2000–2009
Schulden auf Erden, Schulden im Himmel
April 2004


Schulden auf Erden, Schulden im Himmel

Wir haben Schulden auf der Erde und im Himmel. Wir müssen weise sein im Umgang mit beiden.

Meine lieben Brüder und Schwestern, wie herrlich ist es doch, an dieser Konferenz teilzunehmen. Die Worte, die gesprochen werden, sind inspiriert und es ist eine Freude, hier zu sein.

Ich möchte über unsere Schulden im Himmel und auf der Erde sprechen. Die Evangelien berichten, dass der Erretter fast überall, wo er hinging, von einer Menschenmenge umgeben war. Einige hofften, dass er sie heilen würde, andere kamen, um ihn sprechen zu hören. Wieder andere kamen, um praktische Ratschläge zu erhalten. Gegen Ende seines irdischen Wirkens kamen einige, um sich über ihn lustig zu machen und ihn zu verspotten und lautstark seine Kreuzigung zu fordern.

Eines Tages kam ein Mann zum Erretter und bat ihn, einen Familienstreit zu schlichten. „Meister“, bat er, „sag meinem Bruder, er soll das Erbe mit mir teilen.“

Der Erretter weigerte sich, hierzu Stellung zu beziehen, doch er lehrte eine wichtige Lektion. „Hütet euch vor jeder Art von Habgier“, sagte er ihm. „Denn der Sinn des Lebens besteht nicht darin, dass ein Mensch aufgrund seines großen Vermögens im Überfluss lebt.“1

Brüder und Schwestern, hüten Sie sich vor Habgier. Sie ist eine der großen Krankheiten dieser Letzten Tage. Sie schafft Gier und Missgunst. Oft führt sie zu Knechtschaft, großem Kummer und erdrückenden, zermürbenden Schulden.

Die Zahl der Ehen, die an Geldfragen gescheitert sind, ist erschütternd, und der Kummer ist groß. Der Stress, der durch Geldsorgen entsteht, hat Familien belastet, Krankheiten, Depressionen und sogar frühen Tod verursacht.

Schulden auf Erden

Trotz aller Lehren der Kirche, von Anbeginn bis heute, werden Mitglieder manchmal das Opfer vieler unkluger und törichter finanzieller Praktiken. Manche geben fröhlich alles aus und meinen, dass sie immer irgendwie zu Geld kommen werden. Irgendwie werden sie schon überleben.

Viel zu oft taucht das erhoffte Geld nicht auf.

Denken Sie daran: Schulden sind eine Art Knechtschaft. Sie sind sozusagen finanzielle Termiten. Wenn wir etwas auf Kredit kaufen, dann gibt uns das nur die Illusion von Wohlstand – wir glauben, dass wir die Sachen besitzen, doch in Wirklichkeit besitzen sie uns.

Einige Schulden – wie die für ein bescheidenes Haus, Ausgaben für die Ausbildung, vielleicht auch für ein benötigtes erstes Auto – können notwendig sein. Aber wir dürfen uns niemals durch Konsumentenkredite in finanzielle Knechtschaft begeben, ohne vorher sorgfältig die Kosten abzuwägen.

Wir haben oft gehört, dass der Zins ein guter Diener, aber ein schrecklicher Herr ist. Präsident J. Reuben Clark Jr. hat dies folgendermaßen beschrieben: „Zinsen schlafen niemals, sie werden nicht krank und sterben auch nicht. Sie müssen nicht ins Krankenhaus; sie arbeiten sonn- und feiertags; sie machen niemals Urlaub. … Wenn man einmal verschuldet ist, weichen einem die Zinsen Tag und Nacht nicht von der Seite; man kann ihnen nicht aus dem Weg gehen oder ihnen entrinnen; man kann sie nicht wegschicken; sie hören nicht auf flehentliches Bitten, auf Forderungen oder Befehle; und wenn man sich ihnen in den Weg stellt oder ihren Anforderungen nicht genügt, zermalmen sie einen.“2

Der Rat anderer inspirierter Propheten in unserer Zeit zu diesem Thema ist deutlich, und was vor 50 oder 150 Jahren als richtig galt, gilt auch heute noch.

