Kapitel 9
Die Zwölf werden ausgesandt – Jesus speist die Fünftausend – Petrus legt Zeugnis für Christus ab – Jesus sagt seinen Tod und seine Auferstehung voraus – Er wird auf dem Berg verklärt – Er heilt und lehrt.
1 Er rief dann die Zwölf zusammen und gab ihnen Kraft und Vollmacht über alle bösen Geister sowie zur Heilung von Krankheiten;
2 hierauf sandte er sie aus, das Reich Gottes zu verkünden und die Kranken zu heilen.
3 Dabei gab er ihnen die Weisung: „Nehmt nichts mit auf den Weg, weder einen Stab noch eine Tasche, weder Brot noch Geld; auch soll keiner von euch zwei Unterkleider haben!
4 Wo ihr in ein Haus eingetreten seid, dort bleibt und von dort zieht weiter!
5 Und wo man euch nicht aufnimmt, da geht aus einer solchen Stadt weg und schüttelt den Staub von euren Füßen ab zum Zeugnis gegen sie!“
6 So machten sie sich denn auf den Weg und zogen von Dorf zu Dorf, und sie verkündeten überall das Evangelium und vollbrachten Heilungen.
7 Es hörte aber der Tetrarch Herodes von allen diesen Begebenheiten und fühlte sich dadurch beunruhigt; denn manche behaupteten, Johannes sei von den Toten auferweckt worden;
8 andere wieder meinten, Elija sei erschienen; noch andere, einer von den alten Propheten sei auferstanden.
9 Herodes aber sagte: „Den Johannes habe ich enthaupten lassen; wer mag nun dieser sein, über den ich solche Dinge höre?“ Daher hegte er den Wunsch, Jesus persönlich zu sehen.
10 Nach ihrer Rückkehr berichteten ihm die Apostel alles, was sie getan hatten. Da nahm er sie mit sich und zog sich mit ihnen in eine Ortschaft namens Betsaida zurück, um für sich zu sein.
11 Als aber die Menschenmenge das in Erfahrung gebracht hatte, zogen sie ihm nach, und er ließ sie auch zu sich kommen, redete zu ihnen vom Reich Gottes und machte diejenigen gesund, die der Heilung bedurften.
12 Als der Tag sich dann zu neigen begann, traten die Zwölf an ihn heran und sagten zu ihm: „Lass die Leute ziehen, damit sie in die umliegenden Ortschaften und Gehöfte gehen und dort Unterkunft finden und etwas zu essen bekommen; denn hier sind wir in einer öden Gegend.“
13 Doch er antwortete ihnen: „Gebt ihr ihnen doch zu essen!“ Da erwiderten sie: „Wir haben nicht mehr als fünf Brote und zwei Fische; wir müssten sonst hingehen und Speise für all diese Leute kaufen“ –
14 es waren nämlich um die fünftausend Männer. Er sagte aber zu seinen Jüngern: „Lasst sie sich in Gruppen von etwa je fünfzig lagern.“
15 Sie taten dies und brachten alle dazu, sich zu lagern.
16 Darauf nahm er die fünf Brote und die beiden Fische, blickte zum Himmel auf, sprach den Lobpreis Gottes, brach die Brote und gab sie den Jüngern, damit diese sie der Menge austeilten.
17 Und sie aßen und wurden alle satt; dann las man die Brotstücke auf, die sie übriggelassen hatten, zwölf Körbe voll.
18 Es begab sich hierauf, als er für sich allein betete, dass nur die Jünger sich bei ihm befanden; da fragte er sie: „Für wen halten mich die Menschen?“
19 Sie gaben ihm zur Antwort: „Für Johannes den Täufer, andere für Elija, noch andere meinen, einer von den alten Propheten sei auferstanden.“
20 Darauf fragte er sie weiter: „Ihr aber – für wen haltet ihr mich?“ Da antwortete Petrus: „Für Christus, den Gesalbten Gottes!“
21 Da gab er ihnen die strenge Weisung und gebot ihnen, sie sollten das niemandem sagen,
22 und fügte noch hinzu: „Der Menschensohn muss vieles leiden und von den Ältesten und Hohepriestern und Schriftgelehrten verworfen werden und den Tod erleiden und am dritten Tag auferstehen.“
23 Dann sagte er zu allen: „Will jemand mein Nachfolger sein, so verleugne er sich selbst und nehme sein Kreuz Tag für Tag auf sich und folge mir nach!
24 Denn wer sein Leben retten will, der wird es verlieren; wer aber sein Leben um meinetwillen verliert, der wird es retten.
25 Denn was hilft es einem Menschen, wenn er die ganze Welt gewinnt, sich selbst aber verliert oder einbüßt?
26 Denn wer sich meiner und meiner Worte schämt, dessen wird auch der Menschensohn sich schämen, wenn er in seiner Herrlichkeit und in der Herrlichkeit des Vaters und der heiligen Engel kommt.
27 Ich sage euch aber der Wahrheit gemäß: Einige unter denen, die hier stehen, werden den Tod nicht schmecken, bis sie das Reich Gottes gesehen haben.“
28 Etwa acht Tage nach diesen Worten nahm er Petrus, Johannes und Jakobus mit sich und stieg auf den Berg, um zu beten.
29 Während er nun betete, veränderte sich das Aussehen seines Angesichts, und seine Kleidung wurde leuchtend weiß.
30 Und siehe, zwei Männer sprachen mit ihm, das waren Mose und Elija;
31 sie erschienen in himmlischer Herrlichkeit und redeten davon, dass er seinen Lebensausgang in Jerusalem vollbringen sollte.
