Generalkonferenz
Zu Christus kommen und wie ein Heiliger der Letzten Tage leben
Frühjahrs-Generalkonferenz 2020


Zu Christus kommen und wie ein Heiliger der Letzten Tage leben

Wir können Schwieriges bewältigen und auch anderen dabei helfen, weil wir wissen, in wen wir unser Vertrauen setzen können

Danke, Elder Soares, für Ihr machtvolles und prophetisches Zeugnis für das Buch Mormon. Unlängst durfte ich eine Seite des Originalmanuskripts des Buches Mormon in Händen halten. Auf dieser Seite waren – in dieser Evangeliumszeit zum ersten Mal – jene Worte zu lesen, die Nephi so beherzt verkündet hatte: „Ich will hingehen und das tun, was der Herr geboten hat; denn ich weiß, der Herr gibt den Menschenkindern keine Gebote, ohne ihnen einen Weg zu bereiten, damit sie das vollbringen können, was er ihnen gebietet.“1

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Seite des Originalmanuskripts des Buches Mormon

Ich hielt also dieses Blatt in Händen und war zutiefst dankbar dafür, dass der 23-jährige Joseph Smith es auf sich genommen hatte, durch die „Gabe und Macht Gottes“2 das Buch Mormon zu übersetzen. Ich war auch dankbar für die Worte, die Nephi in seiner Jugend geschrieben hatte, als er vor der ungemein schwierigen Aufgabe stand, von Laban die Messingplatten zu holen.

Nephi wusste: Wenn er sich nur weiterhin uneingeschränkt dem Herrn zuwendete, könne er das vollbringen, was der Herr ihm gebot. Sein Leben lang blieb Nephi uneingeschränkt dem Erretter zugewandt – selbst in Zeiten der Versuchung, der Schmerzen und sogar des Verrats naher Verwandter.

Nephi wusste, in wen er sein Vertrauen setzen konnte.3 Er klagte zwar: „O was bin ich doch für ein unglückseliger Mensch! Ja, mein Herz grämt sich meines Fleisches wegen“4, stellte jedoch unmittelbar darauf fest: „Mein Gott ist mein Beistand gewesen; er hat mich durch meine Bedrängnisse in der Wildnis geführt; und er hat mich auf den Wassern der großen Tiefe bewahrt.“5

Auch uns in der Nachfolge Christi bleiben Herausforderungen und Prüfungen nicht erspart. Auch uns wird mitunter Schwieriges abverlangt, was uns überfordern würde oder gar unmöglich zu bewältigen wäre, wollten wir die Sache alleine angehen. Nehmen wir jedoch die Aufforderung des Erretters an, zu ihm zu kommen,6 dann schenkt er uns den nötigen Beistand, Trost und Frieden, so wie er dies auch Nephi und Joseph schenkte. Selbst in den schlimmsten Prüfungen können wir, so wir ihm vertrauen und seinen Willen annehmen, seine tröstliche Liebe spüren. Wir können die Freude verspüren, die seinen treuen Jüngern vorbehalten ist, denn „Christus [ist] Freude“.7

Als wir 2014 eine Vollzeitmission erfüllten, ereignete sich in unserer Familie ein folgenschwerer Unfall: Unser jüngster Sohn stürzte mit seinem Longboard auf einem steilen Hang und zog sich eine lebensbedrohliche Hirnverletzung zu. Sein Zustand verschlimmerte sich zusehends und rasch wurde er auf eine Notoperation vorbereitet.

Unsere Familie kniete in einem gerade unbelegten Krankenhauszimmer nieder, und wir schütteten Gott unser Herz aus. Mitten in unserem verstörenden Schmerz waren wir erfüllt von der Liebe und dem Frieden unseres Vaters im Himmel.

Wir wussten nicht, was die Zukunft bereithielt und ob unser Sohn überleben würde. Doch eines wussten wir mit Bestimmtheit: dass sein Leben in Gottes Hand lag und dass – aus ewiger Sicht – alles zu seinem und zu unserem Guten zusammenwirken würde. Dank der Gabe des Geistes waren wir vollständig bereit, anzunehmen, was auch immer kommen sollte.

Leicht war das nicht! Der Unfall zog einen zwei Monate langen Krankenhausaufenthalt nach sich, während wir über 400 Vollzeitmissionare präsidierten. Unser Sohn litt unter massivem Gedächtnisverlust. Er musste sich langwierigen, mühsamen physiotherapeutischen, logopädischen und ergotherapeutischen Behandlungen unterziehen. Noch ist nicht alles ganz im Lot, doch nach und nach haben wir ein Wunder erlebt.

Uns ist deutlich bewusst, dass nicht jede Prüfung so ausgeht, wie wir es uns wünschen. Wenn wir uns jedoch weiterhin uneingeschränkt Christus zuwenden, verspüren wir Frieden und erleben zu der von Gott festgesetzten Zeit und auf seine Weise Wunder, wie diese auch aussehen mögen.

Es gibt Zeiten, da können wir schlicht und einfach nicht erkennen, wie die gegenwärtige Situation jemals ein gutes Ende nehmen könnte, und sagen vielleicht mit Nephi: „Mein Herz grämt sich meines Fleisches wegen.“8 Es mag Zeiten geben, da liegt unsere einzige Hoffnung allein in Jesus Christus. Welch ein Segen ist es doch, solche Hoffnung und solches Gottvertrauen zu haben! Christus ist derjenige, der sich stets an seine Verheißungen hält. Allen, die zu ihm kommen, spricht er Ruhe und Erquickung zu.9

Unsere Führer wünschen sich zutiefst, dass alle den Frieden und den Trost verspüren, die in uns Einzug halten, wenn wir auf den Erretter Jesus Christus vertrauen und uns ihm uneingeschränkt zuwenden.

