2016
Dienst jenseits des Jordans
October 2016


Dienst jenseits des Jordans

oder wo der Herr Sie sonst brauchen mag

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Amman Jordan

Fotos © iStock/Thinkstock

Hilfe war dringend geboten.

Anfang 2013 erkrankten im Flüchtlingslager Zaʼatari in Jordanien im Nahen Osten fünf Menschen an Masern. Über 100.000 syrische Flüchtlinge, die in äußerst beengten Verhältnissen lebten, liefen Gefahr, sich mit diesem hoch ansteckenden und gefährlichen Virus zu infizieren. Die jordanische Regierung plante eine riesige Impfkampagne, um eine Ausbreitung der Krankheit zu verhindern. Innerhalb von zwei Wochen sollten mindestens 90.000 syrische Flüchtlinge im Alter zwischen 6 Monaten und 30 Jahren geimpft werden.

Aber es gab ein Problem. Zwar hatte UNICEF, das Kinderhilfswerk der Vereinten Nationen, den Impfstoff, und das jordanische Gesundheitsministerium verfügte über Kliniken, aber es fehlten einzelne Bestandteile der Kühlkette – Spritzen, Behälter für spitze und scharfkantige Gegenstände, Kühlboxen für das Serum –, und die Zeit wurde knapp.1

Und hier kommen Ron und Sandi Hammond ins Spiel – Wohlfahrtsmissionare, die in Jordanien als Landesdirektoren für LDS Charities tätig sind. Da Ron und Sandi bereits Kontakte zu UNICEF und dem Gesundheitsministerium hatten, klinkten sie sich rasch in die Zusammenarbeit dieser beiden Organisationen ein, um festzustellen, wie LDS Charities helfen könnte.

Ron berichtet: „Wir fragten nach den Kosten der fehlenden Bestandteile der Kühlkette, die uns daraufhin genannt wurden, und erklärten: ‚LDS Charities kann wahrscheinlich helfen.‘ ‚Wie schnell denn?‘, wurden wir gefragt. ‚Wir müssen die Sache dringend voranbringen!‘“

Innerhalb von 20 Stunden hatte LDS Charities den Kauf der fehlenden Bestandteile genehmigt. „Als wir das Gesundheitsministerium und UNICEF darüber informierten, staunten sie nicht schlecht, dass eine nichtstaatliche Organisation so schnell handeln konnte“, so Ron. „Dadurch konnte nicht nur die geplante Impfkampagne termingerecht durchgeführt werden, es kam sogar eine landesweite Kampagne ins Rollen, sodass schließlich Hunderttausende jordanische und syrische Flüchtlinge geimpft wurden.“

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giving immunizations

Links: Abdruck des Fotos mit freundlicher Genehmigung von Samir Badran, UNICEF, Jordanien; Hintergrundmuster und Foto von Amman, Jordanien © iStock/Thinkstock

Die Krise war abgewendet!

Außerdem wurde durch diese produktive Partnerschaft zwischen UNICEF, dem jordanischen Gesundheitsministerium und LDS Charities auch einer künftigen Zusammenarbeit der Weg geebnet.

Dass Ron und Sandi Hammond gerade in dieser kritischen Zeit in den Nahen Osten kamen, zeugt vom Glauben der Hammonds und davon, wie inspiriert das Programm für Missionare in fortgeschrittenem Alter ist.

Missionarsehepaare gesucht

Im Jahr 2012 waren die Hammonds Verordnungsarbeiter im Rexburg-Idaho-Tempel. Ron hatte eine gutgehende Zahnarztpraxis und unterrichtete im Fachbereich Religion an der Brigham-Young-Universität Idaho. Doch mit dem ruhigen, gleichmäßigen Ablauf ihres Alltags war es schlagartig vorbei, als sie deutlich die geistige Eingebung erhielten, sie sollten sofort ihre Papiere für eine Mission einreichen. Der Zeitpunkt überraschte sie. Ihre verheirateten Kinder hatten gerade berufliche Veränderungen und Umzüge vor sich, die unterschiedlich weit gediehen waren, und Ron hatte eigentlich noch nicht vor, in Rente zu gehen. Doch der Heilige Geist versicherte ihnen, dass sie gebraucht wurden und dass alles gut werden würde.

Es stellte sich heraus, dass die Priestertumsführer am Hauptsitz der Kirche dafür gefastet und gebetet hatten, ein Ehepaar zu finden, das für die Stelle der Landesdirektoren für LDS Charities im jordanischen Amman geeignet war.

