Generalkonferenz
Ein Haus der ordnungsgemäßen Reihenfolge
Herbst-Generalkonferenz 2021


Ein Haus der ordnungsgemäßen Reihenfolge

Die „ordnungsgemäße Reihenfolge“ ist für den Herrn ein einfaches, natürliches und wirksames Mittel, uns, seinen Kindern, wichtige Grundsätze zu vermitteln

In meinem Berufsleben und bei meinem Dienst in der Kirche habe ich schon unzählige Reden gehalten – allerdings nie vor den 15 Männern, die direkt hinter mir sitzen. Ich spüre, wie Sie und diese Brüder für mich beten.

Brüder und Schwestern, ich wurde im Königreich Tonga im Südpazifik geboren, wuchs aber in Nordamerika auf. Die Pandemie hat es verhindert, dass hunderte, vielleicht sogar tausende der jungen tongaischen Missionare, die ihren Dienst überall auf der Welt verrichten, in ihre geliebte Heimat zurückkehren können, weil dort die Grenzen geschlossen sind. Manche der Missionare aus Tonga sind schon seit drei Jahren auf Mission, manche der Missionarinnen seit über zwei Jahren! Geduldig harren sie mit dem Glauben aus, für den unser Volk bekannt ist. Erschrecken Sie zwischenzeitlich also nicht, falls manche der Missionare, die in Ihren Gemeinden und Pfählen tätig sind, immer mehr wie ich aussehen: eher älter und grau! Wir sind dankbar, dass Missionare überall so engagiert ihren Dienst versehen, selbst wenn es wegen der Pandemie länger oder kürzer als erwartet ist.

Als ich Diakon war, befand ich mich eines Sonntags mit dem Geschirr für das Wasser im Foyer und teilte das Abendmahl aus. Da betrat eine Frau das Gemeindehaus. Pflichtgemäß ging ich auf sie zu und hielt ihr das Geschirr hin. Sie nickte, lächelte und nahm einen Becher Wasser. Da sie zu spät gekommen war, konnte sie nicht vom Brot nehmen. Kurz nach dieser Begebenheit erklärte mir mein Heimlehrer, Ned Brimley, dass mit vielen Aspekten und Segnungen des Evangeliums Jesu Christi eine bestimmte ordnungsgemäße Reihenfolge verbunden ist.

Ned und sein Heimlehrpartner kamen nämlich einige Tage später mit einer einprägsamen Botschaft zu uns nach Hause. Ned rief uns ins Gedächtnis, dass Gott bei der Erschaffung der Erde nach einer bestimmten Ordnung vorgegangen war. Sehr ausführlich erklärte der Herr dem Mose die Reihenfolge, in der er die Erde erschaffen hatte. Zuerst schied er das Licht von der Finsternis, dann das Wasser vom trockenen Land. Danach setzte er pflanzliches Leben und Tiere auf die Erde, ehe er auf dem neu gestalteten Planeten seine größte Schöpfung hervorbrachte: die Menschheit, beginnend mit Adam und Eva.

„Gott schuf also den Menschen als sein Abbild; als Abbild Gottes schuf er ihn. Als Mann und Frau schuf er sie. …

Gott sah alles an, was er gemacht hatte: Es war sehr gut.“ (Genesis 1:27,31; Einheitsübersetzung 1980.)

Der Herr war zufrieden, und er ruhte am siebten Tag.

Die ordnungsgemäße Reihenfolge, in der die Erde erschaffen wurde, gewährt uns nicht nur einen kurzen Blick darauf, was Gott am wichtigsten ist, sondern auch darauf, weshalb und für wen er die Erde erschuf.

