2000–2009
Das heilige Priestertum ist uns anvertraut
April 2006


Das heilige Priestertum ist uns anvertraut

Das Priestertum ist nicht so sehr ein Geschenk, sondern vielmehr ein Auftrag zum Dienen, das Vorrecht, jemanden aufrichten zu können, und die Möglichkeit, anderen ein Segen zu sein.

Vor einigen Jahren, kurz bevor unser jüngster Sohn Clark zwölf wurde, verließen wir beide gerade das Verwaltungsgebäude der Kirche, als Präsident Harold B. Lee auf uns zukam und uns begrüßte. Ich erwähnte, dass Clark bald zwölf werden würde, worauf sich Präsident Lee ihm zuwandte und ihn fragte: „Was geschieht denn mit dir, wenn du zwölf wirst?“

Es war einer jener Augenblicke, in denen man als Vater betet, dem Sohn möge die richtige Antwort einfallen. Ohne zu zögern sagte Clark zu Präsident Lee: „Ich werde zum Diakon ordiniert!“

Das war genau die Antwort, für die ich gebetet hatte und die Präsident Lee hatte hören wollen. Er legte unserem Sohn ans Herz: „Denk immer daran, dass es ein großer Segen ist, das Priestertum zu tragen.“

Ich hoffe von ganzem Herzen, dass jeder junge Mann, der das Priestertum empfängt, es ehrt und das Vertrauen rechtfertigt, das ihm mit der Übertragung des Priestertums entgegengebracht wird. Mögen wir alle, die wir das Priestertum Gottes tragen, wissen, woran wir glauben. Mögen wir, wie der Apostel Petrus uns ermahnt hat, stets bereit sein, „jedem Rede und Antwort zu stehen, der nach der Hoffnung fragt, die euch erfüllt“.1 Jeder von uns wird es immer wieder erleben, dass er seinen Glauben erklären oder verteidigen muss. Wenn unser Können gefordert wird, ist die Zeit der Vorbereitung vorbei.

Die meisten von euch jungen Männern werden die Gelegenheit haben, als Missionare in aller Welt Zeugnis zu geben. Bereitet euch jetzt auf diese wunderbare Möglichkeit vor.

Ich hatte oft Gelegenheit dazu. Beispielsweise vor 21 Jahren, als in Ostdeutschland – oder der DDR, wie es damals hieß – noch der Sozialismus herrschte. Damals kam ich mit dem ostdeutschen Staatssekretär für Kirchenfragen, Minister Gysi, zusammen. Wir bauten zu der Zeit den Tempel in Freiberg sowie zwei oder drei Gemeindehäuser. Minister Gysi und ich sprachen über verschiedene Themen, darunter unser weltweites Bauprogramm. Danach fragte er: „Warum ist Ihre Kirche so reich, dass Sie es sich leisten können, in unserem Land und überall auf der Welt Gebäude zu errichten? Woher haben Sie das Geld?“

Ich antwortete, dass die Kirche nicht reich sei, sondern dass wir den alten biblischen Grundsatz des Zehnten befolgten, der in unseren neuzeitlichen heiligen Schriften erneut bekräftigt wird. Außerdem erklärte ich, dass es in unserer Kirche keine bezahlten Geistlichen gibt, und deutete an, dass dies zwei Gründe seien, warum wir all diese Neubauten errichten konnten, darunter den wunderschönen Tempel in Freiberg.

Minister Gysi war beeindruckt von dem, was ich ihm mitteilte, und ich war sehr dankbar, dass ich seine Fragen beantworten konnte.

Die Gelegenheit, einen wahren Grundsatz zu verkünden, kommt vielleicht dann, wenn wir es am wenigsten erwarten. Bereiten wir uns vor!

Einmal wurde Präsident David O. McKay von einer Frau, die kein Mitglied der Kirche war, gefragt, durch welchen Glaubensgrundsatz sich die Lehre der Kirche von der Lehre aller anderen Religionen unterscheide. Später erzählte Präsident McKay, dass er sich zu der folgenden Antwort inspiriert gefühlt hatte: „Meine Kirche unterscheidet sich von den anderen Kirchen in der Hauptsache dadurch, dass wir an Vollmacht von Gott durch direkte Offenbarung glauben.“2

