Generalkonferenz
Das Melchisedekische Priestertum und die Schlüssel
Frühjahrs-Generalkonferenz 2020


Das Melchisedekische Priestertum und die Schlüssel

In der Kirche wird die Vollmacht des Priestertums unter der Leitung eines Priestertumsführers ausgeübt, der die Schlüssel dieses Priestertums innehat

Ich möchte auch über das Priestertum Gottes sprechen, was ja bereits drei Sprecher vor mir getan haben, die darauf eingegangen sind, wie Frauen, Junge Damen und Junge Männer durch das Priestertum gesegnet werden.

Das Priestertum ist eine göttliche Macht und Vollmacht, die jemand treuhänderisch verwaltet, um sie im Werk Gottes zum Nutzen aller Kinder Gottes einzusetzen. Priestertum, das sind nicht diejenigen, die zu einem Priestertumsamt ordiniert wurden oder dessen Vollmacht ausüben. Die Männer, die das Priestertum tragen, sind nicht das Priestertum. Wir sollten die ordinierten Männer nicht als das Priestertum bezeichnen, sondern vielmehr als Träger des Priestertums.

Die Macht des Priestertums existiert sowohl in der Kirche als auch in der Familie. Aber Priestertumsmacht und Priestertumsvollmacht werden in der Kirche anders ausgeübt als in der Familie. All das entspricht den Grundsätzen, die der Herr festgelegt hat. Gottes Plan dient dem Zweck, seine Kinder zum ewigen Leben zu führen. Die Familie hier auf Erden ist in diesem Plan unerlässlich. Die Kirche ist dazu da, die Lehre, die Vollmacht und die notwendigen heiligen Handlungen anzubieten, damit die Familienbeziehungen in der Ewigkeit fortbestehen können. Somit stehen die Familie und die Kirche Jesu Christi also in einer wechselseitigen Beziehung und stärken sich gegenseitig. Die Segnungen des Priestertums – wie die Fülle des Evangeliums und heilige Handlungen wie die Taufe, die Konfirmierung und das Empfangen der Gabe des Heiligen Geistes, das Endowment und die ewige Ehe – stehen Männern und Frauen gleichermaßen offen.1

Das Priestertum, von dem hier die Rede ist, ist das Melchisedekische Priestertum, das zu Beginn der Wiederherstellung des Evangeliums wiederhergestellt wurde. Joseph Smith und Oliver Cowdery wurden von Petrus, Jakobus und Johannes ordiniert, die verkündeten, „dass sie die Schlüssel des Reiches sowie der Evangeliumszeit der Fülle der Zeiten besitzen“ (Lehre und Bündnisse 128:20). Diese leitenden Apostel hatten diese Vollmacht vom Erretter selbst empfangen. Alle anderen Vollmachten oder Ämter im Priestertum sind Beigaben zum Melchisedekischen Priestertum (siehe Lehre und Bündnisse 107:5), denn es „hat das Recht auf die Präsidentschaft inne und hat Macht und Vollmacht über alle Ämter in der Kirche in allen Zeitaltern der Welt“ (Lehre und Bündnisse 107:8).

In der Kirche wird die Vollmacht des größeren Priestertums, des Melchisedekischen Priestertums, und des geringeren oder Aaronischen Priestertums unter der Leitung eines Priestertumsführers ausgeübt, etwa ein Bischof oder Präsident, der die Schlüssel dieses Priestertums innehat. Um zu verstehen, wie die Priestertumsvollmacht in der Kirche ausgeübt wird, müssen wir Priestertumsschlüssel als Grundsatz verstehen.

Mit dem Melchisedekischen Priestertum wurden die Schlüssel des Reiches durch Petrus, Jakobus und Johannes übertragen, aber das war nicht das Ende der Wiederherstellung von Priestertumsschlüsseln. Einige Priestertumsschlüssel folgten später. Nach der Weihung des ersten Tempels dieser Evangeliumszeit in Kirtland in Ohio stellten drei Propheten – Mose, Elias und Elija – „die Schlüssel dieser Evangeliumszeit“ wieder her, einschließlich der Schlüssel für die Sammlung Israels und die Arbeit in den Tempeln des Herrn (siehe Lehre und Bündnisse 110), wie Präsident Eyring es soeben sehr überzeugend dargelegt hat.

Das bekannteste Beispiel für die Funktion dieser Schlüssel ist das Vollziehen von heiligen Handlungen des Priestertums. Eine solche feierliche Handlung steht dafür, dass Bündnisse geschlossen und Segnungen verheißen werden. In der Kirche werden alle heiligen Handlungen unter der Ermächtigung des Priestertumsführers vollzogen, der die Schlüssel für die jeweilige Handlung innehat.