Präsident Heber J. Grant hat gesagt: „Solange ich mich erinnern kann, seit der Zeit Brigham Youngs bis heute, habe ich Männern am Rednerpult zugehört, … die die Menschen ermahnt haben, keine Schulden zu machen; und ich glaube, dass die meisten unserer Schwierigkeiten daher rühren, dass wir versäumen, diesen Ratschlag zu befolgen.“3

Präsident Ezra Taft Benson hat gesagt: „Lassen Sie sich und Ihre Familie nicht ungeschützt vor finanziellen Stürmen. Sparen Sie Geld an.“4

Präsident Harold B. Lee forderte: „Wir sollen die Männer nicht nur lehren, sich von ihren Schulden zu befreien, sondern sie auch lehren, wie sie überhaupt Schulden vermeiden.“5

Präsident Gordon B. Hinckley hat verkündet: „Viele unserer Mitglieder leben so, dass sie nur knapp mit ihrem Einkommen auskommen. Tatsächlich leben viele mit geborgtem Geld. …

Ich bitte Sie inständig, seien Sie in Ihren Ausgaben bescheiden, meiden Sie Schulden, so gut Sie können, bezahlen Sie Ihre Schulden, so rasch Sie können, und befreien Sie sich aus der Knechtschaft.“6

Liebe Brüder und Schwestern, viele haben diesen prophetischen Rat befolgt. Sie leben im Rahmen ihrer Mittel, sie kommen ihren Kreditverpflichtungen nach und sind bestrebt, die Last dessen zu mindern, was sie anderen schulden. Wir gratulieren allen, die das tun, denn der Tag kommt, an dem sie die Segnungen ihrer Bemühungen erhalten und den Wert dieses inspirierten Ratschlags erkennen.

Andere jedoch müssen finanziell kämpfen. Einige sind Opfer widriger und oft unvorhergesehener Ereignisse, die finanziellen Schaden verursacht haben. Andere befinden sich in finanzieller Knechtschaft, weil sie keine Disziplin gelernt haben und den Impuls, Geld auszugeben, nicht kontrollieren können. Die Folge ist, dass sie unkluge finanzielle Entscheidungen treffen.

Ich möchte Ihnen fünf wichtige Schritte zu finanzieller Freiheit vorschlagen.

Erstens: Zahlen Sie den Zehnten. Wollen Sie, dass sich die Schleusen des Himmels für Sie öffnen? Möchten Sie Segnungen im Übermaß empfangen, mehr, als Sie aufnehmen können?7 Zahlen Sie immer den Zehnten und überlassen Sie das Ergebnis der Hand des Herrn.

Gehorsam gegenüber den Geboten Gottes ist die Grundlage für ein glückliches Leben. Für unseren Gehorsam werden wir sicher mit den Gaben des Himmels gesegnet. Versäumen diejenigen, die den Grundsatz kennen, den Zehnten zu zahlen, so kann dies zu Kummer in diesem Leben und vielleicht zu Trauer im zukünftigen führen.

Zweitens: Geben Sie weniger aus, als Sie verdienen. Dies ist ein einfacher Rat, aber ein machtvolles Geheimnis für finanzielles Glück. Allzu oft werden die Ausgaben einer Familie von den Wünschen bestimmt und nicht vom Verdienst. Sie glauben irgendwie, dass ihr Leben besser ist, wenn sie von Überfluss umgeben sind. Zu oft bleiben ihnen davon nur vermeidbare Sorgen übrig.

Diejenigen, die sicher im Rahmen ihrer Mittel leben, wissen, wie viel Geld jeden Monat hereinkommt, und auch wenn es schwer ist, üben sie Disziplin und geben einen geringeren Betrag aus.

Man kann so leicht an Kredite kommen. Man zwingt sie uns sogar fast auf. Diejenigen, die mit Kreditkarten zu viel ausgeben, sollten sich überlegen, sie abzuschaffen. Es ist viel besser, dass eine Kreditkarte zugrunde geht, als dass eine Familie in die Schuldenfalle gerät und zugrunde geht.

Drittens: Lernen Sie zu sparen. Denken Sie an die Lektion von Josef in Ägypten. Sparen Sie in Zeiten des Wohlstands für die Tage der Not.8

Viel zu oft nehmen die Menschen an, dass sie vermutlich niemals verletzt, krank oder arbeitslos werden oder zusehen müssen, wie sich ihre Geldanlagen in Luft auflösen. Viel schlimmer noch: Oft machen Menschen heute Anschaffungen, die auf optimistischen Annahmen darüber beruhen, was, wie sie hoffen, morgen geschehen wird.

Weise Menschen begreifen, wie wichtig es ist, heute Geld für schlechte Zeiten in der Zukunft zu sparen. Sie haben angemessene Versicherungen, die im Fall von Krankheit oder Tod für sie sorgen. Sofern es möglich ist, lagern sie einen Jahresvorrat an Nahrungsmitteln, Wasser und anderem, was notwendig ist, ein. Sie legen Geld auf Spar- und Anlagekonten zurück. Sie arbeiten gewissenhaft daran, ihre Schulden zu reduzieren, und streben danach, schuldenfrei zu werden.

