2010–2019
Sucht in den besten Büchern
Herbst-Generalkonferenz 2017


Sucht in den besten Büchern

Wenn wir uns mit den besten Büchern befassen, schützen wir uns vor den bedrohlichen Beißwerkzeugen derer, die an unseren geistigen Wurzeln nagen wollen.

Eines Morgens entdeckte ich in einem wunderschönen Rosenstrauch eine hungrige, gut getarnte Raupe. Dem Aussehen einiger blattloser Stängel nach zu schließen, war selbst für den flüchtigen Betrachter erkennbar, dass sie sich mit ihren bedrohlichen Beißwerkzeugen ihren Weg durch die zarten Blätter genagt hatte. Ich musste daran denken, dass es Menschen gibt, die im übertragenen Sinne wie diese Raupe sind. Sie finden sich überall auf der Welt. Einige sind so gut getarnt, dass wir sie in unser Leben lassen. Ehe wir uns versehen, haben sie unsere geistigen Wurzeln und die unserer Angehörigen und Freunde weggefressen.

Wir leben in einer Zeit, in der es von falschen Informationen über unseren Glauben nur so wimmelt. Wenn wir unsere geistigen Wurzeln in Zeiten wie diesen nicht schützen und sie nicht tiefer greifen lassen, laden wir all jene, die unseren Glauben an Christus und an seine wiederhergestellte Kirche zerstören wollen, förmlich dazu ein, an ihnen zu nagen. Zur Zeit des Buches Mormon trachtete Zeezrom danach, den Glauben der Gläubigen zu zerstören.

Seine Taten und Worte waren „eine Schlinge des Widersachers, die er gelegt hat, um [das] Volk zu fangen, damit er [es] in Unterwerfung zu sich bringe, damit er [es] ringsum mit seinen Ketten umschließe“ (Alma 12:6). Dieselben Schlingen gibt es auch heute. Wenn wir in geistiger Hinsicht nicht wachsam sind und eine sichere Grundlage auf unserem Erlöser bauen (siehe Helaman 5:12), finden wir uns vielleicht selbst in den Ketten des Satans wieder und werden sachte die verbotenen Pfade hinabgeführt, von denen im Buch Mormon die Rede ist (siehe 1 Nephi 8:28).

Der Apostel Paulus sprach seinerzeit eine Warnung aus, die auch heute gilt: „Ich weiß: [Selbst] aus eurer Mitte werden Männer auftreten, die mit ihren falschen Reden die Jünger auf ihre Seite ziehen.“ (Apostelgeschichte 20:29,30.)

Seine Warnung und die Warnungen unserer Propheten und Apostel erinnern uns daran, dass wir nichts unversucht lassen dürfen, um uns in geistiger Hinsicht gegen Worte des Widerstands und der Täuschung zu wappnen. Bei meinen Besuchen in Gemeinden und Pfählen der Kirche richtet es mich auf, wenn ich sehe, höre und spüre, wie die Heiligen die Lehren des Erretters und seiner Diener freudig und gläubig annehmen.

Die verstärkte Sabbatheiligung zu Hause und in der Kirche ist nur ein Beispiel dafür, dass die Mitglieder den Aufforderungen der Propheten nachkommen und sich in geistiger Hinsicht wappnen. Zudem werden die Mitglieder nachweislich gestärkt, weil sie vermehrt Tempelarbeit erledigen und Familienforschung betreiben. Familien sammeln ihre Vorfahren durch die heiligen Handlungen des Tempels. Unsere geistigen Wurzeln reichen tiefer, wenn das aufrichtige persönliche Gebet und das Familiengebet zu Bollwerken unseres Glaubens werden, wenn wir täglich umkehren, uns darum bemühen, den Heiligen Geist zum Begleiter zu haben, mehr über unseren Erretter und seine Eigenschaften lernen und uns anstrengen, wie er zu werden (siehe 3 Nephi 27:27).