Bei einer heiligen Handlung amtiert im Allgemeinen jemand, der zu einem Priestertumsamt ordiniert wurde und unter der Leitung dessen handelt, der Priestertumsschlüssel innehat. Zum Beispiel amtieren die Träger der verschiedenen Ämter im Aaronischen Priestertum beim Abendmahl unter den Schlüsseln und auf Weisung des Bischofs, der die Schlüssel des Aaronischen Priestertums innehat. Der gleiche Grundsatz gilt für die heiligen Handlungen des Priestertums, bei denen Frauen im Tempel amtieren. Frauen bekleiden zwar kein Priestertumsamt, vollziehen aber mit Ermächtigung des Tempelpräsidenten, der die Schlüssel für diese innehat, heilige Handlungen des Tempels.

Ein weiteres Beispiel für die Priestertumsvollmacht unter der Leitung dessen, der die Schlüssel innehat, ist die Unterweisung durch Männer und Frauen, die berufen sind, das Evangelium zu lehren – sei es im Unterricht in ihrer Heimatgemeinde oder auf Mission. Weitere Beispiele sind diejenigen, die Führungsämter in der Gemeinde innehaben und in ihrer Führungsaufgabe Priestertumsvollmacht ausüben, und zwar aufgrund ihrer Berufung und Einsetzung und auf Weisung des Priestertumsführers, der in der Gemeinde oder im Pfahl die Schlüssel innehat. Auf diese Weise wird die Vollmacht und Macht des Priestertums in der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage ausgeübt und in Anspruch genommen.2

Priestertumsvollmacht wird bei den Heiligen der Letzten Tage auch in der Familie ausgeübt und segensreich eingesetzt. Mit Familie meine ich einen Mann, der das Priestertum trägt, und eine Frau, die miteinander verheiratet sind, sowie deren Kinder. Ebenso meine ich durch Tod oder Scheidung bedingte Abweichungen von diesem Ideal.

Der Grundsatz, dass Priestertumsvollmacht nur unter der Leitung dessen ausgeübt werden kann, der dafür die Schlüssel innehat, ist in der Kirche von fundamentaler Bedeutung, gilt jedoch nicht für die Familie. Zum Beispiel präsidiert ein Vater über seine Familie und übt dort das Priestertum kraft der Priestertumsvollmacht, die er innehat, aus. Er braucht nicht die Anweisung oder Genehmigung eines Priestertumsträgers mit Schlüsselvollmacht, um seine verschiedenen Aufgaben in der Familie ausüben zu können. Dazu gehört, den Mitgliedern seiner Familie Rat zu erteilen, seine Familie zu versammeln, seiner Frau und seinen Kindern einen Priestertumssegen zu spenden oder Angehörigen und anderen einen Krankensegen zu geben.3 Die Autoritäten der Kirche unterweisen die Familienmitglieder, leiten aber nicht die Ausübung der Priestertumsvollmacht in der Familie.

Der gleiche Grundsatz gilt, wenn der Vater abwesend ist und die Mutter das Familienoberhaupt ist. Sie präsidiert über ihre Familie und durch ihr Endowment und die Siegelung im Tempel trägt sie die Macht und die Segnungen des Priestertums in ihre Familie. Sie ist zwar nicht befugt, Priestertumssegen zu spenden, die nur von jemandem gespendet werden können, der das entsprechende Amt im Priestertum innehat, aber sie kann alle anderen Aufgaben ausüben, um die Familie zu führen. Somit übt sie die Macht des Priestertums zum Wohle der Kinder aus, über die sie in ihrer Führungsaufgabe in der Familie präsidiert.4

Würden die Väter ihr Priestertum in ihrer Familie groß machen, würde das die Mission der Kirche mehr voranbringen als alles andere, was sie tun könnten. Ein Vater, der das Melchisedekische Priestertum trägt, soll seine Vollmacht „mit überzeugender Rede, mit Langmut, mit Milde und Sanftmut und mit ungeheuchelter Liebe“ (Lehre und Bündnisse 121:41) ausüben. Dieser hohe Maßstab, der an die Ausübung jedweder Priestertumsvollmacht angelegt wird, ist in der Familie am wichtigsten. Ein Priestertumsträger soll auch die Gebote halten, damit er die Macht im Priestertum hat, den Mitgliedern seiner Familie einen Segen zu spenden. Er soll innerhalb der Familie liebevolle Beziehungen pflegen, damit seine Angehörigen ihn gerne um einen Segen bitten. Außerdem sollen Eltern ihre Kinder ermuntern, öfter einen Priestertumssegen für sich in Anspruch zu nehmen.5

Bei dieser Konferenz, in der wir kurzzeitig Schutz vor unseren weltlichen Sorgen wegen einer verheerenden Pandemie suchen, wurden uns großartige, ewig gültige Grundsätze erläutert. Ich ermuntere jeden von uns, unser Auge darauf zu richten, diese ewig gültigen Wahrheiten zu empfangen, damit unser Leib „voll Licht sein“ (3 Nephi 13:22) wird.

