2003
So ist es eben
Mai 2003


So ist es eben

Wir müssen gewisse Maßstäbe erreichen und wahren, um an den wichtigen geistigen Ereignissen des Lebens teilhaben zu können.

Guten Abend. Ich komme gern mit den Trägern des Priestertums Gottes zusammen und erfreue mich an der weltweiten Bruderschaft, die uns verbindet und die uns so viel bedeutet. Der besondere Geist entspringt der Erwartung, dass wir in den klaren und kostbaren Belangen des Evangeliums Jesu Christi unterwiesen werden.

Heute Abend wende ich mich an die jungen Männer der Kirche. Diejenigen, die zu einer anderen Altersgruppe gehören, dürfen jedoch gern zuhören.

In der vergangenen Weihnachtszeit hat sich der Fernsehkorrespondent Walter Cronkite am gemeinsamen Weihnachtskonzert des Tabernakelchors und des Tempelplatzorchesters beteiligt. „Er war 19 Jahre lang Chefsprecher bei den Abendnachrichten von CBS. Herr Cronkite hat sich in dieser Zeit einen Ruf als ‚vertrauenswürdigster Mann Amerikas‘“1 erworben. Auf die Frage, wie er den Menschen in Erinnerung bleiben wollte, erwiderte er: „Nun, als jemand, der sein Bestes gegeben hat.“2 In seiner bemerkenswerten Karriere beendete Herr Cronkite jede Nachrichtensendung mit dem Satz: „So ist es eben.“ Wir wollen heute Abend darüber sprechen, wie es ist.

Vor kurzem erzählte mir bei einer Pfahlkonferenz der Pfahlpräsident eine Geschichte. Er hatte seinen Sohn gefragt, worum es bei der letzten Fireside am Sonntagabend gegangen war. Der junge Mann hatte erwidert: „Wir sollen die Messlatte höher anlegen.“ Er erklärte dann seinem Vater, das Thema ginge ihm schon auf die Nerven, weil es neuerdings in jedem Unterricht und in jeder Versammlung zur Sprache komme. Mein erster Gedanke war: „Das ist großartig; die Worte des Propheten werden erörtert, gehört und beherzigt.“ Mein zweiter Gedanke drehte sich darum, wie der junge Mann die ständigen Ermahnungen empfand. Ständige Ermahnungen können uns auf die Nerven gehen, wenn wir bereits bemüht sind, unser Bestes zu geben.

In meiner Jugend fiel es mir immer leicht, die ständige Ermahnung meiner Mutter, „David, vergiss nicht, wer du bist“, zu überhören. Meine Freunde hatten dazu immer ein paar passende Kommentare auf Lager. Es ärgerte mich, wenn mein Vater mich immer wieder, wenn wir die Straße 13 East in Salt Lake City hinunterfuhren und am Haus von Präsident George Albert Smith vorbeikamen, daran erinnerte, dass dort ein lebender Prophet Gottes wohnte, der mich liebte. Heute bin ich für diese ständigen Ermahnungen sehr dankbar.

Der Ausdruck „die Messlatte höher legen“ wird in der Welt des Sports häufig benutzt, wenn es darum geht, bessere Leistungen zu erzielen. Diese Metapher aus dem Sport kann uns verdeutlichen, warum es so entscheidend ist, dass wir beherzigen, wozu Präsident Hinckley uns bei der letzten Konferenz mit den folgenden Worten aufgefordert hat: „Ich hoffe, dass unsere jungen Männer und jungen Frauen die Herausforderung, vor die [Elder Ballard] sie gestellt hat, annehmen. Für diejenigen, die als Botschafter des Herrn Jesus Christus in die Welt hinausgehen, muss die Messlatte in puncto Würdigkeit und Eignung höher gesteckt werden.“3

Vor einem Jahr hatten wir hier in Salt Lake City herrliche Olympische Winterspiele. Für die meisten olympischen Wettbewerbe müssen die Sportler eine Mindestleistung erbringen, um sich für die Teilnahme zu qualifizieren. Unser Leben ähnelt diesem olympischen Qualifizierungsprozess, da wir ja auch gewisse Maßstäbe erreichen und wahren müssen, um an den wichtigen geistigen Ereignissen des Lebens teilhaben zu können. Spitzensportler haben einen streng geregelten Tagesablauf. Sie erlernen die Fertigkeiten, die sie in ihrem Sport brauchen. Erst dann können sie sich für die Teilnahme am Wettbewerb qualifizieren. So ist es eben.

