2010–2019
Sie konnten ihre Lasten mühelos tragen
April 2014


Sie konnten ihre Lasten mühelos tragen

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Elder David A. Bednar

Die Last, die wir tragen (und die bei jedem eine andere ist), hilft uns, auf die Verdienste, die Barmherzigkeit und die Gnade des heiligen Messias zu bauen.

Ein guter Freund war in den Anfangsjahren seiner Ehe überzeugt, dass er und seine Familie einen Pick-up mit Allradantrieb brauchten. Seine Frau war aber sicher, dass er das neue Fahrzeug nicht brauchte, sondern nur wollte. Scherzhaft begannen der Mann und seine Frau zunächst eine Diskussion über die Vor- und Nachteile einer solchen Anschaffung.

„Liebling, wir brauchen einen Allrad-Pick-up!“

Sie: „Wozu brauchen wir denn einen neuen Pick-up?“

Auf diese Frage gab er ihr die seiner Meinung nach perfekte Antwort: „Was, wenn wir in einem fürchterlichen Unwetter Milch für die Kinder holen müssen und ich den Laden nur mit dem Pick-up erreichen kann?“

Seine Frau darauf lächelnd: „Wenn wir einen neuen Pick-up kaufen, haben wir kein Geld mehr für Milch und brauchen uns keine Sorgen zu machen, wie wir im Notfall zum Laden kommen!“

Sie setzten sich mit dem Thema weiter auseinander und beschlossen schließlich doch, den Wagen zu kaufen. Kurz nachdem mein Freund das neue Fahrzeug erworben hatte, wollte er dessen Nützlichkeit unter Beweis stellen und seine Beweggründe für den Kauf rechtfertigen. Und so machte er sich auf, im Wald Brennholz zu hacken und es nach Hause zu befördern. Es war Herbst, und in den Bergen, wo er das Holz holen wollte, lag bereits Schnee. Je höher er kam, desto tiefer wurde der Schnee. Meinem Freund war klar, dass die Straßenverhältnisse eine Gefahr darstellten, aber er fuhr mit großem Vertrauen in seinen neuen Pick-up weiter.

Leider fuhr er auf der verschneiten Straße zu weit hinauf. Als er an der Stelle, wo er das Holz holen wollte, mit dem Wagen von der Straße abbog, blieb er stecken. Alle vier Räder seines neuen Wagens drehten durch. Mein Freund sah sogleich ein, dass er nicht wusste, wie er sich aus dieser gefährlichen Lage befreien sollte. Er war beschämt und besorgt.

Und doch beschloss mein Freund, er werde nicht einfach dort herumsitzen. Er stieg aus und machte sich daran, Holz zu hacken. Er füllte die Pritsche bis oben mit der schweren Ladung. Und dann entschloss er sich, noch einen Versuch zu machen, um aus dem Schnee herauszukommen. Als er den Gang einlegte und Gas gab, bewegte sich der Pick-up zentimeterweise vorwärts. Langsam fuhr der Wagen von dem verschneiten Waldweg zurück auf die Straße. Endlich war mein Freund frei und konnte nach Hause zurückkehren – glücklich, aber auch kleinlaut.

Jeder trägt eine Last

Ich bete um den Beistand des Heiligen Geistes, wenn ich nun aus dieser Geschichte über meinen Freund, sein Auto und das Holz wertvolle Lehren ziehe. Es war die Last. Durch die Ladung Holz entstand der Kraftschluss, den er brauchte, um aus dem Schnee herauszukommen, zur Straße zurückzukehren und weiterzufahren. Es war die Last, die es ihm möglich machte, nach Hause zu seiner Familie zurückzukehren.

