1990–1999
Der Missionsdienst
April 1998


Der Missionsdienst

Die Freude und Begeisterung, auf Vollzeitmission zu gehen, ist eine der größten Segnungen, die ein junger Mann im Aaronischen Priestertum sich wünschen kann.

Ich spreche heute Abend zu jedem jungen Mann im Aaronischen Priestertum, der sich darauf vorbereitet, eine Mission zu erfüllen, zu jedem Vollzeitmissionar und zu jedem Vater und Großvater, der einen jungen Mann dazu motiviert und darauf vorbereitet, auf Mission zu gehen.

Vor einigen Monaten war ich in Far West im US-Bundesstaat Missouri. Früher einmal war dieser Ort Heimat und Zuflucht für etwa 3000 bis 4000 Mitglieder der Kirche. Heute steht dort kein einziges Haus mehr. Es gibt nur Wiesen. Im Juli 1838 hat der Prophet Joseph Smith dort eine Offenbarung empfangen, die besagte, daß die Zwölf am 26. April 1839 von Far West aufbrechen sollten, um die Missionsarbeit in England zu beginnen.1

In dem Buch Discourses of Wilford Woodruff steht: „Als diese Offenbarung gegeben wurde, war alles relativ ruhig und friedlich. Als jedoch die Zeit heranrückte, da die zwölf Apostel der Offenbarung entsprechend handeln sollten, waren die Heiligen bereits vertrieben worden… .

Präsident Young fragte die von den Zwölf, die bei ihm waren: Was machen wir in bezug auf die Erfüllung dieser Offenbarung?’“2 Einige Brüder meinten, der Herr werde die gute Absicht der Zwölf anerkennen und nicht von ihnen erwarten, daß sie ihr Leben aufs Spiel setzten, um die Offenbarung zu erfüllen.

Wilford Woodruff schreibt weiter: „Der Geist des Herrn ruhte auf den Zwölf, und sie sagten: Der Herr Gott hat gesprochen, und wir werden diese Offenbarung und dieses Gebot erfüllen.’ Brigham Young und diejenigen, die bei ihm waren, hatten das gleiche Gefühl.“

Die Zwölf gingen ­ der Offenbarung gehorsam ­ auf Mission. Wilford Woodruff war so krank, daß er sich kaum auf den Füßen halten konnte. Heber C. Kimball schreibt, daß Brigham Young so krank war, daß er keine 150 Meter ohne Hilfe gehen konnte. Er ließ seine Frau und seine Kinder krank im Bett zurück. Als sich Brigham Young auf den Weg machte, trug er eine große Decke über den Schultern, weil er keinen Mantel besaß.3

Am 28. August 1852, fünf Jahre nach der Ankunft der Heiligen im Salt Lake Valley berief Brigham Young eine Sonderkonferenz ein, auf der an die 100 Männer berufen wurden, die bis an die Enden der Erde auf Mission gehen sollten. Der Auftrag, den die Missionare von George A. Smith von den Zwölf erhielten, lautete: „Der Missionsdienst, zu dem bei dieser Konferenz aufgerufen wird, wird im allgemeinen nicht sehr lange dauern; wahrscheinlich wird ein Mann zwischen drei und sieben Jahre von seiner Familie fort sein.“4

Heute gehen die Missionare nicht unter solch extremen Umständen auf Mission. Sie haben es relativ bequem und leicht, sind entsprechend gekleidet, haben genug zu essen und sind mit dem Flugzeug unterwegs.

Derzeit dienen mehr als 58000 Vollzeitmissionare in 136 Ländern und Territorien der Welt. Bis zum 31. Juli werden wir insgesamt 331 Missionen haben. Die Freude und Begeisterung, auf Vollzeitmission zu gehen, ist eine der größten Segnungen, die ein junger Mann im Aaronischen Priestertum sich wünschen kann.

