2003
Unser Bund mit ihm
November 2003


Unser Bund mit ihm

Unsere Schwesternschaft umspannt alle Altersgruppen und Lebensumstände. Was uns verbindet, sind die Bündnisse, die wir geschlossen haben.

Meine lieben Schwestern, das Jahr ist schnell vergangen und es ist herrlich, wieder mit den FHV-Schwestern der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage zusammenzukommen. In welchen Lebensumständen wir uns auch befinden – wir Frauen sind gesegnet. Wir haben dem Vater im Himmel gelobt, sein Werk zu tun – und wir tun es wirklich! So wie Maria und Marta haben wir uns zu Füßen des Meisters gesetzt und haben „das Bessere“1 gewählt. Wir haben uns für Christus und die FHV entschieden.

Dennoch frage ich mich, ob wir völlig verstehen, worum es in der FHV geht. Als Joseph Smith die ersten von Eliza R. Snow aufgesetzten Statuten las, meinte er, das sei das Beste, was er je gesehen habe, aber ihm schwebe noch „etwas Besseres“ vor. Er wollte „die Frauen unter dem Priestertum nach dem Muster des Priestertums organisieren.“2 Der Prophet Joseph Smith „setzte seine Schlüsselvollmacht ein“3, gründete die Frauenhilfsvereinigung von Nauvoo und erklärte, dass die Kirche bis zu diesem Zeitpunkt4 noch nicht vollständig organisiert gewesen sei. Schwestern, es ist wichtig, dass wir dies verstehen. Die FHV wurde von Gott eingerichtet, durch einen Propheten, durch die Vollmacht des Priestertums, und sie ist ein wesentlicher Bestandteil der Kirche. Männer und Frauen arbeiten im Priestertum und in der FHV zusammen und trachten danach, Familien zu Christus zu führen. Wir Frauen dürfen niemals meinen, wir spielten in der Kirche eine weniger wichtige Rolle als die Männer. So wie wir als rechtschaffene Frauen das Priestertum ehren, müssen wir auch unsere Berufung als Frau heilig halten.

Ich habe mir dieses Gemälde von Marta und Maria mit dem Erretter genau angesehen und betrachte diese Frauen als meine Vorgängerinnen. Ich frage mich, ob sie wohl auch „viele gute Werke [taten] und reichlich Almosen [gaben]“5. Mir gefällt die Vorstellung, dass sie und andere glaubenstreue Frauen, die Christus nachfolgten, zusammenkamen und lernten, was sie beim Aufbau des Reiches zu tun hatten. Sie waren, so wie wir, Frauen des Bundes. Sie hatten sich entschieden, sich dem Erretter ganz zu weihen. Und auch die Gründung der FHV ist mit unserer von Gott gegebenen Berufung und unserem Wunsch zu dienen, zu lieben und füreinander zu sorgen, verbunden. Genauso wichtig wie die heiligen Handlungen und die Führung durch das Priestertum ist im Werk des Herrn der Dienst, den wir leisten.

Um diese wichtige Arbeit auszuführen, entscheiden wir uns, Frauen des Bundes zu sein – Frauen, die heilige Bündnisse mit dem Herrn eingegangen sind. Diejenigen, die schon die Segnungen des Tempels empfangen haben, haben gelobt, ihre Zeit und ihre Talente dem Aufbau des Gottesreiches zu weihen. Dank dieses Bundes können wir viele Aufgaben in der Kirche übernehmen.

Vor 20 Jahren wurde ich in meiner Gemeinde als JD-Leiterin berufen. Mein Haar war noch dunkel, mein Körper … nun, sagen wir einmal, etwas beweglicher. Viele Jahre später erhielt ich die gleiche Berufung, dieses Mal in einer anderen Gemeinde. Ich wurde wiederverwertet und fand es aufregend. Ich konnte meinen Bund mit Gott erneuern, dass ich jede Aufgabe übernehmen würde, die er mir übertragen wollte. Zu dem Zeitpunkt war mein Haar allerdings schon ergraut (weitestgehend zumindest) und meine Zehen erreichte ich nur noch mit Mühe. Aber ich fühlte mich nicht zu alt, noch einmal bemerkenswerte Junge Damen anvertraut zu bekommen, die glaubenstreu, klug und lustig waren. Ich glaube, dass ich inzwischen etwas dazugelernt hatte, was ich dann an die Mädchen weitergeben konnte, und dass ich wohl auch ein stärkeres Zeugnis vom Evangelium hatte, aber ich lernte wieder einmal genauso viel von ihnen wie sie von mir. Unsere Schwesternschaft umspannt alle Altersgruppen und Lebensumstände. Was uns verbindet, sind die Bündnisse, die wir geschlossen haben.

Bedenken Sie: Wir werden diesen Bündnissen nicht entwachsen. Wir können einander in jeder Phase unseres Lebens dienen. Vor kurzem hörte ich etwas von einer jungen Mutter. Ihr Mann saß als Mitglied der Bischofschaft auf dem Podium und sie mühte sich mit ihren zappeligen Kindern ab. Eine viel ältere Frau nahm ein kleines Kind auf den Schoß und beruhigte es. Auch so etwas Einfaches gehört zum Aufbau des Gottesreiches. Es geht darum, was wir tun und wer wir als FHV-Schwestern sind. Ob wir nun FHV-Leiterin sind, PV-Lehrerin oder JD-Lagerbeauftragte – wir erfüllen als FHV-Schwester unsere heilige Pflicht. Wenn wir bei einer älteren Nachbarin anrufen, einer jungen Mutter Mut machen und ihr helfen oder für eine andere Familie beten, halten wir unsere Bündnisse.

