2006
Unvergessliche Familienabende
September 2006


Unvergessliche Familienabende

Mitglieder der Kirche aus aller Welt geben Zeugnis, dass die Erinnerung an einen besonderen Familienabend uns erbauen, leiten und sogar für immer im Herzen bleiben kann.

Julio Cesar Merlos aus dem Pfahl Arlington in Texas schreibt: „Ich weiß noch, wie meine Geschwister und ich aufwuchsen. Wir waren neue Mitglieder der Kirche und unsere Familie hatte nicht viel Geld. Aber wir glaubten an das Evangelium. Mein Vater las viel in den heiligen Schriften und gab uns so ein Beispiel. Für ihn war der Familienabend eine Gelegenheit, an uns weiterzugeben, was er selbst gelernt hatte.

Eine der Familienabendlektionen, die mein Vater gab, hat mich wirklich beeindruckt. Er sprach über Entscheidungsfreiheit. Ich kann mich noch genau an seine Worte erinnern: ‚Ich möchte euch einen Rat geben, den ihr euer Leben lang nicht vergessen sollt. Wenn ihr versucht werdet, das Wort der Weisheit oder das Gesetz der Keuschheit oder ein anderes Gebot Gottes zu brechen, haltet euch vor Augen, an wem ihr euch versündigt. Ist es Gott, ist es die Kirche, sind es eure Eltern, ist es eure Familie oder seid ihr es selbst? Ich möchte, dass euch klar ist, dass ihr euch am meisten gegen euch selbst versündigt.‘

Als ich älter wurde, erlebte ich Prüfungen, die so schwer waren wie die, vor denen mich meine Eltern gewarnt hatten. Ich versuchte an das zu denken, was mein Vater uns an jenem Abend gesagt hatte. Fünfundzwanzig Jahre nachdem mein Vater uns diesen Rat gegeben hat, ist dieser mir immer noch ein großer Schutz und gibt mir Kraft. Heute gebe ich denselben Ratschlag an meine Kinder weiter.“

Ein Familienabend, der ein Leben veränderte

Edevanir Leopoldino aus dem Pfahl São Miguel Paulista im brasilianischen São Paulo denkt noch oft an einen Familienabend, der seinem Leben einen anderen Lauf gab. Er war damals 16 und gehörte nicht der Kirche an. Er ging bei seinem Freund Leandro zu Hause vorbei, um zu fragen, ob er mit zu einer Tanzveranstaltung im Ort kommen wolle. Sein Freund lud ihn stattdessen ein, zum Familienabend zu bleiben. Edevanir hatte keine Ahnung, was ihn dort erwartete, nahm die Einladung aber zögerlich an.

„Es war herrlich!“, schreibt Edevanir über den Abend. Leandros Bruder ging auf Mission, und der Familienabend war eine Abschiedsfeier. Edevanir sagt rückblickend: „Der Geist des Herrn berührte mich so, dass ich in meinem Inneren eine Wärme spürte, die so intensiv war, dass ich nicht wusste, was ich tun sollte. Ich war von so großer Freude erfüllt, dass ich mich nicht mehr allein fühlen konnte.

Nach diesem Familienabend hörte ich mir die Missionarslektionen an und ließ mich schon bald taufen. Im Jahr darauf wurde ich in die Brasilien-Mission Porto Alegre [aus der später die Brasilien-Mission Santa Maria wurde] berufen. Nur acht Jahre nach diesem besonderen Familienabend bei Leandro halte ich nun mit meiner eigenen Familie den Familienabend ab.“

Mitten in einer Menschenmenge – ein Moment des Friedens

Ein Familienabend muss nicht zu Hause stattfinden, damit man sich gern an ihn erinnert. Lyubow Salimowa aus dem Distrikt Donezk in der Ukraine berichtet von einem besonderen Familienabend, an dem sie während eines Urlaubs an der See teilhatte. Ihre Schwester, die in der Nähe wohnte, hatte sie für 20.00 Uhr zum Familienabend eingeladen. „Zu meiner Überraschung traf mich meine Schwester aber lange vor der verabredeten Zeit am Strand. ‚Es klappt nicht bei mir zu Hause‘, erklärte sie. Sie zwang sich ein gequältes Lächeln ab. Ich hatte den Eindruck, dass sie nur mit Mühe die Tränen zurückhalten konnte. Sie hatte Probleme zu Hause. Sie schlug vor, den Familienabend gleich dort am Strand abzuhalten. Ich war verblüfft – das war doch völlig absurd. Überall um uns herum gingen die Leute spazieren, saßen im Sand, sonnten sich oder lachten. Dennoch ließ ich mich darauf ein.

