2019
Kann ich dazu beitragen, dass jemand sich ändert?
August 2019


Leitlinien für die Betreuung

Kann ich dazu beitragen, dass jemand sich ändert?

Ja, doch Ihre Aufgabe dabei könnte anders aussehen, als Sie meinen

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Christ with the woman at the well

Lebendiges Wasser, Gemälde von Simon Dewey

Wir wurden mit der Fähigkeit erschaffen, uns zu ändern. Der Zweck dieses Erdenlebens besteht darin, auf unser göttliches Potenzial hinzuarbeiten. Eines unserer obersten Ziele bei der Betreuung ist es, andere dabei zu unterstützen, zu Christus zu kommen und die notwendigen Veränderungen vorzunehmen, um in seine Gegenwart zurückkehren zu können. Da die Menschen jedoch Entscheidungsfreiheit haben, können wir ihnen nur in einem gewissen Rahmen dabei helfen, mehr wie Christus zu werden.

Der Erretter hat uns vorgelebt, wie wir andere dabei unterstützen können, sich zu ändern und mehr wie er zu werden. Hier sind eindrucksvolle Beispiele zu sieben Punkten.

  1. Haben Sie keine Angst, notwendige Veränderungen anzusprechen

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    Christ with the woman taken in adultery

    Die Ehebrecherin, Gemälde von Harry Anderson

    Der Erretter hatte keine Angst, andere aufzufordern, ihre alten Gewohnheiten hinter sich zu lassen und seine Lehren anzunehmen. Er forderte Petrus und Jakobus auf, ihre Arbeit niederzulegen und Menschenfischer zu werden (siehe Markus 1:17). Der Frau, die beim Ehebruch ertappt worden war, sagte er: „Geh und sündige von jetzt an nicht mehr!“ (Johannes 8:11.) Dem reichen jungen Mann riet er, sich von Weltlichem zu lösen und ihm nachzufolgen (siehe Markus 10:17-22). Wir können andere mutig und dennoch liebevoll darauf ansprechen, etwas zu ändern und dem Erretter nachzufolgen.

  2. Die Entscheidung, sich zu ändern, liegt bei jedem selbst

    Die Veränderung, zu der der Erretter uns auffordert, kann nicht erzwungen werden. Der Erretter lehrte die Menschen und forderte sie zum Handeln auf, doch er zwang sie zu nichts. Der junge Mann „ging … traurig weg“ (Matthäus 19:22). In Kafarnaum „zogen sich viele seiner Jünger zurück“ und er fragte die Zwölf, ob auch sie weggehen wollten (Johannes 6:66,67). Manche der Nachfolger von Johannes dem Täufer folgten dem Erretter, andere nicht (siehe Johannes 1:35-37; 10:40-42). Wir können anderen nahelegen, mehr wie Christus zu werden, doch wir können die Entscheidung, sich zu ändern, nicht für sie treffen. Und wenn sich jemand noch nicht dazu entschlossen hat, sich zu ändern, sollten wir ihn weder aufgeben noch meinen, selbst versagt zu haben.

  3. Beten Sie darum, dass die Betreffenden in der Lage sein mögen, sich zu ändern

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    Christ praying

    Ausschnitt aus dem Gemälde Ich habe für dich gebetet von Del Parson

    Bei seinem Abschiedsgebet bat Jesus Gott, er möge seine Jünger vor Bösem bewahren, sie mögen eins werden mit ihm und dem Vater und mit der Liebe Gottes erfüllt werden (siehe Johannes 17:11,21-23,26). In dem Wissen, dass Petrus Kraft benötigte, um in seine Rolle hineinzuwachsen, betete der Erretter für ihn (siehe Lukas 22:32). Unsere Gebete für andere können sich positiv auswirken (siehe Jakobus 5:16).

  4. Legen Sie den Betreffenden nahe, auf die Macht des Herrn zu vertrauen

    Nur durch den Erretter können wir uns wahrhaft ändern und auf das göttliche Potenzial hinarbeiten, das in uns allen steckt. Er ist „der Weg und die Wahrheit und das Leben; niemand kommt zum Vater außer durch [ihn]“ (Johannes 14:6). Seine Macht lässt Schwaches stark werden (siehe Ether 12:27). Der Glaube an die sühnende Macht des Erretters befähigte Alma den Jüngeren, sich zu ändern (siehe Alma 36:16-23). Wir können anderen ans Herz legen, auf den Erretter zu vertrauen, sodass seine läuternde Macht auch in ihr Leben tritt.