„Es war ganz offensichtlich, dass der Herr uns voraus war und die Einzelheiten für den konkreten Auftrag, den er für uns hatte, schon vorbereitete“, meint Sandi. „Wir wissen, dass er dies für jeden Missionar tut. Es ist tröstlich zu wissen, dass der Erretter alles für unseren Dienst arrangiert, und zwar bevor wir überhaupt ankommen.“

Ron ergänzt: „Rückblickend sind wir dankbar, dass wir keine konkreten Angaben dazu gemacht haben, wo wir dienen wollten, und dass wir diesbezüglich auch auf nichts bestanden haben. Da wir dies alles dem Herrn überließen, konnte er uns eine Erfahrung ermöglichen, die wir andernfalls nicht gemacht hätten.“

Zu dieser Erfahrung gehörte die Zusammenarbeit mit der jordanischen Königsfamilie bei humanitären Projekten, die für diese von Interesse waren. Die Hammonds sorgten außerdem gemeinsam mit Krankenhäusern und Kliniken vor Ort dafür, dass das medizinische Personal in Jordanien in lebensrettenden Techniken zur Wiederbelebung Neugeborener geschult wurde. Dies führte zu einem bemerkenswerten Rückgang der Sterblichkeitsrate bei Neugeborenen. Dank der Bemühungen der Hammonds und anderer Missionarsehepaare konnte LDS Charities Schulung und Ausrüstung für Augenkliniken bereitstellen sowie für Organisationen, die sich für Menschen mit körperlichen Behinderungen einsetzen. Die Hammonds und andere Wohlfahrtsmissionare unterstützten unter anderem ein Zentrum, wo körperlich behinderten Frauen beigebracht wird, wie man besondere Kleidung und Kunsthandwerkliches entwirft und herstellt. Mit diesen Fertigkeiten bietet sich den Teilnehmern die Chance, besser für ihren eigenen Lebensunterhalt und den ihrer Familie zu sorgen.

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midwives practice neonatal resuscitation techniques

Links: Abdruck des Fotos mit freundlicher Genehmigung von LDS Charities; rechts: Abdruck des Fotos mit freundlicher Genehmigung der Familie Hammond

Im Rahmen weiterer Projekte arbeitete man mit anderen nichtstaatlichen Organisationen sowie der jordanischen Regierung im Bereich Notfallmaßnahmen zusammen. Außerdem wurden jordanische Studenten daraufhin geprüft, ob sie für eines der beiden Stipendien in Frage kamen, die die Brigham-Young-Universität jedes Jahr vergibt. Besonders viel Freude hatten die Hammonds daran, gemeinsam mit der römisch-katholischen Kirche Schulräume für irakische Christen einzurichten, die keinen anderen Ort hatten, wo sie zusammenkommen konnten.

Mit dem Herrn in seinem Weingarten

In Jordanien erlebten die Hammonds, wie wahr doch die Verheißung des Herrn an diejenigen ist, die ihm dienen: „Ich werde vor eurem Angesicht hergehen. Ich werde zu eurer rechten Hand sein und zu eurer linken, und mein Geist wird in eurem Herzen sein und meine Engel rings um euch, um euch zu stützen.“ (LuB 84:88.)

„Gott arbeitet bei dem Werk mit“, betont Ron. „Er ist mit seinen Knechten im Weingarten. Jedes Ehepaar, das auf Mission geht, wird vom Herrn des Weingartens begleitet. Wir glauben nicht nur an Wunder in Jordanien, wir haben sie erlebt!“

Unbestritten hatten sie himmlischen Beistand, aber unter den Engeln, die sie rings um sich wahrnahmen, waren auch einige in menschlicher Gestalt. Dazu gehörten insbesondere ihre Kinder, die ihre Entscheidung unterstützten, so weit weg von zu Hause zu dienen.

Und ihre Familie wurde im Gegenzug durch die schützende und helfende Macht des Herrn gesegnet: Wichtige Entscheidungen über berufliche Veränderungen und Wohnortwechsel wurden gefällt, als ihre Kinder sich dem Herrn zuwandten, sich miteinander berieten, gemeinsam beteten und füreinander fasteten. Außerdem konnten drohende Komplikationen bei einer Geburt abgewendet werden.

Die Segnungen, die ihre Kinder empfingen, waren so bemerkenswert, dass alle begeistert ihre Unterstützung zusagten, als Bruder Hammond und seine Frau gebeten wurden, ihre zweijährige Mission um ein weiteres Jahr zu verlängern. Sie spürten, dass der Herr als unmittelbare Auswirkung der Tätigkeit ihrer Eltern etwas ganz Besonderes für sie tat.

Dennoch mussten die Hammonds und ihre Kinder das Opfer bringen, dass sie voneinander getrennt waren. Es fiel ihnen schwer, am anderen Ende der Welt und damit fern von denjenigen zu sein, die ihnen lieb und teuer waren. Es war aber nicht so schwierig, wie es in der Vergangenheit gewesen wäre. Die Technik machte es möglich, am Leben der anderen teilzuhaben, so oft es erforderlich war. Sandi sagt: „Missionarsehepaare bleiben immer in Verbindung mit ihrer Familie. Wir hatten häufig Kontakt zu den Familien unserer Kinder in den USA. Aus Anrufen über FaceTime und E-Mails kannten uns unsere vier neuen Enkelkinder schon, die während unserer Mission geboren wurden, und hießen uns bei unserer Rückkehr herzlich willkommen.“

Augen und Herz öffnen

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the Hammond family

Links: Abdruck des Fotos mit freundlicher Genehmigung von LDS Charities; rechts: Abdruck des Fotos mit freundlicher Genehmigung der Familie Hammond

Die Hammonds fühlen sich auch deshalb sehr gesegnet, weil ihnen durch ihren Dienst klar wurde, wie großzügig und freundlich die jordanische Bevölkerung ist. Als die beiden ihre Berufung erhielten, waren sie zunächst unsicher, was die Menschen anging, denen sie dienen sollten.

