2010–2019
Nachfolger Christi
April 2011


Nachfolger Christi

Nachfolger Christi richten ihr Leben am Heiland aus und wandeln im Licht.

Letztes Jahr im Oktober begleiteten meine Frau und ich Elder Neil L. Andersen und seine Frau nach Córdoba in Argentinien zum ersten Spatenstich für einen neuen Tempel. Wie üblich fand nach der Zeremonie eine Pressekonferenz statt. Eine Journalistin, die nicht der Kirche angehört, sagte, ihr sei aufgefallen, wie gut die Männer sich ihrer Frau gegenüber verhielten. Dann stellte sie ganz unverhofft die Frage: „Ist das echt oder tun sie nur so?“ Ich bin sicher, dass sie gespürt hat, dass bei unseren Mitgliedern etwas anders war. Vielleicht hat sie gemerkt, dass unsere Mitglieder den Wunsch haben, Christus zu folgen. Diesen Wunsch haben die Mitglieder auf der ganzen Welt. Aber auch Millionen von Menschen, die nicht der Kirche angehören, haben den Wunsch, Christus nachzufolgen.

Vor kurzem waren meine Frau und ich von den Menschen in Ghana und Nigeria beeindruckt. Die meisten von ihnen gehören nicht der Kirche an. Es hat uns gefreut, zu sehen, dass sie den Wunsch haben, Christus nachzufolgen, was in vielen ihrer Äußerungen zum Ausdruck kam – zu Hause, auf ihren Autos, an ihren Wänden und auf ihren Werbeflächen. Nie zuvor hatten wir so viele christliche Kirchen so nah beieinander gesehen.

Als Heilige der Letzten Tage haben wir die Pflicht, Millionen Menschen wie diese einzuladen, dass sie kommen und sehen, was unsere Kirche dem Guten, was sie bereits haben, hinzufügen kann. Jeder Mensch – von jedem Kontinent, aus jeder Region und aus jedem Kulturkreis – kann selbst wissen, dass der Prophet Joseph Smith in einer Vision den Vater und den Sohn gesehen hat. Er kann wissen, dass himmlische Boten das Priestertum wiederhergestellt haben und dass das Buch Mormon ein weiterer Zeuge für Jesus Christus ist. Wie der Herr zu Henoch sagte, wurde Rechtschaffenheit aus dem Himmel herabgesandt und ist Wahrheit aus der Erde hervorgegangen, um Zeugnis zu geben vom Einziggezeugten des Vaters.1

Der Erretter hat verheißen: „Wer mir nachfolgt, wird nicht in der Finsternis umhergehen, sondern wird das Licht des Lebens haben.“2 Nachfolger Christi richten ihr Leben am Heiland aus und wandeln im Licht. An zwei Eigenschaften können wir bemessen, inwieweit wir ihm nachfolgen. Erstens sind Nachfolger Christi Menschen, die Liebe empfinden. Zweitens gehen Nachfolger Christi Bündnisse ein und halten sie.

Die erste Eigenschaft, nämlich Liebe zu empfinden, ist vermutlich das, was der Journalistin in Córdoba bei den Mitgliedern der Kirche aufgefallen war. Wir folgen Christus, weil wir ihn lieben. Wenn wir dem Erlöser aus Liebe folgen, folgen wir seinem Beispiel. Aufgrund von Liebe war der Heiland dem Willen des Vaters unter allen Umständen gehorsam. Unser Erlöser war auch dann gehorsam, als es mit großen körperlichen und seelischen Schmerzen verbunden war; auch als es bedeutete, ausgepeitscht und verspottet zu werden; auch als es bedeutete, dass seine Feinde ihn folterten und seine Freunde ihn im Stich ließen. Das Sühnopfer, das allein auf den Schultern des Heilands ruhte, ist der größte Ausdruck von Liebe, den es je gab. „Zu unserem Heil lag die Strafe auf ihm, durch seine Wunden sind wir geheilt.“3

So wie Christus dem Vater unter allen Umständen gefolgt ist, sollen wir nun dem Sohn folgen. Wenn wir das tun, spielt es keine Rolle, mit welcher Verfolgung, welchem Kummer, welchem Leid oder welchem „Stachel im Fleisch“4 wir konfrontiert werden. Wir sind nicht allein. Christus wird uns helfen. Seine liebevolle, große Barmherzigkeit wird uns in jeder Lebenslage stark machen.5

