2000–2009
„Komm und folge mir nach!“
Oktober 2003


„Komm und folge mir nach!“

Die Ermahnung „Komm und folge mir nach!“ und die Frage „Was würde Jesus tun?“ sind klare Richtlinien für unser Leben.

Wir sind Jünger Jesu Christi. Wie Nephi gesagt hat: „Wir [glauben] an Christus, … wir reden von Christus, wir freuen uns über Christus, wir predigen Christus, wir prophezeien von Christus …“ (2 Nephi 25:24,26). Die fünf eindringlichsten Worte, die Jesus an die Gläubigen überall gerichtet hat, lauten: „Komm und folge mir nach!“ (Lukas 18:22; siehe auch Matthäus 16:24, Markus 1:17, Lukas 9:23.) Als ihn ein Schriftgelehrter fragte, welches das wichtigste Gebot sei, antwortete Jesus:

„Du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben mit ganzem Herzen, mit ganzer Seele und mit all deinen Gedanken und all deiner Kraft.

Als zweites kommt hinzu: Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst. Kein anderes Gebot ist größer als diese beiden.“ (Markus 12:30,31.)

Anhand dieser zwei Gebote möchte ich aufzeigen, wie wir ihm am besten nachfolgen können.

Der Erretter hat stets gezeigt, dass er und sein Vater einander lieben. Mit häufigen, langen und innigen Gebeten hat er uns ein eindrucksvolles Beispiel gegeben, dem wir nacheifern sollten. Die Liebe des Vaters zu seinem Sohn war immer offenkundig, zeigte sich aber besonders deutlich, als Jesus sich von Johannes taufen ließ: „Und eine Stimme aus dem Himmel sprach: Das ist mein geliebter Sohn, an dem ich Gefallen gefunden habe.“ (Matthäus 3:17.)

Wie einig sich die beiden sind, verdeutlichte der Erretter, als er sagte: „Ich und der Vater sind eins.“ (Johannes 10:30.) Wenn wir erfahren, dass sein Wille und der des Vaters für kurze Zeit auch einmal voneinander abwichen, wie beispielsweise in Getsemani (siehe Matthäus 26:39), werden wir daran erinnert, dass unsere Gebete vielleicht nicht immer so erhört werden, wie wir es uns vorstellen. Das Gebet ist dennoch ein wirksamer Grundsatz des Handelns. Der Erretter hat gesagt: „Wenn ihr Glauben habt und nicht zweifelt, dann werdet ihr … alles, was ihr im Gebet erbittet, … erhalten, wenn ihr glaubt.“ (Matthäus 21:21,22.) Unsere Liebe zum Erretter muss mit Taten einhergehen: „Wenn ihr mich liebt, werdet ihr meine Gebote halten.“ (Johannes 14:15.)

Betrachten wir nun das zweite der wichtigsten Gebote, „[Liebe] deinen Nächsten wie dich selbst“ (Matthäus 22:39), oder die noch anspruchsvollere Aufforderung an die Apostel: „Liebt einander[,] wie ich euch geliebt habe.“ (Johannes 13:34.) Auch wenn man seine Liebe sehr gut zeigen kann, indem man die Nachbarn von nebenan zum Essen einlädt, zog der Erretter ein wesentlich schwierigeres Beispiel heran, als ihn der Gesetzeslehrer fragte: „Und wer ist mein Nächster?“ (Lukas 10:29.)

Daraufhin erzählte er die bekannte Begebenheit von dem Mann, der von Jerusalem nach Jericho unterwegs war und halb tot am Straßenrand liegen gelassen wurde, nachdem man ihn beraubt und niedergeschlagen hatte. Der Levit und der Priester sahen ihn und gingen weiter. Doch ein von den Juden verachteter Samariter hatte Mitleid und nahm sich seiner an. Der Samariter fragte nicht nach der Volkszugehörigkeit, ehe er ihm Barmherzigkeit erwies. Jesus beendete diese eindrucksvolle Geschichte mit der Ermahnung: „Geh und handle genauso!“ (Lukas 10:37.)

In jeder großen Stadt gibt es Menschen, die niedergeschlagen sind und am Straßenrand liegen geblieben sind – die Obdachlosen und die Mittellosen, die Hungrigen und die Kranken. Mancher sagt, wenn man ihnen Geld gibt, unterstütze man nur ihre Drogen- oder Alkoholsucht und ermögliche ihnen, eine Lebensweise beizubehalten, die sie sich selbst ausgesucht haben. Es fällt leicht, die Betreffenden zu verurteilen und, wie Ijobs Freunde, sich über die Fehler Gedanken zu machen, durch die sie in ihre schlimme Lage gekommen sind (siehe Ijob 22; Mosia 4:17).

