2000–2009
Das Buch Mormon – das Werkzeug zur Sammlung des zerstreuten Israels
Oktober 2005


Das Buch Mormon – das Werkzeug zur Sammlung des zerstreuten Israels

Jesus Christus hat uns das Buch Mormon als Werkzeug zur Sammlung Israels gegeben.

Vor sechsunddreißig Jahren habe ich eine Mission im Südosten Mexikos erfüllt. Zu dieser Zeit gab es dort keine Pfähle, und in den größten Städten in der Mission gab es nicht mehr als zwei Zweige. Die Bildungsmöglichkeiten waren begrenzt, und es herrschte große Armut. Mit zwei oder drei Ausnahmen kamen alle Missionare aus den Vereinigten Staaten.

Ich erinnere mich an die Menschen im Zweig Nealtican. Alle Gebäude in der Stadt bestanden aus Lehmziegeln, mit Ausnahme der katholischen Kirche und des Gemeindehauses unserer Kirche. Ich weiß noch, wie ich im kleinen Lehmziegelhaus des Zweigpräsidenten stand. Es hatte keinen richtigen Fußboden, keine Scheiben in den Fenstern und vor dem Eingang hing ein Teppich. In dem Haus gab es keine Möbel. Die Familie hatte keine Schuhe.

Aber sie war glücklich. Der Zweigpräsident erzählte mir, dass sie all ihren Besitz verkauft hatten, um Busfahrkarten zum Mesa-Arizona-Tempel kaufen zu können, wo sie für Zeit und Ewigkeit aneinander gesiegelt wurden. Viele der Mitglieder dieses Zweiges hatten Ähnliches getan.

Vor einem Monat kehrte ich nach Mexiko zurück und trat meinen Dienst in der Gebietspräsidentschaft Mexiko Nord an. Das heutige Mexiko unterscheidet sich sehr von dem vor sechsunddreißig Jahren. Nealtican ist der Mittelpunkt eines blühenden Zionspfahls. Mexiko hat 200 Pfähle und eine Million Mitglieder der Kirche. Viele der Pfahl- und Gemeindeführer sind sehr gut ausgebildet und finanziell abgesichert. Tausende junge Männer und Frauen aus Mexiko erfüllen eine Vollzeitmission.

Die Vision, die Lehi gesehen und Nephi ausgelegt hat, ist wahrlich im Begriff, sich zu erfüllen. „Und an jenem Tage wird der Überrest unserer Nachkommen wissen, dass sie zum Haus Israel gehören und dass sie das Bundesvolk des Herrn sind; und dann werden sie ihre Vorväter erkennen und Kenntnis von ihnen erhalten und auch Kenntnis vom Evangelium ihres Erlösers, mit dem er ihren Vätern gedient hat; darum werden sie Kenntnis von ihrem Erlöser … erhalten.“1

Die Menschen in Mexiko und anderen lateinamerikanischen Ländern gehören wirklich zu den Nachkommen von Propheten. Das Buch Mormon ist ihr Erbe. Jesus Christus hat ihren Vorvätern gedient.

Nach seiner Auferstehung kam Jesus Christus, in ein weißes Gewand gekleidet, aus dem Himmel herab und stand inmitten ihrer Vorfahren hier auf dem amerikanischen Kontinent. Er streckte seine Hände aus und sagte: „Siehe, ich bin Jesus Christus, von dem die Propheten bezeugt haben, er werde in die Welt kommen. … Ich bin das Licht und das Leben der Welt.“2 „Darum haltet euer Licht hoch, damit es der Welt leuchte. Siehe, ich bin das Licht, das ihr hochhalten sollt.“3

An die heutige Kirche richtete der Erlöser diesen Rat erneut, nämlich: „Wahrlich, ich sage euch allen: Erhebt euch und lasst euer Licht leuchten, damit es den Nationen ein Banner sei.“4 Jesus Christus ist das Licht, das wir als Banner für alle Nationen hochhalten. Wir bieten das zusätzliche Licht Jesu Christi an, wie es im Buch Mormon offenbart wird, das ein weiterer Zeuge für Jesus Christus ist.

Präsident Hinckley hat uns aufgefordert, das Buch Mormon zum Gedenken an die Geburt des Propheten Joseph Smith vor 200 Jahren bis zum Jahresende zu lesen oder erneut zu lesen. Damit ehren wir Joseph Smith, der das Buch Mormon „durch die Gabe und Macht Gottes“ übersetzt hat.5

Als Moroni – ein Prophet aus der Vergangenheit – Joseph Smith erschien, sagte er ihm, Gott habe eine Arbeit für ihn zu tun, und sein Name werde bei allen Nationen, Geschlechtern und Sprachen für gut und böse gelten, ja, man werde unter allem Volk sowohl gut als auch böse von ihm sprechen.6

Diese Prophezeiung hat sich erfüllt. Der Name Joseph Smith ist auf der ganzen Welt bekannt und geachtet, sogar in dem abgelegenen Dorf Nealtican in Mexiko.