Christus nachzufolgen kann bedeuten, dass man vieles aufgibt, woran man hängt – so wie die Moabiterin Rut. Sie war eine Neubekehrte, und aus Liebe zu Gott und Noomi ließ sie alles zurück, um ihre Religion zu leben.6

Es kann auch bedeuteten, dass man Widrigkeiten und Versuchungen standhalten muss. In seiner Jugend wurde Josef in die Sklaverei verkauft. Er wurde von allem getrennt, was ihm lieb war. Später wurde er versucht, unkeusch zu sein. Er widerstand der Versuchung und sagte: „Wie könnte ich … ein so großes Unrecht begehen und gegen Gott sündigen?“7 Seine Liebe zu Gott war stärker als jede Widrigkeit oder Versuchung.

Heute gibt es neuzeitliche Ruts und Josefs in aller Welt. Als Bruder Jimmy Olvera aus Guayaquil in Ecuador seine Missionsberufung erhielt, hatte seine Familie große Mühe damit. Am Abreisetag bekam er zu hören, wenn er durch diese Tür gehe, werde er seine Familie verlieren. Voller Kummer ging er durch diese Tür. Als er dann auf Mission war, bat seine Mutter ihn, noch länger dort zu bleiben, weil seine Familie so sehr gesegnet wurde. Heute ist Bruder Olvera Pfahlpatriarch.

Christus wahrhaft zu lieben, verleiht einem die Kraft, die man braucht, um ihm zu folgen. Der Herr selbst hat dies gezeigt, als er Petrus dreimal fragte: „Liebst du mich?“ Nachdem Petrus seine Liebe zu ihm deutlich bekräftigt hatte, erzählte der Herr ihm von den bevorstehenden Schwierigkeiten. Dann kam die Mahnung: „Folge mir nach!“ Die Frage, die der Heiland dem Petrus stellte, kann auch an uns ergehen: „Liebst du mich?“, gefolgt von dem Aufruf zum Handeln: „Folge mir nach!“8

Liebe ist ein starker innerer Einfluss in unserem Bemühen, gehorsam zu sein. Die Liebe zu unserem Erlöser motiviert uns, seine Gebote zu halten. Die Liebe zu Mutter, Vater oder dem Ehepartner kann uns auch anspornen, die Grundsätze des Evangeliums zu befolgen. Die Art und Weise, wie wir mit anderen umgehen, zeigt, inwieweit wir unserem Erretter darin nachfolgen, einander zu lieben.9 Wir zeigen unsere Liebe zu ihm, wenn wir innehalten, um anderen zu helfen, wenn wir in allem „völlig ehrlich und untadelig“ sind10 und wenn wir Bündnisse schließen und halten.

Die zweite Eigenschaft, die Nachfolger Christi haben, ist, dass sie Bündnisse eingehen und halten, wie Christus selbst es getan hat. Moroni hat erklärt: „Das Blut Christi [wurde] vergossen …, das im Bund des Vaters der Vergebung eurer Sünden dient, damit ihr heilig werdet, ohne Makel.“11

Der Prophet Joseph Smith hat erklärt, dass noch vor der Gestaltung dieser Erde im Himmel Bündnisse geschlossen wurden.12 Die Propheten und Patriarchen in alter Zeit schlossen Bündnisse.

Der Erlöser selbst hat uns das vorgelebt. Er ließ sich, um alle Gerechtigkeit zu erfüllen, von jemandem taufen, der die rechte Vollmacht dazu hatte. Durch seine Taufe bezeugte der Erretter dem Vater, dass er im Halten aller Gebote des Vaters gehorsam sein werde.13 Wie in alter Zeit folgen auch wir Christus und schließen Bündnisse durch heilige Handlungen des Priestertums.

