2000–2009
Der Gottesdienst im Tempel – die Quelle der Kraft und der Stärke in Zeiten der Not
April 2009


Der Gottesdienst im Tempel – die Quelle der Kraft und der Stärke in Zeiten der Not

Wenn wir unsere Tempelbündnisse halten und rechtschaffen leben, gibt es keinen Grund, sich zu sorgen oder verzweifelt zu sein.

Die Mitglieder der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage können sich glücklich schätzen, in einer Zeit zu leben, da der Herr seine Propheten inspiriert hat, dafür zu sorgen, dass sie erheblich leichter einen heiligen Tempel erreichen können. Die Mehrzahl der Mitglieder kann mit sorgfältiger Planung und ein wenig Opferbereitschaft die heiligen Handlungen des Tempels für sich und ihre Vorfahren empfangen und von den dort geschlossenen Bündnissen profitieren.

Weil mir so viel an Ihnen liegt, werde ich von Mensch zu Mensch und ohne Umschweife zu Ihnen sprechen. Mir ist schon oft aufgefallen, dass manch einer große Opfer auf sich nimmt, um einen weit entfernten Tempel zu besuchen. Wird aber ein Tempel ganz in der Nähe gebaut, gehen viele schon nach kurzer Zeit nicht mehr regelmäßig dorthin. Ich möchte Ihnen einen Vorschlag machen. Wenn ein Tempel bequem zu erreichen ist, können schon Kleinigkeiten Sie davon abhalten, in den Tempel zu gehen. Machen Sie unter Berücksichtigung Ihrer Lebensumstände konkrete Pläne, wann Sie an den heiligen Handlungen teilnehmen können und werden. Gestatten Sie dann nichts und niemandem, diese Pläne zu durchkreuzen. Diese Vorgehensweise garantiert, dass diejenigen, die in der Nähe eines Tempels wohnen, genauso gesegnet werden wie diejenigen, die weit im Voraus planen und eine lange Reise zum Tempel unternehmen.

Vor vierzehn Jahren beschloss ich, wenigstens einmal in der Woche in den Tempel zu gehen und eine heilige Handlung zu vollziehen. Wenn ich auf Reisen bin, hole ich die versäumten Besuche nach, um mein Ziel zu erreichen. Ich habe mich an diesen Vorsatz gehalten, und er hat mein Leben von Grund auf verändert. Ich bin bestrebt, an all den verschiedenen heiligen Handlungen, die es im Tempel gibt, teilzunehmen.

Ich möchte Sie auffordern, sich Ihr eigenes Ziel zu setzen, wie oft Sie in den Tempel gehen und in den Genuss der heiligen Handlungen kommen möchten, die dort angeboten werden. Gibt es etwas, was wichtiger wäre, als die heiligen Handlungen des Tempels zu empfangen? Welche Betätigung könnte einen größeren Einfluss auf ein Ehepaar haben, mehr Freude und tief empfundenes Glück auslösen, als gemeinsam im Tempel Gott zu dienen?

Ich möchte Ihnen nun noch ein paar zusätzliche Anregungen geben, wie Sie aus Ihrem Tempelbesuch größeren Nutzen ziehen können.

  • Machen Sie sich die Lehre bewusst, die mit den heiligen Handlungen des Tempels zu tun hat, insbesondere die Bedeutung des Sühnopfers Jesu Christi.1

  • Wenn Sie an heiligen Handlungen teilnehmen, denken Sie über Ihre Beziehung zu Jesus Christus und seine Beziehung zu unserem himmlischen Vater nach. Dieser einfache Schritt wird Ihnen eine größere Einsicht in die überragende Bedeutung der heiligen Handlungen des Tempels verschaffen.

  • Bringen Sie im Gebet stets Ihren Dank für die unvergleichlichen Segnungen zum Ausdruck, die aus den heiligen Handlungen des Tempels erwachsen. Leben Sie jeden Tag so, dass Sie dem himmlischen Vater und seinem geliebten Sohn damit beweisen, wie viel Ihnen diese Segnungen bedeuten.

  • Planen Sie regelmäßige Besuche im Tempel ein.

  • Nehmen Sie sich genügend Zeit, um innerhalb des Tempel nicht in Eile zu geraten.

  • Sorgen Sie für Abwechslung, indem Sie an allen heiligen Handlungen, die es gibt, teilnehmen.

  • Legen Sie Ihre Uhr ab, wenn Sie das Haus des Herrn betreten.

  • Verfolgen Sie die Vorführung einer heiligen Handlung Stück für Stück aufmerksam und mit offenem Sinn und Herzen.

  • Denken Sie an denjenigen, für den Sie stellvertretend eine heilige Handlung durchführen. Beten Sie hin und wieder, dass der Betreffende die große Bedeutung der heiligen Handlungen erkennt und würdig ist oder sich würdig macht, daraus Nutzen zu ziehen.

