2011
Qualifiziert durch den Dienst in der Kirche
September 2011


Dienst in der Kirche

Qualifiziert durch den Dienst in der Kirche

In Handbuch 2: Die Kirche führen und verwalten heißt es: „Die Mitglieder der Kirche sind für ihr geistiges und zeitliches Wohlergehen selbst verantwortlich. Da sie mit der Gabe der Entscheidungsfreiheit ausgestattet sind, können und müssen sie ihren Weg selbst festlegen, ihre Probleme selbst lösen und danach streben, eigenständig zu werden. Das tun sie mit der Führung des Herrn und mit ihrer eigenen Hände Arbeit.“ (Abschnitt 6.1.1.)

Ich war 57, gerade geschieden, hatte kaum Berufserfahrung und brauchte dringend eine Arbeit. Ich hatte vier Kinder großgezogen, aber jetzt, nach 32 Jahren Ehe, war ich allein. Ich war nur kurz auf dem College gewesen, und es machte mir Angst, in meinem Alter eine Anstellung finden zu müssen.

Während ich auf mein Bewerbungsgespräch als Fachkraft für Veranstaltungsplanung bei der Kreisbibliothek wartete, ließ mich der Gedanke nicht los, dass ich wohl verrückt sein müsse, zu glauben, ich sei für so einen Posten geeignet. Gerade hatte ich mich dazu durchgerungen, aufzustehen und zu gehen, als die Sekretärin plötzlich sagte, dass ich im Konferenzraum erwartet würde. Mir war ganz flau im Magen, doch ich richtete mich auf, sprach im Stillen ein Gebet und betrat den Konferenzraum.

Zwei eloquente Fachleute erklärten mir, dass Erfahrung auf bestimmten Gebieten für diese Stelle unerlässlich sei, und befragten mich dann zu meiner Erfahrung. Für diese Arbeit wurde jemand gesucht, der große Konferenzen arrangieren konnte und auch für die Ankündigung, die Einladungen, das Catering sowie das Aufräumen und die Reinigung zuständig war. Brachte ich die nötige Erfahrung mit? Zuerst dachte ich, ich müsse es verneinen, aber da kam mir plötzlich eine Pfahl-Schwesternkonferenz in den Sinn. Ich war Ratgeberin in der Pfahl-FHV-Leitung gewesen. Da hatte ich gelernt, wie man große Zusammenkünfte organisiert und für die Verpflegung großer Gruppen sorgt. Ich konnte ehrlich sagen, dass ich genau die Erfahrung hatte, die gefragt war.

Die Gesprächspartner fragten: „Kennen Sie sich mit dem Computer aus? Sie werden mit Kunden korrespondieren und einen Belegungsplan für den Konferenzraum anlegen und pflegen müssen.“ Mir kam nur in den Sinn, wie dankbar ich all denen war, die mir den Umgang mit dem Computer beigebracht hatten, damit ich das Gemeindeblatt mit dem Veranstaltungskalender und den Rundbrief des Pfahles schreiben konnte. Ja, ich konnte mit dem Computer umgehen.

„Wir erwarten auch von Ihnen, dass Sie Programme ausarbeiten und Kurse für ein breites Publikum abhalten. Können Sie Kinder und Erwachsene unterrichten?“, fragten sie. Ich dachte an die verschiedensten Kurse, die ich bei FHV-Versammlungen oder bei den PV-Scouts abgehalten hatte. Ich erklärte, dass ich mein ganzes Erwachsenenleben lang immer wieder sowohl Kinder als auch Erwachsene unterrichtet hatte. Ich wusste, dass ich kreativ und künstlerisch begabt war und ganz sicher interessante Programme für Kinder und Erwachsene auf die Beine stellen konnte.

Ich war richtig begeistert, als ich die Stelle bekam. Die Arbeit gefiel mir sehr, und ich versuchte, alles genau so zu machen wie bei einer Berufung in der Kirche: mein Bestes zu geben, die zweite Meile zu gehen und auch einmal mehr Zeit zu investieren, ohne zu jammern. Ich erstellte Material für Computerkurse in meiner Muttersprache Englisch und warb einen jungen Studenten an, sie auf Spanisch abzuhalten. Ich hielt Kunst- und Werkkurse ab und hatte zahlreiche Autoren und bekannte Referenten zu Gast. Ich dekorierte die Bibliothek für jeden Feiertag und stellte passend zum Thema Bücher aus.

Eines Tages erhielt ich bei der Arbeit einen Anruf – angeblich aus dem Büro des Gouverneurs. Der Anrufer wollte wissen, ob ich an einer Anstellung als Assistentin des Gouverneurs interessiert sei. Lachend fragte ich: „Wer ist am Apparat?“ Er erklärte, dass es sich nicht um einen Scherz handle, und lud mich für den nächsten Tag zu einem Vorstellungsgespräch ein. Ich ging mit dem unguten Gefühl dorthin, dass es vielleicht doch ein Scherz war. Es war aber keiner. Das Gespräch verlief gut und ich wurde sofort genommen.

Bei meiner neuen Anstellung kamen alle Fähigkeiten zur Anwendung, die ich mir über Jahre hinweg durch meine Ansprachen in der Kirche angeeignet hatte. Der Gouverneur konnte nicht an allen Veranstaltungen teilnehmen, zu denen er eingeladen wurde; daher wurde von seinen Angestellten erwartet, ihn in so einem Fall als Redner zu vertreten. All die Ansprachen und meine Erfahrungen in verschiedenen Führungsämtern in der Kirche hatten mich darauf vorbereitet, in der Öffentlichkeit neben Senatoren, Würdenträgern von nah und fern und Prominenten zu sprechen. Ich war noch sieben Jahre lang Assistentin des Gouverneurs, bis wir beide in den Ruhestand gingen.

Wie weit wäre ich ohne die vielfältigen Erfahrungen gekommen, die ich durch meine Berufungen sammeln konnte? Alles, was ich als Dienerin des Herrn in seiner Kirche gelernt habe, hat mir ein reich gesegnetes Leben beschert. Ich konnte durch meinen Dienst nicht nur anderen helfen, sondern entwickelte mich auch selbst mit Riesenschritten. Ich bin zutiefst dankbar für das Evangelium und habe ein festes Zeugnis davon, wie wertvoll unser Dienst in der Kirche ist.

Illustration von Brian Call; Christus beruft Petrus und Andreas, Gemälde von Harry Anderson © IRI