2016
Damit auch er stark werde
November 2016


Damit auch er stark werde

Ich bete darum, dass wir dem Aufruf folgen, andere emporzuheben, um sie auf ihren herrlichen Dienst vorzubereiten.

Ich fühle mich gesegnet, hier mit denjenigen versammelt zu sein, die das Priestertum Gottes tragen. Die Hingabe, der Glaube und der selbstlose Dienst dieser Gruppe von Männern und Jungen sind ein neuzeitliches Wunder. Ich spreche heute Abend zu den älteren und jüngeren Priestertumsträgern, die vereint und rückhaltlos im Dienst für den Herrn Jesus Christus stehen.

Der Herr verleiht seine Macht jedem, der seine Priestertumspflichten würdig wahrnimmt, welches Amt im Priestertum er auch innehat.

Wilford Woodruff beschrieb als Präsident der Kirche, welche Erfahrungen er in den Ämtern im Priestertum gemacht hatte:

„Ich hörte zum ersten Mal eine Predigt in dieser Kirche. Am folgenden Tag ließ ich mich taufen. … Ich wurde zum Lehrer ordiniert. Sofort ging ich auf Mission. … Meine ganze Mission über war ich Lehrer. … Bei der Konferenz wurde ich zum Priester ordiniert. … Nachdem ich zum Priester ordiniert wurde, wurde ich … auf Mission in den Süden des Landes berufen. Das war im Herbst 1834. Ich hatte einen Mitarbeiter, und wir brachen ohne Geldbeutel und Vorratstasche auf. Ich legte allein viele Meilen zurück und verkündete das Evangelium, und ich taufte einige Leute, die ich nicht konfirmieren konnte, weil ich nur Priester war. … Ich reiste einige Zeit umher und verkündete das Evangelium, bevor ich zum Ältesten ordiniert wurde. …

[Jetzt] bin ich seit etwa 54 Jahren einer der Zwölf Apostel. Ich bin mit diesem und anderen Kollegien nun 60 Jahre lang auf Reisen gewesen, und ich möchte zu den hier Versammelten sagen, dass ich als Lehrer ganz genauso von der Macht Gottes erhalten wurde – und besonders auch dann, als ich im Weingarten als Priester amtierte –, wie jetzt als Apostel. Es macht keinen Unterschied, so lange wir unsere Pflicht erfüllen.“1

Die in geistiger Hinsicht wunderbare Möglichkeit, dass es keinen Unterschied macht, schwingt auch mit, wenn der Herr das Aaronische Priestertum als „Beigabe“ zum Melchisedekischen Priestertum bezeichnet.2 Der Begriff Beigabe bedeutet, dass beide miteinander verbunden sind. Diese Verbindung ist ausschlaggebend dafür, dass das Priestertum das volle Ausmaß seiner Kraft und seines Segens erreichen kann – in dieser Welt und für immer, denn es ist „ohne Anfang der Tage oder Ende der Jahre“3.

Die Verbindung ist ganz einfach. Das Aaronische Priestertum bereitet die Jungen Männer auf eine noch heiligere Verantwortung vor.

„Die Macht und Vollmacht des höheren oder Melchisedekischen Priestertums ist es, die Schlüssel aller geistigen Segnungen der Kirche innezuhaben –

sie genießen den Vorzug, dass sie die Geheimnisse des Himmelreichs empfangen, dass sich ihnen die Himmel auftun, dass sie mit der allgemeinen Versammlung und Kirche des Erstgeborenen in Verbindung stehen und sich der Gemeinschaft mit Gott, dem Vater, und mit Jesus, dem Mittler des Neuen Bundes, und deren Gegenwart erfreuen.“4

Diese Priestertumsschlüssel werden immer nur von einem Mann vollständig ausgeübt, nämlich vom Präsidenten und präsidierenden Hohen Priester der Kirche des Herrn. Jeder Mann, der das Melchisedekische Priestertum innehat, kann dann vom Präsidenten Vollmacht übertragen bekommen und das Recht empfangen, im Namen des Allmächtigen zu sprechen und zu handeln. Diese Macht ist unendlich. Sie betrifft Leben und Tod, Familie und Kirche und die erhabene Natur Gottes und seines ewigen Werks.