Was wäre ein bezeichnenderes Beispiel für Vollmacht von Gott durch direkte Offenbarung als die Ereignisse, die sich an jenem „strahlend schönen Morgen in den ersten Frühlingstagen achtzehnhundertundzwanzig“ zutrugen, als der junge Joseph Smith in den Wald ging, um zu beten. Mit beeindruckenden Worten beschreibt er diesen Augenblick in der Geschichte: „Ich [sah] zwei Personen von unbeschreiblicher Helle und Herrlichkeit über mir in der Luft stehen. Eine von ihnen redete mich an, nannte mich beim Namen und sagte, dabei auf die andere deutend: Dies ist mein geliebter Sohn.Ihn höre!“3

Wir denken auch an das Erscheinen eines weiteren himmlischen Boten, nämlich Johannes des Täufers, am 15. Mai 1829. Am Ufer des Susquehanna bei Harmony in Pennsylvania legte er Joseph Smith und Oliver Cowdery die Hände auf und ordinierte sie mit den Worten: „Euch, meinen Mitknechten, übertrage ich im Namen des Messias das Priestertum Aarons, das die Schlüssel des Dienstes von Engeln und die des Evangeliums der Umkehr und die der Taufe durch Untertauchen zur Sündenvergebung innehat.“4 Der Bote sagte, er handle auf Weisung von Petrus, Jakobus und Johannes, die die Schlüssel des Melchisedekischen Priestertums innehätten. Dann folgten die Ordinierung und die Taufe. Dies ist ein weiteres Beispiel für Vollmacht von Gott durch direkte Offenbarung.

Zur bestimmten Zeit wurden dann Petrus, Jakobus und Johannes gesandt, um das Melchisedekische Priestertum zu übertragen. Diese Apostel, die der Herr gesandt hatte, ordinierten und bestätigten Joseph Smith und Oliver Cowdery zu Aposteln und damit zu besonderen Zeugen für den Namen Jesu Christi. Vollmacht von Gott durch direkte Offenbarung kennzeichnete auch diese Erscheinung.

Infolge dieser Ereignisse wird von uns gefordert – und das ist ein Segen und eine feierliche Pflicht –, dass wir das in uns gesetzte Vertrauen rechtfertigen.

Präsident Brigham Young hat dazu gesagt: „Das Priestertum des Sohnes Gottes ist das Gesetz, durch das die Welten sind und waren und für immer und immer sein werden.“5 Präsident Joseph F. Smith sagt dazu weiter: „Es ist nicht mehr und nicht weniger als die dem Menschen übertragene Macht Gottes, die ihn befähigt, hier auf der Erde zur Errettung der Menschheit zu wirken und dabei rechtmäßig im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes zu handeln und nicht, indem er sich diese Vollmacht anmaßt oder sich auf längst vergangene Generationen beruft, sondern mit der Vollmacht, die in unserer Zeit von dienenden Engeln und Geistern aus dem Himmel, direkt aus der Gegenwart des allmächtigen Gottes, gegeben wurde.“6

Als ich mich meinem 18. Geburtstag näherte und mich auf den Militärdienst im Zweiten Weltkrieg vorbereitete, wurde ich für das Melchisedekische Priestertum vorgeschlagen. Mir fiel die Aufgabe zu, Präsident Paul C. Child, meinen Pfahlpräsidenten, wegen eines Gesprächstermins anzurufen. Er war ein Mensch, der die heiligen Schriften liebte und verstand, und ihm lag sehr daran, dass auch alle anderen sie vergleichbar liebten und verstanden. Ich hatte bereits von ausführlichen und tiefschürfenden Gesprächen mit ihm gehört, und so lief es am Telefon etwa folgendermaßen ab:

„Hallo, Präsident Child! Hier spricht Bruder Monson. Der Bischof hat mir gesagt, ich soll mich mit Ihnen treffen, weil ich zum Ältesten ordiniert werden soll.“

„Schön, Bruder Monson. Wann haben Sie Zeit?“

Ich wusste, dass er um vier zur Abendmahlsversammlung musste, und da ich vermeiden wollte, dass er meine Schriftkenntnisse allzu genau unter die Lupe nahm, schlug ich vor: „Wie wäre es um drei?“

Darauf erwiderte er: „Ach, Bruder Monson, da bleibt uns viel zu wenig Zeit, uns die heiligen Schriften anzusehen. Kommen Sie doch bitte um zwei und bringen Sie Ihre markierten Schriften mit!“

Schließlich kam der Sonntag, und ich suchte Präsident Child zu Hause auf. Ich wurde herzlich begrüßt, und dann begann das Gespräch. Er sagte: „Bruder Monson, Sie tragen das Aaronische Priestertum.“ Das war allerdings richtig. „Haben Ihnen jemals Engel gedient?“, fuhr er fort.

