Generalkonferenz
Nehmt Christus zum Vorbild
Herbst-Generalkonferenz 2021


Nehmt Christus zum Vorbild

Ein Nachfolger Christi zu sein, bedeutet, dass wir uns bemühen, unsere Taten, unser Verhalten und unser Leben dem Erretter anzugleichen

Bei meinem Schriftstudium hat mich die in der Bibel geschilderte Bekehrung des Saulus von Tarsus – der später als Paulus bekannt wurde – besonders beeindruckt.

Paulus war aktiv an der Verfolgung der Kirche und der Christen beteiligt. Doch die Macht des Himmels und das Sühnopfer Jesu Christi veränderten ihn völlig: Er wurde zu einem der großen Diener Gottes. Sein Vorbild war der Erretter Jesus Christus.

In einem seiner Briefe forderte Paulus die Korinther auf: „Nehmt mich zum Vorbild, wie ich Christus zum Vorbild nehme!“ (1 Korinther 11:1.) Dies ist eine ernst gemeinte Aufforderung, die seit der Zeit des Paulus bis heute gilt: Wir sollen Christus zum Vorbild nehmen und ihm nachfolgen.

Ich begann, darüber nachzudenken, was es bedeutet, ein Nachfolger Christi zu werden. Und – was noch wichtiger ist – ich fragte mich: Worin kann ich ihm nacheifern?

Ein Nachfolger Christi zu sein, bedeutet, dass wir uns bemühen, unsere Taten, unser Verhalten und unser Leben dem Erretter anzugleichen. Es bedeutet, Tugenden zu erwerben. Es bedeutet, ein wahrer Jünger Jesu Christi zu sein.

Ich habe mich mit einigen Aspekten des Lebens des Erretters befasst und für meine Botschaft heute vier seiner Eigenschaften herauskristallisiert, die ich nachzuahmen versuche und die ich hier ansprechen möchte.

Erstens: Die Demut des Erretters. Jesus Christus war schon im vorirdischen Leben sehr demütig. Beim Rat im Himmel hat er den Willen Gottes anerkannt und sich dafür ausgesprochen, dass dieser im Plan der Erlösung der Menschheit den Sieg davonträgt. Jesus sprach: „Vater, dein Wille geschehe, und die Herrlichkeit sei dein immerdar.“ (Mose 4:2.)

Wir wissen, dass Jesus Christus Demut gepredigt und sich selbst in Demut geübt hat, um seinen Vater zu verherrlichen.

Lassen Sie uns demütig sein, denn das bringt uns Frieden (siehe Lehre und Bündnisse 19:23). Demut geht der Herrlichkeit voraus und bringt Gottes Gunst mit sich: „Alle aber begegnet einander in Demut! Denn Gott tritt Stolzen entgegen, Demütigen aber schenkt er seine Gnade.“ (1 Petrus 5:5.) Demut bewirkt, dass wir sanftmütig reagieren. Ihr entspringt ein rechtschaffener Charakter.

Elder Dale G. Renlund hat gesagt:

„Wer in Ehrfurcht den Weg mit Gott geht, behält in Erinnerung, was der Vater im Himmel und Jesus Christus für ihn getan haben. …

Wir handeln Gott gegenüber ehrenhaft, wenn wir in Ehrfurcht den Weg mit ihm gehen.“ („Recht tun, Güte lieben, in Ehrfurcht den Weg gehen mit Gott“, Liahona, November 2020, Seite 111, 109.)

Zweitens: Der Mut des Erretters. Es beeindruckt mich, dass Jesus Christus im Alter von zwölf Jahren im Tempel Gottes den Schriftgelehrten die Lehren Gottes nahebrachte. Er muss schon früh im Leben über einen ganz besonderen Mut verfügt haben. Man würde doch erwarten, dass der Junge von den Schriftgelehrten unterrichtet wird, doch es war umgekehrt: „Sie hörten ihm zu und stellten ihm Fragen.“ (Joseph-Smith-Übersetzung, Lukas 2:46.)

Von 2016 bis 2019 waren meine Frau und ich auf Vollzeitmission in der Demokratische-Republik-Kongo-Mission Mbuji-Mayi. Man konnte nur die Straßen nutzen, um von einer Zone der Mission in die andere zu gelangen. Zu dieser Zeit ereigneten sich dort häufig bewaffnete Überfälle. Die Banditen sprangen mit Hiebwaffen auf die Straße und hielten die Reisenden auf.

Fünf Missionare, die aufgrund ihrer Versetzung unterwegs von einer Zone in die nächste waren, wurden Opfer eines solchen Überfalls. Auch uns war das schon einmal passiert, und wir fürchteten um das Leben und die Sicherheit aller. Das hielt uns sogar davon ab, die Missionare zu besuchen und Zonenkonferenzen abzuhalten. Wir wussten nicht, wie lange diese Bedrohung andauern würde. Ich verfasste einen Bericht an die Gebietspräsidentschaft und erklärte, dass ich Angst davor hätte, weiterhin die Straßen zu benutzen, die der einzige Weg zu unseren Missionaren waren.

