, desto mehr Kraft haben wir, auf dem rechten Weg zu bleiben und das zu tun, was der Herr von uns erwartet

Bild
Brot auf einem Tuch

Immer an ihn denken, Gemälde von Walter Rane, Vervielfältigung untersagt

In den heiligen Schriften lesen wir von einem Kreislauf des Wohlstands und des Stolzes, den Gottes Kinder im Laufe der Menschheitsgeschichte immer wieder durchlaufen haben. Wenn die Menschen an den Herrn dachten, erging es ihnen wohl. Doch wenn sie ihn vergaßen, gerieten sie wegen ihres Reichtums, ihres technischen Fortschritts oder ihrer Bildungsmöglichkeiten in diesen Kreislauf des Stolzes. In der Folge wurden sie dann zu einem Volk, das den Herrn und dessen Bündnisse verwarf.

Betrachten wir doch einen Bund, den wir jede Woche beim Abendmahl schließen – nämlich „immer an ihn“ (Lehre und Bündnisse 20:77,79), also an den Erretter, zu denken. Dieser Bund kommt in beiden Abendmahlsgebeten zum Ausdruck. Ein wichtiger Teil dieses Bundes besteht im An-ihn-Denken.

Der Begriff, an jemanden oder etwas zu denken, kommt in den heiligen Schriften im Sinne von sich erinnern immer wieder vor. Im alten Israel sollten die Menschen vielfach daran denken, was der Herr in der Vergangenheit für sein Volk getan hatte. Noch häufiger kam der Begriff im Zusammenhang mit Bündnissen vor, die der Herr mit seinem Volk geschlossen hatte.

Den Kindern Israel fiel es schwer – wie so manchen von uns heutzutage auch –, an den Herrn und seine Gebote zu denken. Und weil sie das so häufig vergaßen, waren die Folgen schmerzlich. Dies ist einer der Gründe, weshalb der Herr das Wort denken verwendet. Zum Beispiel begann der Zug von Ägypten nach Israel mit dem Gebot: „Denkt an diesen Tag, an dem ihr aus Ägypten, dem Sklavenhaus, fortgezogen seid; denn mit starker Hand hat euch der Herr von dort herausgeführt.“ (Exodus 13:3.)

Das Wort denken bedeutet ja unter anderem auch, einer Sache zu gedenken oder jemanden im Sinn zu haben oder imstande zu sein, sich etwas ins Gedächtnis zu rufen, was man in der Vergangenheit gesehen, erkannt oder erlebt hat. 1 Es gibt einen gewichtigen Zusammenhang zwischen einem Gefühl und der Erinnerung daran. Je stärker das Gefühl, desto lebendiger und richtungsweisender ist auch die Erinnerung. Im Hebräischen gehört zum Begriff Denken auch, dass unser Wissensstand mit entsprechenden Taten einhergeht. Tun und denken gehen also zwingend Hand in Hand.

Je mehr wir an den Herrn denken, desto mehr Kraft haben wir, auf dem richtigen Weg zu bleiben und das zu tun, was der Herr von uns erwartet. Auf diese Weise bezeugen wir Gott, dem ewigen Vater, beim Abendmahl, dass wir allzeit und überall in Gedanken und im Herzen an den Erretter denken wollen. Wir versprechen, dass wir uns im Herzen ein lebendiges Gefühl der Dankbarkeit für sein Opfer, seine Liebe und seine Gaben bewahren wollen. Wir versprechen auch, dass wir gemäß diesen Erinnerungen, Gefühlen und Empfindungen handeln wollen.

Warum und wie wir an ihn denken und was zu tun ist

Bild
Leeres Grab mit Leinentuch

Er ist nicht hier, Gemälde von Walter Rane, Vervielfältigung untersagt

Ein Jahr nach der Gründung der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage gab der Herr Joseph Smith eine Offenbarung, die dem Bund, immer an ihn zu denken, noch umfassendere Bedeutung verleiht:

„Du sollst dem Herrn, deinem Gott, in Rechtschaffenheit ein Opfer darbringen, nämlich das eines reuigen Herzens und eines zerknirschten Geistes.