Wir platzierten unsere Handtücher gegenüber voneinander und setzten uns darauf. Wir neigten den Kopf und beteten. Meine Schwester hatte die Juli-Ausgabe 2002 des Liahonas dabei, in der die Ansprachen der Generalkonferenz abgedruckt waren. Sie begann eine Ansprache von Präsident Gordon B. Hinckley vorzulesen. Es schien, als ob jedes seiner Worte uns deutlich machte, wie wir uns im Umgang mit unserer Familie verhalten sollen. Während wir die Worte des lebenden Propheten lasen, bemerkte ich, dass meine Schwester sich beruhigt hatte und dass der Heilige Geist, der reichlich über uns ausgegossen wurde, ihr Halt gab. Wir spürten, dass wir geliebte Töchter Gottes sind, die sich weiter nach vorn wagen können, um für das Gute zu kämpfen. Wir hatten inneren Frieden.“

Ich wollte genauso glücklich sein

Carla Santivañez Castro aus dem Pfahl Surco in Lima, Peru, schreibt: „An einen Familienabend erinnere ich mich besonders gut. Wir waren vier Kinder, und wir hörten aufmerksam zu, als Papa uns die Lektion gab. Wir spielten einige tolle Spiele. Wir hatten nicht nur eine Menge Spaß, sondern lernten auch etwas über Jesus. Am meisten ist mir von diesem Abend im Gedächtnis geblieben, wie glücklich meine Eltern waren, als sie diese Zeit mit uns, ihren Kindern, verbrachten. Ich habe noch oft an die Freude zurückgedacht, die wir an diesem Abend hatten.

Jetzt können mein lieber Mann und ich unseren eigenen Familienabend abhalten und die gleiche Freude erleben, die ich meinen Eltern angesehen habe. Ich hoffe, dass eines Tages unsere Kinder bei unserem Familienabend die gleiche Liebe, Herzlichkeit, Geborgenheit und Sicherheit spüren, wie ich vor langer Zeit an diesem Abend.“

Ein Familienabend allein

Bérengère Caviale aus dem Pfahl Nancy in Frankreich schreibt: „Vor ein paar Wochen wurde ich in einem Interview mit einem Mitglied der Pfahlpräsidentschaft aufgefordert, regelmäßig den Familienabend abzuhalten. Da ich alleinstehend bin, hielt ich es nicht für nötig, das zu tun, aber ich sicherte zu, es als ein Experiment zu wagen. Ich war zwar etwas skeptisch, doch in der Woche darauf ließ ich es auf einen Versuch ankommen. Ich begann mit einem Gebet und sang ein paar Kirchenlieder. Von diesem Moment an konnte ich den Geist sehr stark spüren. Dann las ich in der Bibel etwas über das Leben Christi. Ich las die Schriftstellen, schrieb einige Gedanken dazu nieder und beschloss, seinem Beispiel zu folgen. Zum Abschluss sang ich noch einige Lieder, was meinen Geist sehr erbaute. Während dieser 45 Minuten, die mein Familienabend dauerte, kam ich dem Himmel ein Stück näher.“

Wie inspiriert man einen Sechsjährigen?

Eine Herausforderung, vor der manche Familien stehen, ist, wie sie kleine Kinder beim Familienabend erreichen und inspirieren können. Christine Carter aus dem Pfahl Syracuse in New York schreibt: „Ich bin vor kurzem in den Tempel gegangen und habe das Endowment empfangen. Ich wollte beim Familienabend darüber sprechen, wie wichtig der Tempel ist. Ich hatte mich gut vorbereitet, aber mein sechsjähriger Sohn Tyler war unaufmerksam und schweifte immer wieder vom Thema ab. Ich ließ den Mut sinken und wollte die Lektion schon abbrechen.

Doch dann gab mir der Geist ein, meinem Sohn in die Augen zu schauen und zu fragen: ‚Weißt du eigentlich, dass in den Tempel zu gehen das Wichtigste ist, was du tun musst?‘ Diese Worte hatten eine erstaunliche Wirkung. Er wurde ernst und wollte mehr über den Tempel wissen. Wir bestaunten Tempelbilder und machten uns Gedanken, wie wohl die Wohnung aussehen wird, die Jesus Christus uns bei unserer Rückkehr zu ihm bereiten wird. Wir setzten ein Tempelpuzzle zusammen und fingen noch einmal von vorn an, weil es uns so großen Spaß machte. Wir sangen das Lied ‚Ich freu mich auf den Tempel‘. Später dekorierte Tyler unseren Flur mit Bildern von verschiedenen Tempeln. Er beschloss auch, für den Lichtschalter im Flur eine Schalterhülle anzufertigen, die mit seiner Zeichnung vom Salt-Lake-Tempel verziert war. Jetzt können wir immer, wenn wir das Licht anschalten, daran denken, dass der Tempel uns den Weg zurück zum Herrn erleuchtet.

Ich bin sehr dankbar, dass der Geist mich während dieser Lektion leitete und dass ich nicht aufgab, meinem Sohn zu vermitteln, wie wichtig der Tempel ist.“

Nehmen sie sich zeit für den Familienabend!

„Scharen Sie Ihre Kinder um sich. Unterweisen Sie sie, führen Sie sie, wachen Sie über sie. Noch nie haben wir so dringend gefestigte Familien und Zusammenhalt zu Hause gebraucht.“

Präsident Harold B. Lee (1899–1973), „Follow the Leadership of the Church“, Ensign, Juli 1973, Seite 95.