1990–1999
Helden
April 1993


Helden

Hört auf die Eingebungen des Heiligen Geistes, und reagiert darauf; tut euch mit rechtschaffenen Helden zusammen, um gegen das Böse, das der Meister der Täuschung herbeiführt, standhaft zu bleiben.

Eines Abends arbeitete ich noch spät im Bürogebäude der Kirche. Als ich den Lift kommen ließ, um nach Hause zu gehen, war ich in Gedanken versunken. Völlig zerstreut betrat ich den Lift, da streckte sich mir eine Hand entgegen, und eine Stimme sagte:

Einer, den ich als Held betrachte, nämlich Nephi, hat oft die Wendung gebraucht: „Meine Seele erfreut sich.” Heute abend erfreut sich meine Seele daran, daß sie zu den vielen Tausenden gehört, die sich zusammengefunden haben, um mehr über ihre Priestertumsaufgaben zu erfahren.

Kommenden Montag wird der Ruf: „Anspielen!” in den Baseballstadien der Oberliga in den USA und Kanada erschallen. Ich bin betrübt, daß ein weiterer meiner Helden, nämlich der Werfer Lynn Nolan Ryan jun. kürzlich angekündigt hat, diese Saison werde seine letzte sein.

Nolan wird wahrscheinlich in demselben Jahr, in dem er zum ersten Mal dafür in Frage kommt, in die Baseball Hall of Farne (Ruhmeshalle der vortrefflichsten Baseballspieler, Anm. d. Übs.) aufgenommen werden. Man wird sich an seine überragenden Leistungen in siebenundzwanzig Spielzeiten der Oberliga erinnern. Sein Schnellwurf von 150 km/h ist legendär. Daß er mehr als 5600mal so geworfen hat, daß der Schlagmann den Ball verfehlte, wird für lange, lange Zeit ein Rekord bleiben. Nolan Ryan ist nicht nur ein großartiger Werfer, sondern auch ein wunderbarer empfindsamer Mensch.

Ein guter Baseballwerfer kann den Ball unglaublich rasant und genau werfen. Dabei verstellt er seine Bewegungen, um den Schlagmann zu täuschen. Der Ball wird durch die Art und Weise, wie der Werfer ihn hält oder dann losläßt, entweder kurven oder rutschen oder sich senken oder torkeln oder sich verlangsamen, wenn er den Schlagmann erreicht. Beim Baseball sind Werfer wie Nolan Ryan imstande, den Schlagmann meisterhaft zu täuschen.

Im Leben hat der, der der größte Täuscher von allen ist, einen ungeheuren Einfluß. Er hat viele Namen, aber am bekanntesten ist er als der Satan oder Teufel. Und ihm ist bewußt, daß ihr „ein auserwähltes Geschlecht, eine königliche Priesterschaft” seid (l Petrus 2:9).

Irrt euch da nicht, meine jungen Brüder. Was das Täuschen berifft, ist der Satan der Oberbefehlshaber. Es genügt ihm nicht, jemand bloß gefangenzunehmen; nein, er will die Seele des Menschen. Eine seiner hinterhältigen Methoden besteht darin, daß er nach und nach unsere Vorstellung von Gut und Böse aufweicht. Er will uns davon überzeugen, daß es heute in ist, zu lügen und zu betrügen. Er reizt uns auf, Pornographie zu betrachten, und sagt, das bereite uns auf das wirkliche Leben vor. Er will uns glauben machen, daß Unmoral etwas sehr Attraktives ist, das Befolgen der Gebote des himmlischen Vaters aber etwas Altmodisches. Der Satan bombardiert uns ständig mit trügerischer Werbung, und alles ist reizvoll verpackt und sorgfältig verkleidet. Er schafft falsche Helden, die - wenn wir ihnen nachfolgen - uns gewiß in den Abgrund der Sünde führen werden.

Andererseits können uns sorgfältig ausgewählte Helden ein Beispiel fürs Leben geben und uns Vorbilder sein. Sie können uns Mut machen, ein rechtschaffenes Leben zu führen. Ich habe außer Nephi und Nolan Ryan noch mehrere weitere Helden.

