Generalkonferenz
Er geht vor uns her
Frühjahrs-Generalkonferenz 2020


Er geht vor uns her

Der Herr führt die Wiederherstellung seines Evangeliums und seiner Kirche. Er hat vollkommenes Wissen über die Zukunft. Er fordert Sie zur Mitarbeit auf.

Meine lieben Brüder und Schwestern, ich bin dankbar, mit Ihnen diese Generalkonferenz der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage zu erleben. In seiner Aufforderung, darüber nachzudenken, wie wir und unsere Lieben dadurch gesegnet sind, dass der Herr in dieser letzten Evangeliumszeit seine Kirche wiederhergestellt hat, hat Präsident Russell M. Nelson verheißen, dass wir nicht nur eine denkwürdige, sondern eine unvergessliche Erfahrung machen werden.

Meine Erfahrung ist denkwürdig, so wie es gewiss auch Ihre ist. Ob sie auch unvergesslich sein wird, hängt von uns selbst ab. Das ist mir wichtig, denn die Vorbereitung auf diese Konferenz hat mich in einer Weise verändert, die ich nie mehr missen möchte. Ich möchte das erklären.

Bei meiner Vorbereitung stieß ich auf einen Bericht über ein Ereignis bei der Wiederherstellung. Ich hatte schon viele Male davon gelesen, aber für mich war es immer ein Bericht über eine wichtige Versammlung gewesen, bei der Joseph Smith, der Prophet der Wiederherstellung, anwesend war. Diesmal aber erkannte ich in dem Bericht, wie der Herr uns, seine Jünger, in seiner Kirche führt. Ich habe erkannt, was es für uns als sterbliche Menschen bedeutet, vom Erretter der Welt geführt zu werden, dem Schöpfer, der alles weiß – Vergangenes, Gegenwärtiges und Zukünftiges. Er lehrt uns Schritt für Schritt, und er leitet uns, stets ohne Zwang.

Die Versammlung, von der ich spreche, war ein entscheidender Moment bei der Wiederherstellung. Es war eine Sonntagsversammlung, die am 3. April 1836 im Kirtland-Tempel in Ohio stattfand, sieben Tage nach dessen Weihung. Joseph Smith beschrieb diesen großartigen Moment in der Geschichte der Welt ganz schlicht. Ein Großteil seiner Schilderung ist in Lehre und Bündnisse, Abschnitt 110, verzeichnet:

„Am Nachmittag war ich den anderen Präsidenten beim Austeilen des Abendmahls an die Kirche behilflich, nachdem wir es von den Zwölf, denen an diesem Tag die Ehre zuteilgeworden war, die Handlung am heiligen Tisch vorzunehmen, empfangen hatten. Nachdem ich meinen Brüdern diesen Dienst erwiesen hatte, zog ich mich auf die Kanzel zurück, die Vorhänge wurden heruntergelassen, und zusammen mit Oliver Cowdery neigte ich mich in feierlichem und stillem Gebet. Nachdem wir uns vom Beten erhoben hatten, wurde uns beiden die folgende Vision zuteil.“1

„Der Schleier wurde von unserem Sinn weggenommen, und uns gingen die Augen unseres Verständnisses auf.

Wir sahen den Herrn auf der Brüstung der Kanzel vor uns stehen, und unter seinen Füßen war eine Pflasterarbeit aus reinem Gold, in der Farbe wie Bernstein.

Seine Augen waren wie eine Feuerflamme, sein Haupthaar war weiß wie reiner Schnee, sein Antlitz leuchtete heller als das Licht der Sonne, und seine Stimme tönte wie das Rauschen großer Gewässer, ja, die Stimme Jehovas, die sprach:

Ich bin der Erste und der Letzte; ich bin der, der lebt, ich bin der, der getötet worden ist; ich bin euer Fürsprecher beim Vater.

