2010
Heilige der Letzten Tage in Kambodscha: Sie gehen einen neuen Weg
Juni 2010


Heilige der Letzten Tage in Kambodscha: Sie gehen einen neuen Weg

Trotz der schweren Prüfungen, welche die Heiligen der Letzten Tage in Kambodscha erlebt haben, wird ihnen bewusst, dass das Evangelium Jesu Christi ihnen Hoffnung für die Zukunft schenkt.

Mitten in der Regenzeit im Spätfrühling in Phnom Penh ändert der Tonle Sap – der monatelang in den Mekong geflossen ist – seinen natürlichen Lauf, und das Wasser strömt in die entgegengesetzte Richtung.

Durch diese Änderung der Fließrichtung füllt der Fluss den Tonle-Sap-See, der um das Fünffache anschwillt, wodurch die Fische und Vögel dringend benötigte Nährstoffe erhalten.

So wie der Fluss die Richtung ändert, hat sich das Leben von Mitgliedern in Kambodscha durch das Evangelium Jesu Christi sehr verändert. Ihr Herz fließt über, weil ihnen das Evangelium so viel Freude und Frieden gebracht hat. Diese große Freude gibt ihrer Seele geistige Nahrung.

Kambodscha hat finstere Zeiten erlebt, doch das Evangelium Jesu Christi hat vielen Kambodschanern geholfen, das Licht eines neuen Tages zu sehen, das die Finsternis der Vergangenheit durchdringt.

Ein neuer Weg

Kambodscha erlebte in den 70er Jahren politische Unruhen; viele Menschen wurden aus ihren Häusern vertrieben und verloren Angehörige.

Loy Bunseak, Präsident des Zweiges Siem Reap in der Kambodscha-Mission Phnom Penh, war neun Jahre alt, als er 1975 mit seiner Familie vertrieben wurde. Sie mussten – wie Millionen andere – auf dem weiten Land harte Feldarbeit verrichten.

In dieser Zeit verlor Präsident Loy seine Eltern und fünf seiner acht Geschwister.

Trotz dieser Schicksalsschläge hielt Präsident Loy an einem fest, was ihm half, den Schmerz zu ertragen.

„Ich hatte immer Hoffnung“, sagt er.

Die feste Hoffnung, die Präsident Loy half, seine schwere Kindheit zu überstehen, ist dieselbe Hoffnung, die ihn später die Wahrheit des Evangeliums Jesu Christi erkennen ließ.

Da Kambodscha vorwiegend ein buddhistisches Land ist, hatte Präsident Loy als Kind nie etwas von Jesus Christus gehört. Er erfuhr zum ersten Mal vom Erlöser, als Missionare der Kirche zu ihm nach Hause kamen und ihm und seiner Familie sagten, sie hätten eine wichtige Botschaft zu verkünden.

„Ich hatte nie etwas von Jesus Christus gehört, bis ich die Missionare kennenlernte“, erzählt er. „Ich wollte mehr über ihn erfahren.“

Nach intensivem Studium und vielen Gesprächen ließen sich Präsident Loy und seine Familie im Jahr 2001 taufen.

„Die Missionare halfen mir, aus dem Buch Mormon zu lernen, aber mein Zeugnis, dass dieses Buch wahr ist, empfing ich von Gott“, sagt Präsident Loy. „Ich konnte sehen, wie meine Familie glücklicher wurde, als sie nach den Lehren des Buches Mormon lebte.“

Präsident Loys Erfahrung ist nicht ungewöhnlich. Khan Sarin, Präsident des Zweiges Sen Sok im Distrikt Phnom Penh Nord, wurde als Jugendlicher von seiner Familie getrennt und gezwungen, auf den Feldern zu arbeiten.

„Ich war damals völlig verzweifelt“, erzählt Präsident Khan. „Ich wusste nicht, ob ich überleben würde.“

Wenn Präsident Khan heute auf sein Leben zurückblickt, erkennt er, dass der Herr ihn mehrmals vor Schaden bewahrt hat. Als junger Mann ging er zum Militär; einmal wurde aus einer Entfernung von sechs Metern auf ihn geschossen, aber er wurde nicht getroffen. Mehrmals trat er auf Landminen, die aber nicht hochgingen. Einmal explodierte eine Landmine, auf die er trat, aber er wurde nicht ernstlich verletzt.

