1990–1999
Kommen Sie zum Haus des Herrn
April 1992


Kommen Sie zum Haus des Herrn

„Kommen Sie würdig und regelmäßig zum Tempel. Das ist nicht nur ein Segen für die Verstorbenen, sondern Sie können in reichem Maße die verheißene persönliche Offenbarung empfangen.”

In der ersten schriftlich festgehaltenen Offenbarung dieser letzten Evangeliumszeit unterwies der Herr den Propheten Joseph Smith in dem, was wir wohl als das größte Werk dieser Evangeliumszeit betrachten, nämlich die Siegelung der Lebenden an ihre Familie und an ihre Vorfahren (siehe LuB 2).

Auf Bronzeplatten, die sich am Eingang des Alberta-Tempels in Kanada befinden, stehen die folgenden bedeutsamen Worte von Orson F. Whitney, der vor achtzig Jahren Apostel war:

Rein sein muß ein Herz, um hier zu sein, wo es ein Festmahl gibt, das die Welt nicht

kennt. Nehmt gerne daran teil, denn Gott hat gern

gegeben. Und kostet heil’ge Freude, die vom Himmel kommt.

Lernt hier von ihm, der übers Grab gesiegt und der den Menschen Schlüssel und das Reich

gegeben; vereint durch Kräfte, die Vergangenheit und

Gegenwart verbinden, die Lebenden und Toten Vollkommenheit hier finden.

Diese zu Herzen gehenden Worte erinnern diejenigen, die den Tempel betreten, an die bedeutsame Wahrheit in bezug auf ihren Dienst im Tempel, nämlich daß jeder, der hineinkommt, dabei die Liebe des himmlischen Vaters spüren kann.

„Rein sein muß ein Herz.” Mit diesem Satz erklärt Eider Whitney, wie wichtig es ist, daß man sich auf den Tempel gut vorbereitet. Wenn wir den Tempel besuchen wollen, müssen wir so leben, daß wir würdig sind, hineinzugehen und an dem Fest, von dem er spricht, teilzuhaben.

Ob wir würdig sind, den Tempel zu betreten, überprüfen wir beim jährlichen Tempelscheininterview mit den Priestertumsführern. Unsere Unterschrift und die ihre auf dem Tempelschein bezeugen, daß wir würdig sind, den Tempel zu betreten. Es ist überaus wichtig, dem Bischof gegenüber völlig ehrlich zu sein. Wenn wir ihm gegenüber in bezug auf unsere Würdigkeit nicht völlig ehrlich sind, so ist das ein Verstoß gegen die Redlichkeit, wodurch aber die Sünden, die im Verborgenen bleiben sollen, noch schwerwiegender werden.

Wenn wir dem Tempelarbeiter unseren Tempelschein zeigen, bekräftigen wir, daß wir würdig sind, den Tempel zu betreten. Wenn seit der Ausstellung des Tempelscheins ein Problem aufgetreten ist, das noch nicht bereinigt worden ist, tun wir gut daran, das zu befolgen, was der Herr in der Bergpredigt gesagt hat:

„Wenn du deine Opfergabe zum Altar bringst und dir dabei einfällt, daß dein Bruder etwas gegen dich hat,

so laß deine Gabe dort vor dem Altar liegen; geh und versöhne dich zuerst mit deinem Bruder, dann komm und opfere deine Gabe.” (Matthäus 5:23,24.)

Denken Sie daran, daß die Gaben, die wir zu seinem Haus bringen, nicht die gleichen sind wie diejenigen, die unsere Vorfahren zu ihrem Tempel gebracht haben. Bei uns handelt es sich vielmehr um das reine Herz, von dem Bruder Whitney spricht. Wir halten uns an die Weisung des Herrn, indem wir dafür sorgen, daß unser Herz rein ist. Dazu überdenken wir unser Leben, ehe wir das Haus des Herrn betreten. Wenn es eine Sünde gibt, die noch nicht bereinigt worden ist, so müssen wir umkehren, um uns davon zu befreien.

Wir müssen auch die Beziehung zu unserem Bruder, unserer Schwester, unserer Frau, unserem Mann, unserem Kind, unseren Eltern und zu allen überdenken, die irgend etwas gegen uns haben. Wir müssen zuerst alle Beziehungen klären, die irgendwie beeinträchtigt sind, und dann zum Tempel kommen.