Junge Männer, wenn ihr Weltklasse sein und euch für die Teilnahme an den wirklich wichtigen Ereignissen des Lebens wie Ordinierung im Priestertum, Segnungen des Tempels und Missionsdienst qualifizieren wollt, müsst auch ihr einen geregelten Tagesablauf voller Ehrlichkeit, Tugend, Fleiß und Gebet entwickeln. So ist es eben.

Olympiateilnehmer kennen und verstehen die Regeln, denen ihr Sport unterliegt. Verstöße gegen die Regeln können schwere Strafen und sogar die Disqualifikation nach sich ziehen. Bei der letzten Olympiade wurden Medaillen aberkannt, weil die Regeln bezüglich der Einnahme leistungsfördernder Mittel nicht beachtet worden waren. Eine der strengsten Strafen, die einen Sportler treffen können, gibt es beim Golf. Schon wenn man bei einem der 18 Löcher eine falsche Schlagzahl angibt, wird man disqualifiziert. Da gibt es nicht die geringste Toleranz. Ganz gleich, ob der Fehler dem Betreffenden nützt oder schadet – die Strafe ist immer dieselbe: Man wird disqualifiziert.

Nach über 50 Jahren klingen in mir immer noch die Worte eines Platzrichters nach: „Tut mir Leid, mein Junge, aber wir müssen dich disqualifizieren, weil du eine falsche Schlagzahl angegeben hast.“ Ich wurde disqualifiziert, weil ich dem Platzrichter gegenüber erwähnte, ich müsse die Schlagzahl korrigieren. Wochenlang sagte ich mir: „Warum habe ich bloß nicht den Mund gehalten? Außerdem hatte ich mich ja nur vertan, die Endsumme stimmte doch.“ Ich hatte zwar eine Leistung erbracht, die mich zum Sieger hätte machen können, ging aber trotzdem bei der Siegerehrung leer aus. So ist es eben.

Meine jungen Freunde, Regeln sind wichtig, ja, entscheidend. Auch im Leben gibt es Strafen und sogar Disqualifikation, wenn bestimmte Regeln missachtet werden. Unsere Teilnahme an den wichtigen Ereignissen des Lebens kann gefährdet sein, wenn wir die Regeln, die in den Geboten des himmlischen Vaters enthalten sind, nicht beachten. Sexuelle Sünden, illegale Drogen, ziviler Ungehorsam, Missbrauch – all das kann uns zu einem entscheidenden Zeitpunkt die Teilnahme kosten. Ihr tut gut daran, wenn ihr die Regeln als Sicherheitsmaßnahmen betrachtet, nicht als Ketten, die euch fesseln. Gehorsam macht stark. So ist es eben.

1834 schrieb der Prophet Joseph Smith: „In keinem Monat war ich je beschäftigter als im November; aber da mein Leben aus Tätigsein und unermüdlichen Anstrengungen besteht, habe ich mir dies zur Regel gemacht: Wenn der Herr gebietet, dann tu es.“4

Für manche ist der Sport ein Geschäft. Der Unterschied zwischen Sieg und Niederlage kann viel Geld ausmachen. Manche Sportler stellen Agenten ein, die sich um ihre geschäftlichen Angelegenheiten kümmern. Agenten, persönliche Trainer und Manager helfen dem Sportler, eine bessere Leistung zu erbringen.