Unser Erretter Jesus Christus ist das Licht der Welt, und er bittet uns, ihm zu folgen. Unser Blick muss stets auf ihn gerichtet sein, besonders in finsteren, stürmischen Nächten, wenn Zweifel und Unsicherheit wüten und sich wie plötzlich aufziehender Nebel heranschleichen. Sollten die spitzen Finger aus dem großen und geräumigen Gebäude „auf der anderen Seite des Flusses mit Wasser“ (1 Nephi 8:26) offenbar auf Sie gerichtet sein und Sie verspotten, erniedrigen und verlocken wollen, bitte ich Sie, sich sofort abzuwenden, damit Sie sich nicht durch List und Verschlagenheit dazu verleiten lassen, sich von der Wahrheit und ihren Segnungen loszusagen.

Dies allein reicht jedoch in der heutigen Zeit nicht aus, wenn moralisch Verderbtes ausgesprochen, beschrieben und dargestellt wird. Elder Robert D. Hales hat gesagt: „Wenn Sie nicht vollständig bestrebt sind, das Evangelium zu leben – es mit ‚ganzem Herzen, aller Macht, ganzem Sinn und aller Kraft‘ zu leben – dann können Sie nicht genug geistiges Licht erzeugen, um die Finsternis zu vertreiben.“ („Aus der Finsternis in sein wunderbares Licht“, Liahona, Juli 2002, Seite 78.) Ganz gewiss bedeutet unser Wunsch, Christus, dem Licht der Welt (siehe Johannes 8:12), zu folgen, dass wir nach seinen Lehren handeln müssen. Wir werden in geistiger Hinsicht gestärkt, gewappnet und geschützt, wenn wir tun, was Gott sagt.

Je größer das Licht in unserem Leben, desto weniger Schatten gibt es. Doch selbst wenn es Licht im Überfluss gibt, sind wir Menschen und Kommentaren ausgesetzt, die unsere Überzeugungen verdrehen und unseren Glauben auf die Probe stellen. Der Apostel Jakobus hat geschrieben: „Die Prüfung eures Glaubens [bewirkt] Ausdauer.“ (Jakobus 1:3.) Vor diesem Hintergrund hat Elder Neal A. Maxwell erklärt: „Ein geduldiger Jünger ist weder überrascht noch bringt es ihn aus der Fassung, wenn die Kirche falsch dargestellt wird.“ („Patience“, Andacht an der Brigham-Young-Universität, 27. November 1979, speeches.byu.edu.)

Fragen über die Geschichte unserer Kirche und unseren Glauben kommen unweigerlich auf. Wo wir aber nach den richtigen Antworten suchen, sollten wir uns gründlich überlegen. Wir gewinnen nichts, wenn wir uns mit den Ansichten von weniger informierten oder enttäuschten Menschen befassen. Den besten Rat hierzu gab der Apostel Jakobus: „Fehlt es aber einem von euch an Weisheit, dann soll er sie von Gott erbitten.“ (Jakobus 1:5.)

Ehe wir Gott bitten, müssen wir sorgfältig geforscht haben, denn in den heiligen Schriften wird uns aufgetragen: „Sucht Worte der Weisheit aus den besten Büchern; trachtet nach Wissen, ja, durch Studium und auch durch Glauben.“ (LuB 88:118.) Es gibt eine große Fülle solcher Bücher. Sie wurden von Führern der Kirche, die der Himmel inspiriert hat, sowie von anerkannten, zuverlässigen und glaubwürdigen Gelehrten für Geschichte und Lehre der Kirche verfasst. Dennoch übersteigt keines davon die Erhabenheit des offenbarten Gotteswortes im Kanon der heiligen Schriften. Aus diesen dünnen, jedoch mit geistigem Reichtum angefüllten Seiten erkennen wir durch den Heiligen Geist Wahrheit und nehmen so an Licht zu.

Präsident Thomas S. Monson hat uns inständig gebeten, „jeden Tag gebeterfüllt im Buch Mormon zu lesen und darüber nachzusinnen“ („Die Macht des Buches Mormon“, Liahona, Mai 2017, Seite 87).

