2014
Bewässerungsrohre und Schlamm an den Schuhen
Juli 2014


Bewässerungsrohre und Schlamm an den Schuhen

Der Verfasser lebt in Utah.

Ich hatte wirklich keine Lust mehr, auch nur ein einziges Bewässerungsrohr zu verlegen.

Bild
Young men moving pipes.

Illustration von Jake Parker

Danke, Bischof Rowley, wir helfen gern.“ Bruder Hulet, der Berater des Diakonskollegiums, nahm dem Bischof das Klemmbrett ab und gab bekannt: „Ich habe hier eine Liste, in die ihr euch eintragen könnt. Wir brauchen Helfer auf der Wohlfahrtsfarm. Ich bin sicher, dass der Herr sich sehr freut, wenn wir alle in der kommenden Woche mithelfen.“

„Was müssten wir da machen?“, fragte ich ein wenig argwöhnisch. Auf der Wohlfahrtsfarm mitzuhelfen war sicherlich kein Vergnügen.

„Wir haben diese Woche nur eine Aufgabe: Bewässerungsrohre verlegen.“

Bewässerungsrohre verlegen! Der bloße Gedanke daran war entsetzlich. Meine Gedanken wanderten ein paar Monate zurück. Meine Mutter hatte darauf bestanden, dass ich mir für den Sommer einen Ferienjob suche. In unserem kleinen Ort bedeutete das unweigerlich: Bewässerungsrohre verlegen! Also verlegten mein Cousin Scott und ich den ganzen Sommer lang Bewässerungsrohre.

Am ersten Tag unseres Ferienjobs standen wir vor schier endlosen Alfalfafeldern. Die 12 Meter langen Bewässerungsrohre waren miteinander verbunden und lagen in einer scheinbar kilometerlangen Reihe vor uns. Nach einer kurzen Einweisung zogen Scott und ich das erste Rohr heraus. Scott hob sein Ende in die Höhe und kaltes Wasser platschte auf meine Sportschuhe. Wir zogen das Rohr durch den zähen Morast und schlossen es an der nächsten Steigleitung wieder an. Als wir zurückliefen, um das nächste Rohr zu holen, wurden meine durchnässten Schuhe immer schwerer, da der Schlamm in immer dickeren Schichten daran klebte. Schließlich war unsere Kleidung von Schlamm, Wasser und Schweiß durchnässt, und wir waren am Ende unserer Kräfte.

Meine Gedanken kehrten wieder zurück zu der Helferliste. „Also, ich kann wohl nicht kommen“, stammelte ich. „Ich habe bereits einen Job am Vormittag.“

„Das ist kein Problem“, meinte Bruder Hulet. „Wir gehen immer nachmittags auf die Wohlfahrtsfarm.“ Bruder Hulet ließ die Helferliste herumgehen. „Als ihr zum Priestertum ordiniert wurdet, habt ihr die Macht erhalten, im Namen Gottes zu handeln. Und wenn wir ihm dienen, indem wir anderen dienen, handeln wir in seinem Namen. Wenn alle mit anpacken, fällt uns die Arbeit nicht so schwer.“

Nun hielt ich die Liste in der Hand. Ich konnte es kaum glauben, dass sich bis jetzt alle eingetragen hatten, in der kommenden Woche jeden Tag zu helfen. Wussten sie nicht, was für eine furchtbare Arbeit das war? Ich spürte den Gruppenzwang, selbst wenn es in diesem Fall um etwas Gutes ging. Widerwillig trug ich mich also ein und gab die Liste weiter.

Am Montagnachmittag saß ich in meinem Zimmer und erholte mich von der Arbeit am Vormittag, als ich Bruder Hulet draußen hupen hörte. Ich zögerte einen Augenblick, ehe ich wieder meine muffige, feuchte Arbeitskleidung anzog.

Nicht lange danach erreichten wir die Wohlfahrtsfarm. Alle außer mir rannten gleich auf das Feld zu. Ich trottete mit hängendem Kopf hinterher und kickte Steine vor mir her, als mir plötzlich jemand die Hand auf die Schulter legte. „Danke, dass du mitgekommen bist“, sagte Bruder Hulet aufmunternd. „Ich weiß, du hast heute Vormittag schon hart gearbeitet.“ Wir gingen einige Augenblicke schweigend weiter. Dann lief er voraus, um die Gruppen einzuteilen.

Ich beobachtete ihn und dachte über das nach, was er zu mir gesagt hatte. Ja, ich hatte am Vormittag schon hart gearbeitet. Ich war müde und roch muffig und wollte am liebsten nach Hause gehen. Aber wie war das mit Bruder Hulet? Auch er hatte schon den ganzen Vormittag lang hart gearbeitet. Und ebenso auch alle anderen. Weshalb waren sie dann nur so gut gelaunt?

Ich erreichte die anderen, und wir machten uns an die Arbeit. Anfangs versuchte ich, mich selbst aufzumuntern, indem ich überlegte, welch großzügiges Opfer ich da gerade brachte. Aber bald hörte ich auf, mich mit mir selbst zu beschäftigen, und ich merkte, wie schnell wir mit dem Verlegen vorankamen, wenn jeder mit anpackte. Wir lachten und unterhielten uns, und plötzlich stellte ich fest, dass mir die Arbeit Spaß machte! In ein paar kurzen Stunden hatten wir unseren Auftrag erledigt.

Auf der Heimfahrt wurde mir bewusst, dass das, was ich als schier unerträgliches Opfer betrachtet hatte, eigentlich kaum der Rede wert war. Ja, da alle mithalfen, war es im Grunde genommen überhaupt kein Opfer gewesen.

Bruder Hulet hielt mit seinem Kombi vor meinem Haus an und sah mich an. „Vielen Dank für deine Hilfe. Du hast hart gearbeitet und uns dadurch die Arbeit erleichtert.“ Er lächelte und zwinkerte mir zu.

Ich grinste zurück. „Danke, aber es war deshalb leicht, weil alle mitgeholfen haben.“ Ich kletterte aus dem Auto und schloss die Tür.

Bruder Hulet legte den Gang ein und fuhr an. „Bis morgen dann?“, rief er durchs offene Fenster.

„Ja, bis morgen“, erwiderte ich.