Auch wir tragen eine Last. Unsere Last besteht aus Anforderungen und Chancen, Verpflichtungen und Rechten, Bedrängnissen und Segnungen, Wahlmöglichkeiten und Einschränkungen. Zwei Fragen können als uns Richtschnur dienen, wenn wir uns zuweilen gebeterfüllt mit unserer Last auseinandersetzen: „Erzeugt die Last, die ich trage, den geistigen Kraftschluss, der mich in die Lage versetzt, mit Glauben an Christus auf dem engen und schmalen Pfad vorwärtszustreben und nicht steckenzubleiben? Entsteht durch die Last, die ich trage, ein geistig ausreichender Kraftschluss, sodass ich schließlich zum Vater im Himmel heimkehren kann?“

Mitunter sind wir der irrigen Ansicht, Glücklichsein bedeute, frei von jeglicher Last zu sein. Eine Last zu tragen ist jedoch ein notwendiger und wichtiger Bestandteil des Plans des Glücklichseins. Da die Last, die jeder Einzelne trägt, geistig den nötigen Kraftschluss erzeugen muss, sollten wir sorgsam darauf achten, dass wir nicht vieles mit uns herumschleppen, was zwar nett, aber nicht notwendig ist, und uns dadurch von dem ablenken und abbringen lassen, worauf es wirklich ankommt.

Die stärkende Macht des Sühnopfers

Der Erretter hat gesagt:

„Kommt alle zu mir, die ihr euch plagt und schwere Lasten zu tragen habt. Ich werde euch Ruhe verschaffen.

Nehmt mein Joch auf euch und lernt von mir; denn ich bin gütig und von Herzen demütig; so werdet ihr Ruhe finden für eure Seele.

Denn mein Joch drückt nicht, und meine Last ist leicht.“ (Matthäus 11:28-30.)

Ein Joch ist ein Holzbalken, unter den zwei Ochsen oder andere Tiere gespannt werden, damit sie gemeinsam eine Last ziehen. Unter dem Joch gehen die Tiere Seite an Seite, damit sie gemeinsam vorankommen und ihre Aufgabe erfüllen.

Denken Sie einmal darüber nach, wie persönlich die Aufforderung des Heilands ist: „Nehmt mein Joch auf euch.“ Indem wir heilige Bündnisse schließen und halten, gehen wir mit dem Herrn Jesus Christus Seite an Seite wie unter einem Joch. Im Grunde bittet uns der Heiland, dass wir uns auf ihn verlassen und mit ihm an einem Strang ziehen, auch wenn unsere größten Bemühungen nie an seine heranreichen und nicht vergleichbar sind. Doch in dem Maße, wie wir auf unserer Reise durchs Erdenleben auf ihn vertrauen und unsere Last gemeinsam mit ihm ziehen, drückt sein Joch gewiss nicht, und seine Last ist leicht.

Wir sind nicht allein und müssen es auch nie sein. Mit Hilfe vom Himmel können wir im täglichen Leben vorwärtsstreben. Durch das Sühnopfer des Erlösers erhalten wir Kraft und Fähigkeiten, die über unsere eigenen hinausgehen (siehe „Lord, I Would Follow Thee“, Hymns, Nr. 220). Der Herr hat ja gesagt: „Darum setzt eure Reise fort, und euer Herz möge sich freuen; denn siehe, ja siehe, ich bin bei euch, ja, bis ans Ende.“ (LuB 100:12.)

Denken Sie an das Beispiel im Buch Mormon, als Alma und sein Volk von Amulon verfolgt wurden. Die Stimme des Herrn erging an diese Jünger in ihren Bedrängnissen: „Erhebt das Haupt und seid voller Trost, denn ich weiß von dem Bund, den ihr mir gemacht habt; und ich werde mit meinem Volk einen Bund machen und es aus der Knechtschaft befreien.“ (Mosia 24:13.)

Beachten Sie, von welch zentraler Bedeutung die Bündnisse für die verheißene Befreiung sind. Bündnisse, die in Rechtschaffenheit eingegangen und gehalten werden, sowie heilige Handlungen, die mit der richtigen Priestertumsvollmacht vollzogen werden, sind notwendig, damit man alle Segnungen empfängt, die einem dank des Sühnopfers Jesu Christi offenstehen. Denn in den Verordnungen des Priestertums wird die Macht des Göttlichen den Menschen im Fleische kundgetan, und das betrifft auch die Segnungen des Sühnopfers (siehe LuB 84:20,21).

Rufen wir uns noch einmal die Aussage des Heilands „Denn mein Joch drückt nicht und meine Last ist leicht“ (Matthäus 11:30) in Erinnerung, wenn wir nun im Bericht über Alma und sein Volk den nächsten Vers betrachten.

„Und ich werde auch die Lasten, die euch auf die Schultern gelegt sind, leicht machen, sodass ihr sie nicht mehr auf eurem Rücken spüren könnt.“ (Mosia 24:14.)