  5. Behandeln Sie die Betreffenden als den Menschen, der sie einmal werden können

    Wenn man sich geliebt und angenommen fühlt, kann man die Kraft entwickeln, sich zu ändern. Die Frau am Jakobsbrunnen lebte mit einem Mann zusammen, mit dem sie nicht verheiratet war. Selbst die Jünger Jesu „wunderten sich, dass er mit [dieser] Frau sprach“ (Johannes 4:27), doch Jesus war wichtiger, was aus ihr werden konnte. Er unterwies sie und gab ihr die Möglichkeit, sich zu ändern, was sie auch tat. (Siehe Johannes 4:4-42.)

    Wenn wir jemand anders als den Menschen behandeln, der er ist und war, anstatt als den Menschen, der er werden kann, stehen wir ihm bei seinem Fortschritt womöglich im Weg. Stattdessen sollen wir vergeben und Fehler aus der Vergangenheit vergessen. Wir können daran glauben, dass andere in der Lage sind, sich zu ändern, über Schwächen hinwegsehen und positive Wesenszüge hervorheben, die sie selbst vielleicht gar nicht an sich erkennen können. „Wir dürfen den Einzelnen nicht so sehen, wie er ist, sondern müssen ihn so sehen, wie er werden kann.“1

  6. Lassen Sie die Betreffenden ihr Tempo selbst bestimmen

    Veränderung erfordert Zeit. Wir müssen alle „in Geduld [fortfahren], bis [wir] vollkommen geworden“ sind (LuB 67:13). Jesus hatte mit anderen Geduld und unterwies selbst seine Gegner weiter, indem er Zeugnis für den Auftrag ablegte, den er vom Vater bekommen hatte, und ihre Fragen beantwortete (siehe Matthäus 12:1-13; Johannes 7:28,29). Wir können Geduld mit anderen haben und sie ermutigen, mit sich selbst geduldig zu sein.

  7. Geben Sie nicht auf, wenn die Betreffenden in alte Muster zurückfallen

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    Christ with Peter

    Ausschnitt aus dem Gemälde Liebst du mich mehr als diese? von David Lindsley

    Nachdem Christus gestorben war, fielen selbst Petrus und andere Apostel in ihre alten Muster zurück (siehe Johannes 21:3). Christus erinnerte Petrus daran, er solle seine Schafe weiden (siehe Johannes 21:15-17), woraufhin Petrus zu seinem geistlichen Dienst zurückkehrte. Nur allzu leicht fällt man in frühere Muster zurück. Wir können den Betreffenden weiterhin sanft Mut zusprechen und sie, wie es uns vom Geist eingegeben wird, auffordern, dem Erretter weiter nachzufolgen und danach zu streben, mehr wie er zu werden.

Geben wir anderen die Chance, sich weiterzuentwickeln

Elder Jeffrey R. Holland vom Kollegium der Zwölf Apostel hat einmal folgende Geschichte darüber erzählt, dass man anderen die Chance geben soll, sich weiterzuentwickeln: „Mir wurde einmal von einem jungen Mann berichtet, der über viele Jahre hinweg in der Schule mehr oder minder das Opfer eines jeden Witzes war. Da er einige Beeinträchtigungen hatte, fiel es seinen Mitschülern leicht, ihn zu ärgern. Später zog er weg. Schließlich trat er in die Armee ein und machte dort einige gute Erfahrungen: Er machte eine Ausbildung und ließ seine Vergangenheit hinter sich. Vor allem jedoch lernte er, wie auch viele andere beim Militär, die Schönheit und Größe der Kirche kennen, wurde aktiv und glücklich in ihr.

Nach einigen Jahren kehrte er wieder in die Stadt seiner Jugend zurück. Die meisten seines Jahrgangs waren weggezogen, jedoch nicht alle. Als er recht erfolgreich und wie neu geboren zurückkehrte, war dasselbe alte Denkmuster, das früher schon existierte, offenbar immer noch vorhanden und wartete auf seine Rückkehr. Für die Einwohner seiner Heimatstadt war er immer noch der alte Soundso. …

Nach und nach erlosch das Bestreben dieses Mannes, über das Paulus spricht, nämlich das Vergangene hinter sich zu lassen und dem Siegespreis, den Gott für ihn bereitet hat, nachzujagen; und er starb so, wie er auch schon als Jugendlicher gelebt hatte. … Es ist schade und traurig, dass ihn abermals eine ganze Gruppe … umringt hatte, … die meint[e], seine Vergangenheit sei interessanter als seine Zukunft. Ihnen gelang es, ihm das zu entreißen, was Christus ihm bereitet hatte. Und er starb, zum geringsten Teil aus eigener Schuld, traurig. …

Lassen Sie Menschen umkehren. Lassen Sie Menschen wachsen. Glauben Sie daran, dass Menschen sich ändern und sich bessern können.2

Anmerkungen

  1. Thomas S. Monson, „See Others as They May Become“, Liahona, November 2012, Seite 70

  2. Jeffrey R. Holland, „Das Beste kommt erst noch“, Liahona, Januar 2010, Seite 19f.