Der Vater im Himmel hat seinen kostbaren jungen Söhnen ein hervorragendes Unterstützungsteam zur Seite gestellt, das dem Team der Sportler in nichts nachsteht. Unsere Eltern sind erstklassige Agenten. Sie wahren unsere Interessen. Sie sind nicht nur an uns interessiert, sondern weil sie uns lieben, sind sie auch hervorragende Berater.

Der Apostel Paulus schrieb in seiner Unterweisung an die Kolosser: „Ihr Kinder, gehorcht euren Eltern in allem; denn so ist es gut und recht im Herrn.“ (Kolosser 3:20.) Denkt an das umfangreiche Netzwerk zu eurer Unterstützung, das es außer unseren Eltern noch gibt und das dazu da ist, unsere geistige Leistung zu verbessern. Unser Bischof dient als persönlicher Trainer; er setzt seine heiligen Priestertumsschlüssel zu unserem Segen ein. Seminarlehrer, Kollegiumsberater und Heimlehrer ergänzen das Unterstützungsteam, das der Herr zusammengestellt hat, um uns bei der Vorbereitung auf die großen Spiele des Lebens zu helfen. Wenn ihr folgt und gehorcht, wird eure Leistung stetig besser. Wenn der Herr gebietet, dann tut es. So ist es eben.

Einer der entscheidenden Unterschiede zwischen dem, der gut, und dem, der großartig ist, besteht darin, was die Sportpsychologen Fokussieren nennen. Wer es im Wettstreit schafft, das Unwichtige außer Acht zu lassen und sich ganz und gar auf das zu konzentrieren, was entscheidend ist, kann seine Leistung verbessern. Das Fokussieren ist ein entscheidender Erfolgsfaktor.

Ich habe einmal ein Gespräch zwischen dem großen Golfer Arnold Palmer und einem jungen Caddie gehört, mit dem er zum ersten Mal unterwegs war. Der junge Caddie reichte Herrn Palmer den Schläger und erklärte ihm dabei, die Entfernung bis zur Fahne betrage 150 Meter und es gebe da noch einen unsichtbaren Wasserlauf zur Linken sowie ein großes, trügerisches, unebenes Gelände zur Rechten. Freundlich, aber sehr bestimmt erinnerte Herr Palmer den jungen Mann daran, dass alles, was er wissen müsse, die Entfernung zum Loch sei. Außerdem wolle er seine Konzentration nicht durch die Sorge um das, was sich links oder rechts befinde, verlieren.

Man verliert die wirklich wichtigen Ziele im Leben so leicht aus den Augen. Es gibt so viele Ablenkungen. Manch einer quält sich durch die gefährlichen Wasser links am Weg, während andere das große, trügerische, unebene Gelände auf der rechten Seite für unüberwindlich halten. Sicherheit und Erfolg stellen sich ein, wenn wir uns unbeirrbar auf das konzentrieren, was geradeaus vor uns in der Mitte liegt – der Aufstieg im Priestertum, die Tempelwürdigkeit und der Missionsdienst. So ist es eben.

Möge der Vater im Himmel einen jeden von euch segnen. Ich bezeuge euch allen, dass Jesus der Messias ist. Er lebt und er liebt uns auf vollkommene Weise. Ich bin dankbar für unseren wundervollen Propheten, der uns deutlich macht, dass wir, wenn der Herr gebietet, es tun müssen – weil es eben so ist. Im Namen unseres Erretters und Erlösers, Jesus Christus. Amen.

Anmerkungen

  1. „Walter Cronkite: A Lifetime Reporting the News“, Voices from The Smithsonian Associates, Internet, http://www.smithsonianassociates.org/ programs/cronkite/cronkite.htm.

  2. Kira Albin, „That’s the Way It Is … with Walter Cronkite“, Grand Times, Internet, http://www.grandtimes.com/cronkite.html.

  3. „An die Männer des Priestertums“, Liahona, November 2002, Seite 57.

  4. History of the Church, 2:170.