Vor einigen Jahren, als ich Präsident der Fidschi-Mission Suva war, hatten einige Missionare ein Erlebnis, das ihnen die bekehrende Macht des Buches Mormon erneut bestätigte. An einem heißen, feuchten Tag kamen zwei Missionare zu einem Haus in einer kleinen Siedlung in Labasa.

Sie klopften an die Tür. Ein Mann mit wettergegerbtem Gesicht öffnete ihnen. Er hörte den Missionaren zu, als sie für die Wahrheit des Buches Mormon Zeugnis ablegten. Sie gaben ihm ein Buch und baten ihn, darin zu lesen und zu beten, damit er genau wie sie erkennen könne, dass es das Wort Gottes ist. Seine Antwort fiel knapp aus: „Morgen gehe ich wieder fischen. Ich werde darin lesen, während ich auf See bin. Wenn ich zurückkomme, können Sie mich wieder besuchen.“

Während seiner Abwesenheit wurden die Missionare versetzt. Einige Wochen später gingen also zwei neue Missionare den Fischer besuchen. Mittlerweile hatte er das Buch Mormon komplett durchgelesen, eine Bestätigung von dessen Wahrheit erhalten und wollte unbedingt mehr wissen.

Dieser Mann wurde durch den Heiligen Geist bekehrt. Der Geist bezeugte, dass die kostbaren Worte auf jeder einzelnen Seite voller Ereignisse und Lehren, die vor langer Zeit verkündet und im Buch Mormon für unsere Zeit bewahrt wurden, wahr sind. Dieselbe Segnung kann auch jeder von uns erhalten.

Das Zuhause ist ein idealer Ort, wo man sich als Familie mit den kostbaren Einsichten in den heiligen Schriften und den Worten der Propheten befassen und diese besprechen kann. Zudem kann man daheim auf Material der Kirche auf LDS.org zugreifen. Dort finden Sie zahlreiche Informationen über Evangeliumsthemen, wie zum Beispiel zu den Berichten über die erste Vision. Wenn wir uns mit den besten Büchern befassen, schützen wir uns vor den bedrohlichen Beißwerkzeugen derer, die an unseren geistigen Wurzeln nagen wollen.

Trotz all unserem Beten, Forschen und Nachdenken können noch immer Fragen bleiben, die wir nicht beantworten können. Doch wir dürfen nicht zulassen, dass dies die Flamme des Glaubens auslöscht, die in uns flackert. Solche Fragen sind ein Ansporn, unseren Glauben zu vertiefen, und dürfen einem flüchtigen Moment täuschenden Zweifels in uns keinen Zündstoff liefern. Es liegt im Wesen der Religion, dass sie nicht auf jede Frage eine zuverlässige Antwort bietet, denn das ist unter anderem der Sinn des Glaubens. Elder Jeffrey R. Holland hat in diesem Zusammenhang gesagt: „Wenn diese Zeit kommt und Probleme auftreten, deren Lösung sich nicht unmittelbar aufdrängt, halten Sie an dem fest, was Sie schon wissen, und bleiben Sie standhaft, bis Sie weitere Erkenntnis erlangen.“ („Ich glaube“, Liahona, Mai 2013, Seite 94.)

Um uns sehen wir viele, die voller Freude sind, weil sie standhaft sind und ihre geistigen Wurzeln unaufhörlich nähren. Ihr Glaube und ihr Gehorsam reichen aus, ihnen große Hoffnung auf den Erretter zu verschaffen, und das bringt großes Glück hervor. Sie behaupten nicht, alles zu wissen, aber sie haben den Preis gezahlt und genug Erkenntnis erlangt, um Frieden und Geduld zu haben, während sie sich um weitere Erkenntnis bemühen. Zeile um Zeile wird ihr Glaube in Christus verfestigt, und sie sind standhafte Mitbürger der Heiligen.

Möge jeder von uns so leben, dass die bedrohlichen Beißwerkzeuge gut getarnter Raupen weder jetzt noch sonst jemals einen Platz in unserem Leben finden, damit wir „fest im Glauben an Christus [bleiben], ja, bis ans Ende“ (Alma 27:27). Im Namen Jesu Christi. Amen.