„Ich bin Spencer Kimball. Und wer sind Sie?” Zu meiner Verwunderung wußte ich momentan nicht, wer ich war. Hier war einer meiner Helden, und ich murmelte etwas, was so ungefähr wie mein Name klang. Wenn ich an Präsident Kimball denke, so fällt mir Das Wunder der Vergebung ein; ich denke an „Größere Schritte machen”, an „Tu es jetzt!”, an das Priestertum für alle männlichen Mitglieder und vor allem daran, daß man Mißgeschick überwinden muß. Er wird für alle Zeiten einer meiner Helden sein.

Alma, der Hohe Priester der Kirche Gottes, bemühte sich vergeblich, seinen nephitischen Brüdern in der Stadt Ammoniha Umkehr zu predigen. Als er die Stadt verließ, war er sehr entmutigt. Da erschien ihm ein Engel und sagte: „Siehe, ich bin gesandt, dir zu gebieten, daß du in die Stadt Ammoniha zurückkehren und dem Volk der Stadt abermals predigen sollst; ja, predige ihnen! Ja, sage ihnen, wenn sie nicht umkehren, wird der Herr Gott sie vernichten.” (Alma 8:16.) Alma kehrte in die Stadt zurück, wie ihm geboten worden war.

In dieser Stadt Ammoniha lebte ein Mann namens Amulek. Er berichtete sein Erlebnis: „Als ich auf die Reise ging, um einen sehr nahen Verwandten zu besuchen, siehe, da erschien mir ein Engel des Herrn und sprach: Amulek, kehre in dein Haus zurück, denn du sollst einen Propheten des Herrn speisen, ja, einen heiligen Mann, der ein erwählter Mann Gottes ist; denn er hat viele Tage wegen der Sünden dieses Volkes gefastet, und er ist ausgehungert, und du sollst ihn in deinem Haus aufnehmen und speisen, und er wird dich und dein Haus segnen.” (Alma 10:7.)

Amulek kehrte zurück und nahm Alma in sein Haus auf, wo er essen und sich ausruhen konnte. Amulek wurde als Almas Missionsgefährte berufen. Einmal wurden sie gebunden, geschlagen und ins Gefängnis geworfen, weil sie Umkehr predigten. Als Antwort auf ihr Gebet ließ der Herr die Mauern des Gefängnisses einstürzen, und diejenigen, die sie gefangengenommen hatten, kamen ums Leben.

Alma und Amulek hörten auf den Engel. Sie nahmen die Missionsberufung an und predigten Umkehr. Sie blieben auch angesichts von Unglück und Gefangenschaft standhaft. Sie sind Helden, die es wert sind, daß man ihnen nacheifert.

Im Lauf der Jahre war jeder meiner Bischöfe für mich ein Held. Unser jetziger Bischof, Stephen G. Stoker, ist für meine ganze Familie ein Held.

Ich bin dankbar für die Bischöfe, die mir als jungem Mann geholfen haben, mich auf das Melchisedekische Priestertum vorzubereiten. Ein geduldiger, liebevoller Bischof half mir zu begreifen, daß Missionsdienst weitaus wichtiger ist als die Vervollkommnung meines Golfspiels, was für mich damals das Hauptanliegen war.

Heute freut es mich, mit meinen Söhnen und Schwiegersöhnen Golf zu spielen. Wenn sie gut spielen, fordern sie mich heraus. Mit ihrem geschmeidigen Körper schlagen sie den Ball viel weiter als ich. Weil sie aber noch nicht begriffen haben, daß die kürzeste Verbindung zwischen zwei Punkten die Gerade ist, bleibe ich im Rennen. In ihrem Eifer, den Ball möglichst voll und hart zu treffen, schlagen sie ihn oft auf die Seite oder über die Begrenzung hinaus.

Junge Männer, setzt euren Glauben und euer Vertrauen in euren Bischof. Laßt euch von ihm helfen, damit ihr auf der Geraden der Rechtschaffenheit bleibt und nicht über die Grenzen geratet, die der himmlische Vater gesetzt hat. Wenn ihr von dieser Geraden abgekommen seid, so laßt euch von eurem Bischof bei der Richtungsänderung helfen, bevor die Tricks des Satans euch fest im Griff haben. Hoffentlich hat der Herr in der Ewigkeit einen besonderen Platz für gute Bischöfe reserviert.

Der himmlische Vater wußte, daß ein Sohn mit meiner Willenskraft einen guten Vater nötig hat. Er suchte für mich einen großartigen aus. Mein Vater widmete seinen Kindern und Enkeln sehr viel Zeit und Mühe. Er liebte den Herrn und war immer im Auftrag des Herrn tätig, sein ganzes Leben lang. Er war nicht nur mein Vater; er ist einer meiner Helden.