Viele meinen vielleicht, diese Schriftstelle sage aus, dass einem die Last unversehens und endgültig genommen wird. Im nächsten Vers wird jedoch beschrieben, auf welche Weise die Last leicht gemacht wurde:

„Und nun begab es sich: Die Lasten, die Alma und seinen Brüdern aufgelegt waren, wurden leicht gemacht; ja, der Herr stärkte sie, sodass sie ihre Lasten mühelos tragen konnten, und sie unterwarfen sich frohgemut und mit Geduld in allem dem Willen des Herrn.“ (Mosia 24:15; Hervorhebung hinzugefügt.)

Die Belastungen und Schwierigkeiten wurden ihnen nicht unvermittelt abgenommen. Alma und seine Anhänger wurden jedoch gestärkt und vermochten die Last besser zu tragen – und dadurch wurde sie leichter. Diese guten Menschen wurden durch das Sühnopfer befähigt, für sich selbst zu handeln (vgl. LuB 58:26–29) und ihre Umstände zu beeinflussen. Und „in der Kraft des Herrn“ (Worte Mormons 1:14; Mosia 9:17; 10:10; Alma 20:4) wurden Alma und sein Volk in das Land Zarahemla geführt, wo sie in Sicherheit waren.

Das Sühnopfer Jesu Christi überwindet nicht nur die Folgen des Falls Adams und ermöglicht die Vergebung unserer eigenen Sünden und Übertretungen. Es befähigt uns auch, Gutes zu tun und besser zu werden, und zwar auf eine Weise, die weit über unsere irdischen Fähigkeiten hinausgeht. Die meisten von uns wissen, dass der Erretter es uns möglich gemacht hat, durch seine erlösende Macht rein zu werden, wenn wir etwas falsch gemacht haben und Hilfe brauchen, um die Folgen der Sünde zu überwinden. Begreifen wir aber auch, dass das Sühnopfer den gläubigen Menschen zugutekommt, die gehorsam, würdig und gewissenhaft sind und sich bemühen, besser zu werden und noch treuer zu dienen? Ich frage mich, ob wir diesen stärkenden Aspekt des Sühnopfers wirklich zur Gänze zu schätzen wissen und nicht fälschlicherweise annehmen, wir müssten unsere Last ganz alleine tragen – mit schierer Willenskraft, Entschlossenheit und Disziplin und mithilfe unserer offensichtlich begrenzten Fähigkeiten.

Es ist eine Sache zu wissen, dass Jesus Christus auf die Erde gekommen ist, um für uns zu sterben. Wir müssen aber auch erkennen, dass der Herr uns durch sein Sühnopfer und durch die Macht des Heiligen Geistes beleben möchte – nicht nur, um uns zu führen, sondern auch, um uns zu stärken und zu heilen.

Der Erlöser steht seinem Volk bei

Alma erklärt, warum und wie der Erlöser uns befähigen kann:

„Und er wird hingehen und Schmerzen und Bedrängnisse und Versuchungen jeder Art leiden; und dies, damit sich das Wort erfülle, das da sagt, er werde die Schmerzen und die Krankheiten seines Volkes auf sich nehmen.

Und er wird den Tod auf sich nehmen, auf dass er die Bande des Todes löse, die sein Volk binden; und er wird ihre Schwächen auf sich nehmen, auf dass sein Inneres von Barmherzigkeit erfüllt sei gemäß dem Fleische, damit er gemäß dem Fleische wisse, wie er seinem Volk beistehen könne gemäß dessen Schwächen.“ (Alma 7:11,12.)

Der Erlöser hat also nicht nur wegen unserer Sünden und Übeltaten gelitten, sondern auch wegen unserer körperlichen Schmerzen und Qualen, unserer Schwächen und Unzulänglichkeiten, unserer Ängste und unserer Mutlosigkeit, unserer Enttäuschungen und Verzagtheit, unserer Reue und unserer Gewissensbisse, unserer Verzweiflung und Hoffnungslosigkeit, und der Ungerechtigkeit und Ungleichbehandlung wegen, die uns widerfährt, sowie der Seelenpein, die uns bedrängt.