  • Machen Sie sich klar, dass man vieles von der Erhabenheit einer Siegelung nicht verstehen und behalten kann, wenn man es nur einmal erlebt. Wenn man immer wieder stellvertretend die Arbeit für andere erledigt, kann man viel besser begreifen, worum es in den heiligen Handlungen geht.

  • Machen Sie sich bewusst, dass eine Siegelung keinen Bestand hat, wenn sie nicht vom Heiligen Geist der Verheißung gesiegelt wird. Beide Partner müssen würdig sein und den Wunsch haben, dass die Siegelung auf ewig gültig ist.

Falls Sie als Ehepaar noch nicht im Tempel gesiegelt wurden, denken Sie über diese Schriftstelle nach:

„In der celestialen Herrlichkeit gibt es drei Himmel oder Grade, und um den höchsten zu erlangen, muss man in diese Ordnung des Priestertums [nämlich den neuen und immerwährenden Bund der Ehe] eintreten; und wenn jemand das nicht tut, so kann er ihn nicht erlangen.

Er kann in einen anderen eingehen, aber das ist das Ende seines Reiches; er kann keine Vermehrung haben.“ (LuB 131:1-4.)

Wenn ich beim Weihungsgottesdienst für einen Tempel dem Chor zuhöre, ergreift mich manchmal seelisch und geistig ein Hochgefühl. Ich schließe dann meine Augen, und mehr als einmal hatte ich schon die Vorstellung, dass eine Menschentraube vom Tempel aus emporschwebt. Ich hatte das Gefühl, dass es sich dabei um eine Vielzahl von Geistern handelte, die darauf warteten, dass das stellvertretende Werk an dieser heiligen Stätte für sie getan wird. Sie freuten sich, dass es endlich einen Ort gab, an dem sie von den Ketten befreit werden konnten, die sie an ihrem ewigen Fortschritt hinderten. Um dies zu erreichen, müssen Sie die stellvertretende Arbeit tun. Sie müssen nach Ihren Vorfahren suchen. Durch das neue FamilySearchTM-Programm ist dies leichter als bisher. Es ist notwendig, die Vorfahren zu finden, ihre Namen vorzubereiten und zum Haus des Herrn zu kommen, um die heiligen Handlungen zu vollziehen, nach denen sie sich sehnen. Was für eine Freude ist es doch, sich an der Tempelarbeit zu beteiligen!

Ich möchte gern etwas erzählen, was eine Vorfahrin meiner Frau Jeanene erlebt hat. Sie hieß Sarah DeArmon Pea Rich. Ihr Bericht zeigt, welchen Einfluss der Tempel auf uns haben kann. Mit 31 Jahren wurde sie von Brigham Young berufen, im Nauvoo-Tempel zu arbeiten. Dort wurden alle heiligen Handlungen, die möglich waren, vollzogen, bevor die Heiligen den Tempel aufgeben mussten. Sie schrieb:

„Zahlreich waren die Segnungen, die wir im Haus des Herrn empfangen hatten, und sie brachten uns Freude und Trost inmitten all unserer Sorgen und befähigten uns, auf Gott zu vertrauen, da wir wussten, dass er uns bei der Reise ins Unbekannte, die uns bevorstand, leiten und stützen würde. Hätten wir nämlich unseren Glauben und die Erkenntnis nicht gehabt, die wir in diesem Tempel durch den Einfluss und die Hilfe des Geistes des Herrn empfangen hatten, wäre unsere Reise wie ein Sprung in die Dunkelheit gewesen. Sich in dem Winter, der damals herrschte, auf eine solche Reise zu begeben – mittellos, wie wir waren –, war augenscheinlich der Weg in den sicheren Tod. Doch wir hatten Glauben an unseren himmlischen Vater und setzten unser Vertrauen auf ihn und waren überzeugt, sein auserwähltes Volk zu sein, das sein Evangelium angenommen hatte. Statt Kummer empfanden wir Freude, dass der Tag unserer Errettung gekommen war.“2

Jetzt möchte ich darüber sprechen, welche besondere Bedeutung der Tempel für mich hat. Ein Teil dieser Botschaft wird sehr persönlich sein; ich wäre Ihnen also dankbar, wenn Sie für mich beten, damit ich nicht allzu sentimental werde.

Vor vierzehn Jahren holte der Herr meine Frau auf die andere Seite des Schleiers. Ich liebe sie von ganzem Herzen, aber ich habe mich niemals beklagt, weil ich weiß, dass es sein Wille war. Ich habe nie nach dem Grund gefragt, sondern vielmehr danach, was er mich wohl aus dieser Erfahrung lernen lassen wollte. Ich glaube, dass dies ein guter Ansatz ist, sich den unerfreulichen Dingen im Leben zu stellen – sich nicht zu beklagen, sondern dem Herrn für das Vertrauen zu danken, das er in uns setzt, wenn er uns die Gelegenheit gibt, Schwierigkeiten zu überwinden.