Und damit du dich selbst noch mehr von der Welt unbefleckt halten mögest, sollst du an meinem heiligen Tag ins Haus des Betens gehen und deine heiligen Handlungen darbringen; …

doch sollen deine Gelübde an allen Tagen und zu allen Zeiten in Rechtschaffenheit dargebracht werden;

aber denke daran: An diesem, dem Tag des Herrn, sollst du dem Allerhöchsten deine Opfergaben und deine heiligen Handlungen darbringen und deinen Brüdern sowie vor dem Herrn deine Sünden bekennen.“ (Lehre und Bündnisse 59:8,9,11,12.)

In dieser Offenbarung erklärt uns der Herr, warum und wie wir an ihn denken sollen und was wir tun müssen, um immer an ihn zu denken.

  • Warum wir an ihn denken: „Damit du dich selbst noch mehr von der Welt unbefleckt halten mögest.“

  • Wie wir an ihn denken: „Sollen deine Gelübde … in Rechtschaffenheit dargebracht werden“, und zwar mit reuigem Herzen und zerknirschtem Geist.

  • Was zu tun ist: „Dem Allerhöchsten deine Opfergaben und deine heiligen Handlungen darbringen und deinen Brüdern sowie vor dem Herrn deine Sünden bekennen.“

In dieser Schriftstelle kommt auch der Begriff Opfergaben vor. In den heiligen Schriften ist von Opfergaben die Rede, wenn man sich voll und ganz dem Herrn hingibt und ihm ein reuiges Herz und einen zerknirschten Geist darbringt. Damit ist auch jegliches Opfer gemeint, das wir für den Herrn bringen. Mit dem Bund, immer an ihn zu denken, ist also gemeint, dass wir für den Herrn mit reuigem Herzen und zerknirschtem Geist alles geben. All dies deutet darauf hin: An den Erretter zu denken heißt, das zu tun, was uns auf dem Weg zur Rechtschaffenheit hält.

Was für ein unschätzbares Geschenk ist uns doch gemacht worden, dass wir am Sabbat von den Sinnbildern für den gebrochenen Leib und das vergossene Blut des Heilands nehmen dürfen! Beim Abendmahl essen wir zum Gedächtnis seines Leibes das gebrochene Brot. Wir trinken das Wasser zum Gedächtnis an sein Blut, das für uns vergossen wurde. Und wir geloben dem Herrn, immer an ihn zu denken.

Dann erhalten wir die wunderbare Verheißung, dass, sofern wir unseren Bund einhalten, „sein Geist immer mit [uns] sei“ (Lehre und Bündnisse 20:77; siehe auch Vers 79). Der Vater im Himmel erachtet das Abendmahl als so wichtig, dass wir aufgefordert sind, jeden Sonntag davon zu nehmen.

Meine lieben Freunde, der Bund, immer an den Herrn zu denken, sollte sich auf jede unserer Entscheidungen und Taten auswirken und diese beflügeln. Schon König Benjamin hat angemerkt:

„Darum möchte ich, dass ihr den Namen Christi auf euch nehmt, ihr alle, die ihr mit Gott den Bund eingegangen seid, dass ihr bis zum Ende eures Lebens gehorsam sein wollt. …

Und ich möchte, dass ihr auch daran denkt, dass dies der Name ist, von dem ich gesagt habe, ich würde ihn euch geben, der niemals ausgelöscht würde, außer durch Übertretung; darum gebt acht, dass ihr nicht übertretet, damit der Name nicht aus eurem Herzen ausgelöscht wird.“ (Mosia 5:8,11.)