Siehe, eure Sünden sind euch vergeben; ihr seid rein vor mir; darum hebt euer Haupt empor und freut euch.

Lasst das Herz eurer Brüder sich freuen, und lasst das Herz all meines Volkes sich freuen, das mit all seiner Macht meinem Namen dieses Haus gebaut hat.

Denn siehe, ich habe dieses Haus angenommen, und mein Name wird hier sein, und ich werde mich meinem Volk mit Barmherzigkeit in diesem Haus kundtun.

Ja, ich werde meinen Dienern erscheinen und mit meiner eigenen Stimme zu ihnen sprechen, wenn mein Volk meine Gebote hält und dieses heilige Haus nicht verunreinigt.

Ja, das Herz Tausender und Zehntausender wird sich sehr freuen infolge der Segnungen, die ausgegossen werden sollen, und des Endowments, mit dem meine Diener in diesem Haus ausgerüstet worden sind.

Und der Ruhm dieses Hauses wird sich in fremde Länder ausbreiten, und das ist der Anfang der Segnung, die meinem Volk auf das Haupt ausgegossen werden wird. So ist es. Amen.

Nachdem diese Vision zu Ende war, öffneten sich uns die Himmel abermals, und Mose erschien vor uns und übertrug uns die Schlüssel zur Sammlung Israels von den vier Teilen der Erde und zur Rückführung der zehn Stämme aus dem Land des Nordens.

Danach erschien Elias und übertrug die Evangeliumszeit Abrahams und sagte, in uns und unseren Nachkommen würden alle Generationen nach uns gesegnet sein.

Nachdem diese Vision zu Ende war, wurde uns plötzlich eine weitere große und herrliche Vision eröffnet, denn der Prophet Elija, der in den Himmel aufgenommen wurde, ohne den Tod zu schmecken, stand vor uns und sprach:

Siehe, die Zeit ist völlig da, von der Maleachis Mund gesprochen hat – der bezeugte, dass er [Elija] gesandt werden würde, ehe der große und schreckliche Tag des Herrn käme –

um das Herz der Väter den Kindern und das der Kinder den Vätern zuzuwenden, damit nicht die ganze Erde mit einem Fluch geschlagen werde –,

darum sind die Schlüssel dieser Evangeliumszeit in eure Hände übergeben, und dadurch könnt ihr wissen, dass der große und schreckliche Tag des Herrn nahe ist, ja, vor der Tür.“2

Natürlich hatte ich diesen Bericht schon oft gelesen. Der Heilige Geist hatte mir bestätigt, dass er wahr ist. Doch als ich zur Vorbereitung auf diese Konferenz studierte, erkannte ich deutlicher die Macht des Herrn, seine Jünger in diesem Werk bis ins Einzelne zu führen.

Sieben Jahre bevor Mose im Kirtland-Tempel Joseph Smith die Schlüssel zur Sammlung Israels übertrug, „erfuhr Joseph aus dem Titelblatt des Buches Mormon, dass dessen Zweck darin bestand, ‚dem Überrest des Hauses Israel [zu] zeigen, [dass es] die Bündnisse des Herrn erkennen [soll] und dass es nicht für immer verstoßen ist‘. 1831 sagte der Herr zu Joseph, dass die Sammlung Israels in Kirtland beginnen werde, ‚und von dort [Kirtland] soll, wer auch immer ich will, hingehen unter alle Nationen, … denn Israel wird errettet werden, und ich werde sie führen‘.“3

Die Missionsarbeit war notwendig, um Israel zu sammeln, doch der Herr inspirierte seine Führer dazu, die Zwölf Apostel, die zu einigen unserer ersten Missionare wurden, anzuweisen: „Denkt daran, ihr sollt nicht zu anderen Völkern gehen, bevor ihr das Endowment empfangen habt!“4

