1990–1999
Die Ehe und der große Plan des Glücklichseins
April 1995


Die Ehe und der große Plan des Glücklichseins

Barbara und ich sind mit sechs Kindern gesegnet. Vor ein paar Jahren, als wir alle zusammen ihre Großeltern besuchten, fragte mein Vater: „Joe, ich glaube, du hast da mit Barbara etwas angefangen, womit du nicht mehr aufhören kannst.”

Jetzt, zur Osterzeit, verkünden wir aller Welt, daß Jesus der Messias ist und daß dank seines heiligen Priestertums und der Siegelungsvollmacht eine Ehe und eine Familie im Idealfall niemals aufhören müssen - sie müssen nie ein Ende haben.

Ich möchte heute zu Ihnen allen über Ihre Ehe sprechen. Ich habe acht praktische Anregungen, die hoffentlich dazu beitragen können, daß unsere Ehe, jetzt und in Zukunft, gestärkt wird. Vergessen Sie nie, wie wichtig Ihre Ehe ist. Hören Sie sich an, was Elder Bruce R. McConkie darüber gesagt hat, welch wichtige Rolle die Ehe im „großen Plan des Glücklichseins” (siehe Alma 42:8) spielt, den der Vater im Himmel aufgestellt hat: „Vom Augenblick der Geburt und dem Eintritt in die Sterblichkeit an bis zur Ehe- Schließung im Tempel soll alles, was es im Evangelium gibt, uns darauf vorbereiten, in diese heilige Ordnung der Ehe einzutreten, die uns in diesem Leben und in der künftigen Welt zu Mann und Frau macht. …

Nichts in dieser Welt ist so wichtig wie die Schaffung einer Familie und ihre Vervollkommnung.” („Salvation Is a Family Affair”, Improvement Era, Juni 1970, Seite 43f.)

2. Beten Sie um eine gute Ehe. Vor ein paar Jahren war es noch üblich, daß die Generalautoritäten eine Mission besuchten und mit allen Missionaren ein Gespräch führten. Eider Spencer W. Kimball, der damals noch dem Kollegium der Zwölf angehörte, unterhielt sich einmal mit einem Missionar, der seine Mission fast beendet hatte.

„Was haben Sie denn für die Zeit nach Ihrer Mission vor, Elder?”

„Ach, ich möchte gern weiterstudieren”, sagte der Missionar und fuhr mit einem Lächeln fort: „Und hoffentlich verliebe ich mich und heirate.” Da gab Elder Kimball ihm den folgenden weisen Rat: „Beten Sie aber nicht bloß, daß Sie die Frau heiraten, die Sie lieben, sondern daß Sie die Frau lieben, die Sie heiraten.”

Wir müssen darum beten, daß wir gütiger, freundlicher, demütiger, geduldiger, vergebungsbereiter und vor allem selbstloser werden.

Um zu erkennen, welche Probleme oder Schwächen uns daran hindern, ein besserer Ehepartner zu sein, müssen wir uns im Gebet an den Herrn wenden, damit uns die Segnungen zuteil werden, von denen in dieser eindrucksvollen Verheißung im Buch Mormon die Rede ist:

„Wenn Menschen zu mir kommen, so zeige ich ihnen ihre Schwäche, …

denn wenn sie sich vor mir demütigen und Glauben an mich haben, dann werde ich Schwaches für sie stark werden lassen.” (Ether 12:27.)

Deshalb müssen wir also beten. Viele Führer der Kirche und Eheberater sagen, daß sie noch nie eine Ehe erlebt haben, in der es ernste Schwierigkeiten gab, wenn die beiden noch täglich miteinander beteten. Wenn es Probleme gibt und die Ehe in Gefahr ist, besteht das wichtigste Heilmittel vielleicht darin, daß die beiden miteinander beten.

3. Hören Sie zu. Nehmen Sie sich die Zeit, Ihrem Ehepartner zuzuhören, planen Sie das sogar regelmäßig ein. Unterhalten Sie sich miteinander, und stellen Sie fest, ob Sie ein guter Ehepartner sind.

Bruder Brent Barlow hat einmal eine Gruppe von Priestertumsträgern gefragt: „Wer von Ihnen möchte eine Offenbarung empfangen?” Da ging jede Hand nach oben. Und er schlug ihnen vor, doch nach Hause zu gehen und ihre Frau zu fragen, wie sie ein besserer Ehemann sein könnten. Darauf sagte er: „Ich habe meinen Rat auch selbst befolgt und hatte am Nachmittag ein sehr informatives Gespräch mit meiner Frau, das über eine Stunde dauerte!” (Ensign, September 1992, Seite 17.) Ein solches Gespräch könnte für jeden von uns eine Offenbarung sein.