Die meisten Missionare werden in einer der 15 Missionarsschulen in aller Welt besonders geschult. In der größten davon, in Provo in Utah, sind derzeit 3000 Missionare untergebracht. Vielleicht interessieren Sie ein paar statistische Angaben, die ich vor kurzem bei einem Besuch in der Missionarsschule in Provo erhalten habe. Pro Monat verzehren die Missionare dort mehr als 2 Tonnen Frühstückszerealien. Ungefähr eine Tonne davon entfällt auf die Marke „Lucky Charms“, eine beliebte Frühstücksvariante. Vielleicht tut ein angehender Missionar gut daran, zum Frühstück „Lucky Charms“ zu essen! Zur Information der Eltern, die sich bemühen, ihre Söhne an eine in ihren Augen gesündere Kost zu gewöhnen, teile ich Ihnen mit, daß die Missionare dort pro Monat nicht einmal 8 kg Vollkornmüsli essen!

Ihr jungen Männer im Aaronischen Priestertum, darf ich euch sechs Möglichkeiten nennen, wie ihr euch auf eure Mission vorbereiten könnt?

Erstens, gewinnt ein Zeugnis davon, daß das Evangelium Jesu Christi wahr ist. Erkennt für euch, daß ihr das Priestertum tragt und daß Jesus Christus euer Erretter ist.

Zweitens, lest das Buch Mormon und sinnt darüber nach, bis ihr wirklich sagen könnt, daß Joseph Smith es durch den Engel Moroni erhalten und von den goldenen Platten übersetzt hat.

Drittens, seid rein und keusch. Wer einen Fehltritt begangen hat, kann umkehren. Er wendet sich an seinen Bischof und bemüht sich um dessen Hilfe und Rat.

Viertens, zahlt den Zehnten und die Opfergaben, damit ihr von diesem großen Evangeliumsgrundsatz Zeugnis geben könnt. Spart für eure Mission. Eine Mission ist nicht unentgeltlich, und jeder Missionar muß damit rechnen, daß er zu den Kosten der Mission etwas beizutragen hat.

Fünftens, lernt arbeiten. Seid bereit, früh am Morgen aufzustehen, den ganzen Tag hart zu arbeiten und rechtzeitig schlafen zu gehen. Lernt als Vorbereitung auf eure Mission zu arbeiten!

Sechstens, dient in eurer Gemeinde als Heimlehrer, damit ihr lernt, welche Freude das Dienen mit sich bringt.

Ich habe auch einige Vorschläge für die Vollzeitmissionare:

Erstens, tun Sie den Mund auf. Der Herr sagt uns: „Und du mußt allezeit den Mund auftun und mein Evangelium mit dem Ton der Freude verkünden.“ 5

Sprechen Sie einen jeden an: die Verkäuferin im Laden, die Leute im Bus, die Menschen auf der Straße ­ einfach jeden, dem Sie begegnen.

Zweitens, arbeiten Sie hart. Bei der Missionsarbeit stößt man oft auf Ablehnung. Da kann man schon leicht mutlos werden. „Und ihr seid berufen, die Sammlung meiner Auserwählten zuwege zu bringen; denn meine Auserwählten vernehmen meine Stimme und verhärten nicht ihr Herz.“6

Drittens, seien Sie gehorsam, glaubensstark und treu. Als Missionar hat man einen Mitarbeiter, damit man geschützt ist. Ein Missionar schützt seinen Mitarbeiter am besten, indem er dem Herrn treu ist und seinem Mitarbeiter hilft. Das Einhalten der Missionssregeln macht Sie frei, Hilfe durch den Geist zu erhalten.

Viertens, unterweisen Sie, und geben Sie Zeugnis. „Ihr aber sollt in der Macht meines Geistes ausgehen und mein Evangelium predigen, zwei und zwei, in meinem Namen, und ihr sollt die Stimme erheben ­ gleich dem Ton einer Posaune ­, so daß ihr wie Engel Gottes mein Wort verkündigt.“7

Fünftens, pflegen Sie nach Ihrer Mission denselben Geist, dasselbe Erscheinungsbild und das Vertrauen, das in einen Missionar gesetzt wird. Brigham Young hat den zurückgekehrten Missionaren einmal folgendes gesagt: „Kommt erhobenen Hauptes zurück. Haltet euch von Kopf bis Fuß rein, und seid auch im Herzen rein.“8

An die Väter und Großväter der jungen Männer im AP-Alter:

Motivieren Sie Ihre Söhne und Enkel und machen Sie ihnen Mut, auf Mission zu gehen.