Darauf meine Antwort: „Da bin ich mir nicht sicher.“

„Wissen Sie denn nicht“, sagte er, „dass Sie ein Anrecht auf den Dienst von Engeln haben?“

Meine Antwort: „Nein!“

Dann wies er mich an: „Bruder Monson, sagen Sie mir auswendig den 13. Abschnitt des Buches Lehre und Bündnisse auf.“

Ich begann: „Euch, meinen Mitknechten, übertrage ich im Namen des Messias das Priestertum Aarons, das die Schlüssel des Dienstes von Engeln …“

„Halt“, sagte Präsident Child. Dann fügte er in einem freundlichen und ruhigen Ton hinzu: „Bruder Monson, vergessen Sie niemals, dass Sie als Träger des Aaronischen Priestertums ein Anrecht auf den Dienst von Engeln haben. Und nun bitte weiter.“

Daraufhin sagte ich aus dem Gedächtnis den restlichen Abschnitt auf. „Ausgezeichnet!“, meinte Präsident Child und ging dann mit mir noch verschiedene andere Abschnitte aus dem Buch Lehre und Bündnisse durch, in denen es um das Priestertum geht. Es war ein langes Gespräch, aber ich habe es nie vergessen. Zum Abschluss legte mir Präsident Child den Arm auf die Schulter und sagte: „Jetzt sind Sie bereit, das Melchisedekische Priestertum zu empfangen. Vergessen Sie nicht, dass der Herr einen jeden segnet, der ihm dient.“

Viele Jahre später besuchte Paul C. Child, der inzwischen dem Priestertums-Wohlfahrtskomitee angehörte, zusammen mit mir eine Pfahlkonferenz. Als er bei der Priestertumsführerschaftsversammlung an der Reihe war und sprechen sollte, nahm er seine heiligen Schriften in die Hand und ging vom Podium hinunter zu den Versammelten. Da ich Präsident Child ja kannte, wusste ich schon, was er vorhatte. Er zitierte aus dem Buch Lehre und Bündnisse, darunter auch aus Abschnitt 18, wo es um den Wert einer Seele geht, und wies darauf hin, dass wir uns alle Tage abmühen müssen, dem Herrn Seelen zuzuführen. Daraufhin wandte er sich einem der Ältestenkollegiumspräsidenten zu und fragte ihn: „Was ist der Wert einer Seele?“

Verblüfft hielt der Kollegiumspräsident eine Weile inne, um sich seine Antwort zurechtzulegen. Von Herzen betete ich darum, dass ihm die richtige Antwort einfallen möge. Schließlich sagte er: „Der Wert einer Seele besteht darin, dass sie fähig ist, wie Gott zu werden.“

Bruder Child schloss seine heiligen Schriften und schritt feierlich und leise den Gang zurück zum Podium. Als er an mir vorbeikam, sagte er: „Eine sehr tiefgründige Antwort!“

Wir alle müssen den Eid und Bund des Priestertums kennen, denn er gilt für uns alle. Jedem, der das Melchisedekische Priestertum trägt, wird damit gesagt, dass es ihm obliegt, Gottes Gesetze treu zu befolgen und die Berufungen groß zu machen, die ihm übertragen werden. Jedem Träger des Aaronischen Priestertums wird gesagt, welche Pflichten und Aufgaben auf ihn warten, damit er sich hier und jetzt darauf vorbereiten kann.

Der Herr beschreibt den Eid und Bund des Priestertums wie folgt:

„Denn diejenigen, die treu sind, sodass sie diese zwei Priestertümer erlangen, von denen ich gesprochen habe, und ihre Berufung groß machen, werden vom Geist geheiligt, sodass sich ihr Körper erneuern wird.

Sie werden Söhne Moses und Aarons und Nachkommen Abrahams und die Kirche und das Reich und die Auserwählten Gottes.