Denken wir jedoch, ehe wir wie der Levit und der Priester vorübergehen, an die Ermahnung des Erretters: „Komm und folge mir nach!“ Vergessen Sie nicht: Der Erretter hatte kein Dach über dem Kopf, er besaß nur die Kleidung, die er auf dem Leib trug, und er litt oft Hunger. Was würde er tun? Es steht außer Frage, was er tun würde. Er würde barmherzig sein und sich ihrer annehmen.

Es gibt viele Möglichkeiten, den Obdachlosen zu helfen; unter anderem, indem man humanitären Organisationen, Suppenküchen oder sonstigen Einrichtungen, die sich ihrer annehmen, Zeit, Hilfsgüter und Geld zur Verfügung stellt. Dennoch scheint es mir, dass wir ihnen auch Barmherzigkeit erweisen müssen. Man kann sich gut an den bestehenden Grundsätzen der Wohlfahrt orientieren. Denken Sie daran, dass es unter uns immer Arme geben wird (siehe Markus 14:7).

Das unterstrich der Erretter ein weiteres Mal, als er vom Tag des Gerichts und von der Trennung der Schafe von den Böcken sprach:

„Dann werden ihm die Gerechten antworten: Herr, wann haben wir dich hungrig gesehen und dir zu essen gegeben, oder durstig und dir zu trinken gegeben?

Und wann haben wir dich fremd und obdachlos gesehen und aufgenommen, oder nackt und dir Kleidung gegeben?

Und wann haben wir dich krank oder im Gefängnis gesehen und sind zu dir gekommen?

Darauf wird der König ihnen antworten: Amen, ich sage euch: Was ihr für einen meiner geringsten Brüder getan habt, das habt ihr mir getan.“ (Matthäus 25:37-40.)

Petrus betonte, wie wichtig diese Art von Nächstenliebe ist, als er sagte: „Vor allem haltet fest an der Liebe zueinander; denn die Liebe deckt viele Sünden zu.“ (1 Petrus 4:8.)

Mormon brachte mit folgender Ermahnung ähnliche Gefühle zum Ausdruck:

„Darum, meine geliebten Brüder, wenn ihr nicht Nächstenliebe habt, seid ihr nichts, denn die Nächstenliebe vergeht nie. Darum haltet an der Nächstenliebe fest, die das Größte ist von allem, denn alles sonst muss vergehen – aber die Nächstenliebe ist die reine Christusliebe, und sie dauert für immer fort, und bei wem am letzten Tag gefunden wird, dass er sie besitzt, mit dem wird es wohl sein.“ (Moroni 7:46,47.)

Jesus lehrte und verkörperte viele Eigenschaften, auf die wir in unserem Bestreben, ihm nachzufolgen, achten müssen. Zu diesen Eigenschaften zählen Liebe, Sanftmut, Demut, Mitgefühl, nach Rechtschaffenheit zu dürsten, gebeterfüllt, barmherzig und im Herzen rein zu sein. Wir dürfen niemanden verurteilen; wir müssen unseren Nächsten so behandeln, wie wir von ihm behandelt werden möchten. Jesus hat uns gelehrt, dass wir das Salz der Erde und das Licht der Welt sein sollen. Er hat gesagt, was ein Mensch im Herzen denkt, sei genauso wichtig wie sein sichtbares Verhalten. Uns ist geboten, allen Menschen zu vergeben, auch unseren Schuldnern, und unsere Feinde zu lieben. Wir sollen nicht nur Friedensstifter sein, sondern uns auch trotz Verfolgung freuen. Er ermahnte uns, Almosen zu geben und im Verborgenen zu fasten und zu beten. Er lehrte uns, die andere Wange hinzuhalten und die zweite Meile zu gehen. Er legte uns besonders ans Herz, Schätze im Himmel und nicht auf der Erde zu sammeln (siehe Matthäus 5-7).

Wenn wir über die volle Bedeutung der Aufforderung „Komm und folge mir nach!“ nachsinnen, wird deutlich, dass wir vielleicht noch viel lernen und tun müssen, ehe wir ihr uneingeschränkt nachkommen können. Es ist jedoch bemerkenswert, dass Jesus während der ersten dreißig Jahre seines Lebens in Nazaret anscheinend nur wenig Aufmerksamkeit erregte, obwohl er doch ein Leben ohne Sünde führte (siehe Matthäus 13:54-56; Markus 6:2,3). Das sollte uns bestärken, uns auf unsere eigene ruhige und demütige Weise zu verbessern, ohne auf uns aufmerksam zu machen. Die Ermahnung „Komm und folge mir nach!“ und die Frage „Was würde Jesus tun?“ sind klare Richtlinien für unser Leben. Wenn wir diesen Richtlinien mehr Beachtung schenken, werden wir in unserem Denken und Handeln Christus ähnlicher.

Ich gebe mein Zeugnis, dass der Erretter, der unser Vorbild ist, lebt. Im Namen Jesu Christi. Amen.