1990–1999
Lebendiges Wasser,das den geistigen Durst stillt
April 1995


Lebendiges Wasser,das den geistigen Durst stillt

Indem wir nach dem Evangelium Jesu Christi leben, entwickeln wir in unserem Innersten eine lebendige Quelle, die in alle Ewigkeit unseren Durst nach Glück, Frieden und immerwährendem Leben stillt.

Gegen Anfang seines irdischen Wirkens zogen der Erretter und seine Jünger durch Samaria; sie wollten von Juda nach Galiläa. Müde, hungrig und durstig rasteten sie am Jakobsbrunnen bei Sychar. Die Jünger gingen, um etwas zu essen zu besorgen, und Jesus blieb am Brunnen zurück. Von einer Frau, die zum Wasserschöpfen gekommen war, erbat er sich einen Schluck Wasser. Die Juden und die Samariter waren in tiefem Haß entzweit, und sie sprachen nur selten miteinander; daher reagierte die Frau auf die Bitte Jesu mit einer Frage: „Wie kannst du als Jude mich, eine Samariterin, um Wasser bitten?” (Johannes 4:9.)

Diese im Neuen Testament geschilderte einfache Begegnung am Brunnen nutzte der Erretter, um machtvoll ewige Wahrheit zu lehren. Obwohl er müde und durstig war, nutzte er die Gelegenheit: Er gab Zeugnis von seiner göttlichen Rolle als Erlöser der Welt, und er gab sich machtvoll als der langverheißene Messias zu erkennen. Geduldig und bedacht antwortete er der Frau: „Wenn du wüßtest, worin die Gabe Gottes besteht und wer es ist, der zu dir sagt: Gib mir zu trinken!, dann hättest du ihn gebeten, und er hätte dir lebendiges Wasser gegeben.” (Johannes 4:10.)

Die Frau war interessiert, aber skeptisch, und da Jesus offensichtlich kein Schöpfgefäß hatte, wollte sie weiter wissen: „Woher hast du das lebendige Wasser?” In einer machtvollen Verheißung gab Jesus sich als Quell des lebendigen Wassers zu erkennen, als Ursprung ewigen Lebens. Er sagte: „Wer von diesem Wasser trinkt, wird wieder Durst bekommen; wer aber von dem Wasser trinkt, das ich ihm geben werde, wird niemals mehr Durst haben; vielmehr wird das Wasser, das ich ihm gebe, in ihm zur sprudelnden Quelle werden, deren Wasser ewiges Leben schenkt.” (Johannes 4:11,13,14.)

Die Frau verstand überhaupt nicht, was der Herr damit sagen wollte. Sie dachte nur an ihren physischen Durst und an ihre Bequemlichkeit und drängte: „Herr, gib mir dieses Wasser, damit ich keinen Durst mehr habe und nicht mehr hierher kommen muß, um Wasser zu schöpfen.” (Johannes 4:15.)

Über das Gespräch zwischen dem Erretter und der Frau hat Eider Robert L. Simpson gesagt:

„Die Menschen suchen seit jeher nach dem leichtesten Weg. Manche suchen ihr ganzes Leben lang nach der, Quelle der Jugend’, einem Wunderwasser, das immerwährendes Leben schenkt. Auch heute gibt es noch Menschen, die nach einer Art magischen Quelle suchen, die Erfolg, Erfüllung und Glück bringt. Die Suche ist aber vergebens. … Nur das, lebendige Wasser’, das Evangelium Jesu Christi, kann und wird den Menschenkindern ein glückliches, erfolgreiches und immerwährendes Leben schenken.” (GK, Oktober 1968.)

Was der Erretter dieser Frau verheißen hat, gilt für alle Kinder des himmlischen Vaters. Indem wir nach dem Evangelium Jesu Christi leben, entwickeln wir in unserem Innersten eine lebendige Quelle, die in alle Ewigkeit unseren Durst nach Glück, Frieden und immerwährendem Leben stillt. In, Lehre und Bündnisse’ macht der Herr ganz deutlich, daß die Quelle lebendigen Wassers, das die Seele erfrischt und belebt, nur durch glaubenstreuen Gehorsam zugänglich ist. Dort steht: „Aber wer meine Gebote hält, dem werde ich die Geheimnisse des Gottesreiches geben, und diese werden in ihm eine Quelle lebendigen Wassers sein, das zu immerwährendem Leben emporquillt.” (LuB 63:23; Hervorhebung hinzugefügt.)