Haben Sie, die Brüder, in letzter Zeit vielleicht von Ihrer Frau etwas Ähnliches gehört wie ich neulich, nämlich: „Joe, hörst du mir überhaupt zu?” Sie war nicht die einzige, die sich fragte, ob ich zuhörte. Ich habe mich einmal kurz hingelegt, und unsere kleine Enkelin Allison kam und hob eins meiner Augenlider hoch und fragte: „Opa, bist du da?” Wir müssen immer dasein und unserem Ehepartner aufmerksam zuhören.

4. Nörgeln Sie nicht aneinander herum. Betrachten Sie die Fehler des anderen nicht zu kritisch. Denken Sie daran, keiner ist vollkommen. Wir müssen alle einen weiten Weg zurücklegen, bis wir Christus so ähnlich werden, wie unsere Führer es von uns erwarten.

Dieses „Herumnörgeln” (wie Präsident Kimball es genannt hat) kann fast jede Ehe untergraben. Eigentlich kennen wir doch alle unsere Schwächen und brauchen nicht immer wieder daran erinnert zu werden. Kaum jemand bessert sich dadurch, daß er ständig kritisiert wird. Wenn wir nicht achtgeben, kann auch konstruktive Kritik destruktiv sein, wenn wir sie nicht angemessen äußern.

Manchmal ist es besser, wenn etwas ungesagt bleibt. Als Jungverheiratete Frau las Schwester Lola Walters in einer Zeitschrift, es tue einer Ehe gut, wenn die beiden regelmäßig ein offenes Gespräch führten, in dem sie einander sagten, was sie am anderen störte. Sie schreibt:

„Wir sollten fünf Punkte nennen, die uns störten, und ich fing an. … Ich erklärte ihm, es gefiele mir nicht, wie er eine Grapefruit ißt. Er schälte sie und aß sie wie eine Orange! Niemand, den ich kannte, aß eine Grapefruit so. Konnte man von einem Mädchen erwarten, daß es sein ganzes Leben und sogar die Ewigkeit zusehen mußte, wie ihr Mann eine Grapefruit wie eine Orange aß? …

Als ich [mit meinen fünf Punkten] fertig war, war er an der Reihe und sollte sagen, was ihm an mir mißfiel. … Er sagte:, Um ehrlich zu sein, mir fällt gar nichts ein, was mir an dir nicht gefällt, mein Schatz.’

Das hatte ich nicht erwartet.

Ich wandte mich rasch um, weil ich die Tränen, dir mir plötzlich über das Gesicht liefen, nicht hätte erklären können.”

Und abschließend schrieb’ Schwester Walters: „Immer wenn ich höre, daß ein Ehepaar nicht miteinander auskommt, frage ich mich jetzt, ob sie vielleicht unter dem Grapefruit-Syndrom leiden, wie ich es inzwischen nenne.” (Ensign, April 1993, Seite 13.)

Ja, manchmal ist es einfach besser, wenn etwas ungesagt bleibt.

5. Bemühen Sie sich unablässig umeinander. Nehmen Sie sich die Zeit, gemeinsam etwas zu unternehmen - und zwar zu zweit. So wichtig es ist, daß Sie mit Ihren Kindern zusammen sind, Sie brauchen regelmäßig, jede Woche Zeit, die Sie nur zu zweit verbringen. Planen Sie das ein, damit Ihre Kinder spüren, daß Ihnen Ihre Ehe so wichtig ist, daß Sie sich darum bemühen. Dies bedarf der inneren Verpflichtung und der Planung.

Es muß ja nicht kostspielig sein. Am wichtigsten ist, daß Sie zusammen sind.

Als mein Schwiegervater einmal nach dem Mittagessen aus dem Haus ging, um weiter auf dem Feld zu arbeiten, rief meine Schwiegermutter ihm nach: „Albert, komm sofort zurück und sag mir, daß du mich liebst.” Er grinste und sagte zum Scherz: „Elsie, als wir geheiratet haben, habe ich dir gesagt, daß ich dich liebe, und wenn sich daran jemals etwas ändern sollte, werde ich es dir mitteilen.” Den Satz „Ich liebe dich” kann man wohl kaum zu oft aussprechen. Sagen Sie ihn täglich.

6. Seien Sie schnell bereit, sich zu entschuldigen. Es fällt zwar schwer, es auszusprechen, aber sagen Sie rasch: „Ich entschuldige mich, bitte verzeih mir”, auch wenn Sie wissen, daß es gar nicht nur Ihre Schuld war. Wahre Liebe entwickelt sich dann, wenn man jederzeit bereit ist, seine Fehler einzugestehen.