Es gibt keinen körperlichen Schmerz, keine geistige Wunde, keine seelische Qual, keinen Kummer, keine Krankheit und keine Schwäche, die Sie oder ich im Erdenleben je ertragen müssen, die der Erlöser nicht schon zuvor ertragen hätte. In einem schwachen Augenblick rufen wir vielleicht aus: „Niemand weiß, wie das ist. Niemand versteht mich.“ Aber der Sohn Gottes weiß und versteht es vollkommen, denn er hat die Last eines jeden von uns gespürt und getragen. Und wegen seines unbegrenzten und ewigen Opfers (siehe Alma 34:14) ist sein Einfühlungsvermögen vollkommen, und er kann uns seinen Arm der Barmherzigkeit entgegenstrecken. Er kann uns erreichen, uns berühren, uns beistehen, uns heilen und uns Kraft geben, größer zu werden, als wir es je sein könnten, und uns helfen, etwas zu vollbringen, was wir niemals vollbringen könnten, solange wir uns bloß auf unsere eigene Kraft verlassen. Ja, sein Joch drückt nicht, und seine Last ist leicht.

Eine Einladung, eine Verheißung und ein Zeugnis

Ich rate Ihnen: Wenn Sie an die Last denken, die Sie zu tragen haben, dann lesen Sie in den heiligen Schriften, beten Sie, sinnen Sie nach und bemühen Sie sich, das Sühnopfer Jesu besser zu verstehen. In vielerlei Hinsicht können wir das Sühnopfer mit dem menschlichen Verstand gar nicht erfassen. Aber viele Aspekte des Sühnopfers können und müssen wir verstehen.

Die Ladung Holz rettete meinen Freund, weil sie den nötigen Kraftschluss erzeugte. Das leere Fahrzeug konnte trotz des Allradantriebs im Schnee nicht vorwärtskommen. Nur durch eine schwere Last konnte der Kraftschluss entstehen.

Es war die Last. Es war die Last, die den Kraftschluss erzeugte, die meinen Freund in die Lage versetzte, freizukommen, auf die Straße zurückzukehren, vorwärtszustreben und zu seiner Familie heimzukehren.

Die Last, die wir tragen (und die bei jedem eine andere ist), hilft uns, auf die Verdienste, die Barmherzigkeit und die Gnade des heiligen Messias zu bauen (siehe 2 Nephi 2:8). Ich bezeuge und verheiße, dass der Erlöser uns helfen wird, unsere Last mühelos zu tragen (vgl. Mosia 24:15). Wenn wir durch heilige Bündnisse mit ihm unter seinem Joch verbunden sind und die befähigende Macht seines Sühnopfers im täglichen Leben annehmen, dann wird uns immer mehr daran gelegen, seinen Willen zu begreifen und danach zu leben. Dann beten wir auch um die Kraft, aus unseren Umständen zu lernen und sie entweder zu ändern oder anzunehmen, statt unablässig darum zu beten, dass Gott die Umstände so ändert, dass es unserem Willen entspricht. Somit handeln wir für uns selbst, anstatt passiv auf uns einwirken zu lassen (vgl. 2 Nephi 2:14). Wir werden geistig mit dem nötigen Kraftschluss gesegnet.

Mögen wir alle durch das Sühnopfer des Erlösers besser handeln und besser werden. Heute ist der 6. April. Durch Offenbarung wissen wir, dass dies das tatsächliche und genaue Datum der Geburt des Erretters ist. Der 6. April ist außerdem der Tag, an dem die Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage gegründet wurde (siehe LuB 20:1; Harold B. Lee, „Strengthen the Stakes of Zion“, Ensign, Juli 1973, Seite 2; Spencer W. Kimball, „Why Call Me Lord, Lord, and Do Not the Things Which I Say“, Ensign, Mai 1975, Seite 4; Spencer W. Kimball, „Remarks and Dedication of the Fayette, New York, Buildings“, Ensign, Mai 1980, Seite 54; Discourses of President Gordon B. Hinckley, Volume 1: 1995–1999, 2005, Seite 409). An diesem besonderen und heiligen Sabbat verkünde ich mein Zeugnis, dass Jesus der Christus unser Erlöser ist. Er lebt und wird uns reinigen, heilen, führen, beschützen und stärken. Von all dem gebe ich freudig Zeugnis im heiligen Namen Jesu Christi. Amen.