Als die Frau sagte, sie wisse, daß der Messias kommen werde, sagte Jesus: „Ich bin es, ich, der mit dir spricht.” (Johannes 4:25,26.) Er zeigte seine Macht der prophetischen Wahrnehmung, indem er ihr Einzelheiten aus ihrem Leben nannte, die nur jemand wissen konnte, der gottgegebene Einsicht besaß. Voll Staunen ließ die samiritische Frau ihren Wasserkrug stehen und eilte davon, um den Leuten von ihrem Gespräch mit dem Herrn zu erzählen. Sie sagte: „Kommt her, seht, da ist ein Mann, der mir alles gesagt hat, was ich getan habe: Ist er vielleicht der Messias?” (Johannes 4:29.) Während die Frau die Einwohner des Ortes zusammenrief, lehrte Jesus seine inzwischen zurückgekehrten Jünger: „Ich lebe von einer Speise, die ihr nicht kennt.” Zunächst waren die Jünger erstaunt, denn sie hatten doch gerade erst Lebensmittel geholt. Jesus erklärte ihnen jedoch: „Meine Speise ist es, den Willen dessen zu tun, der mich gesandt hat, und sein Werk zu Ende zu führen.” (Johannes 4:32,34.)

Als die neugierig gewordenen Samariter ankamen, um den Mann zu sehen und zu hören, der sich selbst als Messias bezeichnete, „baten sie ihn, bei ihnen zu bleiben; und er blieb dort zwei Tage” (Johannes 4:40). Aus der Schrift erfahren wir, daß viele an die Lehren des Erretters glaubten. Während sie ihm zuhörten, wurde aus der anfänglichen Neugier ein Zeugnis. Sie verkündigten: „[Wir haben] ihn selbst gehört …, und … wissen [nun]: Er ist wirklich der Retter der Welt.” (Johannes 4:42.)

Wir leben in einer Zeit großen geistigen Durstes. Viele Menschen auf der Welt suchen - oft sehr intensiv - nach einer Quelle der Erfrischung, die ihr Verlangen nach Sinn und Weisung im Leben stillt. Sie sehnen sich nach einem kühlen, zufriedenstellenden Trunk an Einsicht und Erkenntnis, der die schmachtende Seele heilt. Ihr Geist verlangt schmerzlich nach Frieden und Ruhe, den Lebenserhaltern, die das welkende Herz nähren und beleben.

Und wirklich: „Es gibt unter allen Glaubensgemeinschaften, Parteien und Konfessionen noch immer viele auf Erden, die von der durchtriebenen Heimtücke der Menschen, die auf der Lauer liegen, um zu täuschen, verblendet sind und denen die Wahrheit nur deshalb vorenthalten ist, weil sie nicht wissen, wo sie zu finden ist.” (LuB 123:12.) Wir wollen mit ganzem Herzen, aller Macht, ganzem Sinn und aller Kraft arbeiten, um unseren dürstenden Brüdern und Schwestern zu zeigen, wo sie das lebendige Wasser des Evangeliums finden, damit sie kommen und von dem Wasser trinken können, das „zu immerwährendem Leben emporquillt”.

Der Herr spendet lebendiges Wasser, das den brennenden Durst derjenigen stillt, deren Leben durch Mangel an Wahrheit verdorrt. Er erwartet von uns, daß wir diesen Menschen die Fülle des Evangeliums zugänglich machen, indem wir ihnen die heiligen Schriften und die Worte der Propheten geben, und indem wir selbst Zeugnis von der Wahrheit des wiederhergestellten Evangeliums geben, damit die Menschen ihren Durst lindern. Wenn sie aus dem Kelch der Evangeliumserkenntnis trinken, wird ihr Durst dadurch gestillt, daß sie den großen Plan des himmlischen Vaters, nämlich den Plan des Glücklichseins, verstehen lernen.

Wie am Jakobsbrunnen ist der Herr Jesus Christus auch heute der einzige Quell des lebendigen Wassers. Dieses Wasser stillt den Durst derer, die unter dem Mangel an göttlicher Wahrheit leiden, der der Welt so zu schaffen macht. Das Wort des Herrn an das damalige Israel, gegeben durch den Propheten Jeremia, beschreibt den Zustand, in dem sich viele der Kinder Gottes heutzutage befinden: „Mich hat [das Volk] verlassen, den Quell des lebendigen Wassers, um sich Zisternen zu graben, Zisternen mit Rissen, die das Wasser nicht halten.” (Jeremia 2:13.) Zu viele Kinder des himmlischen Vaters verbringen ihr kostbares Leben damit, rissige Zisternen für weltlichen Gewinn zu graben, die das lebendige Wasser nicht halten können, das doch den natürlichen Durst nach ewiger Wahrheit vollständig stillen kann.