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Ned Brimley mit seiner Familie

In seiner inspirierten Botschaft brachte Ned Brimley dies mit einer einfachen Aussage auf den Punkt: „Vai, Gottes Haus ist ein Haus der Ordnung. Er erwartet, dass auch in deinem Leben Ordnung herrscht. Dass du die richtige Reihenfolge wahrst. Er möchte, dass du auf Mission gehst, bevor du heiratest.“ Zu diesem Thema sagen die Führer der Kirche heute: Der Herr erwartet, dass jeder junge Mann, der dazu imstande ist, sich darauf vorbereitet, auf Mission zu gehen. Junge Frauen, die auf Mission gehen möchten, sollen sich ebenfalls darauf vorbereiten. (Siehe Allgemeines Handbuch: Wie man in der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage dient, 24.0, ChurchofJesusChrist.org.) Bruder Brimley fuhr fort: „Gott möchte, dass du heiratest, ehe du Kinder bekommst. Und er möchte, dass du deine Talente beständig ausbaust und dir Bildung aneignest.“ Wenn man sich dafür entscheidet, im Leben nicht nach der richtigen Reihenfolge vorzugehen, wird man feststellen, dass das Leben schwieriger und ungeordnet ist.

Bruder Brimley erklärte uns auch, dass der Erretter uns durch sein Sühnopfer hilft, Ordnung im Leben wiederherzustellen, wenn diese durch schlechte Entscheidungen, die wir selbst oder andere getroffen haben, durcheinandergeraten oder verlorengegangen ist.

Seitdem hat die „ordnungsgemäße Reihenfolge“ es mir angetan. Ich habe es mir zur Gewohnheit gemacht, nach Mustern im Leben und im Evangelium zu suchen, in denen die Reihenfolge eine Rolle spielt.

Elder David A. Bednar hat folgenden Grundsatz dargelegt: „Wenn wir das Evangelium Jesu Christi studieren, lernen und leben, ist oft die Reihenfolge aufschlussreich. Betrachten wir beispielsweise einmal, was uns die Reihenfolge der größeren Ereignisse bei der Wiederherstellung des Evangeliums des Erlösers in diesen Letzten Tagen über geistige Prioritäten lehrt.“

Er führt dann die erste Vision an und wie Moroni Joseph Smith das erste Mal erscheint. Der junge Prophet erfuhr zuerst etwas über das Wesen und die Eigenschaften Gottes und dann etwas über die Rolle, die das Buch Mormon und Elija in dieser letzten Evangeliumszeit bei der Sammlung Israels auf beiden Seiten des Schleiers spielen würden.

Elder Bednar zieht daraus den Schluss: „Diese inspirierende Reihenfolge lehrt uns etwas über die geistigen Belange, die für die Gottheit von höchster Priorität sind.“ („Das Herz der Kinder wird sich den Vätern zuwenden“, Liahona , November 2011, Seite 24.)

Ich habe festgestellt, dass die „ordnungsgemäße Reihenfolge“ für den Herrn ein einfaches, natürliches und wirksames Mittel ist, uns, seinen Kindern, wichtige Grundsätze zu vermitteln.

Wir sind auf die Erde gekommen, um zu lernen und um Erfahrungen zu sammeln, die wir andernfalls nicht machen könnten. Unser Wachstum geschieht auf ganz individuelle Weise und ist im Plan des Vaters im Himmel ein wesentliches Element. Unser körperliches und geistiges Wachstum fängt mit einer bestimmten Phase an und entfaltet sich langsam, während wir Schritt um Schritt Erfahrung gewinnen.

Alma hält eine eindrucksvolle Predigt über den Glauben. Er vergleicht diesen mit einem Samenkorn, aus dem – wenn es gut gehegt und genährt wird – zuerst ein Schössling sprießt, der sich dann zu einem großen, starken Baum entwickelt, der wiederum köstliche Frucht hervorbringt (siehe Alma 32:28-43). Daraus lernen wir, dass unser Glaube wächst, wenn wir dem Samenkorn – oder dem Wort Gottes – in unserem Herzen Raum geben und es nähren. Unser Glaube wächst, wenn das Wort Gottes in unserer Brust zu schwellen anfängt (siehe Vers 28). Dass es „anschwillt und sprosst und zu wachsen anfängt“ (Vers 30), ist sowohl als Bild vorstellbar als auch lehrreich. Und auch die Reihenfolge stimmt.

Der Herr unterweist jeden Einzelnen von uns, angepasst an unsere Lernfähigkeit und Lernformen. Unser Wachstum hängt von unserer Bereitschaft, natürlichen Wissbegierde, Glaubensstärke und unserem Verständnis ab.