Da die Soldaten großer Gefahr ausgesetzt waren, taten sie, was sie konnten, um sich zu schützen. Einige Männer im Militär ließen sich tätowieren, weil sie glaubten, das würde sie beschützen.

„Ehe ich mich der Kirche anschloss, hatte ich keine Ahnung“, erklärt Präsident Khan. „Heute weiß ich, dass es nicht die Tätowierung war, die mich gerettet hat, sondern Jesus Christus.“

Nachdem Präsident Khans Frau, Suon Sokmo, die Missionare kennengelernt und sich taufen lassen hatte, war er beeindruckt von den Veränderungen, die er an ihr beobachtete. Er nahm ihren Vorschlag an, gemeinsam mit ihr die heiligen Schriften zu lesen, und kurze Zeit später beschloss er, sich taufen zu lassen.

„Das Zeugnis, das ich durch das Schriftstudium bekommen habe, ist das Wichtigste, was ich in meinem Leben erhalten habe“, erzählt er.

Pich Sareth, der zum Zweig Phnom Penh 12 im Distrikt Phnom Penh Nord gehört, hat ebenfalls in sehr jungen Jahren Schlimmes erlebt. Er war erst fünf Jahre alt, als er von seiner Familie getrennt wurde und gezwungen wurde, auf den Feldern zu arbeiten. Manchmal fand er Krabben oder Frösche, die er aß, um seinen Hunger zu stillen.

Bruder Pichs Frau, Seng Tha, und ihre Familie wurden ebenfalls aus ihrem Haus vertrieben. Da sie damals erst vier Jahre alt und sehr klein war, musste sie nicht arbeiten wie die anderen Kinder. Sie war die meiste Zeit des Tages von ihrer Familie getrennt und wurde von älteren Frauen beaufsichtigt, die nicht arbeiten konnten.

Als Bruder Pich und seine Frau 1995 die Missionare kennenlernten, erfuhren sie, dass sie einen Vater im Himmel hatten, der sie liebte. „Ich stellte fest, dass das Beten mir half, Probleme zu überwinden“, erzählt Bruder Pich. „Ich wusste, dass der Vater im Himmel sich um mich sorgte.“

Als Bruder Pich beschloss, sich taufen zu lassen, empfing seine Frau ebenfalls ein Zeugnis vom Evangelium und ließ sich taufen.

Große Freude

Seit ihrer Taufe kennen Bruder Pich und seine Familie die Freude, die man erlebt, wenn man ein Zeugnis von Jesus Christus hat. Familie Pich nimmt sich jeden Tag Zeit, in den heiligen Schriften zu lesen. Dadurch ist ihnen die Freude des Evangeliums tief in die Seele gedrungen.

„Wir spüren, dass wir jetzt auf dem richtigen Weg sind, und wir wollen auf diesem schmalen Pfad bleiben und weiter Fortschritt machen“, sagt Schwester Seng. „Ich bin jeden Tag dankbar, dass unsere Kinder diesen Weg mit uns gehen.“

Die Freude, die Präsident Loy empfindet, hat sowohl auf seine Vorfahren Auswirkungen als auch auf seine Nachkommen. Präsident Loy und seine Familie besuchten 2004 den Hongkong-Tempel. Dort wurden Präsident Loys Frau und seine Kinder an ihn gesiegelt, und er konnte die heiligen Handlungen des Tempels für seinen Vater, seine Mutter und die Geschwister, die er verloren hatte, erledigen.

„Ich kann die Freude, die ich im Tempel empfunden habe, gar nicht beschreiben“, meint Präsident Loy. „Ich wusste, dass meine Familie dadurch stark gemacht wurde. Ich weiß, dass der Tempel notwendig ist, damit die Familie für immer zusammen sein kann.“

Auch Präsident Khan und seine Familie hatten die Gelegenheit, im Hongkong-Tempel als ewige Familie aneinander gesiegelt zu werden. „Was ich im Tempel verspürt habe, hatte ich noch nie zuvor verspürt. Man kann es gar nicht in Worte fassen“, sagt Präsident Khan.

