2006
Das Wesen der Gottheit
Januar 2006


Das Evangelium in seiner Fülle

Das Wesen der Gottheit

Dies ist der erste Artikel einer Serie über grundlegende Glaubensansichten des wiederhergestellten Evangeliums – Glaubensansichten, die allein in der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage gelehrt werden.

Die Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage teilt mit anderen christlichen Kirchen viele Glaubensvorstellungen“, sagt Elder Dallin H. Oaks vom Kollegium der Zwölf Apostel. „Aber es gibt auch Unterschiede, und diese Unterschiede sind die Erklärung dafür, warum wir anderen Christen Missionare schicken, warum wir außer Kirchen auch Tempel bauen und warum unsere Glaubensvorstellungen uns so glücklich machen und uns die Kraft verleihen, uns den Herausforderungen des Lebens und des Sterbens zu stellen.“1

Drei getrennte Wesen

„Gemeinsam mit den übrigen Christen“, so fährt Elder Oaks fort, „glauben wir an die Gottheit – Vater, Sohn und Heiliger Geist. Allerdings bezeugen wir, dass diese drei Personen der Gottheit drei völlig eigenständige Personen sind. Wir bezeugen außerdem, dass Gottvater nicht bloß ein Geist ist, sondern ein verherrlichtes Wesen mit einem greifbaren Körper, genauso wie sein auferstandener Sohn, Jesus Christus. … Im Gegensatz dazu lehnen viele Christen die Vorstellung von einem greifbaren, persönlichen Gott und einer Gottheit aus drei eigenständigen Wesen ab. Sie glauben daran, dass Gott ein Geist sei und dass die Gottheit nur ein einziger Gott sei. Unserer Ansicht nach sind diese Vorstellungen ein Beweis dafür, dass es einen allgemeinen Abfall vom Glauben gegeben hat.“2

Bald nach dem Tod der Apostel, die der Erretter zur Zeit des Neuen Testaments berufen hatte, wurden die kostbaren und einfachen Wahrheiten des Evangeliums durch griechische Philosophien abgeändert. Einander widersprechende Lehren in Bezug auf das Wesen der Gottheit führten schließlich dazu, dass Kaiser Konstantin im Jahr 325 n. Chr. in Nizäa ein kirchenweites Konzil einberief. Das nizäische Glaubensbekenntnis machte Schluss mit der Vorstellung, dass die Gottheit aus eigenständigen Wesen besteht, und Jesus Christus wurde als „in der Substanz eins mit dem Vater“ bezeichnet.

„Es folgten weitere Konzilien“, so Elder Oaks, „und im Laufe der Zeit ergab sich durch ihre Beschlüsse und die Schriften der Kirchenleute und Philosophen eine Synthese von griechischer Philosophie und christlicher Lehre … Die Folge ist, dass es im Christentum verschiedene Glaubensbekenntnisse gibt, die verkünden, die Gottheit bestehe aus nur einem einzigen Wesen.“3

Gottes Wahrheit wiederhergestellt

Die wahre Lehre in Bezug auf das Wesen der Gottheit wurde im Frühling 1820 wiederhergestellt, als Joseph Smith in den heiligen Hain ging. Als er betete, erschien eine Säule aus Licht, die er als „heller als das Licht der Sonne“ beschrieb. „Als das Licht auf mir ruhte“, schreibt er, „sah ich zwei Personen von unbeschreiblicher Helle und Herrlichkeit über mir in der Luft stehen. Eine von ihnen redete mich an, nannte mich beim Namen und sagte, dabei auf die andere deutend: Dies ist mein geliebter Sohn. Ihn höre!“ (Joseph Smith – Lebensgeschichte 1:16,17.) Durch diese Vision wurde Joseph Smith unter anderem klar, dass Gottvater und sein Sohn, Jesus Christus, zwei voneinander getrennte, verherrlichte Wesen sind und dass wir – wie es in der Bibel steht – als „Abbild Gottes“ erschaffen sind (Genesis 1:27).