Brüder und Schwestern, die Vorbereitungen, die Sie heute treffen, können irgendwann einmal das für Sie sein, was die Lebensmittelvorräte für die Ägypter und für die Familie von Josefs Vater waren.

Viertens: Kommen Sie Ihren finanziellen Verpflichtungen nach. Von Zeit zu Zeit hören wir Geschichten von Gier und Selbstsucht, die uns sehr traurig machen. Wir hören von Betrug, Säumigkeit in Bezug auf Kreditvereinbarungen, Finanzschwindel und Pleiten.

Wir hören von Vätern, die ihre eigene Familie finanziell vernachlässigen. Wir sagen den Männern und Frauen überall: Wenn Sie Kinder bekommen, dann ist es Ihre feierliche Pflicht, alles in Ihrer Macht Stehende zu tun, um für sie zu sorgen. Kein Mann ist es wert, als Mann bezeichnet zu werden, wenn er Autos, Boote und andere Güter um sich anhäuft und gleichzeitig seine heiligen finanziellen Verpflichtungen gegenüber seiner Frau und seinen Kindern vernachlässigt.

Wir sind ein rechtschaffenes Volk. Uns ist es wichtig, unsere Schulden zurückzuzahlen und im Umgang mit unseren Mitmenschen ehrlich zu sein.

Lassen Sie mich die Geschichte eines Mannes erzählen, der viel geopfert hat, um seine finanzielle Integrität und Würde zu behalten.

In den dreißiger Jahren des letzten Jahrhunderts machte Fred Snowberger im Nordosten Oregons eine Apotheke auf. Er hatte immer davon geträumt, ein eigenes Geschäft zu führen, aber der erhoffte wirtschaftliche Aufschwung blieb aus. Acht Monate später musste Fred seine Apotheke für immer schließen.

Obwohl sein Geschäft gescheitert war, war Fred entschlossen, das geliehene Geld zurückzuzahlen. Manch einer fragte sich, warum er darauf bestand, das Darlehen zurückzuzahlen. Warum erklärte er nicht einfach seinen Bankrott und ließ sich die Schulden auf gesetzlichem Wege erlassen?

Aber Fred hörte nicht darauf. Er hatte gesagt, er werde das Geld zurückzahlen, und er war entschlossen, Wort zu halten. Seine Familie machte viele ihrer Kleidungsstücke selbst, baute viele Nahrungsmittel im eigenen Garten an und nutzte alles, bis es vollständig aufgetragen oder aufgebraucht war. Bei Wind und Wetter ging Fred jeden Tag zu Fuß zur Arbeit. Und jeden Monat zahlte Fred vom Darlehen zurück, so viel er konnte.

Die Jahre vergingen und schließlich kam der wunderbare Tag, an dem Fred die letzte Zahlung leistete. Er übergab sie persönlich. Der Mann, der ihm das Geld geliehen hatte, weinte und sagte unter Tränen: „Sie haben nicht nur jeden Penny des Darlehens zurückgezahlt, Sie haben mir gezeigt, was ein charakterfester, ehrlicher Mann ist.“

Bis heute, fast 70 Jahre, nachdem Fred jenes Papier mit seinem Namen unterzeichnete, erzählen die Nachkommen von Fred und Erma Snowberger diese Geschichte mit Stolz. Dieses ehrenhafte und edle Verhalten hat die Jahrzehnte überdauert und wird als Vorbild an Redlichkeit in der Familie in Ehren gehalten.

Fünftens: Lehren Sie Ihre Kinder, Ihrem Beispiel zu folgen. Zu viele unserer Jugendlichen geraten in finanzielle Schwierigkeiten, weil sie zu Hause nie etwas Richtiges über den vernünftigen Umgang mit Geld gelernt haben. Lehren Sie Ihre Kinder, wenn sie noch jung sind. Lehren Sie sie, dass sie etwas nicht nur deswegen bekommen können, weil sie es haben wollen. Lehren Sie sie die Grundsätze der fleißigen Arbeit, der Genügsamkeit und des Sparens.

Wenn Sie meinen, dass Ihr Wissen nicht ausreicht, um sie anzuleiten, dann ist das ein Grund mehr, selbst mit dem Lernen anzufangen. Material dazu gibt es im Überfluss, ob Kurse, Bücher oder anderes Material.

Einige unter uns sind reichlich gesegnet und haben genug, um etwas abgeben zu können. Unser Vater im Himmel erwartet, dass wir mit unserem Reichtum mehr anfangen, als größere Scheunen zu bauen, um ihn unterzubringen. Überlegen Sie bitte, was Sie noch zusätzlich zum Aufbau des Gottesreiches beisteuern können. Überlegen Sie bitte, was Sie noch zusätzlich tun können, um anderen zu helfen und ihnen Hoffnung und eine Perspektive im Leben zu schenken.