Am letzten Tag des Laubhüttenfestes, nun wieder in Jerusalem, sprach der Erretter die zeitlose, allumfassende Einladung aus: „Wer Durst hat, komme zu mir, und es trinke, wer an mich glaubt.” (Johannes 7:37.)

Eider Bruce R. McConkie definiert das lebendige Wasser wie folgt: „Die Worte des ewigen Lebens, die Botschaft der Errettung, die Wahrheit über Gott und sein Reich; es ist die Lehre des Evangeliums.” Sodann führt er weiter aus: „Wo es Propheten Gottes gibt, da findet man auch Ströme lebendigen Wassers, Brunnen voll ewiger Wahrheit, Quellen, aus denen der lebensspendende Trank emporsprudelt, der vom geistigen Tod errettet.” (Doctrinal New Testament Commentary, Band l, Seite 151f.)

Der Herr hat gesagt: „Sei es durch meine eigene Stimme oder durch die Stimme meiner Knechte, das ist dasselbe.” (LuB 1:38.) Wir dürfen zu einer Zeit leben, wo es auf Erden Propheten und Apostel gibt. Durch sie werden wir ständig erfrischt, und zwar mit einem reichen Strom ewiger Wahrheit, durch die, sofern wir uns daran halten, das lebendige Wasser des Herrn in unser Leben kommt. Genau wie die Samariter, die den Erretter am Jakobsbrunnen hörten, können auch wir voll Glauben und mit fester Überzeugung sagen: „[Wir haben] ihn selbst gehört …, und … wissen [nun]: Er ist wirklich der Retter der Welt.” (Johannes 4:42.)

Wir vermissen die Stimme von Präsident Howard W. Hunter. Die Liebe, die Hoffnung und das Mitgefühl Jesu Christi kamen in Präsident Hunters schlichter Beredsamkeit zum Ausdruck. Er hob uns auf eine neue Ebene des Verstehens, und er ermahnte uns, uns aufs Neue zu verpflichten, die heiligen Bündnisse zu halten. Er hielt uns vor Augen: „Das erhabene Opfer Christi kann in unserem Leben nur dann Frucht tragen, wenn wir der Aufforderung, ihm zu folgen, Folge leisten.” (Der Stern, Oktober 1994, Seite 4.) Als Präsident Hunter uns bat, einander „mit mehr Freundlichkeit, mehr Höflichkeit, mehr Demut und Geduld und Vergebungsbereitschaft” zu begegnen, da war sein eigenes Beispiel an diesen christusähnlichen Tugenden noch viel überzeugender, als selbst die unvergeßlichen Worte, die er da gesprochen hat. Er forderte uns auf, öfter und mehr vom lebendigen Wasser zu trinken, und unser Leben geistig zu bereichern. (Siehe Der Stern, August 1994, „Informationen und Nachrichten”, Seite 3.)

Präsident Ho ward W. Hunter hat gesagt: „Ich wünsche mir von ganzem Herzen, daß jedes Mitglied der Kirche für den Tempel würdig ist. Ich hoffe, daß jedes erwachsene Mitglied für einen Tempelschein würdig ist und ihn auch hat, selbst wenn es nicht so nah bei einem Tempel wohnt, daß es häufig davon Gebrauch machen kann.” (Ebda., Seite 4.) Er wollte, daß ein jeder von uns gestärkt werde durch die „Heiligkeit und Geborgenheit, … die wir in diesen heiligen Hallen erfahren.” (Ebda., Seite 4.) Wie könnten wir den Erretter besser kennenlernen und unseren Entschluß, ihm ähnlicher zu werden, mehr festigen, als wenn wir oft in sein heiliges Haus gehen und dort vom lebendigen Wasser trinken. Präsident Hunter wollte, daß wir uns durch rechtschaffenes Leben für die Schönheit, die Offenbarung und den Frieden des Tempels bereit machen. Darum hat er auch so oft gesagt, daß wir „den Tempel als das große Symbol unserer Mitgliedschaft” in der Kirche des Herrn ansehen sollen.