Es scheint, dass der Kirtland-Tempel für den Schritt für Schritt ausgeführten Plan des Herrn mindestens aus zwei Gründen wichtig war: Zunächst wartete Mose, bis der Tempel fertiggestellt war, ehe er die Schlüssel zur Sammlung Israels wiederherstellte. Und zweitens hat Präsident Joseph Fielding Smith erklärt, dass „der Herr den Heiligen gebot, einen Tempel [den Kirtland-Tempel] zu bauen, in dem er die Schlüssel der Vollmacht offenbaren konnte und wo die Apostel das Endowment empfangen und darauf vorbereitet werden konnten, seinen Weingarten zum letzten Mal zu beschneiden“5. Das Endowment, wie wir es heute kennen, wurde im Kirtland-Tempel zwar nicht vollzogen, jedoch wurden dort in Erfüllung von Prophezeiung erste vorbereitende Tempelverordnungen eingeführt, verbunden mit einer Fülle geistiger Kundgebungen, die diejenigen, die auf Mission berufen wurden, wie verheißen mit „Macht aus der Höhe“6 ausrüsteten, was zu einer großen Sammlung durch den Missionsdienst führte.

Nachdem die Schlüssel zur Sammlung Israels Joseph Smith übertragen worden waren, inspirierte der Herr den Propheten dazu, die Mitglieder der Zwölf Apostel auf Mission zu schicken. Als ich mich damit beschäftigte, wurde mir klar, dass der Herr den Zwölf im Einzelnen den Weg bereitet hatte, ins Ausland auf Mission zu gehen, wo Menschen darauf vorbereitet worden waren, ihnen zu glauben und sie zu unterstützen. Mit der Zeit sollten durch sie Tausende in die wiederhergestellte Kirche des Herrn gebracht werden.

Unseren Unterlagen zufolge wird geschätzt, dass sich während der beiden Missionen der Zwölf auf den Britischen Inseln zwischen 7.500 und 8.000 Menschen taufen ließen. Dies legte das Fundament für die Missionsarbeit in Europa. Bis Ende des 19. Jahrhunderts hatten sich um die 90.000 Bekehrte in Amerika gesammelt, die meisten davon stammten von den Britischen Inseln und aus Skandinavien.7 Der Herr hatte Joseph und diese treuen Missionare inspiriert, die sich an die Arbeit machten, um eine Ernte zu erzielen, die ihnen damals sicher unerreichbar schien. Aber der Herr – mit seiner vollkommenen Voraussicht und Vorbereitung – hat es möglich gemacht.

Sie erinnern sich an die scheinbar schlichte und fast schon poetische Sprache aus Abschnitt 110 im Buch Lehre und Bündnisse:

„Siehe, die Zeit ist völlig da, von der Maleachis Mund gesprochen hat – der bezeugte, dass er [Elija] gesandt werden würde, ehe der große und schreckliche Tag des Herrn käme –

um das Herz der Väter den Kindern und das der Kinder den Vätern zuzuwenden, damit nicht die ganze Erde mit einem Fluch geschlagen werde –,

darum sind die Schlüssel dieser Evangeliumszeit in eure Hände übergeben, und dadurch könnt ihr wissen, dass der große und schreckliche Tag des Herrn nahe ist, ja, vor der Tür.“8

Ich bezeuge, dass der Herr weit in die Zukunft geblickt und gesehen hat, wie er uns führen muss, damit wir ihm dabei helfen, seine Absichten in den Letzten Tagen zu verwirklichen.

Als ich vor vielen Jahren der Präsidierenden Bischofschaft angehörte, wurde ich beauftragt, die Design- und Entwicklungsgruppe zu betreuen, die das entwarf, was wir schließlich FamilySearch nannten. Ich sage bewusst „betreuen“ statt „leiten“. Viele brillante Menschen ließen Arbeitsstellen hinter sich und kamen, um das zu erschaffen, was der Herr wollte.