Elder Kevin Hamilton, der damals Präsident des Gebiets Afrika Südost war, schrieb mir daraufhin: „Mein Rat ist: Tun Sie einfach Ihr Bestes. Seien Sie vorsichtig und beten Sie. Bringen Sie sich und die Missionare nicht wissentlich in Gefahr, aber gehen Sie doch zugleich voll Glauben voran. ‚Denn Gott hat uns nicht einen Geist der Verzagtheit gegeben, sondern den Geist der Kraft, der Liebe und der Besonnenheit.‘ (2 Timotheus 1:7.)“

Dieser Aufruf hat uns sehr gestärkt und es uns ermöglicht, bis zum Ende unserer Mission mutig zu reisen und zu dienen. Wir wussten: Durch diese Schriftstelle hatte der Vater im Himmel uns Weisung gegeben.

In neuzeitlicher heiliger Schrift lesen wir die inspirierten Worte des Propheten Joseph Smith, die ebenfalls widerspiegeln, dass der Herr uns Mut zuspricht: „Brüder, sollen wir in einer so großen Sache nicht vorwärtsgehen? Geht vorwärts und nicht rückwärts! Mut, Brüder, und auf, auf zum Sieg!“ (Lehre und Bündnisse 128:22.)

Bringen wir doch den Mut auf, das Richtige zu tun, auch wenn es unpopulär ist – den Mut, unseren Glauben zu verteidigen und voll Glauben zu handeln. Bringen wir den Mut auf, täglich umzukehren, den Mut, Gottes Willen anzunehmen und seine Gebote zu befolgen. Bringen wir den Mut auf, rechtschaffen zu leben und das zu tun, was in unseren verschiedenen Aufgaben und Funktionen von uns erwartet wird.

Drittens: Die Vergebungsbereitschaft des Erretters. Während seines irdischen Wirkens verhinderte der Erretter, dass eine Frau, die beim Ehebruch ertappt worden war, gesteinigt wurde. Er trug ihr auf: „Geh und sündige von jetzt an nicht mehr!“ (Johannes 8:11.) Dies führte sie zur Umkehr und schließlich zur Vergebung, denn es heißt in der Übersetzung von Joseph Smith: „Die Frau pries Gott von jener Stunde an und glaubte an seinen Namen.“ (Joseph Smith Translation von Johannes 8:11; siehe auch Fußnote c zu John 8:11 in der englischen King-James-Übersetzung der Bibel.)

Bei der Weihnachtsandacht im Dezember 2018 sprach Präsident Russell M. Nelson über vier Gaben, die wir vom Erretter erhalten haben. Eine dieser Gaben, die der Erretter uns anbietet, ist die Fähigkeit zu vergeben. Präsident Nelson sagte:

„Durch sein unbegrenztes Sühnopfer können Sie denen vergeben, von denen Sie verletzt wurden und die für die Unmenschlichkeit Ihnen gegenüber möglicherweise nie die Verantwortung übernehmen werden.

Meist fällt es uns leicht, zu vergeben, wenn uns jemand aufrichtig und demütig um Verzeihung bittet. Doch der Erretter kann Sie dazu befähigen, jedem, der Sie in irgendeiner Weise schlecht behandelt hat, zu vergeben.“ („Vier Gaben, die Jesus Christus Ihnen anbietet“, Weihnachtsandacht der Ersten Präsidentschaft, 2. Dezember 2018, broadcasts.ChurchofJesusChrist.org.)

Lassen Sie uns einander aufrichtig vergeben, um auch die Vergebung des Vaters im Himmel zu erlangen. Vergebung befreit uns und macht uns würdig, jeden Sonntag vom Abendmahl zu nehmen. Vergebungsbereitschaft ist eine notwendige Voraussetzung dafür, ein wahrer Jünger Jesu Christi zu sein.

Viertens: Die Opferbereitschaft des Erretters. Diese Eigenschaft ist untrennbar mit dem Evangelium Jesu Christi verbunden. Der Erretter hat das größte Opfer – sein Leben! – für uns gebracht, damit wir erlöst werden. Als Jesus den Schmerz spürte, den dieses Opfer für ihn bedeutete, bat er seinen Vater, den Kelch von ihm zu nehmen. Und doch vollendete er das ewiggültige Opfer. Es ist das Sühnopfer Jesu Christi.

Präsident M. Russell Ballard hat erklärt: „Opferbereitschaft ist ein Zeichen reiner Liebe. … Wie sehr wir den Herrn[, das Evangelium] und unsere Mitmenschen lieben, lässt sich daran ermessen, zu welchen Opfern wir um ihretwillen bereit sind.“ („Das Gesetz des Opferns“, Liahona, März 2002, Seite 17.)

Wir können unsere Zeit opfern, um Betreuungsarbeit zu leisten, unserem Nächsten zu dienen, Gutes zu tun, unsere Familiengeschichte zu erforschen und unsere Berufung in der Kirche groß zu machen.

Wir können von unseren finanziellen Mitteln geben, indem wir den Zehnten und das Fastopfer zahlen und weitere Spenden entrichten, um das Reich Gottes auf Erden aufzubauen. Wir müssen Opfer bringen, um die Bündnisse zu halten, die wir mit dem Erretter geschlossen haben.

Ich bete darum, dass wir Jesus Christus nachfolgen und uns die Segnungen seines Sühnopfers zunutze machen. So werden wir immer demütiger, mutiger, vergebungsbereiter und bringen vermehrt Opfer für sein Reich.

Ich bezeuge, dass der Vater im Himmel lebt und dass er jeden von uns persönlich kennt. Jesus ist der Messias. Präsident Russell M. Nelson ist der heutige Prophet Gottes. Ich bezeuge, dass die Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage das Reich Gottes auf Erden ist und dass das Buch Mormon wahr ist. Im Namen Jesu Christi, unseres Erlösers. Amen.