Weihnachtsandachten
Die Weihnachtsgeschichte in all ihrer Fülle


Die Weihnachtsgeschichte in all ihrer Fülle

Zur Weihnachtszeit stellen sich Zuneigung, Freude und Liebe ein. Wohl alle Eltern können bestätigen, dass Gefühle wie diese normalerweise mit der Geburt eines jeden Kindes einhergehen. Natürlich lässt sich die Geburt Christi mit keiner anderen vergleichen. All die besonderen Umstände, wie die Reise nach Betlehem, die überfüllte Herberge, die einfache Krippe, der neue Stern sowie dienende Engel, machen die Geschichte seiner Geburt einzigartig. Doch die Geschichte von der Geburt des Heilands ist nur einer der Gründe, weshalb wir in der Weihnachtszeit den Heiligen Geist verspüren. Zu Weihnachten feiern wir nicht nur, wie Jesus auf die Welt kam, sondern auch die Erkenntnis, wer er ist – unser Herr und Heiland Jesus Christus – und warum er gekommen ist.

Präsident Thomas S. Monson hat gesagt: „Weil er zur Erde gekommen ist, … empfinden wir im Leben Freude und Glück und alle Tage im Jahr Frieden. … Weil er erschienen ist, hat unser irdisches Dasein einen Sinn.“1

Der Erstgeborene des Vaters

Dieser Sinn wird uns klarer, wenn wir die Weihnachtsgeschichte in all ihrer Fülle betrachten. Präsident Gordon B. Hinckley hat erklärt: „Es gäbe kein Weihnachten, wenn es kein Ostern gegeben hätte. Der kleine Jesus in Betlehem wäre nichts weiter als ein gewöhnliches Baby gewesen, wenn es Getsemani und Golgota und seine triumphale Auferstehung nicht gegeben hätte.“2

Die Geschichte fängt nicht mit Jesu Geburt in Betlehem an, und sie endet auch nicht auf Golgota. Aus den heiligen Schriften wissen wir, dass er „im Anfang … bei Gott“3 war beim vorirdischen Rat im Himmel. Auch wir waren da, und wir kannten ihn als Jehova, den Erstgeborenen unseres ewigen Vaters.4 Wir erfuhren, dass er die Hauptrolle als Schöpfer und Erlöser der Welt übernehmen sollte. Wir jubelten, als wir Gottes großen Plan des Glücklichseins annahmen.5 Wenngleich sich manche gegen den Plan des Vaters auflehnten, gehören wir zu denen, die auf Jesus Christus vertrauten. Wir nahmen die Gefahren des Erdenlebens bereitwillig an, weil wir darauf vertrauten, dass Jesus den Willen des Vaters erfüllen werde und dass wir durch ihn gerettet würden.

Die Geburt von Gottes einziggezeugtem Sohn

Hier auf der Erde wird die Erinnerung an unser früheres Leben von einem Schleier des Vergessens verdeckt. Auf der Erde sollen wir lernen, unseren Weg „als Glaubende [zu] gehen …, nicht als Schauende“6.

Um unseren Glauben zu stärken, schickte Gott Propheten, die das Kommen des verheißenen Messias vorhersahen und voraussagten. Einer dieser Propheten war Nephi. In einer Vision sah er einen Baum, der überaus schön und weiß war. Als er fragte, was seine Vision bedeutete, wurden ihm die Stadt Nazaret und die Jungfrau Maria, die äußerst schön und anmutig war, gezeigt. Der Engel, der bei Nephi war, stellte ihm dann diese tiefgründige Frage: „Kennst du die Herablassung Gottes?“ Anders ausgedrückt: „Verstehst du, weshalb Gott selbst auf die Welt kommen und unter alles hinabsteigen wird?“ Nephi antwortete ein wenig zaghaft: „Ich weiß, dass er seine Kinder liebt; aber die Bedeutung von allem weiß ich nicht.“

Daraufhin sagte der Engel: „Die Jungfrau, die du siehst, ist die Mutter des Sohnes Gottes.“ Nephi sah Maria mit einem Kind in den Armen, und voll Freude rief der Engel aus: „Sieh das Lamm Gottes, … den Sohn des ewigen Vaters!“ Plötzlich erkannte Nephi, was der Baum bedeutete – und diese Bedeutung ist auch der Grund, weshalb wir die Geburt Christi feiern. Er sagte: „Das ist die Liebe Gottes, die sich überall den Menschenkindern ins Herz ergießt; darum ist sie das Begehrenswerteste von allem.“ „Ja“, setzte der Engel hinzu, „und die größte Freude für die Seele.“7

Fast 600 Jahre nach Nephis Vision war der seit langem erwartete und vorhergesagte Tag endlich da. Jesus ging durch den Schleier und kam als hilfloses Baby auf die Welt, und doch war er ein Kind wie kein anderes. Gottes erstgeborener Sohn im Geist war nun auch sein einziggezeugter Sohn im Fleisch. Dieses Kind, das in bescheidensten Verhältnissen geboren wurde, sollte die Errettung von Gottes ewiger Familie auf seinen Schultern tragen! Tatsächlich war nun, da „der Hoffnung Stern“ in dem kleinen Städtchen Betlehem zur Welt gekommen war, nichts mehr zu befürchten.8

Aber damit ist die Geschichte natürlich noch nicht zu Ende. So wundersam die Geburt des Heilands auch war, es sollten noch größere Wunder folgen.