Lebenswichtige Nahrung

Da sich das Evangelium weiter ausbreitet, finden die Mitglieder in Kambodscha geistig die Nahrung, die sie zum Überleben brauchen. Auch wenn die Kirche in Kambodscha bereits wächst, hoffen die Mitglieder, dass dies erst ein Vorgeschmack auf ein gewaltiges Aufblühen des Evangeliums in ihrem Heimatland ist.

So wie Fische und andere Tiere benötigte Nährstoffe erhalten, wenn der Tonle-Sap-See anschwillt, erhalten immer mehr Kambodschaner geistig die Nahrung, die sie brauchen, weil die Mitglieder der Kirche den innigen Wunsch haben, das Evangelium weiter zu verbreiten.

„Wenn man einen Topf zudeckt, kocht er über“, erklärt Präsident Khan. „So ähnlich geht es mir. Ich muss mein Herz öffnen und jedem sagen, was ich fühle.“

Präsident Loy hofft, dass seine Töchter fortsetzen, was er in seiner Familie begonnen hat – dass sie dem Evangelium treu bleiben und es an ihre Kinder weitergeben.

„Nachdem ich von Jesus Christus erfahren hatte, wurde alles in meinem Leben und mit meiner Familie besser“, erklärt er. „Das Priestertum in der Familie zu haben, das eint uns. Wenn wir ein Problem haben, besprechen wir es gemeinsam.“

Seit die kambodschanische Regierung die Kirche 1994 offiziell anerkannt hat, haben tausende Kambodschaner das Evangelium angenommen. Familie Pich sieht dem Tag erwartungsvoll entgegen, da sich das Evangelium in allen Landesteilen ausbreitet. Bruder Pich meint: „Ich hoffe, es wird eines Tages in Kambodscha einen Tempel geben.“

Schwester Seng pflichtet ihm bei: „Der Vater im Himmel lebt, und sein Sohn Jesus Christus lebt. Für die Zukunft erhoffe ich mir, dass die Kirche weiterhin wächst, sodass ein Tempel gebaut werden kann.“

Präsident Khan ist sich deutlich bewusst, wie sich sein Leben verändert hat, seit er vom Erlöser erfahren hat. Er glaubt, dass nur das Evangelium Jesu Christi die Kambodschaner von den schlimmen Erfahrungen der Vergangenheit heilen kann.

„Nachdem ich mich der Kirche angeschlossen hatte, verschwand ein großer Teil des Schmerzes, den ich aufgrund der Ereignisse in der Vergangenheit in mir trug. Ich habe ein Licht empfangen, das ich zuvor nicht gekannt habe“, erklärt er. „Es ist ein ganz neues Gefühl.“

Fotos von Chad E. Phares, wenn nicht anders angegeben

Gegenüberliegende Seite: Loy Bunseak, Zweigpräsident und Reiseführer in Siem Reap, zeigt Besuchern die antiken Tempel der Stadt. In seinem Reisebus hat er ein Foto des Hongkong-Tempels angebracht und dadurch die Gelegenheit, auch von den Tempeln der Heiligen der Letzten Tage zu erzählen. Links: Khan Sarin, der in seiner Jugend manchmal völlig verzweifelt war, ist heute Präsident des Zweiges Sen Sok. Er schloss sich der Kirche an, nachdem seine Frau, Suon Sokmo, ihm vorgeschlagen hatte, mit ihr gemeinsam die heiligen Schriften zu lesen. Ganz oben: Phnom Penh.

Unten: Ein kürzlich fertiggestelltes Gemeindehaus in Kambodschas Hauptstadt Phnom Penh, wo die Zahl der Mitglieder der Kirche wächst. Unten: Als Kinder wurden Pich Sareth und seine Frau, Seng Tha, für längere Zeit von ihrer Familie getrennt. Sie sind dankbar, dass sie Zeit mit ihren Kindern verbringen können und dass ihre Kinder in der Kirche aufwachsen.

Hintergrund © Getty Images; Foto des Hongkong-Tempels in China von Craig Dimond

In Kambodscha, einem Land mit vielen alten Bauwerken und Tempeln, hat das Evangelium den Mitgliedern der Kirche ein neues Leben geschenkt.

Hintergrund © Getty Images