Neulich hat mir ein Mitglied aus Monterrey in Mexiko erzählt, wie das Buch Mormon sein Leben verändert hat. Als Teenager war Jesús Santos sehr beeindruckt von den Missionaren der Kirche, die er durch die staubigen Straßen gehen sah. Er wollte mit ihnen über ihre Kirche sprechen, ein Freund sagte ihm jedoch, man müsse warten, bis man von ihnen angesprochen werde.

Oft ging er zum Gemeindehaus, um durch den eisernen Gartenzaun hindurch die Missionare und die Jungen Männer und Damen zu beobachten, die gemeinsam spielten. Sie strahlten so viel Gutes aus, und er wollte gern dazugehören. Er stützte sein Kinn auf den Zaun in der Hoffnung, dass jemand auf ihn aufmerksam wurde und ihn einlud. Das geschah jedoch nie.

Als Jesús mir seine Geschichte erzählte, sagte er: „Es ist ein Jammer. Damals war ich ein junger Mann und hätte eine Vollzeitmission erfüllen können.“

Er zog dann nach Monterrey um. Neun Jahre später war er gerade bei einem Freund am anderen Ende der Stadt zu Besuch, als Missionare an die Tür klopften. Sein Freund wollte sie fortschicken. Jesús bat ihn jedoch, den Missionaren wenigstens zwei Minuten Zeit zu geben. Sein Freund willigte ein.

Die Missionare sprachen über das Buch Mormon, über die Reise von Lehis Familie von Jerusalem nach Amerika und über das Erscheinen des auferstandenen Jesus Christus bei Lehis Nachkommen.

Jesús wollte mehr wissen. Besonders fasziniert war er von dem Bild, das das Erscheinen Christi in Amerika zeigte. Er gab den Missionaren seine Adresse. Monatelang wartete er, aber sie meldeten sich nie bei ihm.

Drei weitere Jahre verstrichen. Ein paar Freunde luden seine Familie zu einem Familienabend ein. Sie gaben ihm ein Exemplar des Buches Mormon.

Sobald er darin zu lesen begann, erkannte er, dass das Buch Mormon wahr ist. Schließlich ließ er sich – zwölf Jahre nachdem er erstmals auf die Kirche aufmerksam geworden war – zusammen mit seiner Frau taufen. So viele Jahre waren vergeudet worden! Wenn die Missionare ihn nur angesprochen hätten, wenn die Jungen Männer und Damen doch einen einsamen Teenager am Zaun beachtet hätten, wenn die Missionare in Monterrey ihn zu Hause angetroffen hätten, wäre sein Leben während dieser zwölf Jahre anders verlaufen. Glücklicherweise haben ihn Nachbarn, die der Kirche angehören, zu einem Familienabend eingeladen und mit ihm über das Buch gesprochen, das so machtvoll eine Bekehrung bewirkt: das Buch Mormon.

Heute ist Jesús Santos Präsident des Tempels in Monterrey.

Jesus Christus hat uns das Buch Mormon als Werkzeug zur Sammlung Israels gegeben. Als er in Amerika erschien, sagte er den Menschen: „Und wenn diese Dinge sich begeben, dass deine Nachkommen anfangen, diese Dinge zu erkennen – so wird es ihnen ein Zeichen sein, sodass sie wissen können, dass das Werk des Vaters bereits begonnen hat, um den Bund zu erfüllen, den er für diejenigen gemacht hat, die vom Haus Israel sind.“7

Das Buch Mormon ist sein eigener Zeuge für die Menschen Lateinamerikas und alle Völker. Sein Hervorkommen in diesen, den Letzten Tagen bezeugt, dass Gott erneut begonnen hat, das zerstreute Israel zu sammeln.

Vor meinem geistigen Auge kann ich immer noch Jesús Santos sehen, wie er als zerlumpter 18-Jähriger über den Zaun beim Gemeindehaus schaut. Können Sie ihn auch sehen? Können Sie ihn und andere wie ihn einladen, sich uns anzuschließen? Wen kennen Sie, der Ihre Einladung, das Buch Mormon zu lesen, annehmen würde? Werden Sie ihn einladen? Zögern Sie nicht.

Ich bezeuge, dass Joseph Smith der Prophet der Wiederherstellung ist. Das Buch Mormon – ein weiterer Zeuge für Jesus Christus – ist das Mittel, durch das Menschen aus allen Völkern in der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage gesammelt werden. Diese Kirche ist auf Apostel und Propheten gegründet, wie in alter Zeit. Präsident Gordon B. Hinckley ist heute der gesalbte Prophet des Herrn auf Erden. Jesus Christus ist unser Erretter und unser Erlöser. Dies ist seine Kirche und sein Reich. Er ist unser König Immanuel. Dies bezeuge ich im Namen Jesu Christi. Amen.

  1. 1 Nephi 15:14; Hervorhebung hinzugefügt

  2. 3 Nephi 11:10,11

  3. 3 Nephi 18:24

  4. LuB 115:5

  5. Einleitung zum Buch Mormon

  6. Siehe Joseph Smith–Lebensgeschichte 1:33

  7. 3 Nephi 21:7; Hervorhebung hinzugefügt