Wer wahrhaftig demütig und gehorsam ist, geht bei der Vorbereitung noch einen Schritt weiter. Er befreit sein Herz von allen Gefühlen, die nicht zu der heiligen Umgebung und den heiligen Erfahrungen passen, die er im Tempel macht. Er denkt daran, daß Gefühle wie Zorn, Feindseligkeit, Angst, Enttäuschung, Hast oder die Beschäftigung mit Angelegenheiten von außerhalb des Tempels, ihn davon abhalten, voll und ganz an dem Festmahl teilzuhaben, das im Tempel stattfindet und das ja ein Festmahl mit dem Geist ist. Solche Gefühle lassen wir draußen zurück, wenn wir den Tempel betreten.

Der Tempel ist ein Ort, an dem der Herr diejenigen, die er erwählt hat, mit Kraft aus der Höhe ausrüstet, einer Kraft, die uns befähigt, unsere Gaben und Fähigkeiten klüger und effektiver zu nutzen, um die Absichten des himmlischen Vaters für uns und diejenigen, die wir lieben, zustande zu bringen.

Als Präsident Brigham Young am 6. April 1853 den Eckstein des Salt-Lake-Tempels weihte, sagte er folgendes über die Begabung:

„Die Begabung bedeutet, daß ihr im Haus des Herrn alle heiligen Handlungen empfangt, die ihr, nachdem ihr dieses Leben verlassen habt, braucht, um in die Gegenwart des himmlischen Vaters zurückkehren zu können und an den Engeln vorbeizukommen, die Wache stehen, weil ihr ihnen dann die Schlüsselwörter, die Zeichen und Kennzeichen nennen könnt, die das heilige Priestertum betreffen, und trotz Erde und Hölle eure ewige Erhöhung erlangt.” (Discourses of Brigham Young, Seite 416.)

Wir empfangen die Segnungen, von denen Brigham Young gesprochen hat, wenn wir die Begabung erhalten. Wir erhalten einen tieferen Einblick in die Bedeutung der Begabung, wenn wir regelmäßig für die Verstorbenen an den heiligen Handlungen teilnehmen.

Manche beteiligen sich intensiver an dem Festmahl, von dem Orson F. Whitney gesprochen hat. Am meisten nehmen diejenigen mit, die sich mit den Lehrmethoden, die der Herr im Tempel verwendet, auskennen.

Sie sind im Herzen und im Sinn darauf vorbereitet, auf die Weise des Herrn zu lernen, wenn sie zum Tempel kommen.

Andere bekommen weniger mit und sind von den Erfahrungen im Tempel vielleicht enttäuscht; vielleicht verstehen sie nicht, wie der Herr uns in seinem Haus belehrt. Elder John A. Widtsoe hat gesagt:

„Wir leben in einer Welt der Symbole. Niemand kann, wenn er die Begabung so empfangen hat, wie es sein soll, aus dem Tempel kommen, ohne hinter dem Symbol die mächtige Realität erkannt zu haben, für die das Symbol steht.” („Temple Worship”, Utah Genealogical and Historical Magazine, April 1921, Seite 62.)

Wenn der Besuch des Tempels Sie verwirrt hat oder Ihnen Kopfzerbrechen bereitet, dann hoffe ich, daß Sie immer wieder hingehen. Wenn Sie wieder hingehen, dann mit offenem, suchendem, zerknirschtem Herzen. Lassen Sie sich vom Geist durch Offenbarung darüber belehren, was Ihnen die Symbole bedeuten können und für welche ewigen Realitäten sie stehen. Eider Widtsoe hat sich dazu geäußert, wie man das tun kann. Er hat die erste Vision des Propheten Joseph Smith als Musterbeispiel dafür bezeichnet, wie man Offenbarung empfängt im Tempel und anderswo.

„Wie empfängt man Offenbarung?” so fragt er. „Wie hat der Prophet Joseph Smith seine erste Offenbarung, seine erste Vision empfangen? Er hat sich etwas gewünscht. In [einem kleinen Wald], weit weg vom menschlichen Wirrwarr, bot er seine ganze Kraft auf; dort kämpfte er mit dem bösen Dämon, und endlich, weil sein Verlangen so stark war und er so große Anstrengungen unternommen hatte, kamen Gott der Vater und der Sohn aus dem Himmel herab und verkündeten ihm ewige Wahrheit.” („Temple Worship”, Seite 63.)