Der Herr bereitet den Träger des Aaronischen Priestertums darauf vor, ein Ältester zu werden, der mit Glauben, Macht und Dankbarkeit im herrlichen Melchisedekischen Priestertum dient.

Älteste, damit Sie Ihre Rolle im vollwertigen Priestertumsdienst spielen können, ist tiefe Dankbarkeit unerlässlich. Sicher erinnern Sie sich daran, als Sie Diakon, Lehrer oder Priester waren und die Träger des höheren Priestertums sich Ihnen zuwandten, um Sie emporzuheben und in Ihrer Entwicklung im Priestertum zu ermutigen.

Jeder Träger des Melchisedekischen Priestertums hat solche Erinnerungen, doch die Dankbarkeit dafür ist im Laufe der Jahre vielleicht verblasst. Ich möchte dieses Gefühl wieder in Ihnen entfachen und damit auch Ihre Entschlossenheit, die gleiche Hilfe, die Sie einst empfangen haben, jetzt anderen zu spenden.

Ich weiß noch, wie ein Bischof mich behandelte, als hätte ich das Potenzial dessen, was ich an Priestertumsmacht empfangen konnte, bereits verwirklicht. Er rief mich einen Sonntag an, als ich noch Priester war. Er sagte, er brauche mich als Begleiter, während er einige Mitglieder unserer Gemeinde besuchte. Er ließ es so klingen, als ob ich seine einzige Hoffnung auf Erfolg sei. Eigentlich brauchte er mich nicht. In seiner Bischofschaft hatte er hervorragende Ratgeber.

Wir besuchten eine arme und hungrige Witwe. Ich sollte ihm helfen, ihr Herz zu erreichen, sie dazu aufzufordern, einen Haushaltsplan aufzustellen und einzuhalten, und ihr zu verheißen, dass sie letztlich in der Lage sein werde, nicht nur sich selbst, sondern auch anderen zu helfen.

Dann gingen wir, um zwei kleine Mädchen zu trösten, die in schwierigen Umständen lebten. Als wir weggingen, sagte der Bischof leise zu mir: „Diese Kinder werden nie vergessen, dass wir zu ihnen gekommen sind.“

Im nächsten Haus erfuhr ich, wie man einen weniger aktiven Mann einladen kann, sich wieder dem Herrn zuzuwenden, indem man ihn davon überzeugt, dass die Mitglieder in der Gemeinde ihn brauchen.

Dieser Bischof war ein Träger des Melchisedekischen Priestertums, der meinen Blick erweiterte und mir durch sein Beispiel einen Schub gab. Er brachte mir bei, die Macht und den Mut aufzubringen, im Dienst des Herrn überallhin zu gehen. Er hat längst seinen ewigen Lohn empfangen, doch ich erinnere mich noch immer an ihn, weil er sich mir zuwandte und mich emporhob, als ich ein unerfahrener Träger des Aaronischen Priestertums war. Später erfuhr ich, dass er für meine Zukunft größere Priestertumsaufgaben gesehen hatte, von denen ich damals nicht zu träumen wagte.

Auch mein Vater beeinflusste mich so. Er war ein erfahrener und weiser Träger des Melchisedekischen Priestertums. Einmal bat ihn ein Apostel darum, eine kurze Erklärung zu den wissenschaftlichen Beweisen für das Alter der Erde zu verfassen. Er schrieb sie sehr sorgsam, weil er wusste, dass manche der potenziellen Leser leidenschaftlich davon überzeugt waren, die Erde sei viel jünger, als es durch die Wissenschaft belegt wurde.

Ich weiß noch ganz genau, wie mein Vater mir den fertigen Aufsatz reichte mit den Worten: „Hal, du hast die geistige Weisheit, um zu erkennen, ob ich das hier zu den Aposteln und Propheten schicken sollte.“ Ich kann mich kaum noch an den Inhalt des Aufsatzes erinnern. Doch nie werde ich die Dankbarkeit vergessen, die ich für diesen großen Träger des Melchisedekischen Priestertums empfand, der in mir eine geistige Weisheit sah, die ich selbst nicht sehen konnte.