Unser lebender Prophet, Präsident Russell M. Nelson, hat uns kundgetan, was der Herr für die Welt und für die Mitglieder der Kirche Christi vorgesehen hat: „Unsere Botschaft an die Welt ist einfach und aufrichtig: Wir laden alle Kinder Gottes auf beiden Seiten des Schleiers dazu ein, zu ihrem Erretter zu kommen, die Segnungen des heiligen Tempels zu empfangen, dauerhafte Freude zu haben und sich für das ewige Leben bereitzumachen.“10

Der Aufruf, „zu Christus zu kommen“, bringt für die Heiligen der Letzten Tage einige konkrete Folgen mit sich.11 Als Mitglieder der Kirche des Erretters sind wir mit ihm Bündnisse eingegangen und sind seine geistig gezeugten Söhne und Töchter geworden.12 Wir dürfen uns auch mit dem Herrn gemeinsam daran beteiligen, andere dazu aufzurufen, zu ihm zu kommen.

In diesem Werk, das wir Seite an Seite mit Christus verrichten, sollten wir uns vorrangig und ganz besonders unseren Lieben daheim zuwenden. Bisweilen stehen unsere Angehörigen oder auch gute Freunde vor Herausforderungen. Die Stimmen der Welt und vielleicht auch ihre eigenen Wünsche veranlassen sie unter Umständen dazu, die Wahrheit anzuzweifeln. Wir müssen alles tun, was in unserer Macht steht, damit sie die Liebe des Erretters und auch unsere Liebe zu ihnen spüren. In diesem Zusammenhang kommt mir eine Schriftstelle in den Sinn, die in unserem schönen Lied „Liebet einander“ vertont worden ist: „Daran werden alle erkennen, dass ihr meine Jünger seid: wenn ihr einander liebt.“13

Aus unserer Liebe zu denen heraus, die die Wahrheit in Frage stellen, könnte der Feind aller Freude uns dazu verleiten, es als Verrat an ihnen zu betrachten, wenn wir selbst weiterhin die Fülle des Evangeliums leben und dessen Wahrheiten verkünden.

Wie gut wir anderen dabei helfen können, zu Christus zu kommen oder zu ihm zurückzukehren, hängt zu einem Großteil davon ab, wie beispielhaft wir uns persönlich verpflichten, auf dem Weg der Bündnisse zu bleiben.

Ist es unser aufrichtiger Wunsch, diejenigen zu retten, die wir lieben, dann müssen wir selbst fest in Christus verankert bleiben und an seiner Kirche und der Fülle seines Evangeliums festhalten.

Doch nun zurück zu Nephis Geschichte: Wir wissen, dass Nephis Bedürfnis, sein Vertrauen in den Herrn zu setzen, vom Beispiel seiner Eltern beeinflusst worden war, die ihrerseits geneigt waren, dem Herrn zu vertrauen, und die ihre Bündnisse hielten. In Lehis Vision vom Baum des Lebens wird dies sehr schön dargestellt. Nachdem Lehi von der süßen, freudebringenden Frucht des Baumes gegessen hatte, ließ er seine „Augen umherschweifen[,] um vielleicht auch [seine] Familie zu sehen“14. Er sah Saria, Sam und Nephi, die dort standen, „als wüssten sie nicht, wohin sie gehen sollten“15. Lehi erzählte: „Ich winkte sie herbei, und ich rief ihnen auch mit lauter Stimme zu, sie sollten zu mir herkommen und von der Frucht essen, die begehrenswerter war als jede andere Frucht.“16 Beachten Sie, dass sich Lehi bei alledem nicht vom Baum des Lebens entfernte. Er blieb dem Herrn geistig nahe und lud seine Familie ein, dorthin zu kommen, wo er sich befand, damit auch sie von der Frucht genießen konnte.

Der Widersacher verlockt einige dazu, sich dadurch von der Freude des Evangeliums abzuwenden, dass sie die Lehren Christi von seiner Kirche trennen. Er will uns einreden, wir könnten auf uns allein gestellt – aufgrund unserer eigenen geistigen Gesinnung, losgelöst von der Kirche – fest auf dem Weg der Bündnisse bleiben.

Die Kirche Christi wurde in diesen Letzten Tagen zu dem Zweck wiederhergestellt, dass die Kinder Christi, die Kinder des Bundes, auf Gottes Weg der Bündnisse Hilfe erhalten und darauf verbleiben.

In Lehre und Bündnisse lesen wir: „Siehe, dies ist meine Lehre: Wer auch immer umkehrt und zu mir kommt, der ist meine Kirche.“17

Da wir die Kirche Christi haben, werden wir durch unsere Erlebnisse als Gemeinschaft der Heiligen gestärkt. Durch seine Propheten, Seher und Offenbarer vernehmen wir seine Stimme. Und vor allem gelangen wir durch seine Kirche in den Genuss all der unentbehrlichen Segnungen des Sühnopfers Christi, die uns nur durch die Teilnahme an heiligen Handlungen offenstehen.

Die Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage ist die Kirche Christi auf Erden. Zum Nutzen aller Kinder Gottes wurde sie in diesen Letzten Tagen wiederhergestellt.

Ich bezeuge, dass wir, so wir zu Christus kommen und wie Heilige der Letzten Tage leben, in vermehrtem Maß mit seiner Liebe, seiner Freude und seinem Frieden gesegnet sind. Wie Nephi können wir Schwieriges bewältigen und auch anderen dabei helfen, weil wir wissen, in wen wir unser Vertrauen setzen können.18 Christus ist unser Licht, unser Leben und unsere Errettung.19 Im Namen Jesu Christi. Amen.