Wir waren mit Kindern gesegnet worden. Unser erstes Kind, eine Tochter, ist auch weiterhin ein riesiger Segen für uns. Ein paar Jahre später bekamen wir einen Sohn, den wir Richard nannten. Einige Jahre später kam eine weitere Tochter zur Welt. Sie starb nach nur wenigen Minuten.

Unser Sohn Richard wurde mit einem Herzfehler geboren. Uns wurde damals gesagt, dass er wahrscheinlich nur zwei oder drei Jahre leben würde, wenn der Herzfehler nicht behoben werden könnte. Das ist schon so lange her, dass man die Techniken, die heute in einem solchen Fall angewandt werden, noch gar nicht kannte. Dennoch gelang es uns, eine Klinik zu finden, wo die Ärzte bereit waren, die notwendige Operation zu versuchen. Die Operation musste am lebenden Herzen durchgeführt werden.

Der Eingriff erfolgte nur sechs Wochen nach der Geburt und dem Tod unserer kleinen Tochter. Nach der Operation kam der leitende Chirurg zu uns und sagte, sie sei gut verlaufen. Wir dachten: „Wie schön! Unser Sohn wird körperlich stark sein, laufen und rennen können und groß werden!“ Wir dankten dem Herrn aus tiefstem Herzen. Etwa zehn Minuten später kam derselbe Arzt mit aschfahlem Gesicht zu uns und sagte: „Ihr Sohn ist gestorben.“ Anscheinend war der Operationsschock für seinen kleinen Körper zu viel gewesen.

Später, in der Nacht, umarmte ich meine Frau und sagte zu ihr: „Wir brauchen uns keine Sorgen zu machen, denn unsere Kinder sind ja im Bund geboren. Wir haben die Zusicherung, dass wir sie später einmal bei uns haben werden. Jetzt haben wir allen Grund, ein besonders gutes Leben zu führen. Wir haben einen Sohn und eine Tochter, die in das celestiale Reich gekommen sind, weil sie vor ihrem achten Geburtstag gestorben sind.“ Dieses Bewusstsein war uns ein großer Trost. Wir sind froh, die Gewissheit zu haben, dass alle unsere sieben Kinder für Zeit und alle Ewigkeit an uns gesiegelt sind.

Diese Prüfung war für uns beide kein Problem, denn wenn wir ein rechtschaffenes Leben führen und die heiligen Handlungen des Tempels empfangen haben, liegt alles andere in der Hand des Herrn. Wir können unser Bestes geben, was aber letztendlich dabei herauskommt, bestimmt er. Wir brauchen uns niemals über das zu beklagen, was in unserem Leben geschieht, wenn wir würdig leben.

Vor vierzehn Jahren beschloss der Herr, dass es für meine Frau nicht notwendig sei, noch länger auf der Erde zu bleiben, und er holte sie auf die andere Seite des Schleiers. Ich gestehe, dass es Zeiten gibt, in denen es schwierig für mich ist, mich nicht nach ihr umdrehen und mit ihr sprechen zu können – aber ich beklage mich nicht. Der Herr hat mir in wichtigen Augenblicken meines Lebens erlaubt, ihren Einfluss durch den Schleier zu spüren.

Was ich damit sagen möchte: Wenn wir unsere Tempelbündnisse halten und rechtschaffen leben, um die Segnungen zu bewahren, die mit diesen heiligen Handlungen verheißen werden, kann kommen, was mag – es gibt keinen Grund, sich zu sorgen oder verzweifelt zu sein.

Ich weiß, dass ich aufgrund der heiligen Handlungen, die im Tempel vollzogen werden, den Vorzug genießen werde, mit dieser schönen Frau, die ich von ganzem Herzen liebe, zusammen zu sein, ebenso mit den Kindern, die mit ihr auf der anderen Seite des Schleiers sind. Was für ein Segen ist es doch, die Siegelungsvollmacht wieder auf Erden zu haben, die nicht nur für dieses Leben gilt, sondern in die Ewigkeit reicht. Ich bin dankbar, dass der Herr sein Evangelium in aller Fülle wiederhergestellt hat – mit den heiligen Handlungen, die wir benötigen, um in dieser Welt glücklich zu sein und dereinst im Jenseits für immer ein glückliches Leben zu führen.

Dies ist das Werk des Herrn. Jesus Christus lebt. Dies ist seine Kirche. Ich gebe Zeugnis von ihm und von seinem Sühnopfer, welches die Grundlage dafür ist, dass jede im Tempel vollzogene heilige Handlung gültig und von Dauer ist. Dies bezeuge ich mit jeder Faser meines Herzens. Im Namen Jesu Christi. Amen.

  1. Abschnitt 88, 109, 131 und 132 im Buch Lehre und Bündnisse wären ein guter Anfang

  2. Sarah DeArmon Pea Rich, Autobiografie, 1885-1893, Seite 66; Historisches Archiv der Kirche