Etliche Jahre später, nachdem ich zum Apostel ordiniert worden war, rief mich der Prophet Gottes eines Abends zu sich und bat mich, etwas zu lesen, was über die Lehre der Kirche geschrieben worden war. Er hatte den Abend damit verbracht, mehrere Kapitel in einem Buch zu lesen. Er lachte leise und meinte: „Ich schaffe es nicht, das alles zu lesen. Du solltest dich nicht ausruhen, während ich arbeite.“ Und dann sagte er fast dasselbe wie mein Vater viele Jahre zuvor: „Hal, du bist derjenige, der das hier lesen sollte. Du wirst erkennen, ob wir es veröffentlichen sollen.“

Ein anderes Mal flößte ein Träger des Melchisedekischen Priestertums mir in dieser Weise Weitblick und Selbstvertrauen bei einem von der Kirche veranstalteten Vortragsabend ein. Mit 17 Jahren wurde ich gebeten, vor einem großen Publikum zu sprechen. Ich hatte keine Ahnung, was man von mir erwartete. Mir wurde kein Thema vorgegeben, also bereitete ich eine Ansprache vor, die über das, was ich vom Evangelium wusste, weit hinausging. Beim Sprechen wurde mir klar, dass ich mich vertan hatte. Ich weiß noch gut, dass ich hinterher das ungute Gefühl hatte, versagt zu haben.

Der nächste und letzte Sprecher war Elder Matthew Cowley vom Kollegium der Zwölf Apostel. Er war ein hervorragender Redner und in der ganzen Kirche sehr beliebt. Ich weiß noch, wie ich von meinem Sitzplatz neben dem Podium zu ihm aufsah.

Mit kräftiger Stimme fing er an zu reden. Er sagte, dass meine Rede ihm das Gefühl gegeben habe, er sei bei einer wichtigen Konferenz. Und dabei lächelte er. Mein Gefühl des Versagens wich der Zuversicht, dass ich eines Tages das werden könnte, wofür er mich anscheinend damals schon hielt.

Die Erinnerung an diesen Abend lässt mich auch heute noch aufmerksam zuhören, wenn ein Träger des Aaronischen Priestertums spricht. Dank dessen, was Elder Cowley für mich getan hat, erwarte ich immer, dass ich das Wort Gottes vernehmen werde. Ich bin selten enttäuscht und oft erstaunt und muss lächeln, so wie Elder Cowley damals.

Vieles kann unsere jüngeren Brüder stärken und im Priestertum aufrichten, doch es gibt nichts Wirksameres, als wenn wir ihnen helfen, den Glauben und die Zuversicht zu entwickeln, dass sie im Priestertumsdienst von der Macht Gottes Gebrauch machen können.

Dieser Glaube und diese Zuversicht prägen sich ihnen nicht ein, nur weil sie ein einziges Mal von einem Träger des Melchisedekischen Priestertums emporgehoben wurden, und sollte er auch noch so begabt gewesen sein. Die Fähigkeit, von diesen Mächten Gebrauch zu machen, muss dadurch herausgebildet werden, dass man immer wieder von erfahreneren Priestertumsträgern ermutigt wird.

Die Träger des Aaronischen Priestertums müssen auch täglich und selbst stündlich vom Herrn selbst und vom Heiligen Geist ermutigt und korrigiert werden. Dies bietet sich ihnen nur, wenn sie dem bewusst würdig bleiben. Es hängt von ihren Entscheidungen ab.

Deshalb müssen wir durch unser Beispiel und unser Zeugnis lehren, dass die Worte von König Benjamin – eines großen Führers im Melchisedekischen Priestertum – wahr sind.5 Es sind liebevolle Worte, die im Namen des Herrn, dessen Priestertum dies ist, gesprochen wurden. König Benjamin erklärt, was wir tun müssen, damit wir rein genug bleiben, dass der Herr uns ermutigen und korrigieren kann:

„Und schließlich kann ich euch nicht alles sagen, wodurch ihr Sünde begehen könnt; denn es gibt mancherlei Mittel und Wege, selbst so viele, dass ich sie nicht aufzählen kann.