Sorgen Sie für ein rechtschaffenes Zuhause, für Beständigkeit und eine friedliche Atmosphäre, in der die jungen Männer heranwachsen und sich auf den Dienst vorbereiten können.

Gehen Sie mit gutem Beispiel voran, und halten Sie die Gebote. Zahlen Sie den Zehnten und die Opfergaben, besuchen Sie die Abendmahlsversammlung, lesen Sie in den heiligen Schriften, und halten Sie den Familienabend, damit Ihre Söhne auf ihre Mission vorbereitet sind.

Bereiten Sie sich darauf vor, mit Ihrer Ehefrau auf Mission zu gehen, wenn die Zeit gekommen ist. Wir brauchen viel, viel mehr Missionarsehepaare.

Die Freuden und Segnungen, die mit einer Vollzeitmission einhergehen, sind so heilig und persönlich, daß es schwer ist, sie in Worte zu fassen. 35 Jahre nach meiner ersten Mission habe ich von einer Familie einen Brief erhalten, die ich zwar belehrt, aber nicht getauft habe. In dem Brief steht, daß aus dieser Familie mit vier kleinen Kindern nun vier Tempelehen hervorgegangen sind, drei der Kinder waren auf Vollzeitmission gewesen, drei dienten als Bischof, die Tochter war FHV-Leiterin und es gibt ein Dutzend Enkelkinder, die im Evangelium heranwachsen. Sie können sich vielleicht vorstellen, welche Freude ich empfunden habe, wo ich doch wußte, daß ich mitgeholfen hatte, diese Menschen zu finden und im Evangelium Jesu Christi zu unterweisen.

Abschließend möchte ich Zeugnis geben, daß man als Missionar gesegnet wird. Im vergangenen Jahr ist mein Vater im Alter von 88 Jahren verstorben. Er war als junger Mann während der Weltwirtschaftskrise auf Mission berufen worden, als nicht viele gehen konnten. Es war schwer und mühsam. Er hat aber immer gesagt, daß sein Entschluß, auf Mission zu gehen, die beste Entscheidung seines Lebens gewesen war. Er hatte zehn Kinder ­ neun davon überlebten ihn ­ sowie 56 Enkel und 116 Urenkel.

Von seinen Nachkommen haben 32 eine Vollzeitmission erfüllt, 15 angeheiratete Ehepartner sind ebenfalls auf Mission gewesen, das sind also 47 Vollzeitmissionare oder 100 Jahre Vollzeitmissionsarbeit. Und all dies ist zum Teil darauf zurückzuführen, daß ein Mann auf Mission gegangen ist. Ich werde meinem Vater ewig dafür dankbar sein, daß er auf Mission gewesen ist und daß ich dazu ermutigt und aufgefordert worden bin, seinem Beispiel nachzueifern.

Ich bezeuge, daß wir alle in der Kirche den Vorzug genießen, ein Missionar zu sein. Mit zu unserer Verantwortung als Priestertumsträger gehört, daß wir ein Missionar sind. Ich bete darum, daß wir alle dieser Verpflichtung, die wir dem Herrn gegenüber haben, nachkommen. Im Namen Jesu Christi, amen.

  1. LuB 118.

  2. Discourses of Wilford Woodruf, Hg. G. Homer Durham (1969), 309.

  3. Siehe Orson F. Whitney, Life of Heber C. Kimball (1888), 275f; Wilford Woodruff, Leaves from My Journal, 2. Auflage (1882), 69.

  4. „Minutes of Conference“, Deseret News, 18. September 1852, 1.

  5. LuB 28:16.

  6. LuB 29:7.

  7. LuB 42:6.

  8. Discourses of Brigham Young, Hg. John A. Widtsoe (1971), 328.