Als ich Teenager war, war mein Vater Präsident meines Priesterkollegiums und Bischof unserer Gemeinde. Wenn welche von euch Söhne eines Bischofs sind, so wißt ihr, daß die Erwartungen an so einen Sohn ziemlich hoch sind.

Während mein Vater Bischof war, wurde in unserer Gegend ein neues Gemeindehaus gebaut. Der örtliche Kostenbeitrag wurde teilweise durch Arbeitsleistung abgedeckt. Oft, wenn ich nach Hause kam, fand ich auf dem Küchentisch einen Zettel, worin Vater mich aufforderte, zusammen mit ihm am neuen Bau zu arbeiten. Über diese Aufforderungen war ich nicht immer erfreut und selten begeistert. Mir schien, der Sohn des Bischofs erhielt mehr als seinen gerechten Anteil an Aufforderungen zur Mitarbeit am neuen Gemeindehaus.

Als der Bau fast fertig war, fing die Grundstücksverschönerung an. Die Priestertumsbrüder bekamen Gelegenheit, Dünger hinzufahren. Der Bischof nahm an dem

Unternehmen teil, und so fühlte sich der Sohn zur Teilnahme verpflichtet. Wir fuhren in die Berge, zu einer Schaffarm. Wir schaufelten getrockneten, fast zu Staub zerfallenen Schafmist in den Laster. Der Wind blies uns viel von dem, was wir aufluden, wieder ins Gesicht. Das widerliche Zeug gelangte uns in die Augen, Kehlen, Ohren, in die Nase und den Rücken hinunter. Ich kann mich nicht erinnern, daß mir je unbehaglicher zumute gewesen wäre. Ich fürchte, ich brachte meine Gefühle sehr wörtlich zum Ausdruck. Als wir dann zum neuen Gemeindehaus kamen, um die Ladung abzuladen, entdeckte ich, daß mir mein neues Fahrrad gestohlen worden war. Laut schrie ich meine Klagen hinaus. Warum ließ der Herr es zu, daß man mir mein Fahrrad stahl, wenn ich doch in seinem Werk tätig war?

Als Vater und ich nach Hause kamen, duschten wir und setzten uns dann zum Abendessen. Ich hörte nicht auf, über diesen Tag und mein gestohlenes Fahrrad zu jammern. Wir knieten zum Beten nieder. Vater dankte dem Vater im Himmel für die Gelegenheit, an diesem Tag zu dienen und brachte auch seine Liebe zu mir zum Ausdruck. Er bat um Vergebung für den Fahrraddieb. Er sagte, er sei über den Verlust betrübt, sei aber froh, daß es nicht sein Sohn war, der den Diebstahl begangen hatte. Väter sind großartige Helden. Ich bete darum, daß euer Vater, wenn ihr das Glück habt, ihn ganz in der Nähe zu haben, für euch ein Held sein kann. Väter, führen Sie Ihr Leben so, daß Ihre Söhne und andere Menschen zu Ihnen als einem Helden aufblicken können.

Außergewöhnliche Baseballschlagmänner sind mit sehr guten Augen und außergewöhnlichem Zusammenspiel von Auge und Hand ausgestattet. Sie können sogar die dunkleren Linien auf dem Ball erkennen und daraus schließen, in welcher Richtung er sich dreht. Der Schlagmann kann dadurch besser auf den Täuschungsversuch des Werfers reagieren. Unser Vater im Himmel hat jeden von uns auch mit etwas ausgerüstet, damit wir besser imstande sind, die Täuschungen des Satans zu erkennen und ihnen zu widerstehen, und zwar mit der Gabe des Heiligen Geistes.

Mein Gebet für euch, ihr großartigen Träger des Aaronischen Priestertums, lautet jetzt: Hört auf die Eingebungen des Heiligen Geistes, und reagiert darauf; tut euch mit rechtschaffenen Helden zusammen, um gegen das Böse, das der Meister der Täuschung herbeiführt, standhaft zu bleiben.

Ich weiß, daß unser himmlischer Vater lebt und daß sein Sohn unser Erretter und Erlöser ist. Ich weiß, sie lieben uns und möchten, daß wir Erfolg haben. Das bezeuge ich in seinem heiligen Namen, Jesus Christus. Amen.