Wenn Meinungsverschiedenheiten auftreten, ist es wichtig, daß man darüber reden und sie beilegen kann, aber es gibt auch Fälle, wo man besser still ist und sich auf die Zunge beißt und bis zehn oder sogar bis hundert zählt. Manchmal ist es sogar besser, wenn man die Sonne über seinem Zorn untergehen läßt und sich dem Problem morgens ausgeruhter und gelassener widmen kann. Dann ist die Chance, daß man es löst, größer.

Manchmal hört man Leute sagen: „Wir sind schon seit fünfzig Jahren verheiratet, und wir hatten noch nie eine Meinungsverschiedenheit.” Wenn das wahr ist, dann wird der eine Partner aber gewaltig vom anderen unterdrückt, oder er sieht die Wahrheit gar nicht. Jedes intelligente Ehepaar hat seine Meinungsverschiedenheiten. Nur müssen wir darauf achten, wie wir damit umgehen. Das gehört dazu, wenn man aus einer guten Ehe eine bessere Ehe machen will.

7. Lernen Sie, mit Ihrem Einkommen auszukommen. Mit die größten Schwierigkeiten in einer Ehe entstehen im finanziellen Bereich. „Die US-Anwaltsvereinigung hat ermittelt, daß 89 Prozent aller Scheidungen auf Streitigkeiten über Geld zurückzuführen sind.” (Ensign, Juli 1975, Seite 72.) Seien Sie bereit, Einkäufe zurückzustellen oder ganz darauf zu verzichten, um im Rahmen Ihres Einkommens zu bleiben. Zahlen Sie als erstes den Zehnten, und meiden Sie Schulden möglichst. Denken Sie dran: wenn Sie im Monat 50 Dollar weniger ausgeben, als Sie verdienen, sind Sie glücklich, und wenn Sie 50 Dollar mehr ausgeben, sind Sie unglücklich. Vielleicht kommen Sie sogar irgendwann an den Punkt, daß Sie sich eine Schere und Ihre Kreditkarte vornehmen und sie zerschneiden müssen, wie Eider Holland rät (siehe Ensign, Juni 1986, Seite 30).

8. Seien Sie in allen Familienangelegenheiten ein echter Partner. Seien Sie nicht so wie der Mann, der zu Hause herumsitzt und sich bedienen läßt, weil er meint, seine Aufgabe bestehe darin, das Geld zu verdienen, und für den Haushalt und die Kinder sei seine Frau allein zuständig. Für Haushalt und Kinder ist nicht nur einer zuständig.

Denken Sie daran: es handelt sich um eine Partnerschaft. Barbara und ich haben festgestellt, daß wir unser Bett jeden Morgen in weniger als einer Minute machen können und daß das dann für den Tag erledigt ist. Sie meint, sie ließe mich das machen, damit ich den ganzen Tag ein gutes Gefühl habe. Das hat wohl etwas für sich.

Nehmen Sie sich die Zeit, gemeinsam die heiligen Schriften zu studieren, und halten Sie sich an diesen Rat von Präsident Kimball: „Wenn Mann und Frau häufig gemeinsam zum heiligen Tempel gehen, wenn sie zusammen mit ihren Kindern zu Hause zum Beten niederknien, wenn sie Hand in Hand zu den Versammlungen der Kirche gehen, wenn sie völlig keusch leben, und zwar in Gedanken und in der Tat, … und wenn beide gemeinsam daran mitarbeiten, das Gottesreich aufzubauen, dann könnten sie gar nicht glücklicher sein.” (Marriage and Divorce, Salt Lake City, 1976, Seite 24.) Um es zusammenzufassen:

Vergessen Sie nie, wie ungeheuer wichtig Ihre Ehe ist. Beten Sie um eine gute Ehe. Hören Sie zu.

  • Nörgeln Sie nicht aneinander herum.

  • Bemühen Sie sich unablässig umeinander.

  • Seien Sie schnell bereit, sich zu entschuldigen.

  • Lernen Sie, mit Ihrem Einkommen auszukommen.

  • Seien Sie in allen Familienangelegenheiten ein echter Partner.

Ich bezeuge, daß Jesus der Messias ist. Das Grab war an jenem dritten Tag leer, und „wie in Adam alle sterben, so werden in Christus alle lebendig gemacht werden” (l Korinther 15:22). Und so können wir voll Dankbarkeit für die Siegelungsvollmacht im wiederhergestellten Evangelium Jesu Christi wie die Dichterin zuversichtlich sagen: „Und nach dem Tod werde ich dich noch inniger lieben” (nach Elizabeth Barrett Browning, „How do I Love Thee?”). Im Namen Jesu Christi. Amen.