Aber so viel kann ich euch sagen, wenn ihr nicht Acht habt auf euch und eure Gedanken und eure Worte und eure Taten und nicht die Gebote Gottes beachtet und nicht im Glauben an das fest bleibt, was ihr über das Kommen unseres Herrn gehört habt, selbst bis ans Ende eures Lebens, müsst ihr zugrunde gehen. Und nun, o Mensch, denke daran und gehe nicht zugrunde.“6

Wir alle wissen, welche feurigen Pfeile des Feindes aller Rechtschaffenheit wie ein schrecklicher Wind gegen die jungen Priestertumsträger ausgesandt werden, die uns so sehr am Herzen liegen. Uns kommen sie wie die jungen Krieger vor, die sich als die Söhne Helamans bezeichneten. Wie diese jungen Krieger können sie überleben, wenn sie sich so schützen, wie König Benjamin es ihnen rät.

Die Söhne Helamans zweifelten nicht. Sie kämpften tapfer und waren siegreich, weil sie den Worten ihrer Mütter glaubten.7 Wir wissen, welche Macht der Glaube einer liebevollen Mutter hat. Auch heute geben Mütter ihren Söhnen diese wertvolle Stütze. Wir Priestertumsträger können und müssen zu dieser Stütze beitragen, indem wir entschlossen dem Auftrag nachkommen, unsere Brüder emporzuziehen und zu stärken, nachdem wir uns selbst bekehrt haben.8

Ich bete darum, dass jeder Träger des Melchisedekischen Priestertums die Gelegenheit wahrnimmt, die der Herr uns bietet:

„Und wenn einer unter euch stark im Geist ist, so soll er den mit sich nehmen, der schwach ist, damit dieser in aller Sanftmut erbaut werde, damit auch er stark werde.

Darum nehmt diejenigen mit euch, die zum geringeren Priestertum ordiniert sind, und sendet sie vor euch her, dass sie Vereinbarungen treffen und den Weg bereiten und Vereinbarungen erfüllen, die ihr selbst nicht erfüllen könnt.

Siehe, auf diese Weise haben mir meine Apostel in alten Tagen meine Kirche aufgerichtet.“9

Als Priestertumsführer und Väter von Trägern des Aaronischen Priestertums können Sie Wunder vollbringen. Sie können dem Herrn dabei helfen, die Reihen der treuen Ältesten mit jungen Männern zu füllen, die dem Aufruf, das Evangelium zu verkünden, voll Zuversicht folgen. Sie werden erleben, wie viele, die Sie emporgehoben und zur Treue ermuntert haben, würdig im Tempel heiraten und dann andere emporheben und vorbereiten.

Dazu sind keine neuen Aktivitätenprogramme, besseres Lehrmaterial oder bessere soziale Netzwerke nötig. Sie brauchen dazu auch keine andere Berufung als die, die Sie bereits innehaben. Der Eid und Bund des Priestertums gibt Ihnen Macht, Vollmacht und Weisung. Ich bete darum, dass Sie, wenn Sie wieder zu Hause sind, den Eid und Bund des Priestertums in Abschnitt 84 des Buches Lehre und Bündnisse sorgfältig studieren.

Wir alle hoffen, dass mehr junge Männer ähnliche Erfahrungen machen wie Wilford Woodruff, der als Träger des Aaronischen Priestertums das Evangelium Jesu Christi mit bekehrender Macht verkündete.

Ich bete darum, dass wir dem Aufruf folgen, andere emporzuheben, um sie auf ihren herrlichen Dienst vorzubereiten. Von ganzem Herzen danke ich all den wunderbaren Menschen, die mich emporgehoben und mir gezeigt haben, wie man andere liebt und emporhebt.

Ich bezeuge, dass Präsident Thomas S. Monson zu dieser Zeit alle Schlüssel des Priestertums auf der Erde innehat. Ich bezeuge, dass er mit seinem lebenslangen Dienen uns allen ein Vorbild dafür ist, wie man andere als Träger des Melchisedekischen Priestertums emporhebt. Ich bin ihm dankbar dafür, wie er mich emporgehoben und mir gezeigt hat, wie man andere emporhebt.

Gottvater lebt. Jesus ist der Messias. Dies ist seine Kirche und sein Reich. Dies ist sein Priestertum. Ich weiß dies für mich selbst durch die Macht des Heiligen Geistes. Im Namen des Herrn Jesus Christus. Amen.