Präsident Gordon B. Hinckley hat gesagt: „Was Joseph Smith damals an jenem Frühlingstag des Jahres 1820 schaute, brachte der Menschheit mehr Licht, Erkenntnis und Verständnis in Bezug auf Gottvater und seinen geliebten Sohn – ihr Wesen, ihre Gestalt und ihre tatsächliche Existenz – als alles, was die Menschen nach jahrhundertelanger Betrachtung selbst hatten herausfinden können.“4

1843 fasste Joseph Smith zusammen, was er damals durch direkte Offenbarung über Gott gelernt hatte: „Der Vater hat einen Körper aus Fleisch und Gebein, so fühlbar wie der eines Menschen, ebenso der Sohn; aber der Heilige Geist hat keinen Körper aus Fleisch und Gebein, sondern ist eine Person aus Geist. Wäre es nicht so, könnte der Heilige Geist nicht in uns wohnen.“ (LuB 130:22.)

Das Wesen des Menschen

Wir wissen nicht nur, dass Gott einen verherrlichten Körper aus Fleisch und Gebein hat; diese wiederhergestellte Erkenntnis vom Wesen Gottes ist Grundlage der Glaubenvorstellung der Heiligen der Letzten Tage in Bezug auf unser eigenes Wesen und unser eigenes Potenzial. Der Prophet Joseph Smith hat einmal gesagt: „Der erste Grundsatz des Evangeliums besteht darin, das Wesen Gottes mit Bestimmtheit zu kennen … und zu wissen, dass er einmal ein Mensch wie wir gewesen ist. … Wenn man eine Leiter erklimmt, muss man unten beginnen und Sprosse um Sprosse emporsteigen, bis man oben ankommt. So ist es auch mit den Grundsätzen des Evangeliums – man beginnt mit dem ersten und macht weiter, bis man schließlich alle Grundsätze der Erhöhung beherrscht. Aber es wird noch eine ganze Weile dauern, nachdem wir durch den Schleier gegangen sind, bis wir sie alle erlernt haben.“5

Präsident Joseph F. Smith (1838–1918) hat gesagt: „Gott, der ewige Vater, … ist der buchstäbliche Vater unseres Herrn und Erretters Jesus Christus und der Geister des Menschengeschlechts. … Wir sind Gottes Kinder.“6

Der Glaube, dass wir als Abbild des ewigen Vaters erschaffen worden sind, „bedeutet nicht, dass wir behaupten, wir besäßen genügend geistige Reife, um Gott zu erfassen“, sagt Elder Oaks. „Wir setzen auch nicht unseren unvollkommenen, sterblichen Körper seiner unsterblichen, verherrlichten Wesenheit gleich. Aber wir können erfassen, was er an Grundsätzlichem über sich selbst und die übrigen Personen der Gottheit offenbart hat. Und diese Erkenntnis ist wesentlich für unseren Einblick in den Sinn und Zweck des Erdenlebens und in unsere ewige Bestimmung als auferstandene Wesen nach dem Erdenleben.

Laut der Theologie der wiederhergestellten Kirche Jesu Christi besteht der Sinn und Zweck des Erdenlebens darin, uns darauf vorzubereiten, dass wir unsere Bestimmung als Söhne und Töchter Gottes erkennen – wir sollen nämlich so werden, wie er ist.“7

Anmerkungen

  1. „Der Abfall vom Glauben und die Wiederherstellung“, Der Stern, Juli 1995, Seite 76

  2. Der Stern, Juli 1995, Seite 76

  3. Der Stern, Juli 1995, Seite 77

  4. Frühjahrs-Generalkonferenz 1960

  5. History of the Church, 6:305ff., vgl. Grundbegriffe des Evangeliums, Seite 257

  6. Lehren der Präsidenten der Kirche: Joseph F. Smith, 1998, Seite 354f.

  7. Der Stern, Juli 1995, Seite 78