2017
Ein Wunder in letzter Minute
March 2017


Ein Wunder in letzter Minute

Der Verfasser lebt in Aragua in Venezuela.

Ich war jung, unerfahren und mir lief die Zeit davon. Konnte ein einfaches Gebet ein Wunder bewirken?

Mit 16 besuchte ich den technischen Zweig einer Schule, weil ich meinen Abschluss in Elektronik erwerben wollte. Eine Voraussetzung für den Abschluss bestand in einem einmonatigen Betriebspraktikum, bei dem ich meine technischen Fertigkeiten unter Beweis stellen sollte.

Ich absolvierte mein Praktikum bei einem Papierwarenhersteller. Ich wollte gern auf Mission gehen, und wenn man mich nach dem Praktikum übernahm, würde ich hier genügend Geld dafür verdienen. Allerdings waren wir drei Praktikanten – und das Unternehmen würde nur einem eine Vollzeitstelle anbieten.

Es gab eine Maschine im Unternehmen, die den Geist aufgegeben hatte. Normalerweise hatte sie so viel Arbeit erledigt wie drei ähnliche Maschinen zusammen, funktionierte jedoch schon seit geraumer Zeit nicht mehr. Selbst Ersatzteile aus dem Ausland, die das Unternehmen bestellt hatte, hatten sie nicht zum Laufen gebracht. Ich nahm den Auftrag an, sie zu reparieren.

Bild
Circuit board

Illustration von David Curtis

Tag für Tag analysierte ich die unglaublich komplizierte Maschine stundenlang. In nur 30 Tagen herauszufinden, weshalb sie nicht mehr funktionierte, war keine einfache Aufgabe – insbesondere für jemanden, der so unerfahren war wie ich. Dennoch hatte ich das Gefühl, ich könne es schaffen. Jeden Morgen vor der Arbeit las ich im Liahona und betete zum Vater im Himmel. Auch freundete ich mich mit meinem Chef an, einem erfahrenen Elektrotechniker, der für mich die Genehmigung einholte, Kopien der Schaltpläne übers Wochenende nach Hause mitzunehmen. Ich befasste mich ausgiebig damit.

Schließlich näherte sich mein Praktikum dem Ende. Die beiden anderen waren mit ihrem Projekt fertig, was mich vermehrt unter Druck setzte. Doch obwohl man sich negativ äußerte (und mich sogar verspottete), zweifelte ich nie. Schnell nahte der Freitag heran, an dem unser Praktikum endete. Für ein paar Fehler hatte ich zwar die Lösung gefunden, aber die Maschine funktionierte noch immer nicht. Ich war mir sicher, dass ich es fast geschafft hatte, also bat ich meinen Chef um die Genehmigung, am Samstag zu arbeiten. Ich versprach, dass die Maschine am Montag laufen würde.

Er war schwer beeindruckt und holte vom Geschäftsführer des Unternehmens persönlich die Genehmigung ein. Dann teilte er mir mit, dass wir alle drei – der Geschäftsführer, er und ich – gemeinsam bis mittags arbeiten würden. „Alle drei?“, fragte ich. Er erklärte, dass der Geschäftsführer selbst Elektroingenieur war. Er war an meinem Vorhaben interessiert, weil die Maschine schon so viele vergebliche Reparaturversuche hinter sich hatte und er mittlerweile aufgegeben hatte.

Tags darauf schüchterte mich die Gegenwart der beiden erwachsenen Ingenieure jedoch sehr ein. Ich war noch jung, mir fehlte die Fachkenntnis, und trotzdem wollten sie mir assistieren. Ich fühlte mich unwohl, wenn auch geehrt.

Kurz vor zwölf Uhr mittags stellten der Geschäftsführer und mein Chef fest, dass all unsere Mühe einfach vergebens war. Ich entschuldigte mich und zog mich auf die Toilette zurück. Ich kniete nieder und betete flehentlich zum Vater. Da merkte ich, wie mich eine unerklärliche, herrliche Kraft überkam. Ich bat den Vater im Himmel darum, dass ich die Stelle bekam – denn ich brauchte sie doch, damit ich das Geld für meine Mission zusammenbekam.

Enthusiastisch kehrte ich zurück, aber meine Helfer hatten die Verkleidung zu den Schaltkreisen bereits wieder angebracht und alle Werkzeuge verstaut. Ich öffnete die Maschine nochmals und sah mir die fünfzehn Leiterplatten sorgsam an. Mir fiel ins Auge, dass einer der rund 4000 Steckkontakte nicht mit der Platte verbunden war. Ich schloss ihn an, befestigte ihn und schaltete die Maschine an. Sie funktionierte! Es war ein Wunder.

Es war ein unvergesslicher, bewegender Augenblick. Mein Chef umarmte mich und der Geschäftsführer gab mir die Hand und gratulierte mir begeistert.

Fast zwei Jahre lang arbeitete ich für das Unternehmen, sparte das benötigte Geld an und konnte dann endlich auf Mission gehen. Als ich erklärte, weshalb ich die Stelle aufgeben musste, verabschiedete mich der Geschäftsführer und meinte: „Wenn du deine Mission beendet hast, bist du hier wieder herzlich willkommen. Ich wünsche dir viel Erfolg!“

Dieses Erlebnis zeigte mir, dass für Gott nichts unmöglich ist. Wenn wir nicht zweifeln, sehen wir Wunder – allerdings erst, nachdem unser Glaube geprüft wird, manchmal bis zum allerletzten Augenblick. Aber: Wunder gibt es tatsächlich.

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Circuit board