Schulden im Himmel

Wir haben über irdische Schulden gesprochen und unsere Pflicht, sie zurückzuzahlen. Aber es gibt auch andere Schulden – Schulden von ewiger Natur –, die nicht so einfach zurückzuzahlen sind. Einige von ihnen werden wir sogar nie zurückzahlen können. Das sind unsere Schulden im Himmel.

Unsere Eltern haben uns das Leben gegeben und uns auf diese Welt gebracht. Sie gaben uns die Möglichkeit, einen sterblichen Körper zu erhalten und die Freuden und Leiden dieser freigebigen Erde zu erfahren. In vielen Fällen haben sie ihrer Kinder zuliebe ihre eigenen Träume und Wünsche zurückgestellt. Es ist nur angemessen, dass wir sie ehren und mit Wort und Tat zeigen, dass wir sie lieben und ihnen dankbar sind.

Wir haben auch eine große Schuld gegenüber unseren Vorfahren, die uns vorangegangen sind und jenseits des Schleiers auf die heiligen Handlungen warten, die es ihnen ermöglichen, weiter ewigen Fortschritt zu machen. Das ist eine Schuld, die wir im Tempel zurückzahlen können.

Und was schulden wir doch dem Herrn dafür, dass er seine Kirche und sein wahres Evangelium in diesen Letzten Tagen durch den Propheten Joseph Smith wiederhergestellt hat! Von seiner Jugend bis zu seinem Märtyrertod verwandte er seine Zeit darauf, den Menschen das Evangelium Jesu Christi, das verloren gegangen war, wiederzubringen. Wir schulden ihm größte Dankbarkeit und ebenso allen Männern, denen die heilige Berufung gegeben wurde, über seine Kirche zu präsidieren.

Wie können wir je die Schuld gegenüber unserem Erretter zurückzahlen? Er zahlte eine Schuld, die nicht seine war, um uns von einer Schuld zu befreien, die wir niemals abtragen können. Durch ihn werden wir ewig leben. Durch sein unbegrenztes Sühnopfer können unsere Sünden weggefegt werden und wir können so die größte aller Gaben Gottes erfahren: ewiges Leben.9

Kann so eine Gabe einen Preis besitzen? Können wir einen Ausgleich für eine solche Gabe erbringen? König Benjamin, der Prophet aus dem Buch Mormon, hat gelehrt: „Wenn ihr all den Dank und das Lob, dessen eure ganze Seele fähig ist, … Gott darbrächtet … [und] wenn ihr ihm mit all eurer ganzen Seele dientet, wärt ihr dennoch unnütze Knechte.“10

Wir haben Schulden auf der Erde und im Himmel. Wir müssen weise sein im Umgang mit beiden und diese Worte des Erretters immer im Herzen haben. In den heiligen Schriften heißt es: „Sammelt euch nicht Schätze hier auf der Erde, wo Motte und Wurm sie zerstören und wo Diebe einbrechen und sie stehlen, sondern sammelt euch Schätze im Himmel.“11 Die Reichtümer dieser Welt sind Staub im Vergleich zu den Reichtümern, die die Glaubenstreuen in den Wohnungen des Himmlischen Vaters erwarten. Ein Narr ist, wer seine Zeit damit zubringt, nach dem zu streben, was rostet und vergeht. Weise ist, wer seine Zeit damit zubringt, nach dem ewigen Leben zu streben.

Mögen Sie im Herzen wissen, dass Jesus, der Messias, lebt. Finden Sie Frieden, denn wenn Sie sich ihm nahen, naht er sich Ihnen. Lassen Sie Ihr Herz nicht ermatten, sondern freuen Sie sich. Durch den Propheten Joseph Smith ist das Evangelium erneut wiederhergestellt worden. Die Himmel sind nicht verschlossen. Wie in alter Zeit gibt es einen Menschen, der mit dem Unendlichen spricht. Ein Prophet, Präsident Gordon B. Hinckley, lebt heute, in unserer Zeit, auf der Erde. Dies bezeuge ich im Namen Jesu Christi. Amen.

  1. Lukas 12:13,15

  2. Generalkonferenz, April 1938

  3. Generalkonferenz, Oktober 1921

  4. Pay Thy Debt, and Live …, Brigham Young University Speeches of the Year, 28. Februar 1962, Seite 10

  5. The Teachings of Harold B. Lee, Hg. Clyde J. Williams, 1996, Seite 315

  6. „An die Jungen und die Männer“, Der Stern, Januar 1999, Seite 65f.

  7. Siehe Maleachi 3:10

  8. Siehe Genesis 41:47-57

  9. Siehe LuB 14:7

  10. Mosia 2:20,21

  11. Matthäus 6:19,20