In einer in der Bibel und im Buch Mormon verzeichneten Predigt vor vielen Menschen erklärte der Erretter, dass der sterbliche Körper voll Licht oder voll Finsternis sein kann. Wir wollen natürlich von Licht erfüllt sein, und unser Erretter hat uns gesagt, wie wir das erreichen können. Wir sollen auf Botschaften achten, in denen es um ewig gültige Wahrheiten geht. Der Erretter benutzte als Beispiel unser Auge, durch das wir Licht in unseren Körper aufnehmen. Wenn unser Auge vor allem darauf gerichtet ist, ewiges Licht und Verständnis zu erlangen, erklärte er, „so wird dein ganzer Leib voll Licht sein“ (3 Nephi 13:22; siehe auch Matthäus 6:22). „Wenn aber dein Auge böse ist“ – wenn wir also nach Bösem trachten und dies in unseren Körper aufnehmen –, warnte er, „so wird dein ganzer Leib voll Finsternis sein“ (Vers 23). Mit anderen Worten: Das Licht oder die Finsternis in unserem Körper hängt davon ab, wie wir die ewigen Wahrheiten, die uns gelehrt werden, sehen oder empfangen.

Wir sollten der Einladung des Erretters folgen, die ewig gültigen Wahrheiten zu suchen und darum zu bitten, dass wir sie verstehen. Er verheißt, dass unser Vater im Himmel bereit ist, jeden die Wahrheiten zu lehren, die er sucht (siehe 3 Nephi 14:8). Wenn wir es wünschen und unser Auge darauf richten, sie zu empfangen, werden uns, so verheißt es der Erretter, die ewig gültigen Wahrheiten „aufgetan werden“ (siehe 3 Nephi 14:7,8).

Im Gegensatz dazu ist der Satan darauf bedacht, bei wichtigen Belangen wie dem Wirken des Priestertums Gottes unsere Gedanken zu verwirren oder uns in die Irre zu führen. Der Erretter hat uns „vor falschen Propheten“ gewarnt, „die in Schafskleidern zu euch kommen, die innerlich aber reißende Wölfe sind“ (3 Nephi 14:15). Er gab uns einen Test, mit dem wir aus verschiedenen Lehren, die uns vielleicht verwirren, die Wahrheit erkennen: „An ihren Früchten werdet ihr sie erkennen“ (3 Nephi 14:16), riet er uns. „Ein guter Baum kann nicht schlechte Früchte hervorbringen und ein verdorbener Baum nicht gute Früchte hervorbringen.“ (Vers 18.) Deshalb sollten wir auf die Ergebnisse – „die Früchte“ – der gelehrten Grundsätze und auf diejenigen schauen, die sie kundtun. Das ist die beste Antwort auf viele Einwände, die gegen die Kirche und ihre Lehren und Richtlinien und ihre Führung vorgebracht werden. Machen Sie den Test, so wie der Erretter es gesagt hat. Schauen Sie auf die Früchte – die Ergebnisse.

Wenn wir an die Früchte des Evangeliums und die wiederhergestellte Kirche Jesu Christi denken, freuen wir uns, wie sich die Kirche über die Generationen ihrer Mitglieder von einer regionalen Kirche in den Bergen im Westen der USA zu einer Kirche entwickelt hat, in der die Mehrheit ihrer über 16 Millionen Mitglieder außerhalb der USA lebt. Mit diesem Wachstum geht auch einher, dass die Kirche immer besser in der Lage ist, ihre Mitglieder zu unterstützen. Wir unterstützen sie dabei, die Gebote zu halten, Aufgaben dabei zu erfüllen, das wiederhergestellte Evangelium zu verkünden, Israel zu sammeln und in der ganzen Welt Tempel zu bauen.

Wir werden von einem Propheten geführt – Präsident Russell M. Nelson –, dessen Führung der Herr dazu genutzt hat, den Fortschritt zu erreichen, den wir in den über zwei Jahren seiner Amtszeit fortwährend miterlebt haben. Wir betrachten es als Segen, jetzt von Präsident Nelson zu hören, der uns verkünden wird, wie wir in dieser schwierigen Zeit unseren Fortschritt in der wiederhergestellten Kirche Jesu Christi weiter voranbringen.

Ich gebe Zeugnis, dass dies alles wahr ist, und bete mit Ihnen gemeinsam für unseren Propheten, von dem wir nun hören werden. Im Namen Jesu Christi. Amen.