Bündnisse zu schließen ist etwas, was Millionen von Menschen, die nicht unserer Kirche angehören, dem vielen Guten, was sie bereits haben, hinzufügen können. Ein Bündnis zu schließen ist ein Ausdruck von Liebe. Auf diese Weise kann man dem Herrn sagen: „Ja, ich will dir folgen, weil ich dich liebe.“

In Bündnissen sind Verheißungen inbegriffen, „ja, des ewigen Lebens“.14 Alles wird zu unserem Guten zusammenwirken, wenn wir uns unserer Bündnisse bewusst sind.15 Sie müssen geschlossen und gehalten werden, damit man alle damit verbundenen Verheißungen empfangen kann. Die Liebe zum Erlöser und die Erinnerung an unsere Bündnisse helfen uns, sie zu halten. Eine Möglichkeit, uns ihrer zu erinnern, ist, vom Abendmahl zu nehmen.16 Eine andere Möglichkeit ist, oft in den Tempel zu gehen. Ich erinnere mich noch an ein junges Ehepaar in Südamerika, das sich trennen wollte, weil es nicht miteinander auskam. Ein Priestertumsführer gab den beiden den Rat, in den Tempel zu gehen und besonders auf den Wortlaut und die Verheißungen der Bündnisse zu achten, die dort geschlossen werden. Das taten sie, und ihre Ehe wurde gerettet. Die Macht unserer Bündnisse ist stärker als jede Herausforderung, die uns begegnet oder begegnen könnte.

Den Mitgliedern, die sich nicht aktiv mit dem Evangelium befassen, sage ich: Bitte kommen Sie zurück. Spüren Sie den Segen, der damit verbunden ist, dass man seiner Bündnisse gedenkt und sie erneuert, indem man vom Abendmahl nimmt und in den Tempel geht. Das ist ein Ausdruck von Liebe und zeigt die Bereitschaft, Christus wirklich nachzufolgen. Dadurch werden Sie bereit, alle verheißenen Segnungen zu empfangen.

Diejenigen, die nicht der Kirche angehören, lade ich ein, Glauben auszuüben, umzukehren und sich bereit zu machen, den Bund der Taufe in der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage zu empfangen. Dadurch zeigen Sie Ihre Liebe zum Vater im Himmel und Ihre Bereitschaft, Christus nachzufolgen.

Ich bezeuge, dass wir glücklicher sind, wenn wir den Lehren des Evangeliums Jesu Christi folgen. Wenn wir uns bemühen, ihm zu folgen, werden die Segnungen des Himmels auf uns herabkommen. Ich weiß, dass seine Verheißungen erfüllt werden, wenn wir Bündnisse schließen und halten und wahre Nachfolger Christi werden. Ich gebe Zeugnis von der großen Liebe, die er für einen jeden von uns hat. Im Namen Jesu Christi. Amen.

  1. Siehe Mose 7:62

  2. Johannes 8:12

  3. Jesaja 53:5

  4. Siehe 2 Korinther 12:7

  5. Siehe 1 Nephi 1:20

  6. Siehe Rut 1:16

  7. Siehe Genesis 39:7-9

  8. Siehe Johannes 21:15-19

  9. Siehe Johannes 13:35

  10. Siehe Alma 27:27

  11. Moroni 10:33

  12. Siehe Lehren der Präsidenten der Kirche: Joseph Smith, Seite 46f.; siehe auch Spencer W. Kimball, „Be Ye Therefore Perfect“, Ansprache bei einer Andacht am Salt Lake Institute of Religion, 10. Januar 1975: „Wir haben in den Himmeln Gelübde abgelegt, feierliche Gelübde, ehe wir in dieses irdische Leben eintraten. … Wir haben Bündnisse geschlossen. Wir haben sie geschlossen, ehe wir unsere Stellung hier auf Erden angenommen haben.“

  13. Siehe 2 Nephi 31:5-7

  14. Siehe Abraham 2:11; siehe auch John A. Widtsoe, „Temple Worship“, Vortrag, Assembly Hall, Salt Lake City, 12. Oktober 1920, Seite 10: „Das Bündnis verleiht der Wahrheit Leben und ermöglicht die Segnungen, die all denen zum Lohn werden, die Erkenntnis richtig anwenden.“

  15. Siehe Lehre und Bündnisse 90:24

  16. Siehe zum Beispiel 3 Nephi 18:7-11