2006
Wir konnten nirgends landen
Januar 2006


Wir konnten nirgends landen

Im Januar 1951 lebten wir in Fairbanks in Alaska – nur 160 Kilometer südlich des Polarkreises. Ich war Pilot der Luftwaffe der Vereinigten Staaten und war nach Nome in Alaska geschickt worden, wo ich zwei Wochen lang Transporte zu verschiedenen Orten durchführen musste.

Weil das Tageslicht im Winter in Alaska sehr knapp bemessen ist, mussten wir die Unternehmungen, für die Tageslicht erforderlich war, in der kurzen Zeitspanne erledigen, in der die Sonne am Himmel stand. Im Januar gab es mittags nicht einmal eine volle Stunde Tageslicht. Ich sollte Vorräte zu einem entlegenen Truppenstützpunkt nahe der kleinen Eskimo-Siedlung Gambell auf der Insel St. Lawrence transportieren, die unweit der sibirischen Tschuktschen-Halbinsel etwa 300 Kilometer von Nome entfernt auf der anderen Seite des Beringmeeres liegt.

Damals gab es auf der Insel St. Lawrence keinen Flugplatz, deswegen benutzten wir einen zugefrorenen See nahe der Küste als Landeplatz. Da der See mit einer fast 50 Zentimeter dicken Eisdecke überzogen war, konnte man dort auch mit einer beladenen C47-Maschine sicher landen. Weil es dort aber keine Beleuchtung gab, mussten wir unseren Flug so einrichten, dass wir bei Sonnenaufgang (also um etwa 11.30 Uhr) dort ankamen und vor Sonnenuntergang (also vor 12.30 Uhr) wieder abflogen.

Dem Wetterbericht zufolge konnten wir den ganzen Tag mit gutem Wetter rechnen, daher beschloss ich, das Flugzeug nicht voll zu tanken, sondern stattdessen noch 450 kg mehr an Vorräten für die Truppen in Gambell mitzunehmen. Wir hatten genug Treibstoff für den Flug nach Gambell und zurück nach Nome sowie für eine zusätzliche halbe Stunde Flugzeit.

Um 10.00 Uhr flogen wir los. Durch die Wolkenfetzen waren ein paar Sterne zu sehen. Wir kamen laut Plan rechtzeitig in Gambell an, als nämlich die Sonne über dem Horizont aufging, und begannen sofort mit dem Entladen der Fracht – sehr zur Freude der dort stationierten Truppen.

Als wir wieder zum Abflug bereit waren, wurde es bereits dunkel. Wir waren kaum in der Luft, als uns die Wetterstation in Gambell wissen ließ, dass wir dringend die Wetterbedingungen in Nome in Erfahrung bringen sollten. Also funkten wir während des Flugs Nome an und erfuhren, dass sich dort ein arktischer Schneesturm zusammenbraute. Laut Wettervorhersage sollte innerhalb einer Stunde die Sicht am Boden weniger als 1,5 Kilometer betragen. Auf dem Flugplatz in Nome war ein Landeanflug mittels Radar nicht möglich. Unter diesen Wetterbedingungen wurde der Flugplatz daher für ankommende Flugzeuge gesperrt. Da wir nur Treibstoff für weitere 30 Minuten Flugzeit hatten, konnten wir aber keinen anderen Flugplatz erreichen. Und bei den heftigen Sturmböen würde es sowieso im nördlichen Alaska keinen einzigen Flugplatz geben, wo man landen könnte.

Wir befanden uns also in einer sehr misslichen Lage. Da die Außentemperatur -40°C betrug – bei Windböen mit einer Geschwindigkeit von 55 km/h – hätte der Versuch, mit dem Fallschirm abzuspringen, den sofortigen Tod bedeutet.

Ich hatte als Kind beten gelernt und betete auch getreulich jeden Tag, aber nie zuvor war mir die Hilfe des Herrn so wichtig gewesen wie an jenem Tag. Ich bat den himmlischen Vater, mir zu sagen, was ich tun solle. Meine Frau und unsere drei Kinder warteten in Fairbanks auf mich, und auch der Kopilot und die Besatzung hatten Familie. Wir wussten, dass wir unsere Lieben ohne die Hilfe des himmlischen Vaters nicht wiedersehen würden. Nachdem ich gebetet hatte und wir schon fast eine Stunde unterwegs waren, hatte ich das Gefühl, ich müsse unbedingt in der Nähe von Nome landen, damit man uns im Falle einer Bruchlandung finden könne.

Von Nome aus war per Funk das Hauptquartier der Luftwaffe in Alaska von unserer bedenklichen Lage in Kenntnis gesetzt worden, und die Leute dort wollten wissen, was ich zu tun gedenke. Als ich Nome benachrichtigte, dass ich dort zu landen beabsichtige, funkte man umgehend zurück, dass das bei diesem Wetter unmöglich sei, doch man konnte mir keinen Rat geben, was ich stattdessen tun solle.

Wir näherten uns Nome, und ich gab per Funk durch, dass ich so oft im Tiefflug einen Landeversuch unternehmen werde, wie wir Treibstoff hatten, denn vielleicht klarte der Himmel ja zwischendurch kurz auf. Wir unternahmen drei Landeversuche, doch die Landebahn war im Schneetreiben nicht zu erkennen. Beim vierten Versuch sah ich für den Bruchteil einer Sekunde ein rotes Licht. Und als wir die geringstmögliche Höhe erreicht hatten, konnte ich für den Bruchteil einer Sekunde ein weißes Licht erkennen – gerade so lang, dass ich dessen Position eben noch ausmachen konnte. Ich war mir ziemlich sicher, dass wir über dem Flugplatz waren, doch unsere genaue Position konnte ich nicht ausmachen.

Nun galt es – jetzt oder nie! Ich erwartete eine Bruchlandung, vielleicht sogar eine Explosion. Doch stattdessen landete das Flugzeug mitten auf der Landebahn und kam problemlos zum Stillstand.

Solch eine Landung war mehr als unwahrscheinlich. Ohne die Hilfe des Herrn hätte ich das Flugzeug nie und nimmer so sicher landen können. Wie hat er mir geholfen? Erstens sagte er mir, wo ich landen solle, obwohl sich das Bodenpersonal strikt dagegen ausgesprochen hatte. Und zweitens hatte er mich auf eine mir unerklärliche Weise genau zur Landebahn geführt.

Ich habe ein Zeug- nis von der Macht des Gebets. Für den Herrn ist nichts unmöglich. Ich weiß: Er hilft uns, wenn wir ihn ernstlich suchen und bemüht sind, seine Lehren zu befolgen.

Kenneth B. Smith gehört zur Gemeinde Morningside 5 im Pfahl Morningside in St. George in Utah.