2019
Fahrunterricht
März 2019


Fahrunterricht

Julio Meza Michel

Chihuahua, Mexiko

Bild
driving

Ich war entspannt und gelassen, als ich nach Hause fuhr. Plötzlich hörte ich jemanden mehrfach energisch hupen.

Illustration von Richard Mia

Es war ein schöner Sonntagnachmittag und ich saß im Auto und war auf dem Heimweg von einer Versammlung für junge Erwachsene. Ich war entspannt und gelassen, als ich über die Botschaften nachdachte, die ich gehört hatte und in denen es darum ging, wie wir unser Potenzial als Kinder Gottes nutzen können. Ich fragte mich, was ich tun könnte, um mein Potenzial auszuschöpfen.

Auf dem Heimweg musste ich auch eine enge Straße entlang, die in beide Richtungen befahren werden kann. Eine lange Schlange Autos kam mir entgegen, doch hinter mir war niemand. Plötzlich hörte ich jemanden mehrfach energisch hupen. Hinter mir befand sich nun ein Auto. Der Fahrer blinkte mit den Scheinwerfern und brüllte, ich solle ihm Platz machen. Anscheinend wollte er schneller fahren als ich.

Ich dachte mir, dass dieser Mann es offensichtlich nötig hatte, etwas Geduld und Respekt anderen gegenüber zu lernen, also fuhr ich noch langsamer. Als wir an einigen Seitenstraßen vorbeifuhren, hupte er immer wieder und betätigte immer wieder die Lichthupe. Dann bog er ab und hielt an. Ich schaute in den Rückspiegel, um zu sehen, wie er darauf reagieren würde, dass er nicht hatte schneller fahren können. Ich fand es klasse, dass ich ihm eine Lektion hatte erteilen können.

Plötzlich sprang der Fahrer aus dem Auto und öffnete die Beifahrertür. Schnell stieg eine Frau aus, auf dem Arm hielt sie ein Baby. Ich schaute ihnen nach, um zu sehen, wohin sie gingen. In der Ferne sah ich an einem Gebäude in leuchtenden Buchstaben „Notaufnahme“.

„Was habe ich nur getan?“, fragte ich mich. Ich kam zu Hause an, sank auf die Knie und bat Gott mit Tränen in den Augen um Vergebung.

An diesem Tag lernte ich, dass das Verhalten der Menschen um uns herum manchmal aus Gründen heraus geschieht, die wir nicht immer erkennen oder verstehen können. Wenn ich heute jemanden sehe, der sich meiner Meinung nach falsch verhält, denke ich lieber, dass ich vielleicht nicht richtig verstehen kann, was der Betreffende durchmacht. Ich bemühe mich, anderen Liebe und Mitgefühl entgegenzubringen, wie Jesus Christus es uns geboten hat. Ich versuche, meinen Mitmenschen mit Verständnis zu begegnen und ihnen zu helfen.

Wie kann ich mein Potenzial als Kind Gottes ausschöpfen? Ich kann auf das Verhalten anderer mit Liebe und Verständnis reagieren. Dadurch kann ich nun die Liebe des Erretters stärker verspüren, und auch andere können verspüren, dass ich sie liebe.