2012
Wahre Freude
März 2012


Wahre Freude

Wem konnte ich vom Evangelium erzählen? Mir kam genau die Richtige in den Sinn.

Und wenn es so ist, dass ihr … auch nur eine einzige Seele zu mir führt, wie groß wird eure Freude mit ihr im Reich meines Vaters sein!“ (LuB 18:15.)

Als mein Bischof diesen Vers vorlas, machte mein Herz einen Sprung. Ich sah mich schon bei der Taufe einer Freundin, die ich mit dem Evangelium bekannt gemacht hatte. Meine Freundin würde überglücklich sein, und alle würden wissen, dass sich meine Freundin dank mir taufen ließ. Wie groß würde meine Freude sein!

Sofort musste ich an Angela denken. Sie war meine beste Freundin, und sie brauchte das Evangelium. Ich war sicher, dass sie Antworten auf ihre Fragen finden und es ihr guttun würde, vom Evangelium zu hören und zu wissen, dass sie eine Tochter Gottes war.

Am nächsten Tag fragte ich sie: „Ang, wir veranstalten bei uns in der Kirche am Samstag ein Grillfest. Hast du Lust mitzugehen?“

„Klar“, antwortete sie, „hört sich gut an.“

Sie kam mit, und in den folgenden Monaten lud ich sie zu jeder Veranstaltung in der Kirche ein, die mir in den Sinn kam. Anschließend fragte ich sie jedes Mal: „Also, Ang, was denkst du?“ Das führte dazu, dass wir über ewige Grundsätze sprachen. Ich war glücklich. Bald schon könnte ich die Segnungen genießen, die der Vater im Himmel verheißen hatte.

An einem Winterabend kurz vor Weihnachten machten Angela und ich einen Spaziergang rund um den Washington-D.C.-Tempel. Der Heilige Geist umfing uns, und ich wusste, dass sie etwas spürte.

„Was für ein Gefühl hast du?“, fragte ich.

„Ich möchte mich gern taufen lassen. … Warte“, warnte sie mich, als sie die Begeisterung in meinem Gesicht sah. „Ich kann mich jetzt nicht taufen lassen, und die Missionare dürfen mich auch nicht besuchen. Meine Eltern würden es niemals erlauben. Erzählst du mir stattdessen, was du alles weißt?“

Betroffen und etwas kleinlaut erwiderte ich: „Ja, ich will versuchen, dir alles zu erklären, was ich weiß.“

Später am Abend dachte ich über das Versprechen nach, das ich ihr gegeben hatte. Alles, was ich weiß? Aber wenn ich nun gar nicht genug weiß? Ist mein Zeugnis stark genug? Weiß ich wirklich, dass das Evangelium wahr ist?

Ich beschloss, gleich am nächsten Tag damit zu beginnen, so viel wie möglich über das Evangelium zu lernen und ein festes Zeugnis davon zu bekommen, dass es wahr ist.

Eifrig machte ich mich daran, jeden Abend in den heiligen Schriften zu lesen. Meine Gebete wurden inniger, als ich Gott bat, sowohl Angela als auch mich wissen zu lassen, dass das Evangelium wahr ist.

Nach und nach zeigten sich Erfolge. Manchmal brachte mich der Heilige Geist in unseren Gesprächen dazu, etwas zu sagen, woran ich bis zu diesem Moment noch gar nicht gedacht hatte. Mein Zeugnis wuchs, als ich Zeugnis gab. Die heiligen Schriften erwachten für mich zum Leben.

Meine Eltern waren immer bereit, mir zu helfen. Sie gaben wertvollen Rat, und ich lernte sie noch mehr lieben und schätzen.

Heute, fünf Jahre später, hat sich Angela immer noch nicht der Kirche angeschlossen. Gemessen an den Erwartungen, die ich damals in der 8. Klasse hatte, bin ich gescheitert. Ich war nicht bei einer Taufe dabei, bei der ich die „Freude“ empfunden habe, von allen gelobt zu werden, weil ich jemanden zum Evangelium geführt hatte. Aber meine Erwartungen haben sich geändert. Ich habe meine eigene Seele Gott nähergebracht. Selbst wenn sich Angela nie der Kirche anschließt, war das, was ich gelernt und weitergegeben habe, nicht umsonst. Sie hat mehr über das Evangelium erfahren, und ihr davon zu erzählen, hat mich bekehrt. Und ich habe mich darin verbessert, anderen das Evangelium nahezubringen.

Mit der Freude, die im Buch Lehre und Bündnisse verheißen wird, ist keine weltliche Anerkennung gemeint. Meine Freude ist groß, weil ich meinen Erlöser besser kennengelernt habe und ein festes Zeugnis von seinem Evangelium bekommen habe.

Illustration von Julie Rogers