Elder Widtsoe hat gesagt, Joseph Smith habe so großes Verlangen gehabt und so große Anstrengungen unternommen, daß er die Vision vom Vater und vom Sohn haben konnte. Verlangen und Anstrengung sind auch erforderlich, wenn wir Offenbarung empfangen wollen, um die heilige Handlung der Begabung zu verstehen. Elder Widtsoe schreibt: „Offenbarung … wird einem nicht aufgezwungen; wir müssen sie durch Glauben, Streben und Anstrengung an uns ziehen. … Wenn jemand mit offenen Augen in den Tempel geht und den Symbolen und Bündnissen Beachtung schenkt und sich stetig und fortwährend bemüht, alles ganz zu erfassen, so spricht Gott zu ihm und gewährt ihm Offenbarung. … Die Begabung, die der Kirche ja durch Offenbarung gegeben worden ist, ist auch durch Offenbarung am besten zu verstehen; und für den, der mit reinem Herzen am eifrigsten danach strebt, ist diese Offenbarung am größten.” („Temple Worship”, Seite 63.)

Um die Belange Gottes zu verstehen, muß man sich beständig anstrengen und ein reines und empfängliches Herz und einen offenen Sinn haben. Offenbarung erfolgt auf unser Verlangen und Streben hin; und dann laben wir uns an der „heil’gen Freude, die vom Himmel kommt”. Präsident Benson hat uns diesbezüglich eine Verheißung gegeben:

„Kraft des heiligen Priestertums, das ich trage, … verheiße ich Ihnen: wenn Sie vermehrt in den Tempel unseres Gottes gehen, werden Sie vermehrt persönliche Offenbarung empfangen, die Ihnen zum Segen gereicht, während Sie für diejenigen arbeiten, die bereits gestorben sind.” (Ensign, Mai 1987, Seite 85.)

Kommen Sie würdig und regelmäßig zum Tempel. Das ist nicht nur ein Segen für die Verstorbenen, sondern Sie können in reichem Maße die verheißene persönliche Offenbarung empfangen, die Sie mit Kraft, Erkenntnis, Licht, Schönheit und Wahrheit aus der Höhe segnet, so daß Sie und Ihre Nachkommenschaft zum ewigen Leben geführt werden. Wer würde sich diese Segnungen nicht wünschen, die der Prophet Joseph Smith bei der Weihung des Kirtland -Tempels in Worte gekleidet hat. Er sagte: „Wir bitten dich, heiliger Vater: Mögen deine Knechte, wenn sie von diesem Haus hinausgehen, mit deiner Kraft ausgerüstet sein, möge dein heiliger Name auf ihnen sein und deine Herrlichkeit rings um sie, und mögen deine Engel sie in ihre Obhut nehmen.” (LuB 109:22.)

Wenn Sie aus dem Tempel zurückkommen, dann erzählen Sie Ihren Kindern und Lieben zu Hause, welche Gefühle Sie dort bewegt haben. Sprechen Sie nicht von den heiligen Handlungen, sondern von der Liebe und Kraft, die sich dort kundtut. Lassen Sie Ihre Kinder sehen, daß Sie sich ihnen gegenüber und Ihrem Partner für die Ewigkeit gegenüber freundlicher und liebevoller verhalten. Wenn Sie immer nur positiv über Ihre Erlebnisse im Tempel sprechen, wecken Sie in Ihren Kindern das Verlangen, diese Segnungen auch zu erhalten, und rüsten sie mit der starken Motivation aus, den Versuchungen zu widerstehen, die dazu führen könnten, daß sie der Segnungen des Tempels nicht mehr würdig sind.

Kraft der Siegelungsvollmacht des heiligen Priestertums werden die Generationen miteinander verbunden - in patriarchalischen Ketten, die vom neugeborenen Baby „so weit zurückreichen, wie der Herr es offenbart” (Brigham Young, Journal of Discourses, 3:372).

Wenn ein Paar im Tempel am Altar kniet und kraft des heiligen Priestertums für Zeit und alle Ewigkeit miteinander verbunden wird, wird eine Familie für die Ewigkeit geschaffen, die wirklich in alle Ewigkeit bestehen soll. Sie kann dadurch ewig werden, daß Mann und Frau einander immer treu sind und dadurch, daß sie ihren Bündnissen mit dem himmlischen Vater treu sind.

Ich möchte diejenigen von Ihnen, die an einen Partner gesiegelt sind, ob er noch lebt oder schon verstorben ist, bitten, sich einen Augenblick lang jenen besonderen Tag ins Gedächtnis zu rufen, an dem Sie zusammen am Altar gekniet haben und für Zeit und alle Ewigkeit als Mann und Frau gesiegelt worden sind. Können Sie sich noch an die Worte der Zeremonie erinnern? Erinnern Sie sich an die erhabenen Gefühle, den Ausblick auf Verheißungen für die Ewigkeit? Können Sie wieder die Macht fühlen, die eine Beziehung geschaffen hat, die den Tod überdauern wird? Können Sie sich noch daran erinnern, wie Sie die Liebe des himmlischen Vaters zu Ihnen und zu Ihrem Ehepartner gefühlt haben, die sich damals kundgetan hat?