Nephi erfuhr etwas, was Joseph Smith über 2300 Jahre später in Kirtland in Ohio lernen sollte: „Denn siehe, so spricht Gott, der Herr: Ich werde den Menschenkindern Zeile um Zeile geben, Weisung um Weisung, hier ein wenig und dort ein wenig; und gesegnet sind diejenigen, die auf meine Weisungen hören und meinem Rat ihr Ohr leihen, denn sie werden Weisheit lernen.“ (2 Nephi 28:30.)

Dass wir „Zeile um Zeile, Weisung um Weisung, hier ein wenig und dort ein wenig“ lernen, zeugt wiederum von einer Reihenfolge.

Denken Sie einmal an folgende Aussagen, die wir schon oft gehört haben: „Das Wichtigste zuerst“ oder „Gib ihnen erst Milch, dann Fleisch“. Oder: „Man muss erst gehen lernen, bevor man laufen kann.“ Aus all diesen Grundsätzen geht hervor, dass es eine Reihenfolge gibt.

Wunder geschehen gemäß einer ordnungsgemäßen Reihenfolge. Sie treten ein, wenn wir zuerst Glauben ausüben. Der Glaube geht dem Wunder voraus.

Auch die Jungen Männer werden, je nach Alter, in einer bestimmten Reihenfolge zu einem Amt im Aaronischen Priestertum ordiniert: Diakon, Lehrer, dann Priester.

Die heiligen Handlungen zur Errettung und Erhöhung haben eine bestimmte, natürliche Reihenfolge. Wir werden erst getauft, bevor wir die Gabe des Heiligen Geistes empfangen. Auch die heiligen Handlungen im Tempel haben eine bestimmte Reihenfolge. Und auch beim Abendmahl gibt es natürlich – wie mein Freund Ned Brimley mir so verständig erklärte – eine Reihenfolge: Erst kommt das Brot, dann das Wasser.

„Während des Mahls nahm Jesus das Brot und sprach den Lobpreis; dann brach er das Brot, reichte es den Jüngern und sagte: Nehmt und esst; das ist mein Leib.

Dann nahm er den Kelch, sprach das Dankgebet, gab ihn den Jüngern und sagte: Trinkt alle daraus;

das ist mein Blut des Bundes, das für viele vergossen wird zur Vergebung der Sünden.“ (Matthäus 26:26-28.)

Der Erretter führte das Abendmahl in Jerusalem und im alten Amerika in genau derselben Reihenfolge ein.

„Siehe, mein Haus ist ein Haus der Ordnung, spricht Gott, der Herr, und nicht ein Haus der Verwirrung.“ (Lehre und Bündnisse 132:8.)

Bei der Umkehr gibt es eine Reihenfolge. Sie beginnt mit dem Glauben an Jesus Christus, und sei er noch so klein. Glauben erfordert Demut, wodurch man ganz wesentlich zeigt, dass man „ein reuiges Herz und einen zerknirschten Geist“ (2 Nephi 2:7) hat.

Tatsächlich stehen die ersten Grundsätze des Evangeliums in einer bestimmten Reihenfolge: „Wir glauben, dass die ersten Grundsätze und Verordnungen des Evangeliums sind: erstens der Glaube an den Herrn Jesus Christus; zweitens die Umkehr; drittens die Taufe durch Untertauchen zur Sündenvergebung; viertens das Händeauflegen zur Gabe des Heiligen Geistes.“ (4. Glaubensartikel.)

König Benjamin hat sein Volk diese wichtige Wahrheit gelehrt: „Und seht zu, dass dies alles in Weisheit und Ordnung geschieht; denn es ist nicht erforderlich, dass der Mensch schneller laufe, als er Kraft hat. Und weiter, es ist ratsam, dass er eifrig sei, auf dass er dadurch den Preis gewinne; darum muss alles in Ordnung geschehen.“ (Mosia 4:27.)

Möge in unserem Leben Ordnung herrschen und mögen wir bestrebt sein, die Reihenfolge einzuhalten, die der Herr uns aufgezeigt hat. Wir werden gesegnet, wenn wir Ausschau halten und Folge leisten im Hinblick auf Muster und die Reihenfolge, durch die der Herr uns das vermittelt, was ihm am wichtigsten ist. Im heiligen Namen Jesu Christi. Amen.