Vor kurzem traf sich die FHV-Präsidentschaft mit einem Führer der Kirche. Er sagte, er wünschte sich, dass jemand in den Versammlungen der FHV oder des Priestertums sagen könnte: „Schwestern – oder Brüder –, ich mache gerade eine schwere Zeit durch. Können Sie mir helfen?“ Ich habe schon solche FHV-Versammlungen erlebt. Ich werde nie den Sonntagmorgen vergessen, an dem eine allein stehende Schwester Zeugnis gab und erzählte, wie einsam sie war. Sie war betrogen worden, war geschieden und hatte dann finanzielle Probleme, da sie arbeiten ging und ihre Kinder mit einem geringen Einkommen großzog. Jetzt wohnten ihre erwachsenen Kinder nicht mehr bei ihr und sie erlebte schmerzliche Einsamkeit. Der Augenblick war kostbar, der Geist stark, und ich sah, wie Schwestern sich um sie scharten und das taten, was wir am besten können: Liebe schenken. An dem Tag war das FHV-Zimmer ein heiliger Ort. Das FHV-Zimmer sollte für jede Schwester diese Bedeutung haben.

Es ist so wichtig, dass wir jede Schwester einbeziehen. Wir dürfen auch nicht die Frauen vergessen, die in der PV und bei den Jungen Damen tätig sind. Sie müssen von zuverlässigen Besuchslehrerinnen betreut werden und brauchen gut vorbereitete Versammlungen für Wohnen, Familie und eigene Entfaltung, die so geplant werden, dass jeder daran teilnehmen kann. In unserer Mitte gibt es auch viele, die älter werden – so wie ich! Schwestern, die so alt sind wie ich oder älter – lassen wir uns doch „wiederverwerten“! Der Herr braucht Ihren Dienst, und wir brauchen Sie.

Ich kenne eine junge Schwester, der der Übergang von den Jungen Damen in die FHV sehr schwer fällt. Sie ist glaubenstreu und stark, aber sie fühlt sich jetzt allein. Wie ist das möglich? Wenn wir wirklich Schwestern sind, kennen wir die Bedürfnisse der anderen. Diese Zeit als junge Erwachsene sollte nicht als Wende, sondern als natürlicher Übergang innerhalb einer großen Schwesternschaft betrachtet werden. Wir haben viele solcher jungen Frauen in unseren Gemeinden. Machen Sie sie ausfindig, bringen Sie ihnen Liebe entgegen und integrieren Sie sie in die Schwesternschaft. Aber den jungen Schwestern möchte ich sagen: Bilden Sie sich nicht ein zu wissen, wie es in der FHV ist, ehe Sie zu den Schwestern gekommen sind und Ihren Teil dazu beigetragen haben, sie kennen zu lernen. Beim Übergang von den Jungen Damen in die FHV geht man nicht von einer Klasse in eine andere, sondern Ihnen bieten sich noch mehr Gelegenheiten, dem Herrn zu dienen und sein Werk zu verrichten.

Schwestern, wir sind kein Verein, auch wenn aus der Schwesternschaft feste Freundschaftsbande entstehen. Wir sind nicht, was ich einmal von einer jungen Frau hörte, „die alten Frauen, die sich am Sonntag treffen“. Wenn wir die Schwesternschaft pflegen, haben wir Macht – Macht, die wir von Gott erhalten, damit wir seine Absichten zuwege bringen. Wir gehören der größten Frauenorganisation der Welt an. Wenn wir in unserem Gemeinwesen mit der Erkenntnis und der Inspiration, die der Herr uns gewährt, mitwirken, können wir die Welt, die unsere Führung benötigt, mitgestalten. Das ist es, was der Prophet Joseph Smith erwartet hat und was Präsident Hinckley heute von uns erwartet.

Das Ausmaß unserer Aufgabe mag überwältigend wirken, aber mein vor kurzem getaufter Enkelsohn könnte Ihnen sofort erklären, dass ein Bund ein Versprechen von zwei Seiten ist. Wir alle kennen die Schriftstelle: „Wem viel gegeben ist, von dem wird viel gefordert.“6 Wir müssen aber auch bedenken: Wo viel gefordert wird, wird auch viel gegeben. Wenn wir mit Gott Bündnisse eingehen und sie halten, ist alles möglich. Er gibt uns, was wir brauchen, um sein Werk zu tun.

Meine lieben Schwestern, ich möchte Sie heute auffordern, sich erneut als Frauen des Bundes Christus und seiner Organisation für uns, seine Töchter, zu weihen. Wählen Sie „das Bessere“. Entscheiden Sie sich dafür, Christus nachzufolgen. Entscheiden Sie sich für die FHV. Im Namen Jesu Christi. Amen.

Anmerkungen

  1. Siehe Lukas 10:42

  2. Zitiert in Sarah M. Kimball, „Auto- biography“, Women’s Exponent, 1. September 1883, Seite 51

  3. George Albert Smith, „Address to the Members of the Relief Society“, Relief Society Magazine, Dezember 1945, Seite 717

  4. Siehe „Story of the Organization of the Relief Society“, Relief Society Magazine, März 1919, Seite 129

  5. Apostelgeschichte 9:36

  6. LuB 82:3