Wenn wir also jeden Tag an den Erretter denken, wirkt sich das auf jede unserer Entscheidungen aus. Es wirkt sich beispielsweise darauf aus, wie wir reden, was wir tun, was wir uns anschauen, was wir lesen und anhören und wie wir miteinander umgehen. Ich kann Ihnen versichern, dass uns der Herr bei unseren Entscheidungen inspiriert, uns bei unseren Herausforderungen Orientierung gibt und sicherstellt, dass die Ernte reichlich ausfallen wird.

Weil es das Sühnopfer Jesu Christi wirklich gibt, hält das Leben für diejenigen, die immer an ihn denken, Möglichkeiten von ewiger und göttlicher Tragweite bereit. Es ist ganz wesentlich, dass wir an die Gefühle zurückdenken, die uns beim Abendmahl beseelen. Wir bereiten uns auf das ewige Leben und die Erhöhung vor, wenn wir vom Abendmahl nehmen und versprechen, in Herz und Sinn an den Erretter zu denken. Und wir wissen, dass wir bei jeder Entscheidung und bei jeder Tat geführt werden, sofern wir an ihn denken.

„Erstaunt und bewundernd“

Denken Sie gemeinsam mit mir darüber nach, welchen Einfluss dieser wichtige Grundsatz auf unseren Alltag haben kann. Bitte denken Sie darüber nach, was wir tun können, um wirklich jeden Tag immer an Jesus Christus zu denken. Der Erretter hat gesagt: „Ihr seid meine Freunde, wenn ihr tut, was ich euch auftrage.“ (Johannes 15:14.)

Unser Erretter Jesus Christus war davon beflügelt, dass er sich verpflichtet hatte, stets an den Vater zu denken und immer Gottes Willen zu tun, weil er ja Gott und uns so unendlich liebhat. Mir geht sein inniges Gebet in Getsemani nicht aus dem Sinn: „Abba, Vater, alles ist dir möglich. Nimm diesen Kelch von mir! Aber nicht, was ich will, sondern was du willst.“ (Markus 14:36.)

Ich finde den Text des Liedes „Erstaunt und bewundernd“ 2 treffend, denn erstaunt und bewundernd denke ich daran, wie Jesus ans Kreuz genagelt wurde und sprach: „Vater, vergib ihnen, denn sie wissen nicht, was sie tun!“ (Lukas 23:34.)

Erstaunt und bewundernd denke ich daran, dass er für mich gekreuzigt wurde. Für mich, für den Sünder, erlitt er den bitteren Tod und stand wieder von den Toten auf. Und er verheißt mir: Wenn ich einen zerknirschten Geist habe, meine Sünden und Unzulänglichkeiten bekenne und willens bin, umzukehren und Gottes Kinder so zu lieben, wie er sie liebt, sichert mir der Herr Vergebung und einen Platz an seiner Seite zu.

Die Liebe des Erretters spüren

Denken Sie immer an den Erretter und suchen Sie ihn im Alltag zu erkennen. Denken Sie immer daran, zu ihm zu kommen, damit Sie durch seinen Einfluss in Ihren Gedanken, Gefühlen und Entscheidungen geleitet werden und ihm immer nachfolgen. Blicken Sie in Augenblicken der Bedrängnis, in schwierigen Zeiten, in Zeiten der Depression und der Herausforderungen immer auf ihn. Verspüren Sie die Liebe des Erretters und dass er sich wirklich um Ihr Wohlergehen sorgt.

Ich bitte Sie inständig, daran zu denken, dass Sie ein kostbares Kind des himmlischen Vaters sind und zurückgehalten wurden, um zu dieser Zeit auf die Erde zu kommen. Denken Sie daran, dass Sie vom Vater auserwählt wurden, zu dieser Zeit zu kommen, weil Sie die Kraft besitzen, sich den Herausforderungen unseres Zeitalters zu stellen. Bitte denken Sie daran, dass Glück und Frieden in diesem Leben und in der künftigen Welt davon abhängen, dass Sie täglich an den Erretter und Ihre Bündnisse mit ihm denken.

Nach einer Ansprache, die am 5. Februar 2019 bei einer Andacht an der Brigham-Young-Universität gehalten wurde