Wenn die Zeit und die Realität des täglichen Lebens die Erinnerung an das, was Sie bei der Siegelung empfunden und empfangen haben, ausgehöhlt haben, dann müssen Sie zum Tempel zurückkehren und noch einmal als Stellvertreter für Verstorbene an der Siegelungshandlung teilnehmen. Nutzen Sie diese Möglichkeit. Gehen Sie zusammen mit Ihrem Ehepartner hin. So können Sie einen tieferen Einblick in die Bündnisse erhalten, die Sie eingegangen sind, und die Verheißungen erneuern, die Sie an dem Tag empfangen haben, als Sie als Gefährten für die Ewigkeit aneinandergesiegelt wurden.

Bei manchen von Ihnen reißen diese Worte vielleicht Wunden auf, an die Sie lieber nie wieder rühren würden. Die Erinnerungen, die diese Worte hinaufbeschwören, sind vielleicht mit einem bitteren Beigeschmack verbunden, weil das, was Ihnen einmal so herrlich und verheißungsvoll erschienen ist, der Wirklichkeit, in der Sie jetzt stehen, nicht standgehalten hat. Ihre ewige Ehe ist vielleicht durch Untreue oder Abfall vom Glauben zerbrochen, oder vielleicht wird sie durch Gleichgültigkeit, Nachlässigkeit oder Mißachten der Bündnisse ausgehöhlt. Sie waren vielleicht ein treuer Ehepartner, sind nun aber unfreiwillig ein einsamer, mit dem Leben ringender alleinerziehender Elternteil.

Ich möchte Ihnen mit meinem Zeugnis Mut machen: Ihre Treue gegenüber der Begabung und den Siegelungsbündnissen sichert Ihnen die Fülle der verheißenen Segnungen. Die Untreue, Sünde oder Gleichgültigkeit Ihres Ehepartners braucht sich nicht negativ auf Ihre Treue gegenüber den Bündnissen auszuwirken. Ich bezeuge Ihnen: die verheißenen Segnungen stehen Ihnen zu, weil Sie den Bündnissen treu sind. Ich bezeuge Ihnen: so lang und schwer der Weg auch sein mag, Sie können - mit der liebevollen Unterstützung Ihrer Führer und der beständigen Liebe Jesu Christi - Ihre ewige Bestimmung erreichen.

Nun ein Wort zu denen, die keinen Tempelschein erhalten können. Arbeiten Sie mit Ihren Priestertumsführern zusammen, und ändern Sie sich, um würdig in den Tempel gehen zu können. Gehen Sie dann regelmäßig hin.

Sie werden dort den Herrn kennenlernen. Ihre Beziehung zu ihm wird inniger werden, und Sie werden immer mehr auf seine Liebe, auf sein Mitgefühl für Ihre Schwierigkeiten, auf seine Kraft, Sie emporzutragen und in seine Gegenwart zurückzubringen, vertrauen. Wenn Sie sich dieses göttlichen Beistands versichern, werden Sie erkennen, daß es keine Herausforderung, keine Schwierigkeit, kein Hindernis gibt, das Sie und er nicht gemeinsam überwinden könnten. Das bezeuge ich!

Jede der heiligen Handlungen im Haus des Herrn gibt Zeugnis von ihm, der „übers Grab gesiegt” hat - daß sein Sühnopfer und seine Auferstehung Wirklichkeit sind. Wir werden über die Unsterblichkeit und das ewige Leben belehrt, die für uns kraft seines Sühnopfers Wirklichkeit sind. Wir empfangen Bündnisse und heilige Handlungen, die uns darauf vorbereiten, einmal wieder in seine Gegenwart zu gelangen.

Ich schließe, wie ich begonnen habe, nämlich mit den inspirierten Zeilen von Elder Whitney:

Rein sein muß ein Herz, um hier zu sein,

wo es ein Festmahl gibt, das die Welt nicht kennt.

Nehmt gerne daran teil, denn Gott hat gern gegeben.

Und kostet heil’ge Freude, die vom Himmelkommt.

Lernt hier von ihm, der übers Grab gesiegt

und der den Menschen Schlüssel und das Reich gegeben;

vereint durch Kräfte, die Vergangenheit und Gegenwart verbinden,

die Lebenden und Toten Vollkommenheit hierfinden.

Ich bete darum, daß wir jede Möglichkeit, regelmäßig in den Tempel des Herrn zu gehen, nutzen und dort gern an dem Festmahl und den Segnungen teilhaben, die er uns schenkt. Im Namen Jesu Christi. Amen.