Das Werk des Vaters

Uns ist kaum etwas über die Kindheit Jesu bekannt. Wir lesen, dass er heranwuchs, seine Weisheit zunahm und er Gefallen bei Gott und den Menschen fand.9 Im Alter von zwölf Jahren äußerte er den Wunsch, in dem zu sein, was seinem Vater gehört.10 Sein Auftrag bestand darin, der Welt die „große und wunderbare Liebe“11 des Vaters zu seinen Kindern zu zeigen.

„Denn Gott hat die Welt so sehr geliebt, dass er seinen einzigen Sohn hingab, … damit die Welt durch ihn gerettet wird.“12

Dazu gehörte auch, dass Jesus „umherzog [und] Gutes tat“13. Er handelte aus Mitgefühl und heilte Kranke, erweckte Tote auf, bewirkte, dass Lahme gingen, Blinde ihr Augenlicht empfingen und Taube hörten.14

Er hatte den Auftrag, uns die Augen für den Glauben zu öffnen, unsere Geisteskraft aufzurütteln und uns von Schmerz, Stolz, Krankheit und Sünde zu heilen. Er sollte uns „beistehen gemäß unseren Schwächen“, und dazu nahm Jesus Schmerzen, Zurückweisung, Bedrängnisse und Versuchungen aller Art bereitwillig auf sich.15

Er hatte den Auftrag vom Vater, uns dabei zu helfen, unseren Zweck auf der Erde zu erfüllen, und uns darauf vorzubereiten, „im Himmel mit [ihm]“16 zu leben. Anders gesagt bestand und besteht das Werk seines Vaters darin, „die Unsterblichkeit und das ewige Leben des Menschen zustande zu bringen“17.

Das Sühnopfer Jesu Christi

Die Weihnachtsgeschichte in all ihrer Fülle gipfelt schließlich in den letzten drei Tagen im Leben des Heilands. In diesen entscheidenden Tagen ging der Heiland den Weg, der ihn vom Garten Getsemani bis zum Kreuz auf Golgota und zum Gartengrab führte. Elder Jeffrey R. Holland sagt, dass „die Auswirkungen und die Wirksamkeit“ dieses Augenblicks „bis zum Anbeginn der Zeit zurückreichen und bis in alle Ewigkeit fortdauern“18.

Das Schicksal eines jeden Menschen hing in der Schwebe, als Jesus praktisch ganz allein den Garten Getsemani betrat. Darauf folgten das Verhör, die Geißelung und schließlich der qualvolle Tod am Kreuz. Mit derselben Demut und Ergebenheit, die er schon anfangs mit den Worten „Hier bin ich, sende mich!“19 bekundet hatte, sagte er nun: „Vater, in deine Hände lege ich meinen Geist.“20

Die Erde ächzte, seine Freunde trauerten, und Finsternis legte sich über das Land. Der Heiland ging hinüber in die Welt der Geister, wo „eine unzählbare Abteilung der Geister der Gerechten“ – rechtschaffene Menschen, die gestorben waren – auf sein Kommen wartete. Die Gemeinsamkeit ist bemerkenswert: Wie zu Anbeginn der Zeit jubelten die Söhne und Töchter Gottes vor Freude und beugten sich nieder, um ihren Befreier zu verehren.21

Die Auferstehung des Lichts der Welt

Schon bald war es für den Heiland an der Zeit, seinen physischen Körper wieder aufzunehmen und seinen Sieg über den Tod zu vollenden. An einem Frühlingsmorgen, es war der erste Tag der Woche, ging Maria aus Magdala zu seinem Grab und stellte fest, dass es leer war. Sie war die Erste, die seine Stimme vernahm und sein geliebtes Gesicht sah. Später erschien Jesus seinen Aposteln und forderte sie auf, seine Hände und Füße anzusehen, ihn anzufassen und zu begreifen, dass er es wirklich war – dass ihr Erlöser wahrhaftig wieder lebte!22

Dies ist die „große Freude“23, die wir zu Weihnachten feiern – nicht nur die Geburt Christi, sondern auch, dass er unter uns lebte, sein Leben für uns hingab, auferstand und schließlich das Werk, das sein Vater ihm aufgetragen hatte, zu Ende führte.24 Wir freuen uns, weil sich die chaotische Unordnung in der Welt durch die Verheißung eindämmen lässt, die uns ganz zu Beginn gegeben wurde – die Verheißung, die sich mit dem Sühnopfer Jesu Christi erfüllt hat. Deshalb gehört zur Fülle der Weihnachtsgeschichte auch das, was zu Ostern geschehen ist. Es war das Sühnopfer des Heilands, das die stille Nacht in Betlehem in eine heilige verwandelte. Es war sein Geschenk, die Erlösung, die uns in der vorirdischen Welt zum Jubeln veranlasst hat – ein Geschenk, das uns von Krankheit heilt, uns das Augenlicht wiedergibt und uns die Tränen abwischt.25

Das Licht, das uns zu Weihnachten so gut gefällt, geht vom Licht der Welt aus, von Jesus Christus. Die Geschichte, die wir zu Weihnachten so schätzen, handelt vom Plan des Vaters für unser Glücklichsein, das Christus möglich gemacht hat. Das Geschenk, das die Weihnachtszeit heilig macht, ist sein Leben, das er hingegeben hat, damit wir immerwährendes Leben haben können. Mögen wir dieses Geschenk annehmen und seine Liebe und sein Evangelium der ganzen Welt weitergeben, besonders während dieser wunderbaren Weihnachtszeit. Darum bete ich im heiligen Namen Jesu Christi. Amen.