Und alle, die dieses Priestertum empfangen, die empfangen auch mich, spricht der Herr; denn wer meine Knechte empfängt, der empfängt mich; und wer mich empfängt, der empfängt meinen Vater; und wer meinen Vater empfängt, der empfängt meines Vaters Reich; darum wird ihm alles gegeben werden, was mein Vater hat.“7

Der mittlerweile verstorbene Elder Delbert L. Stapley vom Kollegium der Zwölf Apostel hat einmal gesagt: „Dieser Eid und Bund ist hauptsächlich an zwei Bedingungen geknüpft. Die erste ist Glaubenstreue, nämlich Gehorsam gegenüber Gottes Gesetzen und letztlich das Befolgen aller Evangeliumsgrundsätze. …

Die zweite Bedingung ist, dass man seine Berufung groß macht. Das bedeutet, dass man sie ehrt, erhöht und verherrlicht und dafür sorgt, dass sie noch mehr geschätzt und geachtet wird. Es bedeutet auch, dass man sie an Bedeutung gewinnen lässt, dass man sie ausweitet.“8

Der Prophet Joseph Smith wurde einmal gefragt: „Bruder Joseph, du forderst uns immer wieder auf, unsere Berufung groß zu machen. Was bedeutet das?“ Darauf soll er geantwortet haben: „Eine Berufung groß zu machen bedeutet, dass man sie würdig erfüllt und wichtig nimmt, damit die Menschen durch das, was man tut, das Licht des Himmels sehen können. Ein Ältester macht seine Berufung groß, wenn er lernt, was einem Ältesten obliegt, und dann entsprechend handelt.“

Diejenigen, die das Aaronische Priestertum tragen, müssen die Möglichkeit erhalten, ihre Berufung in diesem Priestertum groß zu machen.

Vor zwei Jahren besuchte ich an einem Sonntag die Abendmahlsversammlung meiner Gemeinde. Das kommt selten vor. Am Abendmahlstisch saßen drei Priester. Der junge Mann in der Mitte war etwas in seiner Bewegung behindert, vor allem aber auch beim Sprechen. Zweimal versuchte er, das Brot zu segnen, aber er kam immer wieder ins Stocken, sicher auch aus Verlegenheit, weil er das Gebet nicht richtig sprechen konnte. Einer der anderen Priester machte für ihn weiter und segnete das Brot.

Als das Brot ausgeteilt wurde, dachte ich: „Es darf nicht sein, dass dieser junge Mann am Abendmahlstisch scheitert.“ Ich spürte deutlich, dass es ihm gelingen würde, das Wasser richtig zu segnen, wenn ich nicht zweifelte. Da ich auf dem Podium in der Nähe des Abendmahlstisches saß, lehnte ich mich zu dem Priester hinüber, der mir am nächsten war, zeigte auf den jungen Mann, der die Schwierigkeiten gehabt hatte, und sagte: „Lass ihn das Wasser segnen, das Gebet ist kürzer.“ Und dann betete ich. Ich wollte nicht, dass er wieder versagt. Wie sehr mag ich doch die Schriftstelle, wo steht, dass wir nicht zweifeln, sondern gläubig sein sollen!9

Als das Wasser gesegnet werden sollte, kniete der junge Mann sich noch einmal nieder und sprach das Gebet, vielleicht etwas stockend, aber ohne ein Wort auszulassen. Ich freute mich im Stillen. Während die Diakone das Abendmahl austeilten, sah ich den Jungen an und zeigte mit dem Daumen nach oben. Er dankte mir mit einem breiten Lächeln. Als sich die jungen Männer wieder zu ihrer Familie setzen durften, saß er zwischen seiner Mutter und seinem Vater. Ich freute mich sehr, als ich sah, dass seine Mutter ihn mit einem frohen Lächeln herzlich umarmte und auch sein Vater ihm gratulierte und ihm den Arm um die Schulter legte. Alle drei blickten in meine Richtung, und ich zeigte noch einmal mit dem Daumen nach oben. Ich sah, dass sich die Mutter und der Vater Tränen aus den Augen wischten. Ich verspürte Zuversicht, dass dieser junge Mann in Zukunft seine Sache gut machen würde.

Das Priestertum ist nicht so sehr ein Geschenk, sondern vielmehr ein Auftrag zum Dienen, das Vorrecht, jemanden aufrichten zu können, und die Möglichkeit, anderen ein Segen zu sein.

Vor kurzem erhielt ich einen Brief mit einem Bericht über einen großartigen jungen Diakon, Isaac Reiter, und die Diakone, Lehrer und Priester, die ihm dienten, ihn aufrichteten, ihm ein Segen waren und dabei auch selbst gesegnet wurden.