Die Erste Präsidentschaft hatte als Ziel vorgegeben, die mehrfache Bearbeitung von heiligen Handlungen zu verringern. Die größte Sorge bereitete ihr, dass man nicht wissen konnte, ob die heiligen Handlungen für jemanden bereits vollzogen worden waren. Jahrelang – so kam es mir zumindest vor – fragte mich die Erste Präsidentschaft: „Wann werden Sie es fertig haben?“

Mit Gebet, Eifer und persönlichen Opfern von äußerst fähigen Menschen wurde die Aufgabe erfüllt. Es ging Schritt für Schritt. Die erste Aufgabe bestand darin, FamilySearch benutzerfreundlich für diejenigen zu gestalten, die sich nicht mit dem Computer auskennen. Weitere Änderungen kamen, und ich weiß, dass es noch weitere geben wird, denn immer, wenn wir ein Problem inspiriert lösen, öffnen wir die Tür zu weiterer Offenbarung für Fortschritte, die mindestens ebenso wichtig, aber noch nicht offenkundig sind. Selbst heute noch ist FamilySearch im Begriff, das zu werden, was der Herr für einen Teil seiner Wiederherstellung braucht – und nicht nur dazu, die mehrfache Bearbeitung von heiligen Handlungen zu vermeiden.

Der Herr ließ uns Verbesserungen vornehmen, um Menschen zu helfen, ein Gefühl der Vertrautheit mit ihren Vorfahren und sogar Liebe zu ihnen zu erlangen und für sie die heiligen Handlungen des Tempels zu erledigen. Jetzt – und der Herr wusste sicher, dass es so geschehen würde – werden junge Leute Computerhelfer für ihre Eltern und Mitglieder ihrer Gemeinde. Alle haben große Freude in diesem Dienst gefunden.

Der Geist des Elija wandelt jung und alt das Herz, Kindern und Eltern, Enkeln und Großeltern. Die Tempel werden bald wieder mit Freude Tauftermine und weitere heilige Handlungen ansetzen. Der Wunsch, unseren Vorfahren zu dienen, wächst und die Bindung zwischen Eltern und Kindern wird stärker.

Der Herr hat das alles kommen sehen. Er hat es Schritt für Schritt geplant, so wie auch bei weiteren Änderungen in seiner Kirche. Er hat gläubige Menschen erweckt und vorbereitet, die willens sind, auch Schwieriges gut zu erledigen. Er hat uns schon immer voll Liebe und Geduld geholfen, „Zeile um Zeile[,] Weisung um Weisung, hier ein wenig und dort ein wenig“9 zu lernen. Er ist entschlossen, was den Zeitplan und die Abfolge seiner Vorhaben betrifft, doch sorgt er dafür, dass Opfer oftmals bleibende Segnungen bringen, die wir nicht vorhergesehen haben.

Abschließend möchte ich dem Herrn danken – ihm, der Präsident Nelson inspiriert hat, mich zu ermuntern, ein Opfer zu bringen, um mich auf diese Konferenz vorzubereiten. Jede Stunde und jedes Gebet während meiner Vorbereitung brachte einen Segen.

Mögen alle, die diese Botschaft hören oder diese Worte lesen, fest daran glauben, dass der Herr die Wiederherstellung seines Evangeliums und seiner Kirche führt. Er geht vor uns her. Er hat vollkommenes Wissen über die Zukunft. Er fordert Sie zur Mitarbeit auf. Er arbeitet mit Ihnen zusammen. Er hat einen Plan, wie Sie dienen können. Und selbst wenn Sie Opfer bringen, werden Sie Freude verspüren, wenn Sie anderen helfen, sich zu erheben, um für sein Kommen bereit zu sein.

Ich bezeuge Ihnen, dass Gott, der Vater, lebt. Jesus ist der Messias. Dies ist seine Kirche. Er kennt Sie und er liebt Sie. Er führt Sie. Er hat den Weg für Sie bereitet. Im heiligen Namen Jesu Christi. Amen.