32 Petrus aber und seine Begleiter waren von schwerer Schläfrigkeit befallen; als sie aber erwachten, sahen sie seine Herrlichkeit und die beiden Männer, die bei ihm standen.
33 Als diese von ihm scheiden wollten, sagte Petrus zu Jesus: „Meister, hier sind wir gut aufgehoben; wir wollen drei Hütten bauen, eine für dich, eine für Mose und eine für Elija“ – er wusste nämlich nicht, was er da sagte.
34 Während er noch so redete, kam eine Wolke und überschattete sie; und sie gerieten in Furcht, als sie in die Wolke hineinkamen.
35 Da erschallte eine Stimme aus der Wolke, die rief: „Dies ist mein auserwählter Sohn: Hört auf ihn!“
36 Und während die Stimme erschallte, fand es sich, dass Jesus allein da war. Und die Jünger blieben verschwiegen und teilten in jenen Tagen niemandem etwas von dem mit, was sie gesehen hatten.
37 Als sie aber am folgenden Tag von dem Berg wieder hinabgestiegen waren, kam ihm eine große Menschenmenge entgegen.
38 Da rief ein Mann aus der Menschenmenge heraus: „Meister, ich bitte dich: Nimm dich meines Sohnes an; er ist ja mein einziger!
39 Siehe, ein Geist packt ihn, sodass er plötzlich aufschreit; und er zerrt ihn hin und her, sodass ihm Schaum vor den Mund tritt, und lässt nur schwer von ihm ab: Er richtet ihn ja ganz zugrunde!
40 Ich habe deine Jünger gebeten, sie mögen ihn austreiben, doch sie haben es nicht gekonnt.“
41 Da antwortete Jesus: „O ihr ungläubige und verkehrte Generation! Wie lange soll ich noch bei euch sein und es mit euch aushalten? Bringe deinen Sohn hierher!“
42 Während nun der Knabe noch auf ihn zuging, riss der böse Geist ihn hin und her und zog ihn krampfartig zusammen. Jesus aber drohte dem unreinen Geist, heilte den Knaben und gab ihn seinem Vater gesund zurück.
43 Da gerieten alle außer sich vor Staunen über die große Macht Gottes. Während nun alle voll Verwunderung über alle seine Taten waren, sagte er zu seinen Jüngern:
44 „Lasst die Worte, die ich euch jetzt sage, in eure Ohren dringen! Denn der Menschensohn wird in die Hände der Menschen überantwortet werden.“
45 Sie verstanden aber diesen Ausspruch nicht, sondern er blieb vor ihnen verhüllt, damit sie ihn nicht begriffen; doch scheuten sie sich, ihn wegen dieses Ausspruchs zu befragen.
46 Es stieg aber einmal der Gedanke in ihnen auf, wer wohl der Größte unter ihnen sei.
47 Da Jesus nun den Gedanken kannte, der sie beschäftigte, nahm er ein Kind, stellte es neben sich
48 und sagte zu ihnen: „Wenn jemand dieses Kind um meines Namens willen aufnimmt, so nimmt er mich auf, und wer mich aufnimmt, der nimmt den auf, der mich gesandt hat; denn wer der Kleinste unter euch allen ist, der ist groß.“
49 Da ergriff Johannes das Wort und sagte: „Meister, wir haben jemanden gesehen, der in deinem Namen böse Geister austrieb, und haben es ihm untersagt, weil er dir nicht mit uns nachfolgt.“
50 Jesus aber erwiderte ihm: „Untersagt es ihm nicht! Denn wer nicht gegen euch ist, der ist für euch.“
51 Als dann aber die Zeit herankam, da er in den Himmel aufgenommen werden sollte, richtete er fest entschlossen sein Augenmerk darauf, nach Jerusalem zu ziehen,
52 und er sandte Boten vor sich her. Diese machten sich auf den Weg und kamen in ein Dorf der Samariter, um dort ein Quartier für ihn zu besorgen;
53 doch man nahm ihn nicht auf, weil er die Absicht hatte, nach Jerusalem zu ziehen.
54 Als die Jünger Jakobus und Johannes das sahen, fragten sie: „Herr, willst du, dass wir sagen, es solle Feuer vom Himmel fallen und sie verzehren, wie es auch Elija getan hat?“
55 Er aber wandte sich um und wies sie zurecht mit den Worten: „Wisst ihr nicht, welches Geistes Kinder ihr seid? Der Menschensohn ist nicht gekommen, um Menschenleben zu vernichten, sondern um sie zu retten.“
56 So begaben sie sich denn in ein anderes Dorf.
57 Als sie dann des Weges weiterzogen, sagte einer zu ihm: „Ich will dir folgen, wohin du auch gehst.“
58 Jesus antwortete ihm: „Die Füchse haben Gruben und die Vögel des Himmels Nester, der Menschensohn aber hat keine Stätte, wohin er sein Haupt legen kann.“
59 Zu einem anderen sagte er: „Folge mir nach!“ Dieser entgegnete: „Erlaube mir, zunächst noch hinzugehen und meinen Vater zu begraben.“
60 Da antwortete er ihm: „Lass die Toten ihre Toten begraben! Du aber gehe hin und verkündige das Reich Gottes!“
61 Noch ein anderer sagte: „Herr, ich will dir folgen; zunächst aber gestatte mir, von meinen Hausgenossen Abschied zu nehmen!“
62 Da sagte Jesus zu ihm: „Niemand, der die Hand an den Pflug gelegt hat und dann noch zurückblickt, ist für das Reich Gottes tauglich.“