Seit Isaac sieben Monate alt war bis zu seinem Tod im Alter von 13 Jahren kämpfte er gegen den Krebs. Als er und seine Familie in die Nähe eines Krankenhauses zogen, damit Isaac die notwendige ärztliche Betreuung erhielt, wurden die Träger des Aaronischen Priestertums in der Gemeinde vor Ort darum gebeten, ihnen jeden Sonntag das Abendmahl zu bringen. Diesem wöchentlichen Dienst kamen die jungen Männer, die sich daran beteiligten, bald sehr gerne nach. Mit ihren Priestertumsführern und Isaacs Familie scharten sie sich um Isaacs Bett im Krankenhaus, sangen Kirchenlieder und gaben Zeugnis. Dann wurde das Abendmahl gesegnet. Isaac bestand immer darauf, dass er, als Diakon, seiner Familie und allen, die gekommen waren, das Abendmahl reichen durfte. Er lag im Bett und nahm alle Kraft zusammen, um das Tablett mit dem gesegneten Brot oder Wasser zu halten. Dann gingen alle Anwesenden zu Isaac und nahmen das Abendmahl von diesem Tablett. Bald nahmen auch Krankenschwestern und andere Krankenhausbedienstete an diesenVersammlungen teil. Sie erkannten, dass Isaac dem himmlischen Vater sehr nahe war und ihn immer ehrte. Obwohl Isaac sehr schwach war und Schmerzen litt, hielt er sich ehrenhaft, denn er trug ein königliches Priestertum.

Isaac war den jungen Männern der Gemeinde ein großes Vorbild. Sie sahen seinen Wunsch, seine Pflicht zu erfüllen, selbst als er dem Tod nahe war, und sie erkannten, dass diese Pflicht in Wirklichkeit ein Vorrecht war. Sie gingen früher zur Kirche, um das Abendmahl vorzubereiten und rechtzeitig auf ihrem Platz zu sitzen. Es herrschte mehr Andacht.

Isaac Reiter wurde zu einer lebendigen Predigt darüber, wie man das Priestertum ehrt. Bei seiner Beerdigung sagte man, er sei sein ganzes Leben lang mit einem Bein im Himmel gewesen. Sicherlich macht er jenseits des Schleiers weiterhin seine Pflichten groß und wirkt mit im Werk des Herrn.

Wir, die wir das Melchisedekische Priestertum tragen, haben stets die Möglichkeit, unsere Berufung groß zu machen. Wir sind Hirten, die über Israel wachen. Die hungrigen Schafe blicken auf und sind bereit, mit dem Brot des Lebens genährt zu werden. Sind wir bereit, Brüder, die Herde Gottes zu weiden? Es ist zwingend erforderlich, dass wir uns bewusst sind, was eine Menschenseele wert ist, und niemals einen seiner kostbaren Söhne aufgeben.

Sollte sich jemand zu schwach fühlen, sich zu bessern, und zwar aus der größten Furcht heraus, nämlich der Furcht, zu versagen, gibt es keine tröstlichere Zusicherung als die Worte des Herrn: „Meine Gnade ist ausreichend für alle Menschen, die sich vor mir demütigen; denn wenn sie sich vor mir demütigen und Glauben an mich haben, dann werde ich Schwaches für sie stark werden lassen.“10

Wunder gibt es überall dort, wo eine Berufung im Priestertum groß gemacht wird. Wenn der Glaube an die Stelle des Zweifels tritt, wenn selbstloses Dienen jedes selbstsüchtige Bestreben auslöscht, dann bringt die Macht Gottes seine Absichten zuwege. Wen Gott beruft, den befähigt er auch.

Ich bete aufrichtig darum, dass der himmlische Vater alle, die sein kostbares Priestertum tragen, immer segnen, inspirieren und führen möge, und ich sage dies im Namen Jesu Christi. Amen.

  1. 1 Petrus 3:15

  2. Siehe David O. McKay, Stepping Stones to an Abundant Life, Seite 375

  3. Joseph Smith – Lebensgeschichte 1:14,17

  4. LuB 13:1

  5. Discourses of Brigham Young, Hg. John A. Widtsoe, 1954, Seite 130

  6. Gospel Doctrine, 5. Auflage, 1939, Seite 139f.

  7. LuB 84:33-38

  8. Frühjahrs-Generalkonferenz 1957

  9. Siehe Mormon 9:27

  10. Ether 12:27