Heute haben wir Präsident Hunters Nachfolger bestätigt. Wie Sie bin auch ich hocherfreut, daß wir in der Feierlichen Versammlung Präsident Gordon B. Hinckley als Propheten, Seher und Offenbarer und den Sprecher für unseren Herrn Jesus Christus auf Erden bestätigen konnten. Er ist der Gesalbte des Herrn. Er hat alle Schlüssel des Priestertums inne und ist bevollmächtigt, sie zur Leitung und Weisung des Gottesreiches anzuwenden. Präsident Hinckley ist ein treuer Diener des Herrn, und seine Gesinnung und seine Stimme kennen wir gut. In den siebenunddreißig Jahren seines Dienstes als Generalautorität der Kirche habe wir ihn liebgewonnen. Vor fast vierunddreißig Jahren wurde er zum Apostel ordiniert, zu einem besonderen Zeugen für den Herrn Jesus Christus. Unter den jetzt lebenden Generalautoritäten hat er am längsten als solche gedient. Als Präsident Hinckley als einer der Zwölf berufen wurde, hatte die Kirche 1900000 Mitglieder und 336 Pfähle; heute gibt es 9 Millionen Mitglieder und über 2000 Pfähle.

Präsident Hinckley hatte gute, glaubenstreue Eltern, und schon als kleiner Junge lehrten sie ihn die Wahrheiten des wiederhergestellten Evangeliums. Er hat gegenüber dem Erbe der Pioniere unter seinen Vorfahren tiefen Respekt und große Wertschätzung entwickelt. Als junger Mann war er in England auf Mission. Seit er erwachsen ist, hat er unermüdlich für den Aufbau des Gottesreiches gearbeitet. Er diente unter acht Präsidenten der Kirche, darunter vierzehn Jahre als Ratgeber der letzten drei, nämlich Präsident Spencer W. Kimball, Präsident Ezra Taft Benson und Präsident Howard W. Hunter.

Präsident Hinckley ist sein Leben lang auf seine jetzige Aufgabe vorbereitet worden. Kürzlich erinnerte Präsident Boyd K. Packer uns daran, daß „kein Mann Präsident der Kirche wird, ohne eine lebenslange Lehre absolviert zu haben”. Aus der Schrift erfahren wir, daß diejenigen, die als Propheten dienen, „von Grundlegung der Welt an gemäß dem Vorherwissen Gottes … vorbereitet” worden sind (Alma 13:3).

Ich bezeuge, daß Präsident Hinckley von Gott vorherordiniert, erzogen, vorbereitet und berufen ist, „sein Wort unter diesem Volk zu verkünden, damit sie immerwährendes Leben haben können.” (3 Nephi 5:13.) Seit meiner frühen Jugend kenne ich ihn gut, und ich weiß aus eigenem Anschauen, daß im Gewebe seines edlen Charakters auch nicht ein einziger schäbiger ”Esgigrust. Vom lebendigen Wasser des Herrn und von seinem Evangelium hat Präsident Hinckley während seines ganzen Lebens in tiefen Zügen getrunken. Wegen seines rechtschaffenen Gehorsams sind von ihm Ströme lebendigen Wassers ausgegangen, und so wird es auch weiter sein, damit der Durst der geistig verdorrten Welt gestillt werden kann.

Ich bin dankbar, daß wir heute Präsident Thomas S. Monson und Präsident James E. Faust als Ratgeber in der Ersten Präsidentschaft bestätigen konnten. Auch sie wurden viele Jahre im Dienst an Gott und der ganzen Menschheit erprobt und geprüft. Sie sind tapfer und glaubensstark. Diese drei präsidierenden Hohen Priester, die die Erste Präsidentschaft bilden, verdienen unsere Loyalität und Hingabe. Mit Zuversicht und absolutem Vertrauen können wir sie bestätigen und ihnen folgen. Als jemand, der ein besonderer Zeuge ist, stimme ich in das Zeugnis der Samariter vor langer Zeit ein. Brüder und Schwestern, Ihnen und aller Welt bezeuge ich ernsthaft, daß derselbe Jesus von Nazaret, der mit der Frau am Jakobsbrunnen sprach, „wirklich der Retter der Welt” ist (siehe Johannes 4:42). Er lebt auch jetzt. Er ist unser Erlöser und unser Fürsprecher beim Vater. Er steht an der Spitze dieser Kirche, die seinen Namen trägt. Die Erste Präsidentschaft und das Kollegium der Zwölf Apostel bestehen aus rechtmäßig bevollmächtigten und ordinierten Dienern, und diese haben die heilige und feierliche Pflicht, die Kirche des Herrn in diesen, den Letzten Tagen, zu leiten. Unsere Pflicht ist es, „den Willen dessen zu tun, der [uns] gesandt hat” (Johannes 4:34) und all denen das lebendige Wasser zu bringen, die danach dürsten. Das bezeuge ich im heiligen Namen Jesu Christi. Amen.