„Doch wir stellten fest, dass unsere muslimischen Freunde liebenswürdig und großzügig waren“, so Ron. „Wir sind sicher, dass sie alles getan hätten, um uns zu schützen, hätten sie jemals den Eindruck gehabt, wir seien in Gefahr.

Ihre Nächstenliebe ist erstaunlich. Für die Jordanier ist es unerträglich, einem Hilfsbedürftigen nicht beizustehen. Sie haben schon vor der Zeit Davids Flüchtlinge willkommen geheißen. Die Bibel enthält viele Hinweise auf die Gegend ‚jenseits des Jordans‘, und wir fingen an, unsere Briefe mit ‚jenseits des Jordans‘ zu unterschreiben, in Anerkennung des Dienstes, den wir in diesem Land leisten durften, einem Land, dessen Volk seit jeher Anteil an anderen nimmt. Jordanien ist seit Jahrhunderten ein Ort, wo Nächstenliebe praktiziert wird, und der Herr hat das Volk dafür gesegnet.“

Da die Hammonds so eng mit dem jordanischen Volk zusammenarbeiteten, konnten sie einige feste Freundschaften knüpfen. „Wir waren mehrmals zum Iftar eingeladen. So wird die Mahlzeit genannt, mit der während des Ramadans allabendlich das Fasten gebrochen wird“, erzählt Sandi. „Unsere muslimischen Freunde haben uns auch zu Verlobungen, Hochzeiten und anderen familiären Anlässen eingeladen.“

Überall, wo es gesetzlich verboten ist, unter Moslems zu missionieren oder sie gar zu taufen, hält sich die Kirche daran, so auch in Jordanien. Also gaben die Hammonds keine Informationen über die Kirche weiter.Stattdessen konzentrierten sie sich darauf,Beziehungen zur Königsfamilie, zu humanitären Partnerorganisationen, anderen Missionarsehepaaren, die mit ihnen tätig waren, und zu religiösen Führern und Politikern aufzubauen und zu pflegen. Wenn jemand die Hammonds nach Einzelheiten zur Kirche fragte, empfahlen sie ihm, LDS.org aufzurufen.

Die Berufung auf Mission

Halten sich Ron und Sandi irgendwie für etwas Besonderes unter den Missionarsehepaaren, die berufen sind oder berufen werden könnten, wenn sie daran denken, was sie schon Bemerkenswertes erlebt haben?

Ja und Nein. „Wir haben da gedient, wo der Herr ein Ehepaar mit genau unseren Fähigkeiten und unserer Lebenserfahrung brauchte, und das zu der Zeit, als er uns brauchte“, sagen die Hammonds. „Aber das gilt für alle Missionare in fortgeschrittenem Alter. Jedes Ehepaar, das eine Mission erfüllen kann, wurde auf besondere Weise darauf vorbereitet. Es muss nur genügend Glauben ausüben, damit es dorthin kommt, wo der Herr es braucht. Dann wird er mit dessen Hilfe das Leben anderer Menschen positiv beeinflussen.“

Robert D. Hales vom Kollegium der Zwölf Apostel hat dazu gesagt: „Ein Ehepaar kann etwas bewirken. Ein Ehepaar kann bemerkenswerte Erfolge erzielen, die sonst niemand erzielen könnte. …

Es gibt sozusagen unzählige Möglichkeiten, wie ein Ehepaar dienen kann. Von der Mitarbeit im Missionsbüro über Führerschaftsschulungen bis hin zu Genealogie, Tempelarbeit und humanitärem Dienst – Sie können so gut wie jede Fähigkeit und jedes Talent nutzen, mit dem der Herr Sie gesegnet hat. …

Sie haben in Ihrem Leben so viel empfangen. Gehen Sie hin und geben Sie unentgeltlich, indem Sie unserem Herrn und Erretter dienen. Üben Sie Glauben; der Herr weiß, wo Sie gebraucht werden. Der Bedarf ist groß, Brüder und Schwestern, doch Arbeiter gibt es nur wenige.“2

Anmerkungen

  1. Siehe „Mass Vaccination Campaigns in Syria, Jordan, Lebanon, Iraq and Turkey Amid Measles Outbreaks“, 30. April 2013, unicef.org.

  2. Robert D. Hales, „Missionarsehepaare: Eine Zeit zum Dienen“, Liahona, Juli 2001, Seite 28–31