2016
Das Beispiel meines liebevollen Vaters
Juni 2016


Heim und Familie

Das Beispiel meines liebevollen Vaters

Mein Vater hat mir gezeigt, wie ich meinen Kindern, die einen anderen Weg eingeschlagen haben, liebevoll nahebleiben kann.

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father and son walking on a beach

Links: Foto © iStock/Thinkstock; rechts: Foto von Del Benson

Ich habe mich der Kirche angeschlossen, nachdem ich am Seminar teilgenommen hatte, zu dem mich zwei Freunde eingeladen hatten. Meine Eltern haben mich bei jeder meiner Entscheidungen unterstützt: mich taufen zu lassen, auf Mission zu gehen, im Tempel zu heiraten. Ich weiß aber noch, wie schmerzlich es war (sicher auch für meine Eltern), dass sie nicht dabei sein konnten, als meine Braut und ich aneinander gesiegelt wurden. Sie warteten geduldig im Wartezimmer des Provo-Utah-Tempels.

Meine Frau und ich bekamen vier Kinder. Ich weiß noch, wie groß meine Freude darüber war, dass sie alle an uns gesiegelt waren, weil sie im Bund geboren wurden. Unsere Kinder waren die ersten Enkelkinder meiner Eltern, und obgleich sich meine Eltern und meine Geschwister nie taufen ließen, schlossen sie doch jedes meiner Kinder ins Herz. Viele Jahre lang wohnten wir nicht weit voneinander entfernt, und meine Eltern konnten dabei sein, wenn unsere Kinder an Schul- oder Sportveranstaltungen teilnahmen. Sie waren bei der Taufe jedes unserer Kinder dabei.

Doch als unsere Kinder im Teenageralter waren, mussten wir aus beruflichen Gründen in einen anderen Bundesstaat ziehen. Dennoch blieben meine Eltern unseren Kindern auch in diesen Jahren durch Besuche und viele Briefe nahe.

Als meine Eltern in den mittleren Jahren waren, erkrankte meine Mutter an einer frühen Form von Alzheimer. Mein Vater ließ sich nicht davon abhalten, sie zu pflegen, auch nicht, als ihr Zustand es erforderte, dass sie rund um die Uhr betreut werden musste. Selbst in diesen letzten Jahren meldete sich mein Vater durch Telefonanrufe und Briefe jede Woche, zuzeiten sogar jeden Tag bei mir. Ich hatte immer eine enge Beziehung zu meinen Eltern gehabt, doch in den letzten zehn Lebensjahren meines Vaters standen wir beide uns besonders nahe. Mir wurde außerdem bewusst, dass er auch meinen drei anderen Geschwistern immer nahe blieb – obgleich wir, als wir alle älter wurden, ganz unterschiedliche Interessen und Glaubensansichten hatten.

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writing a letter

Links: Foto © iStock/Thinkstock; rechts: Foto von Del Benson

Meine Eltern und ich mit meiner Familie lebten in diesen letzten Jahren an entgegengesetzten Küsten der Vereinigten Staaten. Zwei Mal nahmen meine Eltern die Reise quer über das ganze Land auf sich, um uns zu besuchen, obwohl die Alzheimerkrankheit bei meiner Mutter schon so weit fortgeschritten war, dass die lange Flugreise mit ihr für meinen Vater sehr beschwerlich war.

In dieser Zeit beschlossen alle meine Kinder, eines nach dem anderen, nicht mehr in die Kirche zu gehen. Zwei ließen schließlich sogar ihren Namen aus den Büchern der Kirche streichen. Für meine Frau und mich war dies zweifellos die Prüfung unseres Lebens. Obwohl mein Vater nicht der Kirche angehörte, tat ihm die Entscheidung unserer Kinder ebenfalls weh und beunruhigte ihn. Er war ein religiöser Mensch und betete all die Jahre mit uns für unsere Kinder.

Mein Vater starb 2005, nachdem er an Krebs erkrankt war, und meine Mutter starb drei Jahre später. Nach ihrem Tod ließen meine Frau und ich mit tiefer Freude stellvertretend für sie die heiligen Handlungen des Tempels an uns vollziehen.

Ich habe viel darüber gebetet, wie ich die Beziehung zu unseren Kindern am besten pflegen kann, jetzt, da sie erwachsen und selbst verheiratet sind und Kinder haben – und alle nicht der Kirche angehören. Wir fühlen uns allen vier Kindern sehr nahe, und wir sind dankbar, dass sie sich uns oft liebevoll zuwenden.

Nach einiger Zeit empfing ich unmissverständlich die Antwort, wie ich mich, vermutlich für den Rest meines Lebens, gegenüber meinen erwachsenen Kindern verhalten soll. Ich muss das tun, was mein Vater für mich getan hat. Trotz unserer unterschiedlichen Lebensweise und religiösen Ansichten ließ sich mein Vater nie davon abbringen, mir als Vater und Freund nahezubleiben, gerade auch, als ich die schmerzliche Erfahrung machte, dass sich meine Kinder für eine andere Lebensweise und Anschauung entschieden. Mir wurde klar, dass ich dem Beispiel meines Vaters folgen muss. Er hat mir gezeigt, wie man mit Kindern umgeht, die andere Glaubensansichten haben: Man liebt sie von ganzem Herzen, wie es der Heiland tun würde.